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Zielsetzung des Medizinprodukterechts
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Das Medizinprodukterecht
Gert Schorn
Februar 2000
inhaltsüberblick
Das Medizinprodukterecht in Deutschland war bisher mit
unterschiedlichen Zielsetzungen in verschiedenen Rechtsbereichen enthalten. Diese Regelungen wurden auf der
Basis des neuen europäischen Rechts im Medizinproduktegesetz zusammengefaßt. Der Beitrag erläutert dieses Gesetz und zugehörige Verordnungen, insbesondere die Medizinprodukte-Betreiberverordnung. Auch die Ausnahmeregelungen wie In-vitro-Diagnostika werden beschrieben.
Zielsetzung des Medizinprodukterechts
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Dieses Recht verfolgt die Ziele, eine hohe Produktsicherheit und den Freien Warenverkehr im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zu verwirklichen. Diese Ziele konzentrieren sich auf die Forderungen,
z daß das Medizinprodukt medizinisch und technisch
unbedenklich (Nutzen-Risiko-Abwägung) ist,
z daß der medizinische Zweck, den das Medizinprodukt
nach den Angaben des Herstellers besitzen soll, durch
ihn zu belegen ist, und
z daß das Medizinprodukt die erforderliche Qualität
aufweist.
Die Schutzregelungen beziehen den Patienten, Anwender
und Dritte ein.
Zielforderungen
Regelungen dazu waren bisher in Deutschland mit unterschiedlichen Zielsetzungen in verschiedenen Rechtsbereichen enthalten, wodurch Regelungs- und Sicherheitslükken bestanden. Ebenso waren die Definitionen dieser
Produkte verschieden oder es wurden statt dessen ledig-
MPG als
eigenständiges Gesetz
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Zielsetzung des Medizinprodukterechts
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Umsetzung von
europäischem Recht
Medizinprodukte
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lich die zu regelnden Produkte aufgezählt (z. B. Eichordnung, Medizingeräteverordnung). Aufgrund der Neuordnung dieses Regelungsbereiches sind neben dem Gerätesicherheitsrecht mit der Medizingeräteverordnung insbesondere auch das Arzneimittelrecht, das Eich- und Meßrecht sowie das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständerecht betroffen. Die Regelungen für Medizinprodukte werden nun auf der Basis des neuen europäischen Rechtes in
einem eigenständigen Gesetz, dem Medizinproduktegesetz
(MPG), zusammengefaßt und die entsprechenden Vorschriften in anderen Gesetzen nach Ablauf der Übergangsfrist (14. 6. 1998) außer Kraft gesetzt. Ausnahme
sind die Vorschriften, die für die Produkte gelten, die
noch nach § 48 MPG bis zum 30. Juni 2001 abverkauft
werden dürfen (Schorn [Hrsg.] § 48 Rdn. 7 f.).
Mit dem Medizinprodukterecht werden folgende EGRichtlinien (Schorn [Hrsg.]) in deutsches Recht umgesetzt:
z Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20. 6. 1990 zur
Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte
einschließlich der Änderungen.
z Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. 6. 1993 über
Medizinprodukte einschließlich der Änderungen.
z Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 27. 10. 1998 über In-vitro-Diagnostika.
Somit wurde ein neuer Regelungsbereich für Produkte
zur Erkennung, Behandlung und Vorbeugung von Krankheiten von Menschen geschaffen; diese Medizinprodukte
erfüllen im Gegensatz zu den Arzneimitteln überwiegend
auf physikalischem Wege ihre Zweckbestimmung wie z. B.
Herzschrittmacher. Sie müssen hohe medizinische und
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Konzeption des Medizinprodukterechts
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technische Anforderungen erfüllen. Aufgrund des EGRichtlinienpaketes werden in allen Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) die aktiven implantierbaren medizinischen Geräte sowie die anderen Medizinprodukte einschließlich der In-vitro-Diagnostika (ab 7.
6. 2000), die zur Anwendung bei bzw. für Menschen bestimmt sind, nach den gleichen Anforderungen und mit
dem gleichen medizinischen und technischen Niveau
EWR-weit erstmalig in den Verkehr gebracht und in Betrieb genommen. Die Vertragsstaaten des Europäischen
Wirtschaftsraumes sind Deutschland, Großbritannien, Italien, Frankreich, Spanien, Niederlande, Griechenland, Belgien, Portugal, Dänemark, Irland, Luxemburg, Österreich,
Liechtenstein, Norwegen, Schweden, Finnland und Island.
Geschützt werden sollen die Patienten, Anwender und
Dritte (Schorn 1994; 1996 c). Der freie Warenverkehr für
Medizinprodukte soll innerhalb des EWR ermöglicht werden. Diese Ziele werden somit mit dem Medizinproduktegesetz verfolgt. Das Medizinproduktegesetz gilt nur für solche Produkte, die für Menschen bestimmt sind.
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Konzeption des Medizinprodukterechts
Das Medizinprodukterecht umfaßt das Medizinproduktegesetz (MPG), die darauf beruhenden Verordnungen und
Verwaltungsvorschriften sowie das in den Rechtsvorschriften erwähnte EG-Recht, die oben genannten EGRichtlinien. Das europäische und deutsche Medizinprodukt wird durch harmonisierte Normen und Gemeinsame
Technische Spezifikationen konkretisiert und die Anwendung des Rechtes durch interpretatorische Dokumente
der Europäischen Kommission (MEDDEV) erläutert.
Mit dem Medizinproduktegesetz wird das entsprechende europäische Recht in deutsches Recht umgesetzt. Zudem
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Horizontale und
vertikale Regelungen
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Begriffliche Auslegungen
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enthält das Medizinproduktegesetz solche Regelungen, die
nicht dem europäischen Recht unterliegen, wie z. B. die
Vorschriften zum Errichten und Betreiben von Medizinprodukten, Vorschriften zur Verschreibungspflicht und zu
Vertriebswegen für Medizinprodukte, sowie die Verfahren
zur Umsetzung des europäischen Rechtes, soweit die Richtlinien dazu keine näheren Regelungen enthalten. Das Medizinproduktegesetz enthält weitgehend solche Regelungen,
die alle Produktgruppen betreffen (horizontale Regelungen). Regelungen, die produktspezifisch sind (vertikale Regelungen), wie z. B. die „Grundlegenden Anforderungen“
oder Regelungen, die einer laufenden Weiterentwicklung
im Sinne der Angleichung an den jeweils neuesten Erkenntnisstand unterliegen, werden in Verordnungen gefaßt.
Diese Bestimmungen sind bei den EG-Richtlinien insbesondere in deren jeweiligen Anhängen enthalten.
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Hauptwirkung auf
physikalischem Weg
Begriffliche Auslegungen
Medizinprodukt
Die Definition für Medizinprodukte (§ 3 Nr. 1 MPG) folgt
in der Zielsetzung weitgehend der für Arzneimittel, wie
sie auch im Arzneimittelgesetz aufgeführt ist. Sie sieht
die Anwendung dieser Produkte für (und nicht nur am)
Menschen vor. Somit sind auch Sterilisatoren, die z. B. im
Krankenhaus betrieben werden, von diesem Recht erfaßt.
Medizinprodukte können Gegenstände, Stoffe oder Software sein. Ihre bestimmungsgemäße Hauptwirkung muß
überwiegend auf physikalischem und nicht auf pharmakologischem, immunologischem oder metabolischem Weg
erreicht werden. Das heißt aber auch, daß die physikalische Wirkung durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung unterstützt werden
kann (z. B. Heparinkatheter).
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Begriffliche Auslegungen
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Die Medizinprodukte unterscheiden sich somit von
den Arzneimitteln dadurch, daß der Zweck der Medizinprodukte vorwiegend auf physikalischem Wege (z. B.
Herzschrittmacher, Knochenzement) erreicht wird, während im Gegensatz dazu Arzneimittel ihren Zweck vorwiegend auf pharmakologischem Wege (z. B. Phenacetin)
erfüllen. Beispiele für Medizinprodukte und Produkte aus
den angrenzenden Bereichen nennt Schorn ([Hrsg.] § 2
Rdn. 49). Zur Abgrenzung siehe auch die interpretatorischen Dokumente der EU-Kommission (MEDDEV-Dokumente in Schorn [Hrsg.]).
Ist ein Medizinprodukt dazu bestimmt, ein Arzneimittel wie z. B. Insulin abzugeben (lnsulinpumpe), dann unterliegt die Pumpe dem Medizinproduktegesetz und das
Insulin den nationalen Arzneimittelgesetzen. Bei einer
Fertigspritze werden der Spritzenkörper und das Arzneimittel nach den nationalen Arzneimittelgesetzen behandelt, wenn der Spritzenkörper nicht mehr wiederverwendet werden kann. Für den Spritzenkörper muß die Arzneimittelzulassungsbehörde jedoch die in dem Anhang I
der EG-Richtlinie vorgesehenen sicherheits- und leistungsbezogenen Anforderungen („Grundlegende Anforderungen“) beachten. Außerdem soll dabei die Arzneimittelzulassungsbehörde mit einer „Benannten Stelle“ (für
Medizinprodukte benannte Prüfstelle) zusammenarbeiten.
Ein Insulinpen ist nicht ein Medizinprodukt im Sinne der
oben beschriebenen Fertigspritze, da ein Teil des Pen
wiederverwendet wird. Der Pen wird nach dem Medizinprodukterecht und die Kartusche mit dem Arzneimittel
nach dem Arzneimittelgesetz behandelt.
Enthält ein Medizinprodukt einen Stoff, der ein Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes sein könnte
(aber nicht sein muß!) und in Ergänzung zu dem Medi5
Unterschied
zu Arzneimitteln
Beispiel Insulinpumpe
Medizinprodukt als
gesamte Einheit
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zinprodukt eine Wirkung auf den menschlichen Körper
entfalten kann (aber nicht muß!), oder ist ein solcher
Stoff auf ein Medizinprodukt aufgetragen (z. B. Heparinkatheter), so wird diese gesamte Einheit nach dem Medizinproduktegesetz bewertet und für das Inverkehrbringen
zugelassen. In diesem Fall wird dieser Stoff nach den für
Arzneimittel gültigen Kriterien (entsprechend Arzneimittelprüfrichtlinien nach § 26 AMG) geprüft; in diesem Fall
soll die „Benannte Stelle“ eine Arzneimittelzulassungsbehörde (nicht unbedingt die Behörde in dem Mitgliedstaat,
in dem die „Benannte Stelle“ ihren Sitz hat) konsultieren
(siehe dazu auch MEDDEV 2.1/3 in Schorn ([Hrsg.]).
Untergruppe der
Medizinprodukte
Besondere
Anforderungen
für Eigendiagnose
In-vitro-Diagnostika
Die In-vitro-Diagnostika (§ 3 Nr. 4 MPG) stellen eine Untergruppe der Medizinprodukte dar. Sie sind Produkte für
medizinische Zwecke, die für die In-vitro-Untersuchung
von Proben menschlichen Ursprungs Anwendung finden.
Die medizinische Zweckbestimmung besteht in der Untersuchung des Gesundheits- und Krankheitszustands
(z. B. Cholesterin-, Schwangerschafts-Tests), der Untersuchung von angeborenen Krankheiten oder Anomalien,
der Überwachung des Therapieverlaufs (z. B. Dosisgabe
und Arzneimittelwirkung) bzw. der Feststellung der Verträglichkeit von Organen oder Blut (z. B. HIV-, Hepatitistests).
Den größten Teil der erfaßten Produkte bilden solche,
die für berufliche Anwender bestimmt sind, d. h. spezielle
Reagenzien, Ausrüstungen, Instrumente und Geräte für
medizinische Laboratorien. Das neue Recht zu In-vitroDiagnostika erfaßt ferner Produkte für die Eigendiagnose, die von Patienten oder Verbrauchern zu Hause angewendet werden. Im letztgenannten Fall sieht das Recht
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Begriffliche Auslegungen
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besondere Anforderungen vor, um eine wirksame und
einfache Benutzung dieser Produkte durch Anwender sicherzustellen, die keine besonderen Kenntnisse auf dem
Gebiet der biologischen Analyse besitzen.
Kontrollmaterialien sowie die Kalibriervorrichtungen
und -substanzen, die entsprechend ihrer Zweckbestimmung zusammen mit den oben genannten Reagenzien
und Geräten verwendet werden, gelten ebenfalls als In-vitro-Diagnostika. Das Medizinprodukterecht für In-vitroDiagnostika deckt lediglich Laborgeräte ab, die speziell
dazu bestimmt sind, in medizinischen Laboratorien verwendet zu werden, die In-vitro-Analysen durchführen.
Aus dem Geltungsbereich des europäischen Rechts für
In-vitro-Diagnostika sind insbesondere Produkte wie
Reagenzien, die von Laboratorien zu ihrem eigenen Bedarf hergestellt werden und nicht an andere Anwender
übergehen, ausgeschlossen. Es bleibt im Ermessen der
Mitgliedstaaten, diese Tätigkeiten einer geeigneten Kontrolle zu unterziehen. Dies wird in Deutschland geschehen.
Produkte, die in professionellem und kommerziellem
Rahmen zum Zwecke der medizinischen Analyse hergestellt und verwendet werden sollen ohne dabei in den
Verkehr gebracht zu werden, werden vom Medizinprodukterecht erfaßt.
Zubehör
Die Begriffsbestimmung für Zubehör (§ 3 Nr. 8 MPG)
umfaßt auch Gegenstände, die vom Hersteller dafür bestimmt sind, dem Medizinprodukt im Rahmen der von
ihm für dieses festgelegten Zweckbestimmung einen zusätzlichen Effekt zu verleihen. Die Regelungen für Medizinprodukte gelten auch für Zubehör.
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Kalibriervorrichtungen,
Laborgeräte
Reagenzien zum
Eigenbedarf
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Weit zu fassender
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Hersteller
Die Definition des Herstellers (§ 3 Nr. 15 MPG) bezieht
sich nicht nur auf die Tätigkeit des Herstellens, sondern
auch auf das Entwickeln, Montieren, Abpacken, Verpakken, Behandeln, Aufarbeiten, Etikettieren und Festlegen
einer Zweckbestimmung. Hersteller ist nicht eine Person,
die z. B. zahnärztliches Material anpaßt oder einstellt
(z. B. der Zahnarzt). Der Hersteller ist die (natürliche
oder juristische) Person, die für das Medizinprodukt verantwortlich ist und als solche in der Kennzeichnung angegeben ist. Auf ihn muß das Zertifikat lauten, aufgrund
dessen die CE-Kennzeichnung auf das Medizinprodukt
aufgebracht wurde.
Zweckbestimmung eines Medizinproduktes
Die vom Hersteller festgelegte Zweckbestimmung eines
Medizinproduktes geht nicht nur aus den Angaben der
Kennzeichnung oder der Gebrauchsanweisung hervor, sie
kann sich auch aus Angaben im Werbematerial ableiten
(§ 3 Nr. 9 MPG). Dies bedeutet, daß die Angaben der
Zweckbestimmung im Werbematerial ebenso rechtsverbindlich sind wie die in der Kennzeichnung und der Gebrauchsanweisung. Sie müssen somit auch (ggf. mit einer
klinischen Bewertung) belegt worden sein.
Kriterium: namentlich
genannter Patient
Sonderanfertigungen
Sonderanfertigungen sind Medizinprodukte, die nach
schriftlicher Verordnung nach spezifischen Auslegungsmerkmalen eigens angefertigt werden und zur ausschließlichen Anwendung bei einem namentlich genannten Patienten bestimmt sind (§ 3 Nr. 7 MPG). Soweit Medizinprodukte zwar nach spezifischen Auslegungsmerkmalen
als Unikate hergestellt werden, aber nicht nur zur Anwen8
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dung bei einem namentlich genannten Patienten bestimmt sind, sind sie keine Sonderanfertigungen im
Sinne des MPG. Die Person, die eine Sonderanfertigung
herstellt, ist ein Hersteller im Sinne von § 3 Nr. 15 MPG;
sie muß also die Vorschriften erfüllen, die für Hersteller
im MPG vorgesehen sind, soweit es nicht spezielle Vorschriften für Sonderanfertiger gibt. Sonderanfertiger sind
insbesondere die Gesundheitshandwerker und Apotheker,
soweit sie Sonderanfertigungen herstellen. Der Sonderanfertiger muß ein für seine Belange spezifisches Qualitätssicherungssystem einrichten, dieses muß aber nicht von
einer „Benannten Stelle“ oder einer anderen Stelle zertifiziert sein (Schorn [Hrsg.] Kommentierung zu § 3 Rdn. 49
und § 12 Rdn. 3 f.; Sonderanfertigungen s. a. §§ 6, 11 Abs.
5, 16 und 20 Abs. 5 der Medizinprodukte-Verordnung).
Die Anpassung eines serienmäßig hergestellten Medizinproduktes (z. B. Anpassung eines Brillenglases) ist
keine Sonderanfertigung.
Inverkehrbringen
Die Richtlinien zu den Medizinprodukten definieren das
Inverkehrbringen als das erstmalige Inverkehrbringen.
Diese Eingrenzung erübrigt sich in der Definition des Medizinproduktegesetzes, da in den Vorschriften, in denen die
EG-Richtlinie das erstmalige Inverkehrbringen regelt, das
Medizinproduktegesetz dies auch als solches formuliert;
somit besteht darin kein Unterschied zur EG-Richtlinie.
Erstmaliges Inverkehrbringen heißt nicht, daß das Medizinprodukt überhaupt zum ersten Male in den Verkehr gebracht wird, sondern meint das jeweilige erstmalige Inverkehrbringen eines jeden Medizinproduktes nach seiner jeweiligen Herstellung. Zum erstmaligen und weiteren Inverkehrbringen siehe Schorn (Hrsg. § 3 Rdn. 34 f.).
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Anpassung
Kein Unterschied
zu EG-Richtlinie
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Voraussetzungen für das erstmalige Inverkehrbringen
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Erfüllung
der „Grundlegenden
Anforderungen“
„Benannte Stelle“
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Voraussetzungen für das erstmalige Inverkehrbringen
CE-Kennzeichen
Medizinprodukte sind dann in allen EWR-Vertragsstaaten
zum freien Warenverkehr zugelassen, wenn sie die CEKennzeichnung (§ 9 MPG) tragen (§ 8 MPG). Sie darf nur
dann aufgebracht werden, wenn diese Produkte die
„Grundlegenden Anforderungen“ (§ 5 MPG) der einschlägigen Richtlinien erfüllen. Die Übereinstimmung (Konformität) der Produkte mit den „Grundlegenden Anforderungen“ und sonstigen Bestimmungen der einschlägigen
EG-Richtlinien wird in Konformitätsbewertungsverfahren
(§ 14 MPG) festgestellt (Schorn 1996 c). Neben Abb. 1 siehe
die detaillierten Regelungen dazu in der MedizinprodukteVerordnung und in der Verordnung in Verbindung mit der
Risikoabwehr bei BSE/TSE (Schorn [Hrsg.] M 3.5).
Die Medizinprodukte können von jeder geeigneten zuständigen Stelle eines EG-Mitgliedstaates auf Konformität
mit dem einschlägigen Recht geprüft werden. Die zuständigen Stellen werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten der EG-Kommission und den anderen EG-Mitgliedstaaten benannt, weshalb sie als „Benannte Stellen“
(§ 20 MPG) bezeichnet werden. Wenn die Produkte nach
Auffassung einer „Benannten Stelle“ verkehrsfähig sind,
erhalten sie ein Zertifikat (§§ 14 und 15 MPG), das sie zusammen mit der CE-Kennzeichnung zur EWR-weiten
Vermarktung berechtigt. So kann z. B. ein deutscher Hersteller sein Produkt in Frankreich von einer „Benannten
Stelle“ zertifizieren lassen und in Italien vermarkten.
Auch kann somit ein deutscher Händler bzw. Apotheker,
ein Krankenhausträger oder Arzt ein Medizinprodukt in
einem anderen EWR-Vertragsstaat kaufen und in
Deutschland in den Verkehr bringen, vertreiben oder anwenden, s. a. Abschnitt „Einfuhr“.
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Voraussetzungen für das erstmalige Inverkehrbringen
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Abb. 1: Anforderungen an Medizinprodukte zur Erlangung der CE-Kennzeichnung
Die Produkte werden nach Klassifizierungsregeln in
die Klassen I, II a, II b oder III eingeteilt (§ 13 MPG, Medizinprodukte-Verordnung), aufgrund derer die Medizinprodukte den verschiedenen Konformitätsbewertungsverfahren (§ 14 MPG, Medizinprodukte-Verordnung) zugewiesen werden. Zur Klassifizierung siehe auch das interpretatorische Dokument der EU-Kommission (Schorn
[Hrsg.] E 2.2). Für Montage und Sterilisierung sind gesonderte Vorschriften vorgesehen (§ 10 MPG).
In besonderen, definierten Fällen (z. B. neues Medizinprodukt ohne CE-Kennzeichnung zum Einsatz in einer le11
Klassifizierung
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Voraussetzungen für das erstmalige Inverkehrbringen
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bensbedrohlichen Situation, ohne daß ein annähernd vergleichbares Medizinprodukt im Verkehr ist) kann eine
nationale Behörde für das Inverkehrbringen eines Medizinproduktes ohne CE-Kennzeichnung eine Sondergenehmigung erteilen, die jedoch nur für den Bereich des jeweiligen Staates gilt (§ 11 Abs. 1 MPG). Speziell zur CEKennzeichnung von Röntgenfilmen siehe auch die BMABekanntmachung in S 1.22 auf der beiliegenden CD.
Verbot wegen Gefahr
der Irreführung
Sonderzeichen
Nach dem europäischen und deutschen Medizinprodukterecht ist es verboten, solche Zeichen oder Aufschriften
auf das Medizinprodukt aufzubringen, die geeignet sind,
bezüglich der Bedeutung der CE-Kennzeichnung u. a.
Dritte in die Irre zu führen (Art. 19 Richtlinie 93/42/EWG
und § 9 Abs. 1 MPG). Solche Zeichen sind die, die vorgeben, das mit dem Zeichen gekennzeichnete Medizinprodukte sei aufgrund von z. B. Zusatzprüfungen sicherer als
Medizinprodukte, die nicht ein solches Zeichen tragen.
Da die EG-Richtlinien zu Medizinprodukten und somit
auch das deutsche Medizinproduktegesetz von einem hohen Sicherheitsniveau („Grundlegende Anforderungen“,
Qualitätssicherungssysteme, EG-Vertrag) ausgehen und
Regelungen für die Fälle haben, daß ein Medizinprodukt
nicht das hohe Sicherheitsniveau erfüllt, sind solche Sonderzeichen auf Medizinprodukten in der EU und somit
auch in Deutschland wegen der Irreführung verboten. Sie
werden aber trotzdem noch angebracht. Sie geben aber
für den Einkauf der Klinik und für den Anwender wie
den Arzt keine Entscheidungshilfe (Schorn 1996 c). Dazu
gehört auch das Zeichen „GS“ nach dem Gerätesicherheitsgesetz, das nicht mehr für Medizinprodukte gilt.
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Voraussetzungen für das erstmalige Inverkehrbringen
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„Grundlegende Anforderungen“
Die „Grundlegenden Anforderungen“ (§ 5 MPG, Medizinprodukte-Verordnung) sind in Anhang I der Richtlinien
festgelegt. Sie müssen unabhängig von den vorgeschriebenen Konformitätsbewertungsverfahren von allen Medizinprodukten eingehalten werden, die die CE-Kennzeichnung
als Ausdruck der Konformität mit den einschlägigen Bestimmungen tragen. Diese Anforderungen stellen die totale Harmonisierung dar, d. h. sie sind als abschließende
Regelungen anzusehen. Behörden der EG-Mitgliedstaaten
oder andere Stellen und Institutionen dürfen keine weiteren grundlegenden Anforderungen an diese Medizinprodukte hinsichtlich deren freien Warenverkehr stellen. Die
„Grundlegenden Anforderungen“ schreiben ein einheitliches Schutzniveau fest, das nicht national erhöht werden
darf. Der Hersteller hingegen darf natürlich Medizinprodukte mit einem höheren Sicherheitsniveau herstellen
und in den Verkehr bringen. Insgesamt geben die
„Grundlegenden Anforderungen“ den Maßstab für die nationale Regelungsintensität.
Die „Grundlegenden Anforderungen“ und die darauf
beruhenden harmonisierten Normen folgen dem Stand
der Technik und Praxis. Sie können somit auch außerhalb
des Geltungsbereiches der Richtlinie den Maßstab für den
Umgang oder Behandlung von Medizinprodukten sein. So
sollten z. B. die Betreiber von Sterilisationseinheiten in
Krankenhäusern ihre Anforderungen an das Betreiben
von Sterilisatoren und an das Sterilgut an den Vorschriften und Standards der EG-Richtlinie einschließlich der
dazugehörenden Normen ausrichten bzw. diese entsprechend anwenden. Dieser Standard sollte jedem aufgrund
der offiziell vorliegenden Regelungen bekannt sein.
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Einheitliches
Schutzniveau
Stand der Technik
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Die „Grundlegenden Anforderungen“ sollen gewährleisten, daß nur noch Medizinprodukte in den Verkehr
gebracht, betrieben und angewendet werden, die
z einem hohen medizinischen und technischen Sicherheitsniveau folgen;
z geeignet sind, in der Regel die vom Hersteller angegebene Zweckbestimmung zu erfüllen;
z keine unvertretbaren Risiken in sich bergen;
z während ihrer Lebensdauer konstante Leistung erbringen;
z so konzipiert und verpackt sind, daß sie während der
üblichen Lagerung und des üblichen Transportes
nicht beeinträchtigt werden, und
z weder den Patienten noch den Anwender/Betreiber
oder Dritte schädigen.
Sie enthalten Anforderungen an das Wesen und die Funktion der Medizinprodukte und an die notwendigen Informationen.
Grundsätze der
integrierten Sicherheit
Bei der Auslegung (Entwicklung) und Konstruktion der
Medizinprodukte sind die Ergebnisse einer Risikoanalyse
und der integrierten Sicherheit zu beachten. Die Grundsätze der integrierten Sicherheit sind in folgender Reihenfolge anzuwenden:
1. Beseitigung oder Minimierung der Gefahren (Integration des Sicherheitskonzeptes in die Entwicklung
und den Bau des Medizinproduktes);
2. ggf. Ergreifen angemessener Schutzmaßnahmen einschließlich Alarmvorrichtungen gegen nicht zu beseitigende Gefahren;
3. sollten Maßnahmen nach 1. und 2. nicht möglich sein
Unterrichtung der Benutzer über die Restgefahr, für
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die keine angemessenen Schutzmaßnahmen getroffen
werden können.
Montage und Sterilisierung
Die Montage und Sterilisation ist in § 10 MPG sowie in
der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (insbesondere
§ 4) geregelt. Die Vorschrift des § 10 MPG betrifft die im
handelsüblichen Rahmen durchgeführte Montage und
Sterilisierung.
Soweit Medizinprodukte betroffen sind, die bereits
mit der CE-Kennzeichnung versehen sind, wird die Person, die die betreffenden Tätigkeiten ausführt, nicht als
Hersteller im Sinne der rechtlichen Definition betrachtet,
sofern diese Tätigkeiten im Einklang mit den Angaben
des Herstellers erfolgen. Wenn die Montage oder Sterilisierung dagegen über die vom Hersteller der Medizinprodukte festgelegten Grenzen hinausgeht, handelt es sich
um eigene Herstellungstätigkeiten, die dann den Vorschriften der Konformitätsbewertungsverfahren (§ 14
MPG, Medizinprodukte-Verordnung) unterliegen.
Die Sterilisation/Resterilisation, die im Krankenhaus
selbst oder im Auftrag des Krankenhauses (Outsourcing)
ausgeführt wird, ist keine Herstellung im Sinne des Gesetzes, weshalb dafür auch keine Zertifizierung im Sinne
des Medizinproduktegesetzes durchgeführt werden muß
(Schorn 1996 b).
Die Regelung der Medizinprodukte-Betreiberverordnung zur Reinigung, Desinfektion und Sterilisation von
Medizinprodukten (§ 4 Abs. 2 Medizinprodukte-Betreiberverordnung) hat eine lebhafte Diskussion ausgelöst. Es
wurde befürchtet, daß durch diese Formulierungen die
Resterilisation von Einmalprodukten verboten würde, im
Hinblick auf Validierung die Europäische Norm (DIN EN
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Herstellertätigkeit
Kein Verbot der
Sterilisation von
Einmalprodukten
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Voraussetzungen für das erstmalige Inverkehrbringen
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554) angewendet werden müsse und daß aufgrund von
Angaben des Herstellers die Sterilisation in Krankenhäusern und Arztpraxen z. T. unmöglich gemacht würde. Dazu hat das Bundesministerium für Gesundheit seine Auffassung den betroffenen Stellen mitgeteilt: Eine Resterilisation in Verantwortung des Betreibers und des Anwenders werde nicht durch diese Regelung verboten, und die
Bezeichnung „Einmalprodukt“ oder dergleichen sei keine
Zweckbestimmung im Sinne des MPG, die sich nur auf
die Definition gemäß § 3 Nr. 1 MPG beziehen könne. Die
Norm DIN EN 554 (Sterilisation von Medizinprodukten,
Validierung und Routineüberwachung für die Sterilisation
mit feuchter Hitze) sei von der EU-Kommission als Norm
für die Herstellung in Verbindung mit dem erstmaligen
Inverkehrbringen durch den Hersteller im Sinne von § 3
Nr. 15 MPG mandatiert und vom Bundesministerium für
Gesundheit ebenso im Bundesanzeiger bekanntgemacht
worden (§ 3 Nr. 17 MPG). Deshalb kann sie nicht zwingend für die Sterilisation/Resterilisation von bereits erstmalig in den Verkehr gebrachten Medizinprodukte gelten.
Vier Produktklassen
Klassifizierung
Das Medizinprodukterecht umfaßt eine Vielzahl von Medizinprodukten mit verschiedenen hohen angenommenen
Risikopotentialen. Entsprechend der angenommenen Risikopotentiale werden Konformitätsbewertungsverfahren
und andere Maßnahmen vorgesehen. Um eine geeignete
Staffelung des Grades der Beteiligung der „Benannten
Stellen“ und der Vorschrift für andere Maßnahmen zu erreichen, sind die Medizinprodukte in vier Produktklassen
(I, II a, II b, III) entsprechend ihrer angenommenen potentiellen Risiken eingeteilt (Klasse I: niedrigstes angenommenes potentielles Risiko). Die Entscheidungsregeln
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Normen
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gemäß Anhang IX der Richtlinie 93/42/EWG (§ 13 MPG,
Medizinprodukte-Verordnung) gestatten es den Herstellern, ihre Medizinprodukte der einschlägigen Gruppe zuzuordnen. Im Zweifelsfall können sich die Hersteller an
die zuständigen Behörden wenden, die ihrerseits, sofern
erforderlich, den EG-Entscheidungsprozeß einleiten können. Die Klassifizierungsregeln gemäß Anhang IX können
in Übereinstimmung mit dem Verfahren gemäß Artikel 7
Absatz 2 entsprechend des Informationssystems gemäß
Artikel 10 verfügbaren Informationen angepaßt werden.
Die aktiven implantierbaren Medizinprodukte unterliegen nicht einer solchen Klassifizierung, für sie gelten gesonderte Vorschriften, die in der Medizinprodukte-Verordnung auch gesondert aufgeführt sind. Ebenso unterliegen
die In-vitro-Diagnostika einer eigenen Klassifizierung.
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Außerhalb der
Klassifizierung
Normen
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Nach dem neuen Konzept erhalten die Normen als im
Sinne des Medizinprodukterechtes harmonisierte Normen
(§ 3 Nr. 17, § 6 MPG) eine neue und besondere Bedeutung
(Schorn 1998 b). Die Normen konkretisieren die gesetzlichen Anforderungen an Produkte, Verfahren (z. B. klinische Prüfung, Überwachung), Institutionen („Benannte
Stellen“) und Personen (Prüfer). Die Wirkung der Normen ist eine widerlegliche Vermutung (z. B. durch „Benannte Stelle“); sie behalten für den Anwender der Normen den freiwilligen Charakter. Das bedeutet aber auch,
daß z. B. die Produktnormen, soweit sie vom Hersteller
genutzt werden, von der „Benannten Stelle“ prinzipiell
anerkannt werden müssen; ggf. muß diese auf der Basis
der Vorschriften der Richtlinie bzw. des Gesetzes, z. B.
„Grundlegende Anforderungen“, nachweisen, warum die
Norm im speziellen Fall nicht angewendet werden darf.
Konkretisierung
gesetzlicher
Anforderungen
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Normen
Inhalt
„Grundlegende
Anforderungen“
gelten immer
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In Verbindung mit dem Medizinprodukterecht können
nur noch die harmonisierten Normen (§ 6 MPG) angewendet werden, wenn der Hersteller die Unterstellung der
Konformität beanspruchen will. Dies sind Normen, für
die die EG-Kommission Normungsaufträge erteilt hat, die
insbesondere von den europäischen Normungsinstitutionen CEN/CENELEC in Zusammenarbeit mit den nationalen Normungsgremien erstellt werden und deren Fundstelle dann von der EG-Kommission im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. EG) als harmonisierte
Normen bekanntgemacht worden wird. Dies hat zur Folge, daß auf der Basis der bisherigen internationalen (z. B.
ISO), europäischen (z. B. CEN) und nationalen Normen
(z. B. DIN oder AFNOR) in Verbindung mit dem Medizinproduktegesetz eine Konformität nicht unterstellt werden
kann. Die harmonisierten Normen werden in deutsche
Normen überführt werden und als harmonisierte Normen
(§ 3 Nr. 17, § 6 MPG) gekennzeichnet; sie werden im Bundesanzeiger bekanntgemacht (Schorn [Hrsg.] M 5). Dem
steht jedoch nicht entgegen, daß im Einzelfall sich der
Hersteller und die „Benannte Stelle“ auf die Anwendung
einer nicht im oben genannten Sinne harmonisierten
Norm einigen.
Unabhängig von den Forderungen in den Konformitätsbewertungsverfahren müssen die Produkte immer die
rechtlich vorgeschriebenen „Grundlegenden Anforderungen“ (§ 5 Abs. 1 MPG, Medizinprodukte-Verordnungen)
erfüllen. Diese „Grundlegenden Anforderungen“ beinhalten u. a. technische, medizinische und Informationsanforderungen (Kennzeichnung, Gebrauchsanweisung). Die
Anwendung der Normen ist freiwillig. Dem Hersteller
steht es frei, auf welchem Wege er die „Grundlegenden
Anforderungen“ erfüllt. Dies bedeutet auch z. B. für den
18
Bewertungen
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Einkauf durch das Krankenhaus, daß eine Forderung der
Angaben der Normen, die von dem Medizinprodukt erfüllt werden, nicht immer sinnvoll ist, da der Hersteller
durchaus auf anderem Wege ein gleichhohes oder sogar
höheres Sicherheitsniveau bei seinem Produkt erreicht
haben kann.
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Februar 2000
„Gemeinsame Technische Spezifikationen“
Für die In-vitro-Diagnostika des Anhanges II (Hochrisikoprodukte) der EG-Richtlinie über In-vitro-Diagnostik
können „Gemeinsame Technische Spezifikationen“ (GTS)
von der Europäischen Kommission rechtverbindlich erlassen werden. In ihnen werden in geeigneter Weise die Kriterien für die Bewertung und Neubewertung der Leistung, die Chargenfreigabekriterien, die Referenzmethoden und die Referenzmaterialien festgelegt. Der Hersteller
kann in begründeten Fällen von diesen Spezifikationen
abweichen.
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Bewertungen
Klinische Bewertung
Die klinische Bewertung ist auch im Zusammenhang mit
der Risikoanalyse zu sehen, die in den Qualitätssicherungssystemen vorgeschrieben sind (z. B. in Anhang II
Nr. 3.2 c) 2. Anstrich der Richtlinie 93/42/EWG). Da es
sich bei den Medizinprodukten um Produkte mit medizinischer Zweckbestimmung handelt, ist eine klinische Bewertung vorgesehen. Der Hersteller gibt an, welche medizinische Zweckbestimmung auf der Basis der im Medizinproduktegesetz vorgesehenen Definitionen das von ihm
für das Inverkehrbringen vorgesehene Produkt erfüllen
soll. Die Erfüllung dieser Zweckbestimmung muß der
Hersteller belegen können. Der Nachweis kann mit wis19
Ähnliche
Anforderungen
wie im
Arzneimittelrecht
12 z 02 07
Bewertungen
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Abb. 2: Klinische Bewertung von Medizinprodukten
Formblätter, Software
senschaftlichem Erkenntnismaterial (z. B. Literaturdaten)
oder, falls dies nicht ausreicht, mit Ergebnissen einer von
ihm veranlaßten klinischen Prüfung erfolgen (Abb. 2).
Die Anforderungen an klinische Prüfungen entsprechen
weitgehend denen des Arzneimittelrechts, sie werden in
§§ 17 bis 19 MPG und in der Medizinprodukte-Verordnungen geregelt. Diese Nachweispflicht besteht auch für
solche Medizinprodukte, für die keine Verpflichtung besteht, eine „Benannte Stelle“ einzuschalten – also auch für
Medizinprodukte der Klasse I.
Die Formblätter und PC-Erfassungsprogramme zur
Anzeige der klinischen Prüfung können entgeltfrei über
den Internetzugang des Deutschen Instituts für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), Postfach
420580, 50899 Köln, abgerufen werden unter der Adresse
20
Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung
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12 z 02 08
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Februar 2000
http://www.dimdi.de und dort unter dem Stichwort Informationssystem Medizinprodukte.
Leistungsbewertung von In-vitro-Diagnostika
Für In-vitro-Diagnostika, deren Analyseleistungen Gegenstand von Prüfungen sind (Leistungsbewertungszwecke),
ist eine besondere Regelung vorgesehen. Bei diesen Produkten liegt eine medizinische Zweckbestimmung vor, bei
der die genauen Leistungen noch einer Überprüfung und
Bestätigung bedürfen. Angesichts des Gegenstands der
Prüfungen müssen diese Produkte den grundlegenden
Anforderungen nicht im vollen Umfang entsprechen. Der
Status dieser Produkte muß in der Etikettierung aufgeführt sein, und der Hersteller muß ein besonderes Konformitätsbewertungsverfahren einhalten.
In-vitro-Diagnostika als Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Materialien oder andere Gegenstände, einschließlich Software, die zu Forschungszwecken eingesetzt
werden sollen, ohne medizinische Zwecke zu verfolgen,
sind nicht als Medizinprodukte für Leistungsbewertungszwecke anzusehen.
Prüfungszwecke
Forschungszwecke
Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung
12 z 02 | 08
Mit den Vorschriften zum Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten (§§ 22 bis 24 MPG) sollen
die medizinische und technische Qualität der Medizinprodukte, die sie bei ihrem erstmaligen Inverkehrbringen
besitzen, während der gesamten Anwendungs- bzw. Betriebsdauer des Produktes weitestgehend gewährleistet
werden. Diese Vorschriften folgen zumeist den entsprechenden Regelungen der Medizingeräteverordnung und
dem § 3 der Unfallverhütungsvorschrift „Gesundheitsdienst“ des Hauptverbands der gewerblichen Berufsgenos-
Angelehnt an
Medizingeräteverordnung
21
12 z 02 08
Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung
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senschaften. Sie sollen zudem eine positive Auswirkung
haben auf die Qualität der ärztlichen Leistungen, die in
Verbindung mit der Anwendung von Medizinprodukten
erbracht werden, und damit auch Kosten in der gesetzlichen Krankenversicherung senken. Mit den Vorschriften
im Bereich der Medizinprodukte mit Meßfunktion soll
die Einhaltung der vorgeschriebenen meßtechnischen Anforderungen gewährleistet und der Qualitätssicherung labormedizinischer Untersuchungen gedient werden. Regelungen zum Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten werden in Verordnungen getroffen werden. Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (Schorn
[Hrsg.]; 1998 a) regelt das Errichten und Betreiben von
solchen Produkten, die noch nach den Vorschriften der
Medizingeräteverordnung (MedGV) in den Verkehr gebracht werden bzw. wurden. Siehe dazu insbesondere
auch § 15 und § 16 der Medizinprodukte-Betreiberverordnung.
Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung muß zusammen mit bestehenden Vorschriften des MPG (z. B. § 4
und §§ 22 bis 24 MPG) und anderer einschlägigen Vorschriften angewendet werden. Die Vorschriften dieser
Verordnung müssen auf die europäischen Regelungen für
Medizinprodukte abgestellt sein (z. B. hinsichtlich Produktanforderungen, Verantwortlichkeiten), weshalb Abweichungen von bisherigen Betreibervorschriften notwendig wurden.
Gesundheitsberufe,
-einrichtungen
Anwendungsbereich (§ 1)
Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung ist an alle gerichtet, die Medizinprodukte und dessen Zubehör einschließlich Sonderanfertigungen mit der vom Hersteller
gegebenen Zweckbestimmung für Menschen errichten,
22
Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung
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12 z 02 08
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Februar 2000
betreiben oder anwenden. Dies sind insbesondere Gesundheitsberufe und Gesundheitseinrichtungen wie Arztund Zahnarztpraxen, Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime, Massage- und Gymnastikpraxen, Apotheken, Drogerien und Sanitätshäuser sowie Krankenkassen, aber
auch solche Einrichtungen, die z. B. Blutdruckmeßgeräte
in Bahnhöfen aufstellen. Sie gilt ab dem 7. Juni 2000 auch
für In-vitro-Diagnostika. Sie gilt nicht für Medizinprodukte zur klinischen Prüfung, dafür gibt es gesonderte
Regelungen. Sie findet auch keine Anwendung auf Medizinprodukte, die weder gewerblichen noch wirtschaftlichen Zwecken dienen und in deren Gefahrenbereiche
keine Arbeitnehmer beschäftigt sind; damit wird der private Bereich wie das Zuhause von Patienten vom gewerblichen Bereich – wie bereits bei der MedGV – abgegrenzt.
Allgemeine Anforderungen (§ 2)
Die allgemeinen Anforderungen korrespondierem mit
den Vorschriften in §§ 22 bis 24 Abs. 1 MPG und sind
kurzgefaßt folgende: Medizinprodukte dürfen nur ihrer
Zweckbestimmung entsprechend den rechtlichen Vorgaben von solchen Personen errichtet, betrieben und angewendet werden, die dafür geeignet sind. Dafür haben die
Krankenhausleitung und die Krankenhausverwaltung, die
Vorgesetzten und Personen selbst zu sorgen. Es dürfen
nur solche Medizinprodukte betrieben und angewendet
werden, die zu dem jeweiligen Zeitpunkt funktionsfähig
und im ordnungsgemäßen Zustand sind, d. h. sie müssen
die vom Hersteller angegebene Zweckbestimmung erfüllen, dürfen für den Patienten, Anwender oder Dritten
keine unverhältnismäßigen Risiken tragen und müssen
ordnungsgemäß in Stand gehalten werden. Die dafür notwendigen Maßnahmen und Verantwortlichkeiten sollten
23
Eignung
der beschäftigten
Personen
12 z 02 08
Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung
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z. B. von der Krankenhausverwaltung schriftlich festgelegt
werden (Krafczyk u. Saller 1997). Auf die Explosionsgefahr in entsprechenden Räumen oder bei entsprechenden
Umständen ist zu achten.
Meldepflicht
gegenüber BfArM
Instandhaltung
Risikoabwehr (§ 3)
In der Verordnung definierte Vorkommnisse mit einem
Medizinprodukt, die zum Tode oder zu einer schwerwiegenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes eines
Patienten, Beschäftigten oder eines Dritten geführt haben
oder hätte führen können (es wird also auch schon die
Möglichkeit eines „Beinahevorkommnisses“ erfaßt), müssen unverzüglich dem Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte (BfArM) gemeldet werden. Die
Konkretisierung der Vorkommnisse folgt den diesbezüglichen Verpflichtungen der Hersteller gemäß der rechtlich
vorgeschriebenen Konformitätsbewertungsverfahren und
steht somit im logischen Zusammenhang mit dieser Verpflichtung. Die zentrale Meldung an das BfArM ergibt
sich aus der Verpflichtung in § 29 Abs. 1 MPG. Diese
Meldung erhalten vom BfArM auch der Hersteller und
der für den Hersteller zuständigen Behörde. Die Einbindung des jeweiligen Herstellers entspricht der Philosophie
der EG-Richtlinien und sonstiger Leitlinien über Medizinprodukte und dem deutschen MPG sowie der dem Hersteller aufgetragenen Eigenverantwortlichkeit – auch im
Verhindern und Abstellen von Risiken bzw. Vorkommnissen.
Instandhaltung (§ 4), Betreiben und Anwenden (§ 5)
Die Regelungen zur Instandhaltung erfassen auch die
Wartung einschließlich Sterilisation, Inspektion, Instandsetzung. Es werden detaillierte Anforderungen gestellt.
24
Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung
Februar 2000
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12 z 02 08
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Diese speziellen Vorschriften für aktive Medizinprodukte lehnen sich eng an die bisherigen Betreibervorschriften der MedGV an. Im Grundsatz dürfen die in der
Anlage 1 zu der Verordnung aufgeführten aktiven Medizinprodukte nur betrieben werden, wenn die Person, die
das Medizinprodukt betreiben soll, besondere Voraussetzungen erfüllt, kompetent eingewiesen und das Medizinprodukt einer Funktionsprüfung unterzogen wurde. Hier
ist folgendes abgestuftes System vorgesehen: Der Hersteller oder eine von ihm autorisierte Person weist eine vom
Betreiber als die für das jeweilige Medizinprodukt verantwortliche Person (z. B. für das Krankenhaus oder für eine
Station) ein. Diese Person ist dann auch die Kontaktperson zu dem Hersteller, z. B. wenn der Hersteller Neuerungen oder Hinweise zur Risikominimierung vermitteln
will, oder wenn der Betreiber Fragen zum Betreiben oder
Anwenden dieses Medizinproduktes hat. Diese Person
weist die anderen Personen ein, die auch dieses Medizinprodukt verwenden oder anwenden. Mit dieser Regelung
wird zum einen eine kompetente Informations- und
Handhabungsanwendung in der Gesunheitseinrichtung
gewährleistet, zum anderen wird der personellen Fluktation in Kliniken und auf Stationen Rechnung getragen.
Die Anlage 1 entspricht weitgehend der entsprechenden Anlage der MedGV, wobei jetzt Produktkategorien
und nicht mehr Einzelprodukte aufgeführt werden, um
somit auch jetzt noch nicht bekannte Medizinprodukte
der jeweiligen Kategorie zu erfassen. Dies war ein Problem der MedGV bezüglich der medizinisch-technischen
Geräte der Gruppen 1 und 2 in Verbindung mit den in
der Anlage aufgeführten Geräten (nicht Gerätekategorien!).
25
Abgestuftes System
Produktkategorien
statt Einzelprodukte
12 z 02 08
Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung
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Kontrollpersonen
müssen qualifiziert
sein
Parallel der MedGV
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Sicherheitstechnische und meßtechnische Kontrollen
(§§ 7 und 11)
Die sicherheitstechnischen Kontrollen folgen den diesbezüglichen Grundsätzen der MedGV, wobei für die aktiven
Medizinprodukte der Anlage 1 zusätzlich detailliertere
Vorschriften gelten. Die speziellen meßtechnischen Kontrollen müssen für die in der Anlage 2 aufgeführten Medizinprodukte nach den dort und in § 11 aufgeführten
Vorgaben erfolgen. An die Durchführung dieser Kontrollen und an die Personen bzw. Institutionen, die diese
Kontrollen durchführen, werden genauere Anforderungen
gestellt. Die meßtechnischen Kontrollen sind jetzt nicht
mehr an die Eichbehörden gebunden; sie können zwar
noch wie bisher von Behörden durchgeführt werden, sie
dürfen jedoch auch von jeder anderen entsprechend der
Verordnung qualifizierten Person vorgenommen werden.
Im Gegensatz zur meßtechnischen Kontrolle besteht bei
den sicherheitstechnischen Kontrollen keine Anzeigepflicht bei der zuständigen Behörde der Personen, die
diese Kontrollen durchführen; ebenso muß auch im Gegensatz zu den meßtechnischen Kontrollen kein Zeichen
mit Angaben auf das Gerät aufgebracht werden, obwohl
in beiden Fällen in das Medizinproduktebuch Eintragungen über diese Kontrollen gemacht werden müssen.
Medizinproduktebuch (§ 7), Bestandsverzeichnis (§ 8),
Patienteninformation (§ 10)
Die folgenden Dokumentationen und Informationen wurden der MedGV entliehen. Für die in den Anlagen 1 und
2 der Verordnung aufgeführten Medizinprodukte muß ein
Medizinproduktebuch mit vorgeschriebenen Angaben angelegt und geführt werden. Für alle aktiven nichtimplantierbaren Medizinprodukte muß jede Betriebsstätte ein
26
Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung
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12 z 02 08
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Februar 2000
Bestandverzeichnis anlegen. Beide müssen die von dem
Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und
Information (DIMDI) und vom BMG bekanntgemachte
Nomenklatur verwenden (MPJ 1997 S. 20). Der Patient
muß nach der Implantation eines aktiven Medizinproduktes eine schriftliche Information zur Sicherheit des
Patienten mit notwendigen Verhaltensanweisungen erhalten.
Integration der MedGV-Betreibervorschriften (§ 15)
Auf ausdrücklichen Wunsch der Bundesländer wurden
die Vorschriften dieser Medizinprodukte-Betreiberverordnung auch auf die Produkte ausgedehnt, die noch nach
der MedGV in den Verkehr gebracht wurden. Damit besteht für das Betreiben und Anwenden aller Medizinprodukte, unabhängig ob sog. CE-Medizinprodukte oder
MedGV-Produkte, eine einzige Betreiberverordnung.
Diese Zusammenlegung macht jedoch die Lesbarkeit und
Anwendung dieser Verordnung nicht gerade einfacher.
Die §§ 1 bis 12 müssen ggf. unter Hinzuziehung der neun
Sondervorschriften des § 15, die speziell (zuzüglich oder
als Ausnahme) für MedGV-Produkte gelten, modifiziert
angewendet werden. Was das Inverkehrbringen dieser
Produkte betrifft (auch unter Berücksichtigung der Abverkaufsfrist bis zum 30. 6. 2000, die mit dem Ersten
MPG-Änderungsgesetz eingeführt wurde), muß weiterhin
die MedGV – in der durch diese Medizinprodukte-Betreiberverordnung geänderten Fassung (§ 16) – hinzugezogen
werden.
27
Lesbarkeit erschwert
12 z 02 09
Verordnungen über die Verschreibungspflicht und über Vertriebswege
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Änderung der Eichordnung (§ 17),
Übergangsbestimmungen (§ 14)
Die Eichordnung wird dahingehend geändert, daß die
bisher dort geregelten medizinischen Produkte nun im
Hinblick auf die Meßfunktionen, inbesondere bezüglich
der Eichung und Wiedereichung, voll dem Medizinprodukterecht unterliegen.
Für die Funktionsprüfungen, Einweisungen, sicherheitstechnische Kontrollen, meßtechnische Kontrollen,
das Medizinproduktebuch/Gerätebuch und Bestandsverzeichnis sowie bisherige medizinische Meßgeräte sind
Übergangsbestimmungen vorgesehen.
12 z 02 | 09
Verordnungen über die Verschreibungspflicht
und über Vertriebswege für Medizinprodukte,
Betriebsverordnungen, Medizingeräteverordnung
Verschreibungspflicht,
Vertriebswege
Die Verordnung über die Verschreibungspflicht von Medizinprodukten und die Verordnung über Vertriebswege für
Medizinprodukte spiegeln die Regelungen des Arzneimittelrechtes wider, die bereits bisher für diese Produkte galten, als sie noch dem Arzneimittelrecht unterlagen. Sie
stellen somit keine neuen Regelungen für diese Produkte
dar. Die Vertriebswegeregelungen befassen sich mit der
Apothekenpflicht der Medizinprodukte (vollständiger Text
in Schorn [Hrsg.]; 1998 a).
Das Medizinproduktegesetz sieht die Ermächtigung
zum Erlaß von Betriebsverordnungen vor (§ 16 MPG). Damit soll eine Sicherheits- und Regelungslücke der EGRichtlinien zwischen dem ersten Inverkehrbringen und
der Abgabe von Medizinprodukten durch den Zwischenund Einzelhandel geschlossen werden. Ziel der Betriebsverordnungen soll die Gewährleistung der Qualität, Sicherheit
und Leistung der Medizinprodukte auf der Handelsebene
Bertriebsverordnungen
28
Beobachtung der im Verkehr befindlichen Medizinprodukte und Abwehr von Risiken
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sein. Eine solche Vorschrift kann insbesondere im Bereich
der Qualitätserhaltung von z. B. Röntgenfilmen notwendig
werden, die im Verlauf ihres Weges vom Hersteller bis
zur Verwendung durch z. B. falsche Lagerung erheblich beeinträchtigt werden können, so daß deshalb eine Fehldiagnose nicht auszuschließen ist. Diese Verordnungsermächtigung schließt auch den Erlaß einer Betriebsordnung für
Apotheken hinsichtlich Medizinprodukte ein.
Die
Regelungen
der
Medizingeräteverordnung
(MedGV) sind außer für In-vitro-Diagnostika (§ 3 Nr. 4
MPG) außer Kraft getreten. Für diese Medizinprodukte
gilt nun die Medizinprodukte-Betreiberverordnung. Ab
dem 7. 6. 2000 gilt die Medizinprodukte-Betreiberverordnung auch für In-vitro-Diagnostika.
Februar 2000
12 z 02 10
Medizingeräteverordnung
12 z 02 | 10
Beobachtung der im Verkehr befindlichen
Medizinprodukte und Abwehr von Risiken
Das Ziel, den Patienten, Anwender und Dritte beim Umgang mit Medizinprodukten zu schützen, wird dadurch
erreicht, daß nur qualitativ einwandfreie, sichere und geeignete Medizinprodukte in den Verkehr gelangen, errichtet, in Betrieb genommen oder angewendet werden. Deshalb ist es bei Strafe verboten, Medizinprodukte in den
Verkehr zu bringen, zu errichten, in Betrieb zu nehmen,
zu betreiben oder anzuwenden, wenn der begründete
Verdacht besteht, daß sie die Sicherheit und Gesundheit
der Patienten, der Anwender oder Dritter gefährden, oder
das Verfalldatum abgelaufen ist. Auch ist es verboten, Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen, wenn sie mit
irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung
versehen sind (§ 4 MPG).
Die EG-Richtlinien und somit das Medizinproduktegesetz sehen auch Instrumentarien zur Erfassung und Ab29
12 z 02 10
Beobachtung der im Verkehr befindlichen Medizinprodukte und Abwehr von Risiken
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Formblätter, Software
Bundesinstitut für
Arzneimittel und
Medizinprodukte
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wehr von Risiken durch Medizinprodukte vor (§§ 27 bis
32 MPG). Die vorgesehenen Maßnahmen sind zum Teil
insbesondere mit denen des Arzneimittelrechts vergleichbar und beinhalten ein EG-weites Informationssystem;
siehe dazu § 2 und § 3 der Medizinprodukte-Verordnung
sowie § 3 der Medizinprodukte-Betreiberverordnung, die
Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit
zu dem PC-Erfassungsprogramm und den Formblätter
(Schorn [Hrsg.] M 6; Stöber 1997) sowie zu der Nomenklatur (Schorn [Hrsg.] E 2.5). Zudem werden diese Maßnahmen von der EU-Kommission in Zusammenarbeit mit
den betroffenen Kreisen in „Leitlinien für ein Medizinprodukte-Beobachtungs- und -Meldesystem“ näher konkretisiert (Text und näheres s. Schorn [Hrsg.] E 2.1 und
M 2.6). Für den Hersteller ergeben sich die Meldeverpflichtungen aus den Vorschriften zu den Konformitätsbewertungsverfahren (z. B. Anhang II Nr. 3.1 Anstrich 7
aber auch Anhang VII Nr. 4 der Richtlinie 93/42/EWG).
Formblätter und PC-Erfassungsprogramme zur Meldung von Risiken aus Medizinprodukten können entgeltfrei über den Internetzugang des Deutschen Instituts für
medizinische Dokumentation und Information (DIMDI),
Postfach 420580, 50899 Köln, abgerufen werden unter der
Adresse http://www.dimdi.de und dort unter dem Stichwort Informationssystem Medizinprodukte.
Sowohl die EG-Richtlinien zu Medizinprodukten wie
auch die Leitlinien gehen von einer zentralen Erfassung
und Bewertung von Risiken aus, zumal diese zentrale
Stelle auch alle diesbezüglichen innerstaatlichen Maßnahmen koordinieren und auch die nationale Stelle für die
Koordinierung der Bearbeitung der aus dem EG-Verbund
stammenden Informationen sein muß. Diese zentrale
Stelle ist in Deutschland das Bundesinstitut für Arznei30
Sicherheitsbeauftragter für Medizinprodukte, Medizinprodukteberater
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12 z 02 11
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mittel und Medizinprodukte, Seestraße 10, 13353 Berlin,
Telefon 030/4548–5385, Telefax 030/4548–5300. Die Maßnahmen jedoch, die sich aus der Bewertung ableiten, werden in Deutschland von den zuständigen Landesbehörden (Adressen bei Schorn [Hrsg.] A 3.2) veranlaßt (mit
Ausnahme der Situation gemäß § 3 der MedizinprodukteVerordnung). Die Aktivitäten und ggf. Maßnahmen gegenüber der EG-Kommission, den anderen EU-Mitgliedstaaten, in den EU-Gremien, gegenüber Herstellern mit
Sitz außerhalb Deutschlands und Vertretung von Maßnahmen gegenüber dem Europäischen Gerichtshof, werden von der Bundesregierung ergriffen.
12 z 02 | 11
Februar 2000
Sicherheitsbeauftragter für Medizinprodukte,
Medizinprodukteberater
Jeder Hersteller oder wer sonst Medizinprodukte in
Deutschland erstmalig in den Verkehr bringt (§ 7 MPG)
und seinen Sitz in Deutschland hat, muß einen Sicherheitsbeauftragten für Medizinprodukte (§ 31 MPG) einstellen. Diese Person muß die für diese Tätigkeit und für
die Produkte erforderliche Sachkenntnis und die erforderliche Zuverlässigkeit haben. Seine Aufgabe ist das Sammeln und Bewerten von Risikomeldungen, die Koordinierung der dazu notwendigen Maßnahmen sowie die Erfüllung der Anzeigepflicht gegenüber der zuständigen Behörde. Der Sicherheitsbeauftragte wird in Fällen von Sicherheitsfragen zu Medizinprodukten für das Krankenhaus Ansprechpartner beim Hersteller sein.
Jeder Hersteller oder andere, die Medizinprodukte in
Deutschland in den Verkehr bringt wie z. B. Importeure,
dürfen nur solche Personen beauftragen, Fachkreise aufzusuchen, um diese über Medizinprodukte fachlich zu informieren und sie in die sachgerechte Handhabung der
31
Sicherheitsbeauftragter
Medizinprodukteberater
12 z 02 12
Allgemeine Anzeigepflichten
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Hohe Anforderungen
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Medizinprodukte einzuweisen, die für die jeweiligen Medizinprodukte die erforderliche medizinische und medizintechnische Sachkenntnis und Erfahrungen für die Information und, soweit erforderlich, für die Einweisung in
die Handhabung der jeweiligen Medizinprodukte besitzen
(Medizinprodukteberater, § 32 MPG). Außerdem hat der
Medizinprodukteberater ihm im Rahmen seiner Berufsausübung bekanntgewordene Risiken von Medizinprodukten demjenigen mitzuteilen, in dessen Auftrag er tätig ist.
An die Medizinprodukteberater werden hohe medizinische und technische Anforderungen gestellt. Es ist unerläßlich, daß die medizinischen und technischen Erkenntnisse und Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der
Medizinprodukte objektiv und kompetent an die Fachkreise gelangen, um diesen ein sachgerechtes Betreiben
und eine sachgerechte Anwendung insbesondere der neuentwickelten oder weiterentwickelten Medizinprodukte zu
ermöglichen. Der Medizinprodukteberater ist für das
Krankenhaus und dessen Personal wichtig. Von ihm kann
kompetenter Rat und sachkundige Einweisung oder dessen Vermittlung erwartet werden.
12 z 02 | 12
Allgemeine Anzeigepflichten
Erstmalig in den
Verkehr bringen
Betriebe, Einrichtungen (auch Krankenhäuser) und selbständige Personen (z. B. Ärzte), die in Deutschland ihren
Sitz haben und Medizinprodukte herstellen, klinisch prüfen oder erstmalig in den Verkehr bringen, haben dies
vor Aufnahme der Tätigkeit der zuständigen Behörde
(Adressen bei Schorn [Hrsg.] A 3.2) anzuzeigen. Wer Systeme oder Behandlungseinheiten zusammensetzt oder
diese oder andere Medizinprodukte sterilisiert, und seinen Sitz in Deutschland hat, muß seine Adresse und die
Medizinprodukte angeben (§ 25 MPG); diese Vorschrift
32
Europäische Datenbank
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gilt jedoch nur, wenn das Medizinprodukt erstmalig in
den Verkehr gebracht werden soll (zu den Anzeigepflichten s. a. § 2 der Medizinprodukte-Verordnung und die Bekanntmachungen des Bundesministeriums für Gesundheit, Schorn [Hrsg.] M 6).
Formblätter und PC-Erfassungsprogramme zur Anzeige nach § 25 können entgeltfrei über den Internetzugang
des Deutschen Instituts für medizinische Dokumentation
und Information (DIMDI), Postfach 420580, 50899 Köln,
abgerufen werden unter der Adresse http://www.dimdi.de
und dort unter dem Stichwort Informationssystem Medizinprodukte.
Februar 2000
12 z 02 14
Formblätter, Software
Einfuhr
12 z 02 | 13
Vorschriften nach dem MPG zur Einfuhr von Medizinprodukten gibt es nicht, da die Medizinprodukte, die aus
anderen Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) oder aus Drittländern (andere Staaten als
EWR-Staaten) nach Deutschland verbracht werden, den
hiesigen Bestimmungen gerecht werden müssen. Somit
darf das Krankenhaus überall in der Welt Medizinprodukte kaufen, wenn diese die CE-Kennzeichnung nach
den EG-Richtlinien über Medizinprodukte (90/385/EWG,
93/42/EWG, 98/78/EG) tragen. Die Kennzeichnung und
Gebrauchsanweisung dieser Produkte müssen in der Regel in deutscher Sprache abgefaßt sein.
CE-Kennzeichen
genügt
Europäische Datenbank
12 z 02 | 14
Aufgrund des europäischen Rechtes wird eine europäische Datenbank eingerichtet. In Deutschland besteht bereits eine derartige Datenbank beim Deutschen Institut
für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), Postfach 420580, 50899 Köln, Internetzugang http://
33
Datenbank
beim DIMDI
12 z 02 15
Übergangsbestimmungen
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www.dimdi.de unter dem Stichwort Informationssystem
Medizinprodukte (Stöber 1996). Von der europäischen
Datenbank werden Regulierungsdaten gemäß dieser
Richtlinien zu Medizinprodukten erfaßt, zu der die zuständigen Behörden Zugang erhalten, damit sie ihre Aufgaben im Zusammenhang mit dieser Richtlinie in voller
Sachkenntnis wahrnehmen können. Später sollen Teile
der Datenbank auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Die Datenbank enthält:
z Angaben zur Meldung der Hersteller;
z Angaben im Zusammenhang mit Zertifikaten, die von
„Benannten Stellen“ ausgestellt, geändert, ergänzt,
ausgesetzt, zurückgezogen oder verweigert wurden;
z Angaben, die gemäß dem Beobachtungs- und Meldeverfahren erhalten werden.
Die Angaben werden in einem vereinheitlichten Format
übermittelt.
12 z 02 | 15
Übergangsbestimmungen
Fristen
Die Übergangsbestimmungen (§ 48 MPG) sind für aktive
implantierbare Medizinprodukte (§ 3 Nr. 3 MPG) bereits
abgelaufen. Soweit die übrigen Medizinprodukte (außer
In-vitro-Diagnostika – § 3 Nr. 4 MPG) am 14. 6. 1998 bereits nach dem am 31. 12. 1994 in Deutschland geltenden
Recht erstmalig in den Verkehr gebracht wurden (in die
Verfügungsgewalt eines anderen als des Herstellers im
Sinne von § 3 Nr. 15 MPG), dürfen sie noch bis zum
30. 6. 2001 weiter in den Verkehr gebracht (vom Handel
außer Abgabe vom Hersteller) und (z. B. vom Krankenhaus) erstmalig in den Betrieb genommen werden (§ 48
MPG). Hersteller dürfen keine Medizinprodukte (außer
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Übergangsbestimmungen
Februar 2000
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12 z 02 15
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In-vitro-Diagnostika) ohne CE-Kennzeichnung abgeben.
Wenn in der Übergangszeit das Medizinprodukt nach den
Vorschriften des Medizinproduktegesetzes in den Verkehr
gebracht wird, können die Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes, des Gerätesicherheitsgesetzes oder der Medizingeräteverordnung nicht mehr angewendet werden. Für
die Produkte, die noch nach den am 31. 12. 1994 geltendem Recht in den Verkehr gebracht wurden oder weiter
in den Verkehr gebracht werden, gelten die Vorschriften
des § 48 Abs. 2 MPG; d. h. die bisherigen Rechtsbereiche
finden insgesamt noch Anwendung, soweit für die ehemaligen MedGV-Produkte nichts anderes gilt (Schorn
[Hrsg.] Kommentierung zu § 48).
Für Quecksilberglasthermometer mit Maximumvorrichtung gilt eine Übergangsbestimmung bis zum 30. 6.
2004 (§ 48 Abs. 3).
Für In-vitro-Diagnostika können die neuen rechtlichen Regelungen ab dem 7. 6. 2000 angewendet werden.
Die Übergangszeit läuft für die Hersteller am 7. 12. 2003
und für den sonstigen Handel und die erste Inbetriebnahme z. B. durch die Krankenhäuser am 7. 12. 2005 ab.
Literatur
Anselmann N (Hrsg) Europäisches Recht der Technik. EG-Richtlinien, Bekanntmachungen, Normen. CD-ROM. Beuth, Berlin
Köln
Bohnsack U (Hrsg) Medizinprodukte in Europa, Rechtsetzung und
Normung. Loseblattsammlung. Beuth, Berlin Wien Zürich
Krafczyk W, Saller R (1997) Medizin Recht 11:493–497
MPJ Medizinprodukte Journal, Journal für Wissenschaft und
Praxis, Handel und Anwender. Schorn G (Hrsg) Wissenschaftliche Verlagsges, Stuttgart
Schorn G (Hrsg) Medizinprodukte-Recht, Rechtliche Grundlagen
mit Einführung und Materialien. Loseblattsammlung 2 Bde.
Wissenschaftliche Verlagsges, Stuttgart
35
Quecksilberglasthermometer
In-vitro-Diagnostika
12 z 02 15
Übergangsbestimmungen
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Schorn G (1994) Das Medizinproduktegesetz – ein Sicherheitsgesetz. MPJ 1:5–7
Schorn G (1996 a) Medizinprodukterecht und Apothekenbetriebsordnung. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart
Schorn G (1996 b) Was gilt für die Resterilisation? Sterilisation
von Medizinprodukten. MPJ 3:13–15
Schorn G (1996 c) CE-Kennzeichnung: Das Qualitätskennzeichen
für Medizinprodukte. MPJ 3:24–26
Schorn G (1998 a) Medizinproduktegesetz MPG. Gesetzestext
mit Änderungsgesetz, Verordnungen und EG-Richtlinien,
2. Aufl. Wissenschaftliche Verlagsges, Stuttgart
Schorn G (1998 b) Rolle der Normung in der Medizin – aus der
Sicht des Staates. MPJ 5:44–46
Stöber W (1996) Datenbankgestütztes Informationssystem des
DIMDI für Medizinprodukte. MPJ 3:5–8
Stöber W (1997) Risikomeldung bei Medizinprodukten. MPJ
4:17–20
Weiter
36