Physikalisch-diätetische Therapie Mitteilungsblatt1 des Zentralverbandes der Ärzte für Naturheilverfahren e. V. - NATURHEILVERFAHREN 3. Jahrg.,Heftl2,Dezemberl962 Angeschlossene Arbeitsgemeinschaften für: Biologische Zahnheilkunde Elektroakupunktur, Gesundheitsvorsorge und Frühheilbehandlung, Mikrobiologische Therapie, Neuraltherapie nach Huneke, Psychotherapie-Seminare Inhaltsverzeichnis: Scholtz' Physikalische Therapie des Postthrombotischen Syndroms . 190 W Tiegel f. Das Heilmittel in der Naturheilkunde 192 UNEXYM »Repha« Barschneider. Pruntus 193 Lehmacher: Ergänzung zum Aufsatz Lampert, Heft 8/62 . 194 Cordes- Arbeits- und Sozialrecht in der ärztlichen Praxis 195 das neuartige, stufenweise und daher gezielt und optimal wirkende Fermentkombinationsmittel in Form des Kern- und Manteldragees gegen Funktionsstörungen im Magen- und Darmkanal, wobei die Wirkstoffe wegen der Verschiedenartigkeit ihres Milieus getrennt und ohne quantitativen Verlust im Magen und Dünndarm zum Einsatz kommen. Packung mit 50 u. 100 Dragees Aus anderen Zeitschriften REPHAChem.-pharm.Fabrik Godshorn über Hannover Hamburg C 7775 E Neue Bucher . . 196 . Kurse / Stellenbesetzungsliste 196 197 Medizinisch-Literarischer Verlag 2000 Hamburg 13 - Isesfraße 115 Postfach 8049 Tel. 47 44 34 Phys.-diät. Ther. Physikalisch-diätetische Therapie -NATURHEILVERFAHRENMitteilungsblatt und Organ des Zentralverbandes der Ärzte für Naturheilverfahren e.V. Schriftleitung: W. Groh - i. V. H. Haferkamp Wissenschaftlicher Beirat: H. Anemüller (Prien) - K. Franke (Bad Lauterberg) - P. Frick (Mainz) - S. Gräflf (Burgberg/Schw.) - H.-G. GüUner (Dresden) H. Harmsen (Hamburg) - A. Hoff (Bad Wörishofen) - R. G. Heyer (Nußdorf/inn) - M. Hochrein (Ludwigshafen/Rh.) F. Huneke (Düsseldorf) - K. Kötschau (Bad Harzburg) — H. Krauss (Berlin-Buch) - W. Küstner (Magdeburg) - H. Lampert (Höxter) - E. Meyer (Camberg) - H. Mommsen (Frankfurt/M.)- W. v. Nathusius (Hirzenhain/Oberhessen) - P. Neuhäusser (München) - F. Oelze (Hamburg) - G. W. Parade (Neustadt/Weinstraße) - H. P. Rusch (Frankfurt/M.) - H. Seyfarth (Rostock) - H. Storck (Endbach) - L. Strassburg (Berlin) - E.-G. Schenck (Starnberg) - R. Schmeicher (Karlsruhe) - H. Schoeler (Karlsruhe) - H. Tiegel (Hallbergmoos) - R. Voll (Plochingen) - H. F. Voss (Heidenheim/Brenz) - H. Warning (Frankfurt/M.) R. F. Weiss (Marstetten-Aitrach) - F. Wittenbeck (Mannheim) - Graf Wittgenstein (München) - W. Zabel (Berchtesgaden). 3. Jahrgang Dezember 1962 Heft 12 Aus der Abt. für physikalische Therapie am Stadt. Rudolf -Virchow-Krankenhaus, Westberlin Physikalische Therapie des Postthrombotisehen Syndroms Von H. G. S c h o l t z Das postthrombotische Syndrom ist gekennzeichnet durch chronische Schwellungszustände des Beines, Cyanose, ekcematöse Hautprocesse und schließlich hartnäckige Unterschenkelgeschwüre; also Folgeerscheinungen einer venösen Insuffizienz, welche letztlich vor allem in einem Versagen der Venenklappen ihren Grund hat. Bekanntlich bilden diese Zustände eine Crux medicorum, da es nur in beschränktem Maße gelingt, durch Kompressionsverbände den Rücktransport so weit in Gang zu halten, daß nicht verbrauchtes dunkles Blut in den Unterschenkeln liegenbleibt, und daß Gewebsflüssigkeit nicht zu einem chronischen Oedem zurückgestaut wird. Der physikalischen Therapie kommt bei diesen Krankheitszuständen zusammen mit der richtigen Bandagierungsbehandlung eine große Bedeutung zu. Sie strebt im Prinzip vor allem danach, wenigstens intermittierend die Blutversorgung des betroffenen Beines durch vermehrte Arterialisierung einerseits und Förderung des venösen Abflusses andererseits zu verbessern, wodurch eine Erholung des Gewebsstoffwechels eintritt. Da die Insuffizienz der Venenklappen sich in den wenigsten Fällen dabei erholen wird, folgt daraus, daß physikalische Maßnahmen lange Zeit zum mindesten in Abständen durchgeführt und laufend mit der Wickelbehandlung verbunden werden müssen. Der Rücktransport des Blutes aus den Beinen hängt von verschiedenen Faktoren, die der physikalischen Therapie zugänglich sind, ab. Unter diesen ist zunächst die Schwerkraft zu nennen, weiter der von außen auf das Bein wirkende Druck, dann die Tätigkeit der den Venen benachbarten Skelettmuskefn, die man auch afs peripheres Herz bezeichnet hat, schließlich die inspiratorische Ansaugfähigkeit des Thorax. Diese Kräfte gilt es also zu unterstützen. Eine stärkere Arterialisierung wird besorgt bei Eröffnung von Arteriolen und Kapillaren infolge Reizen, welche das Gefäßsystem des Un* Nach einem Vortrag beim Kongreß der Schweizerischen Gesellschaft für Phlebologie, Lugano T962. terschenkels selbst treffen oder reflektorisch darauf fortgeleitet werden. Die Verstärkung der Pulsation der begleitenden Arterien durch geeignete physikalische Reize mag weifer auch zur Besserung des venösen Reizprozesses beitragen. Ich möchte nun diejenigen Maßnahmen der physikalischen Therapie besprechen, welche sich uns am Rudolf-VirchowKrankenhaus, Berlin, zur Erreichung dieser beiden Ziele bewährt haben. Wie können wir mit unseren Mitteln den Rücktransport, die Entstauung fördern? Für die B e s s e r u n g des v e n ö s e n A b s t r o m e s kommt natürlich zunächst einmal die H o c h l a g e r u n g in Frage, um den Einfluß der Schwerkraft beim Stehen auszuschalten, welche man allen Patienten mit postthrombotischem Syndrom stundenweise anempfehlen wird. Bekanntlich heilen viele Unterschenkelgeschwüre ja schon ab, wenn der Patient aus anderen Gründen gezwungen ist, wochenlang das Bett zu hüten. Man verbinde aber die Hochlagerung der Beine stets mit k r a n k e n g y m n a s t i s c h e n Ü b u n g e n , welche die Muskelpumpe in Gang setzen. Sie können, einmal gezeigt, dann leicht von den Kranken regelmäßig mehrmals täglich ausgeführt werden. Eine solche Gymnastik wird in Rückenlage mit erhobenen Beinen gemacht, sie besteht zunächst in rhythmischen isometrischen Anspannungsübungen der Fuß- und Unterschenkelmuskulatur, später in Fuß-Rollen, Radfahrübungen, Medizinballspiel mit den Füßen und auch Volar- und Dorsalflexionsübungen des Fußes gegen Expanderzüge. Im Urlaub ist das Wattenlaufen und Schwimmen eine besonders wirksame Fuß-Beingymnastik. Mit der Beingymnastik sollten immer Tiefafmungsübungert verbunden werden, um auch hierdurch auf den venösen Rückstrom zu wirken. Als weiteres hervorragendes Mittel der physikalischen Therapie zur Entstauung möchte ich die S c h l a m m p a c k u n g nennen. Eine um das Bein in dicker Schicht angelegte Schlammpackung wirkt einmal durch ihren Druck auf das Bein, sodann durch ihre spezifischen Wärmeeigenschaften. Bestehen noch entzündliche Vorgänge, fühlt sich das Bein noch warm an, legen wir die Schlammpackung kalt an. Eine kalte Schlammpackung kann ungleich mehr Wärme aufnehmen als ein einfacher kalter Wasserumschlag. Der Schlamm ist nach zwei Stunden noch kühl und wird vom Kranken auch noch als kühl empfunden, während ein Wickel sich bald erwärmt. Bestehen keine entzündliche Erscheinungen mehr, wird die Schlammpackung warm angelegt und entfaltet dann ein bis zwei Stunden lang eine milde Wärmewirkung. Daneben spielt bei der Schlammanwendung zweifellos auch das hohe Sorptionsvermögen dieser Substanzen eine Rolle. Es kommt zu lonenaustauschvorgängen und Festhaltung von Exsudationsprodukten der Haut. Als Resultat einer Schlammpackung beobachten wir jedenfalls fast stets eine Gewebslockerung und oft auch eine Umfangsverminderung des erkrankten Beines. Schlammpackungen um ein chronisches thrombotisches Bein verringern das Oedem und dämpfen die umgebende Mikrophelebitis. Ein offenes UIcus cruris ist durchaus keine Kontraindikation gegen eine Schlammbehandlung. Wir decken allerdings die ulceröse Stelle selbst mit einer Mullkompresse ab. Nach Abnahme des Schlammumschlages und Abwaschung ist es zweckmäßig, vor Anlage des Kompressionsverbandes die Haut etwas nachzubehandeln, entweder mit einer Buttermilchwaschung oder durch dünnes Bestreichen mit Fissanöl. Besteht ein nässendes Ekzem, machen wir statt der üblichen Schlammpackungen einen dünneren Umschlag mit Heilerde „äußerlich", welcher stark austrocknend wirkt. Wir bevorzugen an meiner Abteilung bei der Behandlung der Thrombose und des postthrombotischen Syndroms einen Faulschlamm aus der Umgegend von Berlin, die Schollener Pelose, da diese durch ihr niedriges spezifisches Gewicht und infolge ihrer Anschmiegsamkeit durch ihren hohen organischen Gehalt besonders angenehm empfunden wird. Aber auch Moor und rein mineralische Schlamme sind für diese Behandlungen in gleicher Weise geeignet. Die massivsten Behandlungsmethoden zur Beförderung des venösen und lymphatischen Rückstromes stellen bestimmte M a s s a g e a r t e n dar. Hier bieten sich zwei Massagemethoden an, welche aber zur Voraussetzung haben, daß entzündliche thrombotische Vorgänge nicht mehr bestehen, die Unterwasserdruckstrahlmassage und die gleitende Saugmassage. Bei der U n t e r w a s s e r d ru cks t r a h I massa ge wird bekanntlich im Bade ein Wasserstrahl von 1 bis 2 atü in 6 bis 10 Düsen-Hautabstand auf den erkrankten Körperteil wandernd gerichtet. Wie SCHNEIDER experimentell nachgewiesen hat, kommt es dabei zu einem komplizierten Wechselspiel zwischen Druck- und Sogkräften, indem eine zentrale Druckdelle von einer Unterdruckzone mit vermehrter Gefäßfüllung umgeben ist. Bei ständig bewegtem Strahl ergibt sich also daraus eine beträchtliche Anregung des subkutanen Säftestromes. Klinisch beobachten wir nach einer solchen Massage, welche sich besonders bei postthrombotischen blanden Lymphstauungen bewährt, daß das Bein weicher wird, und erzielen bei kurmäßiger längerer Behandlung oft noch einen erfreulichen bleibenden Rückgang der Schwellungszustände. In ähnlicher Weise wirkt die g l e i t e n d e S a u g m a s s a g e . Diese Behandlung wird mit kleinen Saugglocken von 3 bis 8 cm Durchmesser durchgeführt, in denen mittels einer elektrischen Luftpumpe dauernd ein Vakuum von regulierbarem Unterdruck hergestellt wird. Wir benutzen für diese Behandlung die Apparatur der Firma PARI. Die Saugglocken werden auf die Haut gesetzt, wobei dann eine Vorwölbung der Haut innerhalb der Glocke erfolgt. Unter Paraffinankoppelung wird dann die Glocke langsam ohne jede Druckanwendung von der Knöchelgegend aus zentralwärts gezogen. Durch ein Tastventil kann jederzeit Druckausgleich hergestellt werden, wobei die Glocke sich dann von der Haut löst. Auch hier handelt es sich also um eine Beförderung des Lymphstromes und Lockerung von verbackenem indurierten Gewebe, wobei eine Forderung der Ausbildung von Kolloteralen angenommen werden kann. Im ganzen ist diese Massageart schonender und ungefährlicher als die Unterwasserdruckstrahlmassage. Stets wird man die Saugmassage mit manuellen Griffen, vor allem Ausstreichungen und Vibratio- nen der Wade, z. B. auch mit dem Pneumooscillator von PARI, zwischendurch kombinieren. Um die Wirkung der gleitenden Saugmassage insbesondere bei festem Lymphoedem zu verstärken, hat es sich bewährt, vorher eine l o n t o p h o r e s e m i t H y a I u r o n i d a s e durchzuführen. Dazu wird jedes Mal frisch eine Ampulle KinetinSchering in 250 ccm einer von SCHWARZ angegebenen Pufferlösung mit einem pH von 5,4 aufgelöst. Die Pufferlösung (Natr. acet. + 3 H2O 11,43 Adid. acet. glac. 0,923 agn. dest. ad 1000) selbst kann im Vorrat gehalten werden. Der betroffene Unterschenkel wird nun in mehrfach gelegte Mulltücher eingehüllt, welche in der Kinetin-Lösung getränkt sind. Darüber kommt eine biegsame Zinkblechelektrode, die mit dem positiven Pol des Elektrisierapparates verbunden wird. Die mit gewöhnlichem Wasser getränkte, negativ geschaltete Gegenelektrode kommt in die Kreuzgegend. Die lontophorese wird 20 Minuten lang mit einer Stromstärke von 15 bis 20 mA durchgeführt. Pralle Lymphstauungen werden dabei vorübergehend deutlich weicher und einer Massagebehandlung besser zugänglich. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf eine von LAMPERT angegebene Methode kurz hinweisen, welcher auf Grund experimenteller Untersuchungen der Ansicht ist, daß eine Quergalvanisation des Beines, bei welcher die Elektroden also zu beiden Seiten des Beines liegen, eine Refraktion der Thromben und Rekanalisierung thrombotischer Gefäße befördert. Diese Behandlungsart, welche mit einer Dauer bis zu einer Stunde 10 Tage lang täglich durchgeführt werden soll, ist klinisch noch nicht genügend durchprobiert, und auch wir haben keine eindeutigen Erfahrungen damit. Sicher kommt es bei einer solchen Quergalvanisation zu einer angenehm schmerzlindernden Wirkung. Das zweite Ziel der physikalischen Behandlung beim postthrombotischen Syndrom wäre dann eine V e r m e h r u n g d e r a r t e r i e l l e n D u r c h b l u t u n g in dem geschädigten Beinbezirk. Hier besitzen wir einmal in der Hydrotherapie wirksame Mittel, um direkt auf das lokale periphere arterielle Stromnetz im Sinne einer Eröffnung zu wirken. Es wäre da zunächst einmal der W e c h s e l g u ß der Beine zu nennen, bei welchem wir die bis in die Tiefe gehende Hyperämisierung des Warmwasserreizes mit der tonisierenden Wirkung des nachfolgenden kalten Wasserreizes, bei dem sich dann besonders die Haupfkapillaren reaktiv erweitern, verbinden. Ein Bein im postthrombotischen Zustand wird meist im Stehen cyanotisch aussehen. Daher machen wir in solchen Fällen den Wechselguß meist in Horizontallagerung des Beines beim sitzenden Patienten, nachdem wir das Bein etwas ausgestrichen haben. Wir führen den Guß vom Fuß nach oben gehend in fünfmaligem Wechsel durch, jedes Mal etwa 30 Sekunden heiß und 10 Sekunden kalt. Danach wird der Patient angehalten, kräftig herumzulaufen oder seine Beingymnastik zu machen. Wechselt die Farbe des behandelten Beines nach einem solchen Wechselguß von tief Blaurot zu einem frischen Hellrot, ist dies natürlich ein höchst erwünschtes Zeichen. Auch K o h l e n s ä u r e b ä d e r von 34 Grad C Temperatur und 20 Minuten Dauer, meist als Halbbäder verabfolgt, haben sich uns bei venösen peripheren Durchblutungsstörungen sehr bewährt. Die Kohlensäure ist bekanntlich ein physiologischer Reiz zur Erweiterung der Arteriolen und Kapillaren, und es kommt infolge der spezifischen Wirkung der perkutan resorbierten Kohlensäure im Kohlensäurebad zu einer Erweiterung der Hautgefäße an der im Bade befindlichen Körperoberfläche. Chronische Ulcerationen bilden absolut keine Kontraindikation gegen solche Kohlensäure-Wasserbäder. Man kann Patienten mit einem chronischen UIcus cruris varicosum durchaus in ein Heilbad mit derartigen Quellen schicken. Besteht ein UIcus, hat sich uns andererseits besonders auch die B e g a s u n g m i t w a r m e m K o h l e n s ä u r e g a s nach ein- bis einhalbstündiger Behandlung mit einem feuchten Kochsalzlösungsumschlag bewährt. Für diese Behandlungsmethode wird die Kohlensäure mit ganz geringem Druck einer Stahlflasche entnommen und in einer kleinen elektrisch beheizten Apparatur auf etwa 38 Grad C erwärmt. Die warme Kohlensäure wird mittels Schlauch unter einen Gummibügei geleitet, unter welchem der erkrankte Unterschenkel gelagert ist. Der Unterschenkel befindet sich dann 30 bis 40 Minuten lang in einer konzentrierten Kohlensäureatmosphäre, welche die Durchblutung der Arteriolen anregt. Selbstverständlich kann man auch den unbekleideten Patienten im Ganzen in eine der neuerdings von der Industrie gelieferten Kohlensäuregaskabinen hineinstecken, bei denen nur der Kopf herausragt. Auf jeden Fall führen die kurmäßig durchgeführten Kohlensäuregasbehandlungen zu einer Reinigung der Geschwüre und langsamer Überhäutung vom Rande her. Nach der Begasung empfiehlt es sich, das Ulcus mit einer Schaumgummikompresse abzudecken und darüber dann einen gut sitzenden elastischen Kompressionsverband zu legen, wie dies vor allem von LUPPA angegeben wurde. Kohlensäure-Wasserbäder können auch unbedenklich solchen Kranken verordnet werden, bei denen neben der venösen Störung, wie es so oft zu finden ist, eine leichte arterielle Durchblutungsstörung besteht. Zeigt das Osciliogramm der Unterschenkelarterien allerdings eine schwere arterielle Durchblutungsstörung an, besteht eine Stase im Gebiet des Fußes oder der Zehen, muß man mit örtlichen Badeanwendungen vorsichtig sein. In solchen Fällen bevorzugen wir das von 35 auf 42 Grad C a n s t e i g e n d e S i t z b a d als Fernteilbad, wobei sich reflektorisch die arteriellen Gefäße der nicht im Bade befindlichen Beine auch erweitem, soweit sie noch Reaktionsfähigkeit besitzen. Damit kommen wir nun zu Maßnahmen, welche, ohne am erkrankten Unterschenkel selbst anzugreifen, reflektorisch eine aktive Hyperämisierung bewirken. Als mächstigste Methode wäre in dieser Hinsicht die a r t e r i e l l e D r o s s e l u n g zu nennen. Hierbei wird das senk- recht hochgelagerte und manuell ausgestrichene Bein mit einer breiten Gummistaubinde für eine 1 bis 3 Minuten dauernde Blutleere fest abgeschnürt. Danach wird die Abschnürung gelöst und der Patient aufgefordert, im Sitzen das Bein pendeln zu lassen. Es kommt dabei unter hellroter Verfärbung zu einem Einschließen des Blutes, wobei die Sauerstoffschuld weit überschießend ausgeglichen wird. Eine solche Drosselung wird im aligemeinen dreimal wiederholt. Zu einer müderen reflektorischen Hyperämie in der Beinperipherie führen auch Massageanwendungen der KreuzLenden-Gesäßgegend, besonders die B i n d e g e w e b s m a s s a g e , welche stets indiciert ist, wenn sich wie bei vielen Kranken mit postthrombotischem Syndrom im subkutanen Bindegewebe der Kreuz-Lendengegend Verbackungszonen finden. Die Möglichkeiten der physikalischen Therapie beim postthrombotischen Syndrom sind also sehr vielseitig. Sie werden von Dermathologen, Orthopäden und Internisten leider noch zu wenig genützt, denn sie ergänzen in glücklicher Weise medikamentöse und orthopädisch-chirurgische Behandlungen. Die physikalische Therapie hat zur Vorbedingung ihres Erfolges allerdings, daß sie lange genug durchgeführt wird, bis die Strömungsverhältnisse sich einigermaßen gebessert haben und die Haut sich gefestigt hat. Es ist ein Fehler, die Behandlung abzubrechen, wenn sich zum Beispiel der Ulcus gerade überhäutet hat. Nur dann wird es möglich sein, das Auftreten der die Arbeitsfähigkeit so schwer belastenden Folgezustände des postthrombotischen Syndroms wie chronische Beinschwellung, recidivierende Ulcerationen, Hautsklerosierung und Spitzfußstellung zu verhindern. Anschrift: Dr. H. G. Scholtz, Berlin-West, Stadt. Rudolf-Virchow-Krankenhaus. Das Heilmittel in der Naturheilkunde Von Werner T i e g e l f Der große Historiker SIGERIST sagt: „Jede Medizin braucht eine Theorie, sonst ließe sich die Fülle der Erscheinungen nicht übersehen. Jede Medizin braucht eine Lehre, sonst ließe sie sich nicht überliefern. Jede Theorie ist ihrem Wesen nach philosophisch. Sie arbeitet mit den Denkmitteln, die einer Zeit zur Verfügung stehen, ist daher zeit- und kulturgebunden." Auch die N a t u r h e i l k u n d e von heute, zeit- und kulturgebunden, hat eine Lehre, eine Theorie. Diese fußt auf dem Grundsatz: Die Natur heilt. „Aufgabe des Arztes wird es sein, die natürliche Heilkraft zu steigern, zu lenken." Das schreibt der eben apostrophierte SIGERIST vor mehr als 30 Jahren in einem historischen Kapitel über Hippokrates. Dieser größte Arzt des abendländischen Kulturkreises wußte, daß es vom Nahrungsmittel zum Arzneimittel nur einen allmählichen Übergang gibt. Schon er verstärkt die Wirkung der Diät durch Arzneimittel. Echte Naturheilkunde ist also hippokratische Medizin. Wie HIPPOKRATES schon vor Jahrtausenden zu Glüheisen und Arzneimittel griff, wo es ihm nötig schien, so greift der heutige Arzt für Naturheilverfahren zu Arzneimittel und Messer, wo es ihm notwendig (im wahrsten Sinne des Wortes) scheint. Wenn neulich aus prominenter Feder zu lesen war: „Es hat aber doch insgesamt die Arzneimittelbehandlung mit ihren Ergebnissen einen Vergleich mit der sogenannten Naturheilung nicht nur nicht zu scheuen, sondern sie kann gerade heute auf Erfolge bei Krankheiten hinweisen, die jahrhundertelang als schlechthin unbehandelbar gegolten haben", — dann frage ich mich, ob es überhaupt eine andere als eine Naturheilung geben kann? Auch wenn der Arzt ein Arzneimittel einsetzt, kann es nichts anderes erfüllen als die Funktion des Schlüssels, die dieser zum Schloß hat. Der Schlüssel muß zum Schloß passen. Das Arzneimittel muß passen, wenn es heilen, wenn es den Heilungsvorgang begün*) Ansprache zur Eröffnung der Ausstellung beim 23. Kongreß des Zentralverbandes der Ärzte für Noturheilverfahren im September 1962 in Freudenstadt. stigen, in Gang setzen, fördern soll. Gleich, wie man formuliert. H e i l e n k a n n j e d o c h i m m e r n u r d i e N a t u r - o d e r s i e t u t e s nicht. Es ist also die Frage, ob das Arzneimittel zur Naturheilkunde gehöre, nach meiner Auffassung falsch gestellt. Die wissenschaftliche Naturheilkunde steht heute noch auf dem Boden der Wahrheit und Gesetze des Hippokrates. Wahrheiten und Gesetze sind immer einmalig und überdauern die Zeiten. So auch die Wahrheit über die Heilkraft der Natur. Wenn heutige Historiker darüber schreiben, um zu beweisen, daß dem nicht so ist, so mag das am grünen Tisch so aussehen, der praktische Arzt erlebt es oder sieht die Heilkraft der Natur täglich am Krankenbett. W i e der Wickel, wie ein Bad, wie ein Massagestrich — so kann auch das Arzneimittel, gleich welcher Herkunft, gleich welcher Zusammensetzung, nichts anderes bewirken, als in einen natürlich ablaufenden Heilungsvorgang fördernd oder regulierend oder bremsend (z. B. auf Erreger) einzuwirken. Die Naturheilkunde lehnt also nicht das Arzneimittel schlechthin ab, sondern nur solche mit starken Nebenwirkungen. Sie bleibt hier der Anwalt der Vernunft. Sie muß die Rolle der gesunden Opposition spielen. Sie muß beweisen und zeigen, da es oft auch ohne gefährliche Medikamente geht. Daß es diese gibt, zeigt die heutige Zeit deutlicher denn je. Wir bedauern, daß solche Folgen in Erscheinung treten und wollen nicht so recht alles dem „Ziviiisationsrisiko" zuschreiben, sondern sehr oft der Tatsache, daß die natürliche Heilweise mehr denn je und vordringlicher denn je ihre Aufgabe zu erfüllen hat. So ist es denn nicht die Frage, ob die Naturheilkunde Heilmittel, Arzneimittel, verwendet oder nicht, die zur Debatte steht, sondern einzig und allein die Frage, ob man nicht zunächst mit den Mitteln der Natur, mit den Pflanzen, Kräutern und Säften auszukommen sich bemühen solle, bevor man zum Kunstmittel greift. Wenn mir das Vitamin im natürlichen Verband zur Verfügung steht, dann ziehe ich es dem synthetischen vor. Wenn ich mit einem harmlosen Mittel auskom- men kann, verzichte ich auf das gefährliche. Wenn ich mit einem Leibwickel Schlaf herbeiführe, verzichte ich auf ein Mittel, das die Nachkommen unter Umständen schädigt. Freilich hat L R. GROTE recht, wenn er sagt: „Wenn man sich aber klarmacht, daß gerade eine Reihe sehr ,giftiger Stoffe' durch unmittelbare Extraktion aus den Pflanzen hergestellt werden können — das Atropin aus der Tollkirsche, das Strychnin aus der Brechnuß, das Conium aus dem Schierling, die Digitalisglykoside aus dem Fingerhut, das Morphium aus dem roten Mohn usw. - so wird begreiflich wie bei dieser Unterscheidung der Wunsch natürlich' mit ,harmlos' und mindestens mit ,ungiftig' gleichzusetzen, bestimmend war." Nun, für den Laien mag das zutreffen. Der kritische Arzt weiß um diese Dinge. Es geht nicht darum, ob eine Substanz „giftig" sei oder nicht, sondern ob diese im naturgegebenen Substrat verabreicht wird oder nicht. Das weiß man doch vom Kaffee her. Der Kaffee im ganzen genossen, z. B. als türkischer Kaffee, ist trotz seiner „Stärke" besser verträglich als der Wiener Filterkaffee. KOLLATHS: „Laßt die Nahrung so natürlich wie möglich" ist ein Wort: „Laßt das Arzneimittel so natürlich wie möglich" heute schon an die Seite zu stellen. Dafür steht dem Arzt für Naturheilverfahren heute eine ganze Industrie zur Verfügung, deren Vertreter ich hier zu begrüßen die Ehre habe. Es sei noch auf einige M i ß v e r s t ä n d n i s s e eingegangen. Ich wurde neulich gebeten, den Titel unserer Zeitschrift zu ändern. Ja, ein bekannter pharmazeutischer Hersteller sagte: „Für Medikamente in einer Zeitschrift dieses Titels zu werben, heiße fast, auf das falsche Pferd gesetzt zu haben." Welch Irrtum! Abgesehen davon, daß der Untertitel unserer Zeitschrift „Naturheilverfahren" heißt, weiß man, daß der Titel einer Zeitschrift ein Programm vertritt. Und zu diesem Programm gehört ganz im Sinne des alten Hippokrates eben das Arzneimittel. „Es ist die Dosis, daß ein Ding ein Gift sei . . ." schrieb vor Jahrhunderten PARACELSUS. Darum geht es. Ich kann mir auch nicht gut vorstellen, daß in der Natur Pflanzen wachsen sollten ohne Sinn und Zweck. Die eine dient zur Nahrung, die andere der Heilung, die dritte der Zierde, die vierte dem Naturbild schlechthin. Ich habe noch immer die Worte des verehrten AUGUST BIER im Ohr: „Etwas mehr Ehrfurcht vor der Natur, meine Herren." Das Zeitalter der Zahl und Rakete, der Hochzivilisation und Naturferne möchte am liebsten die schöne Mahlzeit durch Pille und Energiequotienten ersetzen. Nur das exakte risikofreie Denken gilt. Der Rechenschieber. Das ist aber nicht Natur, das ist Technik, nicht Kultur, sondern Zivilisation. Techne = Kunst, Technik = künstliche Natur. Die Höhle ist Natur, das Haus Technik. Aber warum sollten wir in die Höhle zurück, wo es so schöne Häuser gibt? Warum soll ich auf die standardisierte Tablette aus Kräutern verzichten, obwohl es gute Teeaufgüsse gibt? Sie sehen, es kommt immer auf den Standpunkt an, von dem aus man ein Problem betrachtet. Wir sind der Meinung, daß das biologische Heilmittel, daß das Arzneimittel schlechthin, auch dem Arzt für Naturheilverfahren ein unentbehrlicher Helfer ist. Es ist aber immer nur Hilfsmittel, das heißt, ein Mittel, den Heilungsvorgang, den die Natur und nur die Natur vollzieht, anzukurbeln, zu fördern, zu lenken, zu dirigieren und, das sei auch gesagt, möglicherweise zu stören. Es ist der Schlüssel, der das Tor der Heilung öffnet. In der Naturheilkunde und in der Lehrmedizin. Pruritus Von Max B ä r s c h n e i d e r Ihm liegt eine pathologische Reizung taktiler Nerven durch exogene oder endogene Ursachen zugrunde. Entscheidend ist die persönliche angeborene oder erworbene überempflndiichkeit. Psychische Stimmungslage, Hauttemperatur (in Wärme und auch in Kälte verstärkt), erhöhte Hautdurchblutung, Wollkleidung, Alkohol, Gewürze und anderes üben starke Einflüsse aus. Genereller Pruritus Hierbei sind keine oder keine ausgeprägten Effloreszenzen sichtbar, wohl aber natürlich jederzeit sekundäre Kratzeffekte. Zahlreiche i n t e r n e Leiden gehen — in ihrer Schwere und Dauer nicht immer entsprechend - mit oft heftigem und anhaltendem Juckreiz einher. Am bekanntesten ist er bei den Ursachen des Ikterus, aber nur bei den hepatischen und prähepatischen, nicht bei den hämolytischen Formen. Seine Intensität, bestimmt durch das Maß der Ablagerung von Gallensäuren, läuft parallel der Schwere des Krankheitsbildes, jedoch nicht unbedingt parallel dem Grad der Gelbfärbung. Beim (dekompensierten) Diabetes mellitus kann die Mißempfindung ausgedehnt sein, wenn auch der Pruritus vulvae pathognomonischer ist. Bei der Niereninsuffizienz ist die Kochsalz- und Stickstoffretention im Gewebe anzuschuldigen. Zunehmender bis zuletzt quälender Pruritus wird bei malignen Tumoren angetroffen; gleiches gilt für einen Teil der Leukämie und Lymphogranulomatosen. Bei der Gicht ist die Ablagerung von Harnsäure in der Haut maßgebend, Gelegentlich sind Magen-Darm-Störungen (Appendicitis u. a.), M. Basedow und Fokalinfekte vom Juckreiz begleitet; beim Diabetes mellitus selten. Auf e n d o k r i n e r Basis kann Juckreiz bei Frauen in der Pubertät und im Klimakterium, im Menstruum und in der Gravidität (toxisch?) auftreten. Hierher gehört auch das Senium (P. senilis). Auch H y p o v i t a m i n o s e n können zu juckenden Erscheinungen führen. 193 An c h e m i s c h e Toxine ist heute in zunehmendem Umfang zu denken, so daß man, wenn eine Klärung nicht gelingt, notfalls alle Medikamente absetzen muß. Meist haben wir es allerdings mit Exanthemen (s. u.) zu tun in Gestalt von Flecken, Papeln, Quaddeln, Bläschen, umschrieben oder in Erythrodermie übergehend, wobei weniger das Pharmakon als der befallene Mensch den Charakter der Hauterscheinungen bestimmt. Aus der Fülle nenne ich beispielsweise nur die Antibiotika und Sulfonamide, Pyramidon, Chinin, Arsen, Atropin und Morphium. Ein Abusus von Alkohol, Kaffee, Tee, Tabak und Gewürzen darf nicht übersehen werden. Schon die Berührung mit Stoffen, besonders mit Wolle, kann Anlaß sein, ohne daß eine Urticaria ausgebildet ist. Im v e g e t a t i v - p s y c h i s c h e n Bereich kommen Aufregungen, vegetative Dystonie, Neurasthenie, Hysterie und Psychosen ursächlich oder auslösend in Betracht. Psycholabile können schon auf Vorstellung hin mit Juckreiz reagieren. Juckende Dermatosen Hier ist also, im Gegensatz zum vorigen Kapitel, die Art der H a u t a u s s c h l ä g e kennzeichnend. Weitaus an der Spitze steht die U r t i c a r i a (dabei Eosinophilie). Hauptursache ist Allergie gegen bestimmte Nahrungsmittel (Fische, Erdbeeren, Alkohol usw.); gegen äußere Reize (Primeln, Brennesseln, Haare, Insektenstiche usw.); gegen Medikamente (Jod, Chinin, Salizyl, Salvarsan, Antibiotika, Sulfonamide, Serum usw.). Beim akuten, flüchtigen Quinckeödem ist die Genese angioneurotisch-allergisch. Weiterhin kommen endokrine Faktoren wie Sexualdrüseninsuffizienz, Gravidität (Allergie gegen das Embryonaleiweiß?) und die Menses (selten, toxisch?) in Betracht. Auch Magen-Darm-Störungen, Nährschäden und Würmer sowie Foci können Urticaria bewirken. Die Kälte- und Wärme-Urticaria entsteht offenbar durch Freiwerden von Histamin. Schließlich liegen psychische Alterationen, oft sexueller Natur, vor. (Die Urticaria factitia bei neurovegetativ übererregten weist sich nicht durch nennenswerten Juckreiz aus.) Die a k u t e a l l e r g i s c h e Kon t a k t - D e r m a t i t i s zeigt sich als entzündlich gerötete Haut am Ort der Einwirkung, jedoch häufig mit Fernreaktionen. Ätiologie: zahlreiche Chemikalien wie industrielle Kunststoffe, Wasch-, Färbe- und Präpariermittel (z. B. im Nylon), Kosmetika, Schuhcreme usw. Formen sind die Gräserdermatitis, die Hutbanddermatitis u. a. Die verschiedenartigen A r z n e i m i t t e l e x a n t h e m e wurden bereits genannt. Ferner sind stark juckend: Die E k z e m e (teils als Gewerbeekzem), die N e u r o d e r m i t i s , der Liehen ruber (lachsfarbene, wachsartig durchscheinende, flachpapulöse, schuppende Herde, die zu scheibenförmigen Bezirken konfluieren), die Fox-Fordyce-Krankheit (bis hirsekorngroße, dichtstehende, gelbbräunliche Papeln mit glänzenden Schuppen), die Prurigo H e b r a e (vorw. Kinder mit an den Streckseiten bis hanfkorngroßen, blaßrosa, dichtstehenden, intrakutanen, derben Knötchen, die meist besser fühlbar als sichtbar sind) und der Strofulus infantum (Kleinkinder mit exsudativer Diathese, derbe Knötchen mit kleinen Bläschen darauf, abzugrenzen gegen Windpocken). Weffere E f f / o r e s z e n z e n mit mehr oder weniger starkem Juckreiz sind: M y k o s e n , z. B. Mykosis fungoides und Epidermophytie; Dermatitis herpetiformis (DUHRING): gruppenweise aufschießende Bläschen und derbe Knötchen auf geröteter Haut, Eosinophilie; Herpes simplex (juckendes Vorstadium); Perniones; Pityriasis rosea (ovale strohgelbe Flecken mit rosarotem schuppenbedecktem Saum); Trombidiasis (Streckseiten). Letztlich können sekundäre Kratzeffekte verstärkt jucken. Es gibt noch zahlreiche Hautkrankheiten mit (geringerem) Pruritus, doch hier sollten nur diejenigen aufgeführt sein, bei denen dieses Symptom hervorsticht. Lokalisierter Pruritus P r u r i t u s v u i v a e : Hier kommen die in den beiden vorstehenden Abschnitten angeführten Ursachen in Betracht, wobei unter den Allgemeinerkrankungen Diabetes, Leukämie, Lymphogranulomatose und Sexualdrüseninsuffizienz, unter den Dermatosen die Kontaktdermatitis (Allergie gegen Wäsche, Waschmittel, Salben, Anikonzipientien, Hefepilze) und Neurodermitis, weiterhin Oxyuren, Kontakt mit Kleidern, Bettwärme und Alkoholgenuß hervorgehoben seien, örtlich sind Vulvitis, Kolpitis, Fluor, Leukoplakie, Vaginalsoor (selten), Varizen, zerfallende Tumoren und Gravidität zu nennen. Erst nach Ausschluß all dieser Möglichkeiten dürfen wir psychogenen Pruritus vuivae, der oft auf psychosexuellen Störungen beruht, annehmen. P r u r i t u s a n i : Auch hierher gehören viele der unter Allgemeinleiden und Dermatosen aufgezählten Anlässe. Unterstreichen möchte ich: Oxyuren, Fissuren, Proktitis, Fisteln, Hämorrhoiden, Polypen, Erythrasma, Ekzema marginatum, Kontaktekzem z. B. durch Zeitungen (Druckerschwärze) als Toilettenpapier, Dermatomykosen, Prostatitis, Prostatahypertrophie, chron. Obstipation, chron. Colitis, und schließlich kann vieles Sitzen Jucken bewirken. P r u r i t u s g e n i t a l i u m b e i M ä n n e r n : Hier verweise ich teils auf die unter Analpruritus genannten Vorgänge; ferner kommen Gonorrhoe, Ba/amiffs, Phimose, Vartkoze/e u. a. in Frage. Der an den B e i n e n lokalisierte Juckreiz basiert, sofern er wiederum nicht generell oder dermatogen ist, auf Blutstauungen wie bei peripheren Durchblutungsstörungen (z. B. Varicosis, Ulcus cruris, Thrombophlebitis, Erythromelalgie) und bei Lebercirrhose. Endlich verursachen Parasiten, soweit nicht Urticaria entsteht, an die Prädilektionsstellen gebundenen Pruritus: Scabies, Pediculosis (Kopf-, Kleider-, Filzlaus), Wanzen, Flöhe, Mücken, Oxyuren, Askariden u. a. Therapie Zunächst ist natürlich die Behandlung des G r u n d l e i d e n s (z. B. Diabetes, Hepatopathien, Ekzem, Oxyuren) anzustreben; fallweise sind Medikamente und andere pathologische Antigene auszuschalten. A l l g e m e i n empfehlen sich G a n z w a s c h u n g e n , KNEIPPsche Güsse, H e u b l u m e n - , K l e i e und S c h w e f e l b ä d e r . Regelung von D i ä t und V e r d a u u n g . Vor allem bei erwiesenen oder verdächtigten Nahrungsaliergenen empfehlen sich S a f t t a g e oder R o h kost. Innerlich: 1. Calcium oder Calcistin i. v. 2. Anfihistami'nfka: Anfistin, Alfercur, Thephorin, Avfl, Soventol, Synpen, Andantol, Omeril, Atosil u. a. Die meisten Präparate sind mit sedativem Effekt gekoppelt (bes. Atosil, daher Vorsicht bei ambulanten Gaben). 3. Evtl. Corticoide: Decortin (4 x tgl. 2-5 mg), Urbason (4 x tgl. 2-4 mg), Fortecortin (3 x tgl. 0,5 mg) usw. Das sind die Erhaltungsdosen, die Initialdosis liegt dreimal höher. 4. Vitamin-B-Komplex. 5. H o m ö o p a t h i s c h wird beispielsweise Sulfur D 6 empfohlen. 6. Bei chronisch-allergischen Reaktionen ist die Reizkörpertherapie anzuraten: Ei g en b I u t i n je kt i on en 2-20 cem; Omnadfn, Pyrffer, Paspaf usw.; Gamma-Globu/me. Äußerlich : Ingelan, Calmitolsalbe, Euraxil, Brandgel „Medice", PragmanGelee, Soventol-Gelee, Andantol-Gelee, Ungt. contra Pruritum I oder II DRF u. a. Vasenol-Körperpuder, Mediphon-Puder Rp. Menthol synth. 2,0-5,0 Spirit. dilut. ad. 100,0 M. D. S. Zum Abreiben Corticoide: Combison, Scheroson F comp. o. a. Pruritus v u i v a e : Rp. Phenol, liquefact. . 1,5 Rp. Phenol liquefoct. . . 0,7 Aq. dest. ad . . 100,0 Novocain. hydrochlor. M. f. sol. Cycloform. ää . . . 0,2 S. für Umschläge Ungt. diaehylon . . 30,0 M. f. ungt. Oder die oben genannten Gelees oder Salben. Fallweise Follikelhormon: Cyren, Oestromon, Progynon, Ovestin o. a. Cyren-Salbe. Tägliches Einreiben von Frischplacentabrei. In verzweifelten Fällen örtliche Injektionen von 96prozentigem Alkohol 0,2 cem/qcm bis zu insgesamt 6 cem (möglichst in Narkose). P r u r i t u s a n i : Gleiche Therapie wie Pruritus vuivae mit Ausnahme der Fof/i'fcemormone. Lit: M. Bärschneider: Kleines Diagnostikon (13. Aufl.). Anschrift: Dr. med. Max BÄRSCHNEIDER, 4 Düsseldorf-Zoo, Sybelstr. 16. Ergänzung zum Aufsatz „Einfache wirkungsvolle physikalisch-therapeutische Maßnahmen für Klinik und Praxis" von H. Lampert in Heft 8/62 der Physikalisch-diätetischen Therapie von A. LEHMACHER. Zwecks Embolieverhütung wird von Lampert am Schlüsse der obigen Arbeit zur Rekanalisierung des thrombosferfen Gefässes die einseitige Lösung des Thrombus mit galvanischem Strom als einfache Methode empfohlen. Es verdient eine alte, wirklich einfache Therapie erwähnt zu werden, die thrombosierte Vene im Bereich des Thrombus anzustechen und durch Druck von den Seiten die Blutgerinnsel herauszupressen. Bernhard ASCHNER, Wien, sagt, daß Para- celsus empfohlen habe, die erkrankten Venen aufzuschlitzen und die schädliche Maferie heraus.zufassen, von dem Standpunkte ausgehend, daß die Natur schädliche Stoffe abzuleiten suche; wenn man ihr dabei helfe, so sei das eine Abkürzung der Krankheit; ferner, amerikanische Ärzte eröffnen solche thrombosierten Venen. Die weitaus größte Erfahrung in der Frage Krampfadern und deren Syndrom hat ohne jeden Zweifel auf dem euro- 194 päischen Kontinent der Baseler Arzt K. SIGG, der auf Grund von „180 000 Injektionen" zur Verödung und von erklärenden Filmstreifen eine unglaubliche Perfektion dieser Therapie erreicht hat; eine Therapie, der sich auch der Arzt der Naturheilweise nicht ganz entziehen kann, denn Kosmetik (Varicenverödung) ist, insbesondere im Zeichen der kurzen Röcke, zu einer Disziplin geworden, die selbst von Krankenkassen als Pflichtleistung angesehen wird, soweit mir als Nicht-Kassen- arzt bekannt ist. Und jede Thrombose, ob spontan oder nach Verödung, entleert SIGG durch kleine Einstichöffnungen mit bestem Erfolg; denn sonst dauert die Schmerzhaftigkeit wochen- und monatelang, bietet die Gefahr der Embolie, und es werden die gelben, unschönen Flecken verhindert Literatur: Bernh. Aschner, die Krise der Medizin. K. Sigg, aesthetische Medizin 1961/5, S. 135-146. K. Sigg, Münchner med. Wochenschr. 1961/13, S. 704-709. (Dr. A. Lehmacher, Frauenarzt, Naturheilweise, Köln, Gereonstr. 50). ArbeitS' und Sosialreeht in der ärztlichen Praxis Die Z a h l u n g v o n S o z i a l v e r s i c h e r u n g s b e i t r ä g e n bei V o r l i e g e n eines Verwandtschaftsverhältnisses Das Vorliegen eines Sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses wird, wie es im Urteil des Landessozialgerichfs Celle (L 4 Kr. 82/55) heißt, auch durch nahe Verwandtschaftsbeziehungen nicht ausgeschlossen. Wenn z. B. eine in der Praxis arbeitende Tochter des Praxisinhabers ein Gehalt von 380,— DM monatlich bezieht, das über Lohnkonto verbucht wird, und somit als Betriebsausgabe den Gewinn des Unternehmers entsprechend vermindert, so liegt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor, zumal wenn auf das Entgelt Lohnsteuer entrichtet worden ist. Das aber hat zur Folge, daß auch Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten sind. Den Parteien steht es nicht frei, wie im Urteil weiter ausgeführt wird, nach Belieben und je nach den augenblicklichen Vorteilen dem Finanzamt gegenüber darauf zu beharren, daß ein lohnsteuerpflichtiges Arbeitnehmerverhältnis vorliegt, und dann hinsichtlich der Versicherungspflicht einen anderen Standpunkt einzunehmen, um die Beiträge zu sparen. Die Pflicht, Sozialversicherungsbeiträge zu leisten, hängt nicht von Parteivereinbarungen und der Auffassung der Beteiligten ab, sondern richtet sich ausschließlich nach der jeweils gegebenen tatsächlichen Sachlage. Wird das Entgelt über Lohnkonto verbucht und dafür Lohnsteuer entrichtet, so beweist das zwingend das Vorliegen eines Arbeitnehmerverhältnisses. Wenn V e r e i n b a r u n g e n über die Leistung von Überstunden fehlen Ob, beziehungsweise wann, ein Arbeitnehmer verpflichtet ist, Mehrarbeit zu leisten, richtet sich allein nach dem Inhalt des Arbeits- bzw. Tarifvertrages, da die Bestimmungen der Arbeitszeitordnung nur die gesetzliche Zulässigkeit von Mehrarbeit regeln. Wenn ausdrückliche Vorschriften über die Pflicht zur Leistung von Mehrarbeit fehlen, ist nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Mainz (1 Sa 56/56) grundsätzlich daran festzuhalten, daß der Arbeitgeber auf Grund seines Weisungsrechts Überstunden im gesetzlich und tariflich zulässigen Umfang anordnen kann. Der A r b e i t g e b e r i s t a n d i e f e s t g e s e t z t e Urlaubszeit grundsätzlich gebunden Besteht der Urlaubsanspruch, so muß der Arbeitgeber den Urlaub einteilen, damit der Arbeitnehmer in Urlaub gehen kann. Das geschieht in der Weise, daß die bestimmte Urlaubszeit für den Arbeitnehmer vom Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Wünsche des Arbeitnehmers und eines etwaigen Urlaubsplanes festgesetzt wird. Alsdann kann der Arbeitnehmer in der festgesetzten Zeit von der Arbeit fernbleiben. Diese Urlaubserteilung, d. h. die Festsetzung der konkreten Urlaubszeit und die entsprechende Mitteilung an den Arbeitnehmer, ist, wie das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 29. 1. 1960 (1 AZR 200/58) ausführt, rechtlich eine Willenserklärung des Arbeitgebers, an die dieser grundsätzlich gebunden ist. Der Arbeitgeber kann sie einseitig nur bei ganz unvorhergesehenen Ereignissen widerrufen. B e r e c h n u n g des U r I a u bs ge I d es b e i g e l e i s t e t e n Überstunden Die dem Arbeitnehmer während seines Urlaubs fortzuzahlenden Bezüge umfassen sowohl sein Festgehalt wie auch die Überstundengelder, die er regelmäßig in den Monaten vor dem Urlaub verdient hat und die deshalb sein Festgehalt regelmäßig erhöht haben (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13. 11. 1959 — 1 AZR 517/57). Erfordernisse einer Kündigungserklävung Im Hinblick auf die rechtsgestaltende Wirkung einer Kündi- gung müssen an die Deutlichkeit einer Kündigungserklärung gewisse Erfordernisse gestellt werden. Beispielsweise erfüllt eine Kündigung, bei welcher der gewollte Beendigungszeitpunkt offenbleibt und aus welcher auch nicht ersichtlich ist, ob sie als außerordentliche oder als ordentliche gemeint ist, diese Erfordernisse nicht (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14. 7. 1960-2 AZR 64/59). Die ä r z t l i c h e n Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen Ein anderes Urteil befaßt sich mit der Frage der Richtigkeit ärztlicher Erklärungen. Wenn auch gelegentlich Zweifel gegen die abschließende Richtigkeit ärztlicher Erklärungen erhoben und sogar in einzelnen Fällen der Inhalt ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen angezweifelt werden mögen, so ist nach Ansicht des Gerichts doch zumindest den Feststellungen von Amts- und Vertrauensärzten abschließend zu folgen. Denn es sei davon auszugehen, daß sich diese Ärzte jeweils vor Augen hielten, daß sie keineswegs etwa „bestellte Gutachten" zu liefern hätten, sondern daß es ihre — nicht zuletzt auf Grund des ärztlichen Berufsethos gegebene — Pflicht sei, lediglich objektive Befunde zu begutachten und darzustellen (Rechtskräftiges Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 18. 2. 1960 — Ca 44/60). Einstellung a u f Probe Die Einstellung eines Arbeitnehmers auf Probe kann wie jedes andere Arbeitsverhältnis auf beliebig kurze Zeit erfolgen, wenn die Tarifordnung dem nicht entgegensteht. Jedoch muß eine Einstellung auf Probe durch ausdrückliche Vereinbarung immer auf eine bestimmte Zeit erfolgen. Geschieht dies nicht, so liegt kein Probevertrag, sondern eine Einstellung auf unbestimmte Zeit vor. Ein Hinweis auf die vorerst probeweise Einstellung ist, wenn keine bestimmte Zeit vereinbart ist, nur derart zu verstehen, daß der Arbeitnehmer mit der Möglichkeit einer baldigen Kündigung zu rechnen hat, falls er sich nicht bewährt. Ist ein Arbeitnehmer für eine bestimmte Zeit auf Probe angestellt, so kann ihm, wenn eine Kündigung während der Probezeit nicht vorgesehen ist, während dieser Zeit nur aus einem wichtigen Grunde gekündigt werden, der auch zur fristlosen Kündigung eines ordentlichen Arbeitsverhältnisses berechtigen würde. Etwa auftretende mangelhafte Leistungen sind in dem Risiko der Probezeit eingeschlossen und berechtigen für sich noch nicht zur vorzeitigen Beendigung des Probearbeitsverhältnisses. Grundsätzlich finden demnach auch auf ein Probearbeitsverhältnis die für ein normales Arbeitsverhältnis geltenden gesetzlichen Bestimmungen sowie etwa bestehende Tarifverträge und Tarifverordnungen Anwendung. Stehen diese einer vereinbarten kürzeren Kündigungsfrist entgegen, so ist diese Vereinbarung unwirksam. Eine einmalige Verlängerung der Probezeit wird man im allgemeinen als zulässig ansehen und darin noch keine Umgehung der Kündigungsbestimmungen sehen können. Weitere Verlängerung einer probeweisen Beschäftigung würden jedoch diesen Tatbestand erfüllen und unwirksam sein, so daß das Arbeitsverhältnis alsdann wie ein normales zu behandeln wäre. Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Probezeit ohne besondere Vereinbarungen fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Das Arbeitsverhältnis gilt als stillschweigend verlängert, wenn dem Arbeitnehmer nicht am letzten Tage der Probezeit die Arbeitspapiere ausgehändigt werden. Wenn ein auf Probe abgeschlossenes Ärbeitsverhältnis nicht verlängert werden soll, so ist dies dem Arbeitnehmer in jedem Falle rechtzeitig mitzuteilen. Dr. jur. Cordes Welche therapeutischen Konsequenzen ergeben sich aus der abnehmenden Penicillinempfindlichkeit der Gonokokken? Neue Sucher •Röckl: Münch. med. Wschr. 25 (1962), 1169. Vergleichende Resistenzbestimmungen an 130Stämmen 1959/60 und 120 Stämmen 1961/62 zeigten, daß durch Penicillin 8 4 % der Stämme völlig, der Rest nicht oder nur gering im Wachstum gehemmt wurde. Da Gonokokken jedoch gegen Streptomycin, Oleandomycin, Erythromycin und Tetracycline weitgehend resistent sind, das Streptomycin auch zweckmäßig der Behandlung der Tbc und der Coliinfektionen vorbehalten bleiben soll, meint Verf., daß kein Grund bestünde, vorerst Penicillin als Therapeuticum der Go. aufzugeben. Nur muß die Dosis erhöht werden, um Rezidive zu vermeiden. Beim Mann soll die unkomplizierte Go. an 2 oder 3 aufeinander folgenden Tagen mit jeweils 1 Mill. E. Penicillin, bei der Frau an 3 oder 4 Tagen ebenso behandelt werden. Bei einer Adnexgonorrhoe sollte man 6 Mill. E. Penicillin geben. Oelze Insektenallergie. Kerp: DMW 31, 1962, 1539. Der älteste Bericht über eine allergische Reaktion (aR) nach Hornissensfi'ch mit tödlichem Ausgang betrifft König Menes von Ägypten und datiert von 2641 vor Christi. In der neueren Literatur wurden häufig aR im Bereich der Atemwege beschrieben, wenn im Staub schwebende Teile von toten Insekten eingeatmet werden. In Betracht kommen: Milben, Heuschrecken, Grillen, Eintagsfliegen, Bettwanzen, Blattläuse, Käfer, Köcherfliegen, Schmetterlinge, Mücken, Fliegen und Bienen. Bei 400 Fällen konnten amerikanische Forscher mittels Intracutantests mit Insektenextrakt solche Ursachen nachweisen. Ein englischer Forscher ließ sich von einer südamerikanischen Wanzenart wiederholt stechen, die in England nicht vorkommt und mit der er sicher nie vorher Kontakt hatte. Nach dem 4. Stich kam es an der Bißstelle zu einer aR in Form von Knötchen, die innerhalb von 36 Stunden ihr Maximum erreichte. Nach dem 7. Stich kam es sofort zu Urticaria und einer infiltrativ-entzündlichen Spätreaktion. 5 Monate später, nach dem 8. Stich, traten 20 Minuten später eine generalisierte Urticaria, ein Kehlkopfoedem und Bronchialasthma auf, lokal ein großflächiges Erythem. Ursächlich für die aR sind wohl bestimmte Eiweißstoffe im Speichel der Insekten, die meist eine Sofortreakifon machen, andere Stoffe machen die verzögerte Reaktion innerhalb von 24-48 Stunden. Oft treten beide Reaktionsarten nebeneinander auf. Nach Todesfällen fand man Kehlkopfoedem, Lungenblähung, teilweise Lungenoedem, Petechien in Schleimhäuten, Organen und ZNS. Wespen und Hornissen vermögen 'ihren Stachel zurückzuziehen, können also mehrfach stechen, jedoch enthält jeder Stich dann weniger Gift. Arbeitsbienen haben einen Stachel mit Widerhaken, der 2-3 mm tief in die Haut eindringt und ausgerissen wird, wenn das Insekt weiterfliegt. Dabei bleiben außer dem Stachel auch Giftblase, Drüsen und Muskeln zurück, letztere vermögen sich noch 20 Minuten lang rhythmisch zu kontrahieren, wodurch schließlich die gesamte Giftmenge von 0,1—0,5 mg injiziert wird. Deshalb soll man nach einem Bienenstich sofort den Stachel entfernen, notfalls mit dem Fingernagel, besser jedoch mit einer Pinzette. Gegen Insektenstich überempfindliche Menschen sollten eine Notapotheke bei sich tragen, enthaltend: 1. Staubinde, um körperwärts des Einstiches die Extremitäten abzuschnüren. 2. Pinzette. 3. Aludrintabletten, sublingual zu 20 mg, Aludrin-Aerosol, 0,2% zur raschen Inhalation, falls es zu Atemnot kommt. 4. Antiseptikum zur Desinfektion der Haut. Der Hausarzt sollte die Patienten über den zweckmäßigen Gebrauch der Hausapotheke unterrichten. Bei heftiger aR nach Insektenstich oder Inhalation von Insektenstaub bedarf es zunächst einer Notfallsbehandlung, später muß eine langfristige Desensibilisierung mit Insektenextrakten stattfinden. Oelze Biol.-AAedizin. Taschenjahrbuch 1963, herausgegeben von Dr. med. H. H a f e r k a m p , 23. Jahrgang, Hippokrates-Verlag, Stuttgart, 976 Seiten, flex. Ganzleinenband in Taschenformat. 10,80 DM. Das bekannte, von Haferkamp, Mainz, Vorsitzender des Zentralverbandes der Ärzte für Naturheilverfahren, neu bearbeitete Taschenjahrbuch liegt in seinem 23. Jahrgang für 1963 wieder vor. Als Einleitung bringt Tiegel einen ausgezeichneten Beitrag über allgemeine Naturheilkunde, in dem der leider so früh Verstorbene an Beispielen die Basisbehandlung, die Sonderbehandiung und die Ergänzungsbehandlung des Naturheilverfahrens erläutert. Unter den Grundlagen wurden die Normaldaten der Blutzusammensetzung neu bearbeitet (du Mont). Wichtig für den Praktiker ist der spezielle Teil mit ausführlichen Behandlungsvorschlägen, nach Organsystemen gegliedert, so daß man sich u. U. auch während einer Beratung schnell orientieren kann. Ferner finden wir alle in der biologischen Therapie eingeführten Arzneimittel nach Indikationen geordnet (neben einer alphabetischen Liste). Das Taschertfahrbuch hat sich bereits sehr gut in der Praxis eingeführt und ist wegen seiner guten, umfangreichen Zusammenstellung zur Fortbildung und als Nachschlagewerk besonders geeignet. Gh. Rillirtg, Siegfried, Dr. med. V a g u s u n d S y m p a t h i k u s in D i a g n o s t i k u n d T h e r a p i e , Aufriß einer elektro-dynamischen Medizin. 280 S., 249 Abb., 4 Tafeln, 1 FaltbL, 17 Tab. (1957), L 39,60 DM. Verlag Karl F. Haug, Ulm (Donau). Nach dem Logos, verkörpert im W o r t und der Bewegung (s. Heraklit), die wir an den Ursprung unserer Welt stellen und als die beiden ersten Gesundheitsmotoren auffassen, kam für die Existenz des Lebens die Drehung der Erde um die Sonne und um sich selbst hinzu, die den Jahres- und Tagesrhythmus verursachten. Seitdem gibt es für den Bereich des Lebens als dritten Gesundheitsimotor einen zweipoligen Rhythmus, der voraussichtlich auch bleiben wird, solange sich die Erde um die Sonne dreht. Allle vegetativen Vorgänge spielen sich in diesem Rhythmus ab und sind nur zu steuern, wenn die Entspannungs-, Ruhe- und Erholungsphase, die durch die Zivilisationseinwirkungem gestört wurde, wieder durch „naturgemäße Lebensordnun<g" (Richter 1839) harmonisiert werden kann. Es ist RJJlings großes Verdienst, düesem Problem mit einer riesigen Arbeitsleistung an Versuchen, Sammlung von Beobachtungen, Literaturverarbeitung und eigenem Nachdenken nachgegangen zu sein. Die phasengerechte Harmonisierung unserer Lebensweise ist übrigens ein historisches Anliegen der ärztlichen PrießnitzSchule, auch „daß die Vorgänge :z. B. elektrischer Natur" sind und „zunächst der ganzen Stiimmung unseres Nervensystems eine entsprechende einseitige Richtung geben" (Richter 1855). Rilling versteht es, uns kritisch und übersichtlich an die Fragen über Vagus und Sympathikus und Bioelektrizität unter Benutzung neuer elektrischer Gerät'e heranzuführen und die beobachteten Reaktionen aus der Praxis für die Praxis darzustellen. Gh. Der nächste (24.) Kongreß für Naturheilverfahren findet nicht in Essen, sondern in Bochum statt. Kurse der AFA 16. Afemtherapie-Seminar und Atemmassage-Lehrgang, Freudenstadt, Montag, 25. März, bis Sonnabend, 30. März 1963. 17. Atemtherapie-Seminar und Atemmassage-Lehrgang, Freudenstadt, Sonntag, 8. September, bis Freitag, 13. September 1963. Leiter: Dr. med. Volkmar GLASER, Freudenstadt. Thema: Vegetative Atemtherapie und ihre Möglichkeiten in Klinik und freier Praxis. Anmeldung: Geschäftsstelle der AFA: Institut für Atempflege, Dr. V. GLASER, Freudenstadt, Straßburger Straße 25. Telefon 26 06. Teilnehmergebühr: 100 DM. Es kann nur der ganze Kurs belegt werden. 2. Atem-Kongreß, 27. bis 30. April 1963, Freudenstadt, anschließend bis 4. Mai div. Atemtherapie-Kurse. Auskunft: Geschäftsstelle der AFA, Dr. GLASER, Freudenstadt, Straßburger Straße 25, Telefon 26 06. Das Deutsche Reform-Jugendwerk veranstaltet vom 27. 12. 1962 bis 1. 1. 1963 in Odersbach b. Weilberg a. d. L. einen Lehrgang neuzeitlicher Lebensführung. Referenten: Dozent Dr. Härtung (OMR u. stellvertr. Leiter des Gesundheitsamtes Frankfurt/M.); Prof. Dr. Jürgens (Oberarzt d. Univers.-K.Unik Frankfurt); Dr. med. Gerhard Jungmann (MdB, stellvertr. Vors. d. Bundesausschuss.); Dr. Erich Mende (voraussichtlich), Vorsitzender der FDP; drei Bundestagsabgeordnete der CDU, SPD und FDP; Prof. Elly Ney; Robert Götz; Walter Schwagenscheidt; Max Ursin; Werner Altpeter (Schriftleiter der Reform-Rundschau); Dr. Franz Karl Steinberger. Der Deutsche Bädertag 1963 findet in der zweiten Oktoberwoche 1963 in Bad Kissingen statt (It. DBV). Ärxtegesellschaften im Zentralverband 1. Internationale Gesellschaft für Elektroakupunktur. Leiter: Dr. med. R. Voll, Plochingen. 2. Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsvorsorge und Frühheilbehandlung. Leiter: OMR Dr. med. W. Groh, Badenweiler. 3. Arbeitsgemeinschaft für Mikrobiologische Therapie. Leiter: Prof. Dr. med. Mommsen, Frankfurt, Baseler Str. 21. 4. Ärztegesellschaft für Naturheilverfahren e. V. Berlin, Leiter: Chefarzt Dr. L. Straßburg, Berlin SW 61, Wartenburgstr. 1. 5. Internationale Gesellschaft für Neuvaltherapie nachHuneke. Leiter: Dr. med. H. F. Voß, Heidenheim a. d. Brenz. 6. Arbeitsgemeinschaft Psychotherapie-Seminare. Leiter: Dr. med. J. Kaminski, Woifsburg, Porschestraße 56. 7. Medizinisch-Biologische Arbeits- und Fortbildungsgemeinschaft Deutscher Zahnärzte e. V-, Leiter: Dr. Paul Neuhäusser, Gräfelflng bei München, Akilindastraße 52 a. Stellenhesetssungsliste des Zentralverbandes der Ärzte für Naturheilverfahren Einsendungen und Anfragen an Dr. H. Haferkamp, Mainz, Adam-Karrillon-Straße 13 62/311 Krankengymnastin mit mehreren Jahren Berufserfahrung und Interesse an der Erarbeitung neuerer Methoden für vielseitige Tätigkeit in Arztpraxis (Nähe Düsseldorf) gesucht. 62/312 Jüngerer, lediger Assistenzarzt (Ärztin) mit Interesse an Naturheilverfahren zur Mitarbeit in Kneipp-Kurheim zum 1. 2. 1963 oder später gesucht. Dauerstellung, 6 Wochen Urlaub, Gehalt nach Vereinbarung. Anfragen an Dr. med. Hillebrcmdt, 6949 Gras-Ellenbach/Odenwald. 62/313 Klinik für Naturheilverfahren sucht für sein klinisches Labor (ohne Röntgen) med. techn. Assistentin. 62/314 Schwesternteam, eine erfahrene und zwei jüngere Schwestern, die miteinander eingearbeitet sind bzw. nur zwei jüngere Schwestern für Privatklinik (Kurort) in herrlicher Gebirgsgegend gesucht. Geregelte Freizeit, gute Bezahlung, Unterbringung in Einzelzimmer und Verpflegung im Hause. Angebote mit handschriftlichem Lebenslauf, Zeugnisabschriften und Lichtbild an Dr. med. Haferkamp, Mainz, AdamKarrillon-Straße 13. 62/315 Arzthelferin, 22 J., in ungekündigter Stellung bei Naturheilarzt, sucht zum 15. 2. 1963 oder später ähnliche Arbeit in Naturheilpraxis (evfi. auch -Klinik) im Raum Freiburg (Brsg.) oder Stuttgart. Herausgeber: Zentralverband der Ärzte für Naturheilverfahren e. V. Schriftleitung: Ob.-Med.-Rat Dr. med. W. Groh, Badenweiler, Badstr. 7, Tel. (07632) 640, und i. V. Dr. med. H. Haferkamp, Mainz, Adam-Karrillon-Str. 13, Tel. 061 31/24 363. Zuschriften mit Originalien (wissenschaftlichen Beiträgen) werden an Dr. Haferkamp, Referate, Nachrichten, Verbandsangelegenheiten an Dr. Groh erbeten. Verlag: Medizinisch-Literarischer Verlag Dr. Blume & Co., 2000 Hamburg 13, Isestraße 115, Postfach 8049, Tel. 474434. Erscheinungsweise: monatlich. Bezugspreis für Nichtmitglieder 12,- DM für 12 Hefte. Bestellungen beim Verlag erbeten. Einzahlungen auf Postscheckkonto Hamburg 239216, Vereinsbank Hamburg, Dresdener Bank Hamburg, Zweigstelle Eppendorf, Konto Nr. 37101. Druck: C. Beckers Buchdruckerei, 3110 Uelzen. Zur Zeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 3. Anzeigen-Generalvertretung: Fritz Täuber, 3140 Lüneburg, Am Graalwall 7, Tel. (041 31) 5034. RECORSAN SALBE die älteste Herzsalbe aber allen neuzeitlichen Forderungen entsprechend RECORSAN LIQUID c RU.in zur Cratoegustherapie des Altersherzens zur Digitalis-Crataegustherapie der Herzinsuffizienz.::$:|:|;;|;s||||:;|;|i RECORSAN-GESELLSCHAFTEN GRÄFELFINGU. LÜNEBURG
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