2 / 13 Zum Inhalt/au sommaire KOORDINIERTER SANITÄTSDIENST Informationsschrift über den KSD in der Schweiz SERVICE SANITAIRE COORDONNÉ Bulletin d’information sur le SSC en Suisse SERVIZIO SANITARIO COORDINATO Bollettino d’informazione sul SSC in Svizzera M D M SR ft: e im H an t f e H Das ationsorg TS ik Publ OS/SSO G . der S der Mitte in «Wir stecken Sie an: CBRN.» « Prenez garde: contagieux! CBRN. » «Pericolo di contagio: CBRN! » «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Inhalt «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 03Editorial 04 Hoch ansteckende Krankheiten: Umgang mit Laborproben 07 Die Internationalen Gesundheitsvorschriften der Weltgesundheitsorganisation: ihre Bedeutung für die Schweiz 13 Advanced Hazmat Life Support: Kurs zum medizinischen Management von ABC-exponierten Personen 17 Pandemie und Spitex: Herausforderungen und Grenzen 19 Rifugi e posti protetti, tra necessità e nuove realtà 25 Bunker und geschützte Orte: zwischen Notwendigkeiten und neuen Realitäten 31 In questo numero... SWISS REVIEW OF MILITARY AND DISASTER MEDICINE 32Editorial 33 Herzliche Gratulation zum 90-jährigen Jubiläum! 35 Das schnell verlegbare B-Labor des Sanitätsdienstes der Bundeswehr 36 Hat der Erkrankungsausbruch natürliche Ursachen? Ist das Rapidly Deployable Outbreak Investigation Team Konzept der NATO angemessen? 40 Rüstungskontrolle – ein alter Zopf oder eine aktuell wichtige Aufgabe? 44 Das neue Biosicherheitslabor – der komplexe Weg bis zur Inbetriebnahme 47 Schutz der Bevölkerung und Rückkehr zum Normalzustand nach einem grossflächigen A-Ereignis 54 Aufbau der militärischen ABC Abwehr: Vom AC Schutzdienst der Armee 61 zur ABC Abwehr in der Weiterentwicklung der Armee inkl. Einsatzkonzept 57 Fähigkeiten der ABC Abwehr: Prävention, Schutz, Aufklärung, Nachweis und Dekontamination 59 Diffusions-Nebelkammer – einer der ersten Teilchendetektoren in der Physik: Vorstellung und Besichtigung eines Teilchendetektors 60 C Nachweismöglichkeiten der Armee: Feldnachweis, C Nachweiskette und mobiler C Nachweis (Labor auf DURO) 65 Mitteilungen des Präsidenten der SGOS «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 66Editorial 67 Maladies hautement infectieuses: Manipulation des échantillons de laboratoire 70 Règlement sanitaire international de l’Organisation mondiale de la santé: son importance pour la Suisse 76 Advanced Hazmat Life Support: Cours sur la gestion médicale de personnes exposées à des substances NBC 80 Pandémie et Soins à Domicile: enjeux et limites 82 Abris et lieux protégés, entre nécessités et nouvelles réalités INFO 88 Agenda 89 Neues von der SGNOR 90 Neue Sanitätsausrüstung: Interkantonale Zusammenarbeit 92 Nouveaux équipements sanitaires: Collaboration intercantonale 94Adressen 1 Zum Inhalt/au sommaire Gianpiero A. Lupi (19. Juni 1942 – 18. Mai 2013) Nachruf für Divisionär aD Gianpiero A. Lupi, Dr. med.; Oberfeldarzt 2001 – 2008 Am 1. April 2001 hat Gianpiero A. Lupi im Grade eines Divisionärs das Amt als Oberfeldarzt der Armee und Chef der Untergruppe Sanität voller Stolz angetreten, wenn auch mit ein wenig Wehmut, denn er war bis dahin mit Herz und Seele Vollblut-Kliniker, ein begnadeter und beliebter medizinischer Lehrer. Kaum hatte er sein neues Amt in der Armee angetreten, begannen Umstrukturierungen und Reformen einen Grossteil seiner Zeit und Energie einzufordern. Nichts desto trotz kämpfte er immer wieder an wechselnden Fronten, stets bestrebt, das Verständnis für die Anliegen der Sanität und für die Notwendigkeit eines funktionierenden Sanitätsdienstes in der Armee zu wecken und zu verstärken. Während seiner Amtszeit vom 1. April 2001 bis 31. Dezember 2008 hat sich mein Vorgänger unermüdlich mit Herz und Energie für die Dienste der Sanität in der Armee eingesetzt. Obwohl mehr der Praktiker als der Bürolist, hat er auch jede formale Herausforderung mit vollem Engagement angenommen – und bewältigt. Das Feuer im Herzen von Gianpiero A. Lupi ist dabei nie erloschen. Treibende Kraft war sein unerschütterlicher Glaube an das Gute im Menschen und sein Wille, für die Sache einzustehen. Die grossen Meilensteine und Errungenschaften in der Amtszeit von Gianpiero A. Lupi waren der bedrohliche Rückgang an Militärärzten, welcher in der Gründung der Schweizerischen Akademie für Militär- und Katastrophenmedizin (SAMK) seine effiziente Antwort fand, die Erbringung der sanitätsdienstlichen Leistungen im Alltag mit der Regionalisierung der Gesundheitsversorgung und deren Ressourcierung, die Neugestaltung des medizinischen Teils der Rekrutierung, die Einbettung der Sanitätsorganisation in die Armee XXI und die nachfolgenden Entwicklungsschritte sowie die Festigung des Koordinierten Sanitätsdienstes in der Vorbereitung und im Einsatz bei der Bewältigung von Katastrophen und Notlagen im Gesundheitswesen. Kein Weg war Divisionär aD Lupi zu weit, keine Hürde zu gross, um der Sache zu dienen und die notwendigen Entscheide zu erwirken. Kein Rückschlag liess den Unermüdlichen von seinem Streben abbringen; dann galt es vielmehr, einen neuen Anlauf zu nehmen. Wer Gianpiero A. Lupi kennenlernen durfte, der wurde unweigerlich eingenommen von seiner Herzlichkeit und seinem Schalk, aber auch von seinem filigranen Sachverstand und seinem unbändigen Feuer, der Sanität den ihr gebührenden Platz in der Armee und dem KSD in der Sicherheitsorganisation von Bund und Kantonen zu sichern. Seine warmherzige und liebenswerte Art sowie sein Witz und seine Kreativität, welche auch der kameradschaftlichen Geselligkeit eine aussergewöhnliche und persönliche Note gaben, prägten unser Bild von Gianpiero A. Lupi als unserem Chef und Kameraden. Divisionär aD Gianpiero A. Lupi waren nach seinem wohlverdienten Ruhestand ein paar segensreiche Jahre im Kreise seiner Familie und besonders seiner wachsenden Schar von geliebten Grosskindern vergönnt, welche er trotz sich anbahnenden Krankheitszeichen nach Herzenslust genoss. Zudem engagierte er sich im Bereich des Swisscor Projektes und in der Seniorenuniversität in Solothurn wie auch im Berner Oberland, wo er als Initiant massgeblich bei deren Umsetzung beteiligt war. Doch allen Anstrengungen zum Trotz zeigte die fortschreitende Krankheit ihr hässliches Gesicht und lähmte den immer weiter Strebenden. Wer ihm in den letzten Tagen und Wochen seines Lebens im kleinen Kreis nahe sein durfte, sah die traurigen Augen, in denen jedoch das bekannte «Feu sacré» beharrlich weiter funkelte und hörte stetige Willensbezeugungen, nicht aufgeben zu wollen. Lieber Gianpiero, du hast deine Augen jetzt geschlossen und du bist vor deinen Schöpfer getreten. Wir bleiben zurück und spüren dein Feuer und deine grosse menschliche Wärme in unseren Herzen weiter lodern. Der Mensch ist vergänglich, seine Seele ist es nicht. Du hast uns beseelt, als gütiger Mensch, als beherzter Kämpfer und als Quell immer wiederkehrender Freude und beispielhafter Kameradschaft. Herzlichen Dank für alles. Wir vermissen dich sehr, doch wir versichern dir, deine begonnenen Wege fortzusetzen. Im Namen der gesamten Armeeführung gebieten wir dir unseren grossen Respekt und deinen Angehörigen unser herzliches Beileid. Divisionär Andreas Stettbacher, Oberfeldarzt der Armee «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Editorial «Wir stecken Sie an: CBRN.» CBRN (Chemical, Biological, Radiological, Nuclear): Hinter diesem Akronym verbirgt sich die Palette Dr. Marc Cadisch nicht konventioneller Gewaltanwendung, die seit Jahren die Terrorismusexperten umtreibt und zu deren Abwehr in den letzten Jahren viel Geld ausgegeben wurde – bisher offenbar mit Erfolg: Seit den Anthrax-Anschlägen in den USA von 2001 gab es weltweit nur vereinzelte, insgesamt erfolglose Versuche, chemisches, biologisches oder radioaktives Material einzusetzen, obschon etliche Gruppierungen erklärten, sie würden Massenvernichtungswaffen verwenden, falls sie die Gelegenheit dazu hätten. Der Grund für diese positive Bilanz liegt wohl gleichermassen in der Kompetenz auf Seiten der verantwortlichen Regierungen wie in der Inkompetenz der potenziellen Täter. Eine Portion Glück hat vermutlich auch eine Rolle gespielt, denn in Anbetracht der Angebote auf dem Schwarzmarkt sind Anschläge etwa mit nuklearem Material nach wie vor nicht auszuschliessen. Auf der anderen Seite lässt sich beobachten, dass selbst mit einfachsten «Kochtopf-Bomben» – wie beim Bostoner Marathon von 2013 – sehr viel Schaden anzurichten ist. Offenbar bevorzugen Attentäter, nachdem sie sich zu einer Aktion entschieden haben, in der Regel möglichst einfache Mittel und kümmern sich nicht noch zusätzlich um komplexere Waffen wie Pathogene, chemische Kampfstoffe oder radiologische Quellen. Diese – nicht belegbare – Interpretation bisheriger Erfolge in der Terrorismusbekämpfung sollte jedoch nicht Nachlässigkeit oder gar Gleichgültigkeit im Umgang mit CBRN-Bedrohungen rechtfertigen. Die Absenz von Massenvernichtungswaffen im Arsenal von Terrorgruppen unterstreicht vielmehr die Bedeutung der Arbeit von Spezialisten auf dem CBRN-Gebiet. So gehört es zum Kerngeschäft des LABOR SPIEZ, dem eidgenössischen Institut für ABC-Schutz, das «Undenkbare» zu denken und sich auf bestimmte Eventualitäten vorzubereiten – egal, ob diese auf einen Angriff, einen Unfall oder – etwa bei Pandemien – auf ein natürlich auftretendes Phänomen zurückzuführen sind. Ohne eine entsprechende Vorsorge – gerade auch im medizinischen Bereich – dürfte uns ein Ernstfall umso härter treffen. Dr. Marc Cadisch, Leiter LABOR SPIEZ 3 «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 4 Hoch ansteckende Krankheiten: Umgang mit Laborproben Paola Pilo, PhD, Eidgenössisches Referenzlabor für Anthrax und hoch pathogene Erreger, Institut für Veterinärbakteriologie, Department of Infectious Diseases and Pathobiology (DIP), Vetsuisse Fakultät, Universität Bern, Postfach 8466, 3001 Bern, [email protected] Key Words: Risikogruppe-3-Bakterien, biologische Sicherheit, Diagnostik Der Umgang im Labor mit hoch ansteckendem Material, das Bakterien der Risikoklasse 3 enthält, ist in der Schweizer Gesetzgebung streng geregelt. Um Unfälle zu vermeiden, gilt es in der Praxis ein paar wichtige Punkte zu beachten. Dieser Artikel behandelt die Vorgehensweise, nachdem eine Probe einer Risikoklasse zugewiesen wurde. Weiter wird die Bedeutung der Reduzierung der risikoreichsten Methoden auf ein Minimum beschrieben sowie hervorgehoben, wie wichtig die Sicherstellung der Nachverfolgbarkeit von Tätigkeiten und möglicherweise exponierten Personen ist. Einleitung Die biologische Sicherheit beim Umgang mit Proben, die hoch pathogene Mikroorganismen enthalten, bedingt die Einhaltung einer Reihe von Massnahmen und Vorgehensweisen. Bestimmte Aspekte sind dabei entscheidend und zwingend, wobei immer bedacht werden muss, dass eine Probe möglicherweise erst nach der Analyse, also nachdem mit ihr gearbeitet wurde, als hoch pathogen erkannt wird. Zudem entstehen neue Mikroorganismen mit noch unbekannter Biologie, die sich in der Folge als hoch pathogen entpuppen können. Aus diesem Grund ist auch vor der Feststellung eines allfälligen besonderen Risikos eine gute Laborpraxis unter allen Umständen einzuhalten. All dies setzt voraus, dass die etablierten Verfahren punktgenau befolgt werden und erfordert zudem die Kenntnis der Biologie dieser Mikroorganismen, ihrer Epidemiologie und der durch sie hervorgerufenen Krankheiten, damit jederzeit zweckmässige Abklärungen getroffen werden können. Dieser Artikel befasst sich mit einigen Aspekten des Umgangs mit nachgewiesenen bakteriellen Mikroorganismen der Risikoklasse 3. Dabei sollen einige Risiken im Umgang mit kontaminierten Materialien dargestellt werden. Ebenfalls erläutert werden Ansätze zur Vermeidung von Unfällen bei diesen Tätigkeiten. Des Weiteren wird die Bedeutung der Sicherstellung der Nachverfolgbarkeit von Tätigkeiten hervorgehoben. Klassifizierung der Mikroorganismen Definition des Begriffs Mikroorganismus Mikroorganismen sind Kleinstlebewesen, die von blossem Auge nicht sichtbar sind. Ihre Formen reichen von den einfachsten Lebenseinheiten wie dem Virus, über strukturierte Zellen, die in der Lage sind, Signale auszutauschen, wie beispielsweise die «sozialen» Amöben der Spezies Dictyostelium discoideum. Mikroorganismen gelten gemeinhin als Krankheitserreger, obwohl sich die grosse Mehrheit der Spezies in der Umwelt befindet und zum Gleichgewicht in Biotopen beiträgt. Klassifikation von Mikroorganismen Jeder Mikroorganismus weist eine andere Pathogenität auf, ist also auf unterschiedliche Weise fähig, eine Krankheit auszulösen. Damit er eine Krankheit auslösen kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt und bestimmte Übertragungswege gegeben sein, wie z. B. die Einnahme oder die Aufnahme einer bestimmten minimalen Infektionsdosis durch einen Wirt. Diese Fähigkeit von Mikroorganismen, bei Menschen, Tieren und Pflanzen Krankheiten auszulösen, wird für ihre Klassifizierung verwendet. Dasselbe gilt für die Tätigkeiten ausserhalb des Labors, die ein erhöhtes Infektions- oder Übertragungsrisiko darstellen. In der Gruppe derjenigen Personen, die einem beruflichen Infektionsrisiko ausgesetzt sind, steht das Laborpersonal aufgrund der verwendeten Methoden, beispielsweise der Kultivierung von Mikroorganismen, an oberster Stelle. Die Risiken, denen das Laborpersonal dabei ausgesetzt ist, sind abhängig von den jeweiligen verwendeten Mikroorganismen und den dabei zum Einsatz gelangenden Methoden. Dabei werden die Mikroorganismen sowie die Tätigkeiten in geschlossenen Systemen in Risikogruppen unterteilt. Diese Konzepte sind in der Schweiz in Art. 6 und 7 der Verordnung vom 9. Mai 2012 über den Umgang mit Organismen in geschlossenen Systemen (Einschliessungsverordnung, ESV) geregelt.1 In Art. 6 der ESV (blauer Kasten) werden die Gruppen von Mikroorganismen definiert und klassifiziert. Der Gruppe 1 gehören hauptsächlich Mikroorganismen aus der normalen Umgebung an, die keine Krankheiten verursachen. Gruppe 2 setzt sich zusammen aus Mikroorganismen, die Krankheiten auslösen können, die aber bei Einhaltung guter Laborpraxis praktisch kein Infektionsrisiko für das Laborpersonal darstellt. Die Mikroorganismen in Gruppe 3 rufen schwer wiegende Erkrankungen hervor, die zwar a priori behandelt werden können, aber ein Risiko für das Laborpersonal und/oder die Umgebung darstellen. Die letzte Klasse von Mikroorganismen, die Gruppe 4, welche in diesem Artikel nicht behandelt 1 SR 814.912 «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Einschliessungsverordnung, Art. 6: Gruppierung der Organismen 1. Zur Ermittlung des Risikos beim Vorkommen von Organismen sind das Ausmass und die Wahrscheinlichkeit von schädigenden Wirkungen für Mensch, Tier und Umwelt sowie für die biologische Vielfalt und deren nachhaltige Nutzung abzuschätzen. Dabei sind die Kriterien von Anhang 2.1 Ziffer 1 zu berücksichtigen. 2. Zur Bewertung des ermittelten Risikos sind die Organismen nach den Kriterien von Anhang 2.1 Ziffer 2 einer der folgenden Gruppen zuzuordnen: a. Gruppe 1: Organismen, deren Vorkommen kein oder ein vernachlässigbar kleines Risiko darstellt; b. Gruppe 2: Organismen, deren Vorkommen ein geringes Risiko darstellt; c. Gruppe 3: Organismen, deren Vorkommen ein mässiges Risiko darstellt; d. Gruppe 4: Organismen, deren Vorkommen ein hohes Risiko darstellt. Sind bestimmte Organismen gemäss der Liste nach Artikel 26 bereits gruppiert, so ist keine neue Risikoermittlung und -bewertung vorzunehmen, ausser wenn Anzeichen eines erhöhten oder verringerten Risikos beim Vorkommen dieser Organismen bestehen. Bei wesentlichen neuen Erkenntnissen muss das Risiko neu ermittelt und bewertet werden. wird, enthält hoch infektiöse Viren, für welche es keine Behandlung gibt. Die Charakteristika sind in Anhang 2.1 zur ESV aufgeführt. Zudem publiziert und aktualisiert das Bundesamt für Umwelt (BAFU) Listen von Bakterien, Viren, Parasiten und Pilzen. (http://www.bafu. admin.ch/publikationen/publikation/01614/index.html?lang=de). gängigen Genehmigung durch das BAFU (Art. 10 Abs. 1 ESV) benötigen. Dies bedeutet, dass bei starkem Verdacht auf Vorhandensein von Organismen der Gruppe 3 die Proben an ein autorisiertes Labor weiterzuleiten sind. Mit dieser Massnahme ist auch die Qualitätssicherung des Ergebnisses durch ein erfahrenes Labor gewährleistet. Klassifizierung der Labortätigkeit Die Tätigkeit im Labor wird im Allgemeinen anhand der verwendeten Mikroorganismen beurteilt. Das Risiko ist jedoch zusätzlich abhängig von der Tätigkeit. Das sind nämlich die beiden bei der Risikobeurteilung einer Tätigkeit mit Mikroorganismen zu berücksichtigenden Faktoren. Aus diesem Grund listet Art. 7 ESV die risikobehafteten Tätigkeiten auf, deren Kriterien in Anhang 2.2 zur ESV weiter ausgeführt werden. Analyse von Proben der Tätigkeitsklasse 3 Das klinische Material für diagnostische Analysen2 (Anhang 2.2 Kap. 2.2 Abs. 2 ESV) wird gemäss den angewendeten Sicherheitsmassnahmen der Klasse 2 (Anhang 2.2 Kap. 2.2 Abs. 2 ESV) behandelt. Darauf hinzuweisen ist, dass die Labors, in denen Tätigkeiten der Klasse 3 durchführt werden, einer vor- An oberster Stelle in diesem Zusammenhang steht die Kommunikation. Dem Ziellabor sind detaillierte Angaben über den Inhalt einer Sendung mitzuteilen. Im Fall der Verwendung von Mikroorganismen der Risikogruppe 3 ist die vorgängige Benachrichtigung des Labors essenziell. Diese Informationen ermöglichen eine Bestimmung, Erstellung und/oder Bestätigung des genauen Verfahrens und erlauben dem Labor, ohne Verdacht auf Mikroorganismen der Klasse 4 2 Entgegennahme der Proben Die Entgegennahme von biologischem Material ist der erste grundlegende Faktor für die Gewährleistung der biologischen Sicherheit des Laborpersonals. Für eine angemessene Entgegennahme des Materials und eine korrekte Triage sind besondere Kriterien beim Versand von biologischem Material zu beachten. sich auf die Entgegennahme des biologischen Materials vorzubereiten. Nach Ankunft der Proben im Labor folgt als erster Schritt eine Triage. Diese ist wichtig, damit das Probenmaterial direkt in das zuständige biologische Sicherheitslabor der Klasse 3 (BSL3) oder der Klasse 2 (BSL2) gelangt, wie das der Inhalt der biologischen Proben und die Risikobewertung erfordern. Die von einem Diagnoselabor entgegengenommenen Proben können Material enthalten, dessen mikrobiologischen Inhalt man kennt, oder aber dessen Inhalt völlig unbekannt ist. Im Falle von bestätigten Kulturen oder der Vermutung von pathogenen Erregern der Klasse 3, wie z. B. im Fall des Mycobacterium tuberculosis, wird das entsprechende Material direkt ins BSL3 (Abb. 1) geleitet, da es sonst gemäss dem Routine-Diagnoseverfahren behandelt würde. Aus diesem Grund ist ein Schreiben ausserhalb des doppelwandigen Behälters mitzuliefern, mit welchem die Zuweisung der Probe korrekt erfolgen kann (Abb. 2). Umgang mit Proben gemäss der Routinediagnostik Es ist wichtig, dass die im AnalyseDiagnostikverfahren zur Anwendung gelangenden Verfahren genauestens befolgt und die risikobehafteten Tätigkeiten auf das absolute Minimum beschränkt werden. Es ist nämlich typisch für diagnostische Proben, dass zu Beginn der pathogene Erreger nicht bekannt ist. Es kann daher vorkommen, dass sich das Vorhandensein eines hoch pathogenen Erregers erst im Analyseergebnis zeigt. Zudem ist es möglich, dass auch nach Bestätigung der Identifizierung eines Mikroorganismus dessen Pathogenität nicht vollumfänglich aufgeklärt ist, wie z. B. im Falle eines neuen Mikroorganismus. Aus diesen Gründen ist die Nachverfolgbarkeit des Umgangs und der hypothetisch exponierten Personen essenziell; nur so kann das individuelle Expositionsrisiko evaluiert und können die zu ergreifenden Massnahmen bestimmt werden. 5 «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 6 Abb. 1: Im Fall von bestätigten oder vermuteten Kulturen von Pathogenen der Klasse 3 werden die Proben direkt ins BSL3 weitergeleitet. Abb. 3: Risikobehaftete Tätigkeiten, wie z. B. Öffnung der Rotoren bei der Zentrifugierung, dürfen nur unter Strömungsbedingungen erfolgen. zusätzliche Sicherheitssysteme hinzugefügt werden können. Abb. 2: Ein erklärendes Begleitschreiben muss ausserhalb des doppelwandigen Behälters mitgeschickt werden, damit die Probe korrekt weitergeleitet werden kann. Umgang mit Proben der Tätigkeitsklasse 3 Wenn festgestellt worden ist, dass der Umgang mit einer Probe in die Tätigkeitsklasse 3 fällt, wird sie an das BSL3 weitergeleitet. Die Tätigkeit vom BSL3 ist in der ESV und seinen Anhängen detailliert geregelt und bewilligungspflichtig. Um alle Tätigkeiten der Klasse 3 durchführen zu dürfen, müssen die beschriebenen Vorschriften eingehalten werden. Ausschlaggebend für jede Tätigkeit mit pathogenen Mikroorganismen bleibt die Risikobeurteilung. Dies trifft ganz besonders dort zu, wo Mikroorganismen und Tätigkeiten der Risikoklasse 3 zugehören. Es ist zweckmässig, die Risiken zu begrenzen und abzuklären, welche Tätigkeiten wirklich notwendig sind, damit jeder Etappe Die Beschränkung der risikoreichsten Manipulationen, insbesondere die Bildung von Aerosolen und grosse Kulturen, ist ein wichtiger Faktor für die Begrenzung der Kontaminationsrisiken des Laborpersonals. Falls trotzdem solche Tätigkeiten durchgeführt werden müssen, ist insbesondere bei den risikoreichsten Manipulationen, wie der Zentrifugierung, höchste Sorgfalt anzuwenden (Abb. 3). Schlussfolgerung Die geltende Gesetzgebung regelt die Tätigkeit mit Pathogenen der Klasse 3. Eine solche Tätigkeit ist für die Labors bewilligungspflichtig. Zuvor werden die Verfahren validiert und etabliert. Kommunikation ist essenziell zur Bestimmung der Risikokategorie einer Probe, und der Details für den Umgang damit. Zudem ist es eine Besonderheit der Diagnoseverfahren, dass der vorhandene pathogene Erreger nicht bekannt ist. Aus diesem Grund ist es wichtig, die gute Laborpraxis unter allen Umständen zu beachten, auch wenn aufgrund der Umstände vorerst nicht auf hoch ansteckende Pathogene geschlossen wird. Auch die Nachverfolgbarkeit des Umgangs mit den Proben und der Personen, die in Kontakt mit dem hoch infektiösen Material gekommen sind, ist wichtig. Übersetzung: Yve Delaquis «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Die Internationalen Gesundheitsvorschriften der Weltgesundheitsorganisation: ihre Bedeutung für die Schweiz Stefanie Schmied, MSc, Bundesamt für Gesundheit, Direktionsbereich Öffentliche Gesundheit, Abteilung Übertragbare Krankheiten, Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit, Schwarztorstrasse 96, 3003 Bern, [email protected] Key Words: Internationale Gesundheitsvorschriften (IGV 2005), IGV-Anlaufstelle, übertragbare Krankheiten, Weltgesundheitsorganisation (WHO), globale Gesundheitsbedrohungen Im Mai 2005 verabschiedete die Weltgesundheitsversammlung (WHA) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine revidierte Fassung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV, 2005), die im Juni 2007 für die Vertragsstaaten – und somit auch für die Schweiz – völkerrechtlich verbindlich in Kraft getreten ist. Die IGV (2005) bilden das zentrale Instrument, um grenzüberschreitende Gesundheitsbedrohungen insbesondere im Bereich der übertragbaren Krankheiten rasch zu erkennen, zu bewerten und international koordiniert zu bekämpfen. Seit Frühjahr dieses Jahres sind die IGV (2005) in der Schweiz nun vollständig umgesetzt. Der Abschluss des mehrjährigen Umsetzungsprojektes wird zum Anlass genommen, Zweck und Anwendungsbereich der IGV (2005) vorzustellen sowie die Bedeutung des völkerrechtlichen Vertrags zur Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren für die Schweiz aufzuzeigen. Zum Hintergrund In den letzten Jahrzenten haben die internationale Mobilität von Personen und Gütern, und damit auch die potenzielle Verbreitungsgeschwindigkeit von Gesundheitsgefahren wie die übertragbaren Krankheiten, erheblich zugenommen. Eine gesundheitliche Notlage in einem Land kann sich direkt oder indirekt auf Lebensgrundlagen von Menschen und Volkswirtschaften in vielen Teilen der Welt auswirken. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts schreckten drei Ereignisse die Weltöffentlichkeit auf und zeigten die Verletzlichkeit der internationalen öffentlichen Gesundheit. Es handelte sich dabei um die absichtliche Verbreitung von Anthraxsporen in Postsendungen im Jahr 2001, die Emergenz und Verbreitung von SARS (Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom) im Jahr 2003 sowie die Ausbreitung der Vogelgrippe H5N1 und die damit verbundene Influenzapandemiegefahr seit Beginn 2004. Angesichts der internationalen Bedeutung dieser Gesundheitsbedrohungen wurden eine globale Überwachung sowie internationale Steuerung und Koordination der Bekämpfungsmassnahmen gefordert, um Epidemien zu verhüten und andere gesundheitliche Notlagen frühzeitig zu erkennen und einzudämmen. Die nationalstaatlich ausgerichtete Perspektive der Vorgängerreglemente (1969) zur Kontrolle und Eindämmung von einigen wenigen Infektionskrankheiten erwies sich als nicht mehr zweckmässig. Bereits in den 90er-Jahren wurde deshalb die Revision der Gesundheitsvorschriften von 1969 durch die WHA der WHO eingeleitet, die allerdings über Jahre auf rein technischer Ebene verlief. Unter dem Eindruck der SARS-Krise erhielt der Revisionsprozess schliesslich neuen Schwung. Die aktuelle Fassung wurde im Mai 2005 von der WHA verabschiedet und ist seit dem 15. Juni 2007 völkerrechtlich verbindlich. Ein Paradigmenwechsel Mit der Revision der IGV (2005) wurde ein Paradigmenwechsel in die Wege geleitet. Die Vorschriften haben zum Ziel, Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit frühzeitig zu erkennen, zu bewerten und kollektiv sowie durch die WHO international koordiniert, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um eine Weiterverbreitung von Gefah- ren für die öffentliche Gesundheit zu verhindern oder einzudämmen, ohne dabei den internationalen Handel und Verkehr unnötig zu beeinträchtigen. Ihrem Anspruch eines umfassenden und global ausgerichteten Gesundheitsschutzes wird dadurch Rechnung getragen, dass der Geltungsbereich massiv ausgedehnt, einheitliche Kriterien zur Erkennung, Meldung und Bekämpfung von Gesundheitsbedrohungen implementiert und der WHO neue Steuerungsinstrumente zugebilligt wurden. Die IGV (2005) setzen zudem auf einen verbesserten Vorbereitungsstand und standardisierte Bekämpfungskapazitäten der Vertragsstaaten: Es werden Mindestanforderungen hinsichtlich der Überwachung, Meldung und Bekämpfung von Ereignissen von internationaler Tragweite gemacht, die von den Vertragsstaaten umzusetzen sind. Diese Anforderungen beziehen sich auf das gesamte Staatsgebiet und betreffen nicht nur die Grenzübergangsstellen, wie dies noch in den ehemaligen Vorschriften von 1969 der Fall war. Ausgeweiteter Geltungsbereich Die IGV (2005) beziehen sich nicht mehr nur auf die drei klassischen quarantänepflichtigen Krankheiten Cholera, Pest und Gelbfieber, sondern generell auf alle Ereignisse, die potenziell eine Beeinträchtigung der internationalen öffentlichen Gesundheit oder der internationalen Reise- und Handelstätigkeit darstellen. Im Rahmen dieses «All-Risk»-Ansatzes umfassen die Vorschriften neben übertragbaren Krankheiten folglich auch Gesundheitsgefährdungen, bei denen chemische Wirkstoffe oder radioaktives Material die Ursache sind oder bei denen die Ursache noch unklar ist. Dies unabhängig davon, ob sie natürlich, absichtlich oder unbeabsichtigt (z. B. Laborunfall) 7 «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 8 eingetreten sind. Der erweiterte Geltungsbereich ergibt sich aus der breiten Definition des Begriffs «Krankheit» in Artikel 1 IGV (2005): «Krankheit» im Sinne der IGV (2005) umfasst eine Krankheit oder einen gesundheitlichen Zustand, «die oder der ungeachtet des Ursprungs oder der Quelle Menschen erheblich schädigt oder schädigen kann» (Art. 1). Für Infektionskrankheiten sind die IGV (2005) damit das zentrale Instrument des Völkerrechts. Für andere Gesundheitsgefährdungen, für welche bereits völkerrechtliche Instrumente bzw. ein international anerkanntes Vorgehen bestehen, kommen die IGV (2005) subsidiär zur Anwendung (z. B. bei nuklearen Unfällen, für welche primär die Internationale AtomenergieOrganisation [IAEA]1, zuständig ist). Informationsmanagement in der Erkennung und Bekämpfung von Gesundheitsbedrohungen Für die Koordination der Massnahmen und eine wirksame Bekämpfungsstrategie ist eine zeitgerechte Weitergabe von Informationen zu Krankheitsausbrüchen und anderen Gesundheitsgefährdungen unabdingbar. Die Meldewege, d. h. die gegenseitige Unterrichtung zwischen der WHO und den Vertragsstaaten bei grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren, sind daher in den IGV (2005) verbindlich definiert. Alle Staaten sind verpflichtet, der WHO alle Ereignisse zu melden, die eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite darstellen können. Grundlage für die einheitliche Bewertung eines entsprechenden Ereignisses bildet ein Entscheidungsschema der IGV (2005), das in das nationale Risikoas1 IAEA: International Atomic Energy Agency sessment zu integrieren ist. Im Wesentlichen geht es darum, anhand von vier Fragen jedes von der nationalen Überwachung registrierte Ereignis auf seine potenziellen internationalen Auswirkungen zu überprüfen. Für jedes Ereignis ist jeweils zu beurteilen, ob: die Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit schwer wiegend sind; das Ereignis ungewöhnlich oder unerwartet ist; ein erhebliches Risiko für eine grenzüberschreitende Ausbreitung besteht; ein erhebliches Risiko für Beschränkungen des internationalen Reiseoder Handelsverkehrs besteht. beitet. Der abschliessende Entscheid, ob ein Ereignis von internationaler Tragweite vorliegt, liegt bei der WHO. Bei all diesen Entscheiden stützt sich die WHO auf ein international zusammengesetztes Expertengremium. Die Feststellung des Eintretens einer solchen Notlage führt nicht automatisch zur Anordnung von Massnahmen in den betroffenen Vertragsstaaten. Vielmehr gibt die WHO nicht bindende Empfehlungen ab. Diese beinhalten in der Regel Gesundheitsmassnahmen, die von den betroffenen Vertragsstaaten umgesetzt werden sollten (Kapitel «Neue Steuerungsinstrumente für die Weltgesundheitsorganisation»). Vier Krankheiten sind bei Auftreten immer zu melden: Pocken, Poliomyelitis (verursacht durch Wildtyp-Polioviren), humane Influenza (verursacht durch einen neuen Influenzavirussubtyp) und SARS. Weitere speziell aufgeführte Krankheiten erfordern zwingend die Anwendung des Entscheidungsschemas, da diese Krankheiten gezeigt haben, dass sie schwer wiegende Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit haben und sich rasch grenzüberschreitend ausbreiten können2. Auch im weiteren Verlauf des Geschehens sollen regelmässig relevante Informationen zum Ereignis, möglichst einschliesslich Falldefinition, Laborergebnissen, Ursache und Art des Risikos, Zahl der Krankheits- und Todesfälle sowie getroffene Gesundheitsmassnahmen an die WHO gemeldet werden. Kontaktstelle für die WHO ist jeweils die nationale IGV-Anlaufstelle (Kapitel «Minimalanforderungen an die nationalen Krankheitsüberwachungs- und Reaktionskapazitäten»). Im Rahmen von Konsultationen mit der WHO können die Staaten bei nicht meldepflichtigen Ereignissen die WHO gleichwohl informieren und sich mit ihr über geeignete Gesundheitsmassnahmen abstimmen, wenn sie dies wünschen. Liegt ein Ereignis gemäss Entscheidungsschema vor (d. h. sind mindestens zwei der oben genannten Kriterien erfüllt), müssen das Ereignis sowie Informationen zu bereits durchgeführten Gesundheitsmassnahmen der WHO innert 24 Stunden nach Bewertung zur Kenntnis gebracht werden. Die Informationen werden von der WHO zu einer weltweiten Lagebeurteilung verar2 Cholera, Lungenpest, Gelbfieber, viralen hämorrhagischen Fiebern (Ebola, Lassa, Marburg), West-Nil-Fieber und andere Krankheiten besonderer nationaler oder regionaler Bedeutung. Neue Steuerungsinstrumente für die Weltgesundheitsorganisation Für die WHO bestehen mit den IGV (2005) mehr Möglichkeiten der Einflussnahme. So kann sich die WHO im Zuge ihrer globalen Überwachungstätigkeiten bei der Einschätzung von Ereignissen auch auf inoffizielle Informationen anderer Quellen oder Staaten «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 9 beziehen. Wenn derartige Informationen vorliegen, konsultiert die WHO den betroffenen Vertragsstaat und ersucht um eine Bestätigung. Die WHO kann – in Kooperation mit anderen internationalen Organisationen – nach Feststellung eines Ereignisses von internationaler Tragweite, Empfehlungen zu Massnahmen für den betroffenen Vertragsstaat abgeben. Dazu gehören zeitlich befristete oder ständige Empfehlungen, die von den betroffenen Vertragsstaaten umgesetzt werden sollten, «um die grenzüberschreitende Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern oder zu verringern und eine unnötige Beeinträchtigung des internationalen Verkehrs zu vermeiden» (Art. 15, Abs. 2). Empfehlungen beinhalten allgemeine und besondere Gesundheitsbestimmungen etwa zur Kontrolle von Personen an den Grenzen sowie erforderliche Massnahmen in Bezug auf Transportmittel und Güter im internationalen Verkehr. Empfehlungen, die von der WHO gestützt auf die IGV (2005) ausgesprochen werden, sind für die Vertragsstaaten nicht bindend. Für die Vertragsstaaten besteht weiterhin die Möglichkeit, souverän über Massnahmen zu entscheiden. Minimalanforderungen an die nationalen Krankheitsüberwachungs- und Reaktionskapazitäten Die IGV (2005) verpflichten die Vertragsstaaten erstmalig, Kapazitäten im Sinne von Fähigkeiten und technischen Vorkehrungen zu schaffen, auszubauen und aufrecht zu erhalten, «um Ereignisse […] festzustellen, zu bewerten, zu melden und darüber Bericht zu erstatten» (Art. 5, Abs. 1) und «umgehend und wirksam auf Gefahren für die öffentliche Gesundheit und gesundheitliche Notlagen von internationaler Tragweite zu reagieren» (Art. 13, Abs. 1). Die geforderten Kapazitäten sind in Anlage 1 spezifiziert3 und umfassen Anforderungen auf kommunaler, kantonaler und nationaler Ebene, aber auch an den Grenzübergängen (Flughäfen, Schiffshäfen, Landübergänge). Diejenigen Grenzübergangsstellen, insbesondere die Flug- und Schiffshäfen, welche die entsprechenden Anforderungen der IGV (2005) erfüllen müssen, sind von den Vertragsstaaten zu benennen (Designation). Ausdrücklich sollen bereits vorhandene nationale Strukturen und Mittel genutzt werden. Die Kapazitäten zum Gesundheitsschutz auf nationaler Ebene beziehen sich auf die Planung geeigneter Bekämpfungsmassnahmen, Laboranalysen, Logistik, den Einsatz vor Ort, die Führung und Koordination sowie den Vorbereitungsstand («Preparedness», z. B. Erarbeitung von Notfallplänen für gesundheitliche Notlagen). Darunter fällt auch die Einrichtung einer rund um die Uhr verfügbaren nationalen IGV-Anlaufstelle, welche die Kommunikation mit der WHO für alle Belange, welche die IGV (2005) betreffen, sicherstellt. In der Schweiz wurde die IGV-Anlaufstelle im Bundesamt für Gesundheit (BAG) eingerichtet (Kapitel «Die Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) in der Schweiz»). Auf kantonaler und/oder kommunaler Ebene betreffen die Kapazitäten hauptsächlich die Überwachung, die Meldung und die Durchführung von Gesundheitsschutzmassnahmen. Weitere wichtige Neuerungen betreffen die Berücksichtigung der Men3 Geforderte Kernkapazitäten für die Überwachung und Reaktion (Anlage 1, A) sowie von benannten Flughäfen, Häfen und Landübergängen geforderte Kernkapazitäten (Anlage 1, B). schenrechte (Art. 3, 32, 42, 43), den Bezug zum Umgang mit personenbezogenen Daten (Art. 45), die Einbettung in das internationale Recht (Art. 14) sowie die Etablierung und Festlegung neuer Organe und Prozeduren4 (Art. 47–50). Die Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) in der Schweiz Umsetzung Die IGV (2005) sehen eine vollständige Umsetzung in den Unterzeichnerstaaten innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren vor. Die Umsetzung der Vorschriften bedingte für die Vertragsstaaten – und somit auch für die Schweiz – die Überprüfung und Optimierung der Früherkennungs-, Überwachungs-, Bekämpfungs- und Meldekapazitäten im atomaren, biologischen und chemischen Bereich (ABC-Bereich). Die Beurteilung in der Schweiz ergab, dass die Kapazitäten in Bezug auf die Gefahren für die öffentliche Gesundheit im ABC-Bereich bereits auf einem sehr guten Stand waren und Bund und Kantone zusammen mit den Melde- und Vollzugsstellen über praktisch alle der Mindestanforderungen der IGV (2005) verfügten. Dementsprechend mussten für die Umsetzung der Vorschriften lediglich einige gezielte Anpassungen vorgenommen werden. Zwei Handlungspunkte auf nationaler Ebene sind an dieser Stelle herausgegriffen: Vernetzung der fachlichen Bundesstellen aus dem ABC-Bereich Einrichtung der nationalen IGV-Anlaufstelle IGV-Sachverständigenliste, Notfallausschuss, Prüfungsausschuss und Streitbeilegungsverfahren 4 «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 10 Vernetzung der verschiedenen zuständigen Bundesstellen aus dem ABCBereich Verschiedene fachliche Bundesstellen sind mit Aufgaben der Früherkennung und Lagedarstellung in dem von den IGV (2005) abgedeckten ABC-Bereich tätig (Tab. 1). Sie sind für die Bewertung von Ereignissen in ihrem Zuständigkeitsbereich verantwortlich und wenden das IGV-Entscheidungsschema an. Damit im Falle eines IGV-relevanten Ereignisses die zeitgerechte Verbreitung von Informationen an die betroffenen Akteure (WHO, Vertragsstaaten, nationale Akteure) gewährleistet ist, ergab sich die Notwendigkeit, die Behörden noch besser zu vernetzen und die Schnittstelle zur nationalen IGV-Anlaufstelle sicherzustellen. Zu diesem Zweck wurde ein neues «Nati- onales IGV-Meldekonzept» etabliert. Dieses stellt im Falle eines internationalen Ereignisses den Kommunikationsweg mit der WHO, anderen betroffenen Vertragsstaaten und den nationalen Akteuren sicher (Abb. 1). Nationale IGV-Anlaufstelle Seit Juni 2006 ist das BAG, Abteilung Übertragbare Krankheiten, für den operativen, rund um die Uhr verfügbaren Betrieb der nationalen IGV-Anlaufstelle zuständig. Sie stellt die Schnittstelle zwischen dem ABC-Bereich sicher und ist verantwortlich für die Kommunikation relevanter Ereignisse im Geltungsbereich der IGV (2005). Sie nimmt als einziges Eintrittsportal alle Mitteilungen entgegen, die von der WHO oder von den Vertragsstaaten unter den IGV (2005) erfolgen und leitet die Informati- Bundesstellen Zuständigkeit Fachbereich Bundesamt für Gesundheit (BAG), Abteilung Übertragbare Krankheiten Übertragbare Krankheiten B-Bereich BAG, Abteilung Lebensmittelsicherheit Lebensmittelsicherheit A-, B- und C-Bereich BAG, Abteilung Chemikalien Chemische Produkte, Gegenstände, technische Geräte C-Bereich BAG, Abteilung Strahlenschutz Radioaktive Strahlung A-Bereich Bundesamt für Landwirtschaft Pflanzenschutzmittel und Dünger C-Bereich Bundesamt für Veterinärwesen Zoonosen B-Bereich Bundesamt für Bevölkerungsschutz, Nationale Alarmzentrale (NAZ) Störfälle C-Bereich Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut Arzneimittel und Medizinprodukte B- und C-Bereich Tab. 1: Die designierten Bundesstellen aus dem ABC-Bereich und ihre Zuständigkeiten. onen und Anfragen an die fachlich zuständigen Bundesstellen der ABC-Bereiche weiter. Die IGV-Anlaufstelle stellt sicher, dass die IGV-Gefährdungsanalyse von den zuständigen Bundesstellen durchgeführt wird und unterstützt diese in Bezug auf die IGV-Prozesse bei (potenziell) IGV-relevanten Ereignissen. Sie meldet im Auftrag der zuständigen Bundestelle ein IGV-relevantes Ereignis der WHO, nachdem dieses IGV-konform beurteilt wurde. Kantonale und kommunale Überwachungs-, Melde- und Vollzugsstellen Für die kantonalen bzw. kommunalen Fachstellen (z. B. Kantonsärztliche Dienste, Ärzteschaft, Spitäler, Laboratorien) bedeuten die IGV (2005) keine grundlegenden Änderungen. Die bestehenden kantonalen und kommunalen Überwachungs-, Melde- und Vollzugssysteme sind durch die Umsetzung der IGV (2005) und die Einrichtung des nationalen IGV-Meldekonzepts nicht tangiert. Im Zuge der jährlichen Revision der Departementsverordnung des Eidgenössischen Departements des Innern über Arzt- und Labormeldungen wurde 2006 die Meldefrist von sieben Krankheiten5 von 24 auf zwei Stunden verkürzt. All diesen Erregern gemeinsam ist die Dringlichkeit für ein rasches Handeln. Kantonale und nationale Behörden müssen in einem solchen Fall möglichst rasch informiert werden, um Massnahmen an die Bevölkerung kommunizieren und den Informationsbedarf abdecken zu können. Je nach Situation kann dies eine Gesundheitsbedrohung sein, welche über die Landesgrenzen hinaus von Bedeutung ist, und eine internationale Notifikation erfordert6. Da Anthrax, Botulismus, Pest, Pocken, SARS, virale hämorrhagische Fieber und Influenza A HxNy, neuer Subtyp 6 BAG-Bulletin 40/06, ISSN 1420-4266, BAG 5 «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 11 mit entsprach man auch den Anforderungen der IGV (2005), welche darauf abzielen, mit Hilfe des Entscheidungsschemas Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit rechtzeitig zu erfassen. Bei dieser Gelegenheit seien die Akteure des Gesundheitswesens darum daran erinnert, ihre Verantwortung in Bezug auf die Meldefristen wahrzunehmen und die internationale Dimension eines Ereignisses zu berücksichtigen. Ereignisbewältigung unter den IGV (2005) Seit Inkrafttreten der IGV (2005) im Juni 2007 hat die Schweiz zahlreiche Ereignisse nach den Grundsätzen der IGV (2005) bewältigt, unter anderem die Grippepandemie A (H1N1). Im Rahmen der Bewältigung der Grippepandemie H1N1 umfassten ihre Aufgaben die Meldung der Fälle (ohne Angaben des Namens) an die WHO, die Koordinie- rung der Antworten auf die von der WHO angeforderten Bestätigungen, der Austausch von Informationen über zeitlich befristete Empfehlungen der WHO sowie die Koordinierung der Umgebungsuntersuchung in Flugzeugen zu Beginn der Virusausbreitung. Rund 50 IGV-relevante Ereignisse pro Jahr betreffen heute die Schweiz. Dabei handelt es sich in erster Linie um den Informationsaustausch mit IGV-Anlaufstellen anderer Vertragsstaaten sowohl im Rahmen von Umgebungsuntersuchungen in Flugzeugen (beispielsweise Masern, Tuberkulose) als auch bei lokalen Krankheitsausbrüchen (wie Legionellose) oder anderen Gesundheitsgefährdungen aus dem B- und C-Bereich, in welche internationale Partner involviert sind. Ein Beispiel einer Umgebungsuntersuchung stellt der letztjährige Hantavirus- Ausbruch im Yosemite-Park in Kalifornien (USA) dar, der international für mediales Aufsehen sorgte. Die amerikanischen Behörden stellten allen betroffenen Staaten die Kontaktangaben der Reisenden zur Verfügung, die sich zwischen Juni und Ende August im Nationalpark aufgehalten haben sollen und bei denen die Möglichkeit bestand, dass sie sich mit Hantaviren infiziert hatten. So auch dem BAG, wobei die Informationen über die nationale IGVAnlaufstelle eintrafen und rund 40 Kontaktangaben von Reisenden aus der Schweiz enthielten. Die betroffenen Kantonsärzte wurden von der zuständigen Bundesstelle informiert. Diese haben Kontakt zu den betroffenen Personen aufgenommen. Die Personen wurden rechtzeitig beraten und erhielten die Empfehlung, bei ersten Anzeichen einer Infektion schnellstmöglich ärztliche Hilfe einzuholen. Die Kontakte Abb. 1: Nationales IGV-Meldekonzept. Das Konzept definiert den Meldeweg für IGV-relevante Ereignisse und stellt die Kommunikation mit der WHO sicher. Die bestehenden Überwachungs-, Melde- und Vollzugssysteme in der Schweiz werden durch das nationale IGV-Meldekonzept nicht tangiert. «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 12 haben ergeben, dass sich glücklicherweise kein Schweizer unter den infizierten Personen befand. Unter den Bestimmungen der IGV (2005) zur Zusammenarbeit und Hilfe (Art. 44) entwickelt sich das Netzwerk der nationalen IGV-Anlaufstellen immer mehr zu einer internationalen Plattform, über welche Informationen zu Krankheitsgeschehen auch direkt zwischen Vertragsstaaten schnell und verlässlich ausgetauscht werden. forderungen einer globalisierten Welt Rechnung getragen. Gesundheitsgefahren wie die übertragbaren Krankheiten machen nicht Halt vor nationalen Grenzen. SARS, die Vogelgrippe H5N1 und die pandemische Grippe H1N1 haben deutlich gemacht, wie notwendig eine geregelte internationale Zusammenarbeit ist, um Gesundheitsbedrohungen erfolgreich zu begegnen und die immensen gesellschaftlichen Auswirkungen einer (pandemischen) Ausbreitung frühzeitig und kollektiv zu verhindern. (2) International Health Regulations (2005). World Health Organization. (http://www.who.int/csr/ihr/current/en/index. html) (3) Internationale Gesundheitsvorschriften (2005) (Amtliche Übersetzung, SR0.818.103) (http://www.admin.ch/opc/de/classifiedcompilation/20052894/index.html) (4) Matter, Hans C., 2005: Internationale Gesundheitsvorschriften (2005). Internationale Bedeutung und Auswirkungen auf die Steuerung und Organisation der Krankheitsbekämpfung in der Schweiz. Masterarbeit eingereicht bei Prof. Dr. Andreas Ladner, Bedeutung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) für die Schweiz Mit den IGV (2005) sind die schweizerischen Gesundheitsstrukturen neu in ein internationales System der Krankheitsbekämpfung eingebunden und dadurch über nationale Grenzen hinaus wirksam geworden. So sind heute die internationale Kommunikation und der Zugang zu Gesundheitsinformationen verbessert. Zudem hat die Umsetzung der Gesundheitsvorschriften zu einer Optimierung der bestehenden nationalen Bekämpfungskapazitäten geführt und eine aktive sektorenübergreifende Zusammenarbeit und Kommunikation in der Bewältigung von Gesundheitsgefahren bewirkt. Die Schweiz hat im Vergleich zum BBereich bisher sehr wenige bzw. keine Ereignisse aus dem C-(z. B. Lebensmittel, Medizinprodukte) und A-Bereich nach den Grundsätzen der IGV (2005) bewältigen müssen. Die Erfahrungen aus dem B-Bereich sowie die etablierten Strukturen werden eine hilfreiche Basis bilden, um entsprechende Ereignisse, sollten sie eintreffen, zu bewältigen. Angesichts neuer globaler Gesundheitsbedrohungen – aktuell ausgehend vom Influenzavirus A (H7N9) und vom neuartigen Coronavirus MERS-CoV – stimmt es zuversichtlich, dass auf der Grundlage der IGV (2005) heute ein rasches, koordiniertes sowie verhältnismässiges Vorgehen bei Überwachung, Informationsaustausch und der Durchführung gezielter Massnahmen möglich ist. Dies entspricht dem Ziel der IGV (2005), nämlich Sicherheit vor der grenzüberschreitenden Ausbreitung von Gesundheitsgefahren zu geben und gleichzeitig unnötige Behinderungen des internationalen Personen- und Warenverkehrs zu vermeiden. Trotz der Einbindung in ein globales System zur Bekämpfung von Krankheiten behält jeder Vertragsstaat – und damit auch die Schweiz – seine Souveränität. Jeder Staat kann selbst über Massnahmen entscheiden, die für sein Land in einer gesundheitlichen Notlage angemessen sind. Literaturhinweise (1) Bundesamt für Gesundheit (Schweiz), Juni 2007: Erläuternder Bericht zu den Internatio- Schlussfolgerung Mit der Revision der IGV (2005) hat die Weltgemeinschaft den heutigen Heraus- nalen Gesundheitsvorschriften (2005). (http://www.bag.admin.ch/themen/internatio nales/11103/11512/11514/11524/?lang=de) Kompetenzzentrum für Public Management, Schanzeneckstrasse 1, 3001 Bern. Dieser Artikel ist im BAG-Bulletin 26/13 erschienen. «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Advanced Hazmat Life Support: Kurs zum medizinischen Management von ABC-exponierten Personen PD Dr. med. Mathias Zürcher, Departement Anästhesiologie, Universitätsspital Basel, 4031 Basel, [email protected] Dr. med. Hugo Kupferschmidt, Direktor Schweizerisches Toxikologisches Informationszentrum (STIZ) Zürich, 8032 Zürich, [email protected] Key Words: NBC-Incident, CBRN-Incident, ABC-Exposition, hazardous material, hazmat, Medizinischer ABC-Schutz, Katastrophenmedizin, CEFOCA-SFG, Vergiftung, Intoxikation Grossereignisse mit Exposition von Personen gegenüber Gefahrenstoffen sind zwar selten, haben aber ein grosses Schadenpotenzial für Mensch und Umwelt. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die professionell entlang der Rettungskette tätigen Personen (Rettungssanitäter, Notärzte, Notfallpflegefachpersonen, Notfallärzte, Spezialisten der Feuerwehr und der Polizei) über Zusatzkenntnisse verfügen, die es ihnen erlauben, entsprechende Ereignisse zu erkennen, um sich und andere potenziell Involvierte schützen und eine Verschleppung der Kontamination entlang der Rettungskette verhindern zu können. Zudem müssen Kenntnisse im medizinischen Management soweit vorhanden sein, dass exponierte Personen adäquat behandelt werden. Der Advanced Hazmat Life Support Kurs (AHLS) vermittelt diese spezifischen Kenntnisse und wird als Fortbildungsveranstaltung regelmässig durch SFG angeboten. Ausgangslage Gefahrenstoffe kommen auch in der Schweiz in relevanten Mengen in der Industrie und im Gewerbe zum Einsatz. Auch im Alltag sind Substanzen, die als gefährliche Stoffe klassifiziert werden, allgegenwärtig – Erdölprodukte wie z. B. Benzin, Diesel oder Flüssiggas werden in grossen Mengen verbraucht und müssen entsprechend auf Schiff, Strasse und Schiene transportiert werden. 2011 wurden alleine auf dem Schienennetz der Schweiz 1’454 Mio. tkm als Gefahrgut deklarierte Substanzen transportiert, wovon 853 Mio. tkm auf Ben- zin, 88 Mio. tkm auf Propan, aber immerhin auch 7.1 Mio. tkm auf Chlorgas entfallen (1). Glücklicherweise sind grössere Schadenereignisse mit Substanzen aus dem atomaren, biologischen und chemischen Bereich (ABC-Ereignisse) sehr selten und haben in der Schweiz bisher nie zu einer Schädigung einer grossen Anzahl Personen geführt. Ereignisse im Ausland haben das Schadenspotenzial aber klar demonstriert: Nukler/radiologisch: Tschernobyl (1986), Fukujima (2011) chemisch: Seveso (Dioxin, chemische Industrie, 1976), Bhopal (Methylisocyanat, chemische Industrie 1984), Toulouse (Ammoniak-Explosion in Deponie, 2001), Graniteville (Zugunglück, Chlorgas, 2005). Wesentlich häufiger sind Ereignisse, bei denen einzelne Personen einer Exposition gegenüber einem Gefahrenstoff ausgesetzt sind und daran akut erkranken. Zudem besteht die Möglichkeit einer mutwilligen Freisetzung solcher Stoffe in terroristischer Absicht. Aus diesen Gründen ist es wichtig, dass insbesondere Notärzte (NA) und Rettungssanitäter (RS), Leitende Notärzte (LNA) und Einsatzleiter Sanität (EL San) sowie Mitarbeiter der Notfallstationen der Spitäler (Notfallärzte und Notfallpflegefachpersonen) für diese Thematik sensibilisiert sind und über ein entsprechendes Grundwissen verfügen. Nur so wird es gelingen, dass eine entsprechende Gefährdung rasch erkannt und adäquate Selbstschutzmassnehmen getroffen werden können und eine Verschleppung einer Kontamination entlang der Rettungskette bis in den Hospitalisationsraum möglichst vermieden werden kann. Die Geschäftsstelle Koordinierter Sanitätsdienst (KSD) hat in Zusammenar- beit mit dem Labor Spiez und dem Kompetenzzentrum ABC der Schweizer Armee nationale Empfehlungen erlassen (Konzepte «ABC-Dekontamination von Personen im Hospitalisationsraum», «ABC-Dekontamination von Personen im Schadenraum» und «Empfehlungen ABC-Dekontamination für Akut- und Dekontaminationsspitäler») und bietet entsprechende Kurse an (Ausbildung für technische und medizinische Dekontaminationsspezialisten; E-Learning «Sanitätsdienstliche Bewältigung von ABC-Ereignissen»). Die Weiterbildungsangebote des KSD fokussieren auf die Thematik der Dekontamination. Selbstschutz Schutz entlang der Rettungskette Primary Survey Secondary Survey – Toxidrom identifizieren Poisoning Treatment Paradigm Behandlung Tab. 1: Prinzip des medizinischen Managements von Personen, die einem Gefahrstoff ausgesetzt waren. Kenntnisse der medizinischen Auswirkungen einer Exposition von Gefahrenstoffen, das Verständnis der Pathophysiologie sowie das Management und die Behandlung von Personen mit entsprechenden Expositionen gehören nur für die häufigsten Substanzen zum medizinischen Basiswissen, das in der Ausbildung zum RS resp. in der Weiterbildung zum Notarzt SGNOR vermittelt wird. Ereignisse mit Gefahrenstoffen haben immer das Potenzial, eine Vielzahl von Personen zu betreffen. Da diese Ereignisse selten sind, ist es sinnvoll, dass bei solchen Einsätzen zusätzlich zum 13 «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 14 Notarzt ein LNA aufgeboten wird. Aus diesen Gründen wurde im Rahmen der Fortbildungsangebote der Sanitätsdienstlichen Führung Grossereignis (SFG) (2) ein international anerkannter Kurs zu dieser Thematik, der «Advanced Hazmat Life Support» Kurs (AHLS) in der Schweiz etabliert. Dieser wird in Kooperation mit dem Labor Spiez sowie dem Schweizerischen Toxikologischen Informationszentrum (STIZ) (3) regelmässig angeboten. AHLS-Kurs Der AHLS-Kurs wurde ursprünglich von notfallmedizinischen und toxikologischen Experten am Arizona Emergency Medicine Research Center (AEMRC) in Tucson (Arizona) entwickelt und ab 1993 angeboten (4). Motivation dafür war das Bedürfnis, Paramedics und Feuerwehrangehörige zu schulen, um bestmöglich auf die regelmässig vorkommenden schweren Strassenunfälle mit Tanklastwagen, die korrosive und toxische Substanzen in die Kupferminen von Arizona transportierten, reagieren zu können. 1998 wurde eine Kollaboration mit der American Academy of Clinical Toxicology (AACT) eingegangen, der 1999 in Las Vegas durchgeführt wurde, und dessen Form bis heute beibehalten werden konnte. Inzwischen haben Hunderte von Kursen in englischer Sprache in den Vereinigten Staaten, Kanada, Europa und dem Fernen Osten stattgefunden. Das in spanischer Sprache verfügbare Unterrichtsmaterial kommt in Südamerika zum Einsatz. Prof. Frank. G. Walter ist Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats. Die AHLS-Faculty trifft sich jährlich im Rahmen des North American Congress of Clinical Toxicology (NACCT) und garantiert, dass der Kurs immer auf dem neusten Stand des me- dizinischen Wissens ist und prüft die Vorschläge, die von Teilnehmern, Instruktoren und Toxikologen der weltweit durchgeführten AHLS-Kurse zurückgemeldet werden. Der AHLS-Kurs wird mit dem AHLS Provider Manual und einem 50 Multiple Choice Fragen umfassenden «PreTest» vorbereitet. Dieser «Pre-Test» kann in der Schweiz online via RescuePoint® absolviert werden (5). Der daran anschliessende Präsenzkurs dauert zwei Tage à acht Unterrichtseinheiten und wird mit einem ebenfalls 50 Multiple Choice Fragen umfassenden «Post-Test» abgeschlossen. AHLSKurse in der Schweiz werden zusätzlich mit einem so genannten «Swiss Module» ergänzt, welches am Abend des ersten Kurstags stattfindet. Dieses «Swiss Module» spannt den Bogen zwischen dem im offiziellen AHLS gebotenen, international gültigen Wissen und dem für die Schweiz spezifischen Vorgehen und Management im Falle eines solchen Ereignisses. Die Kurssprache der AHLS-Kurse in der Schweiz ist bisher Englisch. AHLS-Kurse in der Schweiz werden in Kooperation mit dem Schweizerischen Toxikologischen Informationszentrum (STIZ) angeboten, das in der Person seines Direktors, Dr. med. Hugo Kupferschmidt, den für die Durchführung eines AHLS-Kurses erforderlichen klinischen Toxikologen zur Verfügung stellt. Für das «Swiss Module» verantwortlich zeichnet Dr. phil. Marc Kenzelmann, Leiter der Geschäftsstelle Nationaler ABC-Schutz und sein Team des Labors Spiez, das auch die Kurslokalitäten zur Verfügung stellte. Erfreulicherweise konnte bisher als Hauptreferent für die Schweizer AHLS-Kurse Prof. Dr. Frank G. Walter, der eigentliche «Vater des AHLS», gewonnen werden. Der Kurs wird als Fortbildungsangebot von SFG unter der Gesamtleitung von PD Dr. med. Mathias Zürcher angeboten. Reizgas-Syndrom Stickgas-Syndrom CholinergesToxidrom [oder: cholinerges Syndrom] Ätzstoff-Syndrom Kohlenwasserstoff-Syndrom Tab. 2: Toxidrome Grundprinzipien des medizinischen Managements gemäss AHLS (6) Inhaltlich vermittelt der AHLS-Kurs eine Übersicht über mögliche Ereignisse, deren Häufigkeit und Gefährlichkeit, und zeigt mögliche Hergangsmechanismen auf. Der Kurs fokussiert zwar auf chemische Ereignisse, vermittelt aber auch das Grundwissen für biologische und nukleare/radiologische Gefahrenstoffe und führt in die speziellen Aspekte der Gefährdung ein, die durch AAlter Absorption (Exposition zum Schadstoff beenden) Antidota vorhanden? BBasics (ABCDE) & Resuscitation (Basismassnahmen nach ABCDE) CChange Catabolism (Abbau beeinflussen) DDistribute differently (Verteilung im Körper beeinflussen) E Enhance Elimination (Elimination aus dem Körper beschleunigen) Tab. 3: Behandlungs-Grundmuster von Gefahrenstoff exponierten Personen («Poisoning Treatment Paradigm») «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 15 den Einsatz entsprechender Substanzen in terroristischer Absicht entsteht. Damit angesichts der Vielzahl chemischer Schadstoffe trotz der Seltenheit der Ereignisse diese notfallmedizinisch korrekt erkannt und entsprechend behandelt werden können, wird beim AHLS ein systematisches Vorgehen vermittelt (Tab. 1). Zu diesem Zweck bedient sich AHLS dem in der klinischen Toxikologie gebräuchlichen Begriffs des «Toxidroms». Dieser setzt sich aus den Begriffen «Toxisch» (giftig) und «Syndrom» (Gruppe von Symptomen, die für eine bestimmte Krankheit typisch sind) zusammen. AHLS teilt die Vergiftungen mit chemischen Schadstoffen in Toxidrome ein (Tab. 2) ein. Dadurch kann die Vielzahl chemischer Substanzen in eine übersichtliche Anzahl Gruppen typischer Reaktionen des Giftstoffs gegenüber dem Körper und typischen Reaktionen des Körpers gegenüber dem Giftstoff zugeteilt werden. Auch für die Initialbehandlung vermittelt das Konzept von AHLS ein mnemotechnisch geeignetes systematisches Vorgehen mittels des Begriffs des «Poisoning Treatment Paradigm» (Tab. 3). Dieses «Behandlungs-Grundmuster» bei GefahrenstoffExposition standardisiert das Vorgehen, das bei einer identifizierten Substanz oder Substanzkategorie im Allgemeinen anzuwenden ist. Das Konzept des Toxidroms wird am Beispiel des Gefahrenstoffs «Schwefelwasserstoff» erläutert (Tab. 4). Zielgruppen für AHLS Der AHLS richtet sich primär an NA und RS, LNA und EL San. Es ist aber wichtig, dass auch Mitarbeitende der Notfallstationen der Spitäler auf die Thematik gefährlicher Substanzen sensibilisiert sind und insbesondere bei sich selbsteinweisenden Personen Symptommus- Gefahrenstoff: Schwefelwasserstoff (H2S) Zugehöriges Toxidrom: Stickgas-Syndrom («Asphyxiant») – Untergruppe: Systemisch erstickende Stoffe (Interaktion mit der mitochondrialen Cytochromoxidase mit Blockierung der Atmungskette → Zelltod) Schwefelwasserstoff ist leicht wasserlöslich und wird dadurch auch zu einem Reizgas für die oberen Atemwege Primär involvierte Körper-Systeme: Systeme Primäres Wirkziel A: Atemweg (Airway) X B: Atmung (Breathing) X C: Cardiovasculäres System X D: Nervensystem (Disability) X E: Elimination (Liver & Kidney) Tab. 4: Erläuterung des Konzepts des Toxidroms am Beispiel von Schwefelwasserstoff (H2S) ter erkennen können, die auf das Vorliegen einer chemischen Kontamination hinweisen. Dadurch kann allenfalls eine entsprechende Gefährdung der SpitalMitarbeiter und -Struktur vermieden werden. Auch Spezialisten der Feuerwehr, der Armee und weiterer Partner der Bewältigung entsprechender Ereignisse sollten mit dem Grundwissen der medizinischen Auswirkungen von Gefahrengut-Expositionen vertraut sein, um rechtzeitig entsprechende Situationen erkennen zu können. Die AHLSKurse werden in der Schweiz und in Europa gegenwärtig nur in englischer Sprache angeboten, wodurch der Teilnehmerkreis im Wesentlichen auf die Ärzteschaft und wenige Spezialisten eingeschränkt bleibt. Aus diesem Grund unterstützen die Geschäftsstelle KSD und das Labor Spiez die Initiative von SFG, zusammen mit dem STIZ und dem Einbezug zuständiger Stellen des Deutschen Bundesministeriums für Bevölkerungsschutz die Lizenzrechte für die Übersetzung und Produktion der AHLSUnterrichtsmaterialien in deutscher Sprache zu erwerben und künftig AHLS-Kurse auch in deutscher Sprache anbieten zu können. Zertifikat und Rezertifizierung Nach dem Absolvieren des AHLS-Provider-Kurses und dem Bestehen der Schlussprüfung mit mindestens 80 Prozent korrekten Antworten wird ein AHLS-Zertifikat ausgestellt und der Kursabsolvent ins zentrale Register der AHLS-zertifizierten Personen aufgenommen (4). Da das medizinische Wissen einem ständigen Wandel unterliegt, ist es auch nicht einfach, dieses Spezialwissen bei diesen doch eher seltenen Ereignissen stets aktuell zu halten. Darum ist es gerechtfertigt, dass das AHLS-Zertifikat nach vier Jahren erneuert werden muss, was durch das Absolvieren eines internetbasierten Multiple-Choice-Examens möglich ist (4). Nach weiteren vier Jahren «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 16 muss das Zertifikat durch den Besuch des Kurses wieder erworben werden. Sponsoren Die Durchführung der AHLS Kurse für die Schweiz werden von der Geschäftsstelle KSD sowie vom Labor Spiez mit finanziellen und personellen Mitteln unterstützt. Interessenkonflikte Mathias Zürcher ist AHLS-Kursleiter und -Instruktor und hat als Ärztlicher Leiter von SFG den AHLS-Kurs als Fortbildungsangebot für LNA und EL San in der Schweiz etabliert. Hugo Kupferschmidt ist AHLS-Kursleiter und -Instruktor und erfüllt die Auflage, in jedem AHLS-Kurs einen klinischen Toxikologen als Ansprechpartner für spezifische Fragen zur Verfügung zu stellen. Er repräsentiert die Schweiz in der AHLS-Course-Faculty, die im Rahmen des North American Congress of Clinical Toxicology (NACCT) tagt. Mathias Zürcher führt die Arbeiten für AHLS im Rahmen seines Mandats als Ärztlicher Leiter SFG durch und erhält keine Honorare von AHLS. Das STIZ erhält für die Tätigkeit von Hugo Kupferschmidt als Kursleiter und Toxikologe AHLS von SFG eine Honorarentschädigung. Die übrigen Arbeiten für AHLS erbringt er unentgeltlich im Rahmen seiner Tätigkeit als Direktor des Schweizerischen Toxikologischen Informationszentrums. Literatur (1) Bundesamt für Verkehr, Schweizerische Bundesbahnen, BLS AG, Bundesamt für Umwelt, Partenariat RCAT. Aktualisierte netzweite Abschätzung der Personenrisiken (Screening 2011). Ernst Basler + Partner (2) www.cefoca-sfg.ch (3) www.toxi.ch (4) www.ahls.org (5) www.rescuepoint.ch (6) F.G. Walter. Advanced Hazmat Life Support Provider Manual. Third Edition 2003. University of Arizona Emergency Medicine Research Center and American Acadmey of Clinical Toxicology. Arizona Borad of Regents for the University of Arizona, Tucson, AZ. Abb. 1: AHLS-Faculty 2010 (von links: Dr. Marc Kenzelmann, PD Dr. Mathias Zürcher, Prof. Frank G. Walter, Dr. Hugo Kupferschmidt), Kursort: Labor Spiez «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Pandemie und Spitex: Herausforderungen und Grenzen 17 Ursula Jobin-Howald, Professorin Haute Ecole de la Santé La Source, Avenue Vinet 30, 1004 Lausanne, [email protected] Key Words: Spitex Kanton Waadt, Pandemie, Personalmanagement Der öffentliche Gesundheitsdienst des Kantons Waadt entwickelte 2006 einen Pandemieplan, der alle Bereiche des öffentlichen Gesundheitsdienstes umfasst. Auf Grund der späteren Erfahrungen ist dieser Plan angepasst und entsprechend den Bedürfnissen verschiedener Pandemien flexibler gestaltet worden, so dass er eine bessere Patientenversorgung erlaubt, trotz wegen eigener Erkrankung reduziertem Personalbestand. Die folgenden Angaben sind hauptsächlich anlässlich eines Interviews mit Frau Virginie Bertschi, Adjunktin bei der Association Vaudoise d’Aide et Soins à Domicile (AVASAD) gesammelt worden. Dieser Verein mit 4’100 Mitarbeitenden hat 2012 29’500 Leistungsbezüger mit Hilfe und Pflege versorgt, was 2’300 Vollzeitstellen entspricht, verteilt auf 52 medizinisch-soziale Zentren. Die Mitarbeitenden reichen von Pflegeund Haushaltshilfen über Fachangestellte Gesundheit (FAGE) mit einem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ), bis zur Pflegefachperson (in der Romandie mit einem Bachelor in Science of Nursing), welche zusätzlich eine Spezialausbildung in Gesundheitspflege erwerben kann. Weiter kommen noch Ergotherapeuten, Diätassistenten und Sozialarbeiter dazu. AVASAD beliefert somit jeden Tag 5’500 Personen mit 6’000 Pflegeverrichtungen, mehr als 800 Stunden Haushaltshilfe und 2’100 Mahlzeiten. Parallel zu diesem öffentlichen Dienst gibt es auch privatrechtliche Unternehmen, die Spitexdienste anbieten. Vergleichsweise setzen sich in der gesamten Schweiz 32’000 Spitex-Mitarbeitende für 217’000 Leistungsbezüger ein. Allerdings werden in diesen Zahlen nicht überall die Haushaltshilfen mit einberechnet. Bei einer Pandemie steht dieses Personal an vorderster Front, in einer an sich schon anfälligen Bevölkerung, da sie schon zu normalen Zeiten Hilfe benötigt. In dieser speziellen Situation riskieren viele Pflegepersonen sowohl in den Spitälern wie auch in der Spitex, die Ärzte mit eingeschlossen, selbst zu erkranken, gerade wenn der Bedarf der Bevölkerung besonders gross ist. Die direkten Folgen hängen vom Charakter der Pandemie ab: ihrer Ansteckungsgefahr, ihrer Schwere und Tödlichkeit für die Individuen, ihrer Dauer und ihrer Anfälligkeitskriterien, wie z. B. die vor allem betroffenen Altersgruppen. 2006 entwickelte und publizierte der Waadtländer öffentliche Gesundheitsdienst einen ersten Pandemieplan. Dazu hat die Expertengruppe Pandemie (GEX), bestehend aus Spitalärzten und Mitgliedern des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in enger Zusammenarbeit mit betroffenen Partnern von Seiten des Staates, einschliesslich des Führungsstabes des Katastrophenplanes «ORCA» und der Pflegeleistungserbringer sowie deren Vereinen den sanitätsdienstlichen Operationsplan für den Fall einer Grippepandemie entwickelt. Die Spitex hat bei der Entwicklung dieses Plans, dem ein spezifischer Teil der Versorgung zu Hause gewidmet ist, mitgewirkt. Um einem grossen Anstieg der Pflegeempfänger gewachsen zu sein, gliedert sich die Organisation der Spitex im Falle einer Pandemie in drei Bereiche: Die Anpassung der noch angebote- nen Leistungen: Die Gesamtheit der Leistungen ist überarbeitet worden um zu definieren, welche Leistungen für einige Wochen weggelassen oder reduziert werden können. Das Personalmanagement: Erfassen der zusätzlich mobilisierbaren Personalgruppen (junge Pensionierte, administratives Personal); erfassen der Personen, welche ihre Arbeitszeit erhöhen könnten usw. Die Führung und Organisation der medizinisch-sozialen Zentren: Bildung eines Führungsstabes in den Zentren, Anpassung der Öffnungszeiten, Bildung von spezifischen Arbeitsteams für die Grippepatienten und die nicht von einer Grippe befallenen Patienten usw. Für das Personal existiert ein Recht auf «Nichteinsatz» unter Vorbehalt von Sanktionen, die der Arbeitgeber bei unberechtigtem Wegbleiben von der Arbeit ergreifen kann. 2009, bei der Epidemie A(H1N1), ist der 2006 erstellte Plan nicht wie vorgesehen eingesetzt worden. Er war für eine sehr ansteckende Pandemie vorgesehen und erwies sich dann als zu spezifisch. Die Pandemie A(H1N1) zeichnete sich durch eine viel grössere Anzahl von Unbekannten und Zweifeln aus als vorgesehen. Es handelte sich für den GEX und den Kantonsarzt darum, die nötigen Aktionen je nach Entwicklung der Pandemie und des Charakters des Virus anzupassen. Manchmal erweist es sich, dass eine sehr ansteckende und daher sehr gefürchtete Pandemie in der Praxis weniger schwer und tödlich ist als die saisonale Grippe, wie dies eben der Fall war für den Virus H1N1 im Jahr 2009. Auch in diesem Fall müssen die Vorschriften angepasst werden. «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 18 Anweisungen des Kantonsarztes Um das Vorgehen anzupassen, erhält die Spitex die Anweisungen des Kantonsarztes, der sich auf die wissenschaftlichen Informationen und die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) in Bezug auf die drohende Pandemie stützt (es wird in diesem Zusammenhang auf den Artikel «Die Internationalen Gesundheitsvorschriften der Weltgesundheitsorganisation: ihre Bedeutung für die Schweiz», S. 7 verwiesen). Er erstellt zusammen mit seinem Stab spezifische Richtlinien für seinen Kanton, basierend auf dem flexibel gestalteten Pandemieplan. Somit wird die Spitex z. B. entscheiden können, die Mitarbeiterzahl zu erhöhen, um die Erkrankten zu ersetzen und die erhöhten Bedürfnissen zu erfülle, indem Ferienabwesende oder Personen im Freitag oder Pensionierte zurückgerufen werden und durch die Anstellung von Aushilfen. Die Spitex wird auch entscheiden können, welche Leistungen weggelassen oder verstärkt werden müssen, je nach den typischen Symptomen oder den vermuteten, beziehungsweise bestätigten Diagnosen. Auf dieser Basis kann, den Vorschriften des Kantonsarztes und der Natur der betreffenden Pandemie entsprechend, eine Liste von angepassten Anweisungen erstellt und für alle Zentren publiziert werden. Im Zeitpunkt der Erstellung des Pandemieplans gab es noch keine privaten Spitexdienste. Heute, mit 29 anerkannten Unternehmen, ist dies eine nicht wegzudenkende Wirklichkeit geworden und alle Dienste, sowohl die privaten wie die öffentlichen, sind auf die eine oder andere Art von der Pandemie betroffen und würden auf dieselbe Weise informiert. Das anzuwendende Prozedere ist demnach einheitlich und klar für alle Berufspersonen auf jeder Stufe, von der Haushaltshilfe bis zur spezialisierten Pflegefachperson. Spezifisches Material wie Masken ist vorrätig, bereit für den Fall einer Pandemie mit einem möglichen Lieferungsunterbruch von Seiten der Lieferanten. Informationen werden permanent angepasst Den Leistungsempfängern werden die Informationen mündlich oder schriftlich übermittelt und laufend der Entwicklung der aktuellen Pandemie angepasst. In einer Krisensituation ist es jedoch schwierig zu überwachen, ob sich alle Leistungsempfänger an die verordneten Regeln halten, z. B. nur mit einer korrekt funktionierenden und angepassten Maske auszugehen oder strikt im Hause zu bleiben. Schweizweit besteht zurzeit kein allgemeiner, für alle im Spitex Verband Schweiz zusammengeschlossenen Spitexdienste verbindlicher Pandemieplan. Gegenwärtig ist ein Pandemieplan auf Bundesebene in Erarbeitung. Der Kanton Waadt verfolgt das Ziel, durch seine sowohl auf wissenschaftlichen Erkenntnissen als auch je nach den wirklichen Bedürfnissen und den vorhandenen Ressourcen flexibel gestalteten Massnahmen im Pandemiefall bestmöglich auf die Bedürfnisse seiner Bevölkerung eingehen zu können. Literaturverzeichnis (1) Canton de Vaud. (2013) Service d’aide et de soutien à domicile. Repéré à http://www. vd.ch/autorites/departements/dsas/assurances-sociales-et-hebergement/ (2)Canton de Vaud. (2013) Organisations privées de soins à domicile. Repéré à In einer Pandemieperiode verschreibt und erklärt der behandelnde Arzt weiterhin die Behandlung seiner Patienten. Das Spitexpersonal führt diese durch. Anpassungen der Prozedere sind möglich und notwendig. Wenn die Krise erheblich ist, kann der Einsatz des Koordinierten Sanitätsdienstes vom jeweiligen Kantonsrat oder der Eidgenossenschaft angeordnet werden, etwa bei einem Hitzeplan, der enorm viele Personen betrifft. In Bezug auf die saisonale Grippe wird die jährliche Impfung in Erinnerung gerufen und gratis angeboten, aber weniger als 30 Prozent aller Berufsleute führen sie durch. Wenn die Epidemieschwelle überschritten ist, sind alle nicht geimpften Berufspersonen verpflichtet, beim Umgang mit Patienten ständig eine Maske zu tragen. http://www.vd.ch/themes/sante-social/vivre-a-domicile/aide-a-domicile/ (3) Canton de Vaud. (2013) Liste des organisations de soins à domicile privées autorisées à exploiter. Repéré à http://www.vd.ch/ themes/sante-social/vivre-a-domicile/organisations-privees/ Übersetzung: Ursula Jobin «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Rifugi e posti protetti, tra necessità e nuove realtà Franco Bianchi, giornalista RP/FSG, via Cantonale, 6927 Agra, membro della commissione di redazione del bollettino d’informazione sul SSC, [email protected] Cerchiamo di tracciarne il quadro, in Ticino, senza la pretesa di renderlo esaustivo e privo di nostre pecche delle quali chiediamo sin d’ora venia, ai lettori. Per restringere il campo, ci limitiamo a considerare la situazione nell’area del polo urbano luganese visto che la Città sul Ceresio, con i suoi 65’000 abitanti, è tra le 10 più popolose in Svizzera e che, proprio a Lugano, si trova l’unico ospedale protetto a statuto speciale del SSC, fra i sette riconosciuti dalla Confederazione in quatro regioni del Paese: l’Ospedale Civico (OCL) dell’Ente Ospedaliero Cantonale (EOC). Parole chiave: Finanze, regole, progetti Dura lex, sed lex: sia quella della vita, destinata a finire con la morte sin dal momento in cui la sua scintilla si accende; sia quella delle umane vicende condizionate, in quanto tali, da una miriade di fattori. Il concetto stesso del SSC/ KSD ne tiene conto fondandosi sulle attuali minacce alla vita e sulle difficoltà finanziarie, che limitano le prestazioni degli Enti pubblici: Confederazione, Cantoni, Comuni. Nella lotta alle emergenze NBCR (cioè le ABC integrate dal fattore Radiologico), abbiamo ancora bisogno di «posti protetti»? E, in Ticino, come siamo messi? Andiamo a scoprirlo. Se consideriamo la minaccia nel suo complesso, la risposta al primo quesito non necessita particolare impegno e si riassume in un chiaro: SI! Meno evidente, dal profilo pratico, delineare il quadro logistico riferito al fabbisogno di ‘bunker’ e letti sanitari (appunto) protetti, per rapporto ai potenziali effetti di una situazione di crisi specifica e alle risorse disponibili per la popolazione. Il SSC e i suoi partner – ovvero: Esercito, Protezione Civile (PCi) ed Enti sanitari civili – intervengono per garantire la migliore assistenza ai pazienti, non la certezza di sopravvivere a un ‘danno’ EOC Lugano, Ospedale Civico. NBCR, visto che l’unico dato certo della vita, è, come accennato, la sua fine. Tant’è. Si faccia avanti, a questo punto, chi non ha mai sentito parlare dei ‘bunker’, dei rifugi ‘anti atomici’ a disposizione della popolazione. Considerando che la loro costruzione è obbligatoria per legge e che ve ne sono nelle ‘cantine’ di tutti gli edifici privati più recenti (diciamo datati Anni 80), alla fine resteremmo soli. Per contro, aumenterebbe sensibilmente il numero di chi ci affiancherebbe se chiedessimo quanti e dove sono quelli adatti all’intervento del SSC. Dovendo poi parlare di ‘bunker’ e posti protetti per la popolazione, non potevamo esimerci dal considerare almeno uno dei preziosi partner SSC: la PCi. In specie, volendo uscire dai confini territoriali della Città, l’Ente regionale PCi di Lugano Campagna, cui fanno capo 32 Comuni con 49’000 abitanti nelle regioni Vedeggio e Malcantone (180 km quadrati, da Caslano a Isone, per intenderci). C’era una volta… Ci sia consentito, a questo punto, ringraziare per la preziosa e gentile collaborazione i nostri interlocutori: Direzione generale EOC, Bellinzona; Direzione OCL (in specie: l’ing. Davide Ferrari, 19 «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 20 I letti a castello per pazienti sono smontati e inutilizzati; pronti, invece, quelli per il personale… responsabile del Servizio tecnico e sicurezza, e Oscar Maniscalco, responsabile dell’ospedale protetto); per la PCi, a Mezzovico, il presidente Pier Giorgio ‘Mike’ Donada e il cdt ten col Ferruccio Landis. Perché partire da: c’era una volta? In estrema sintesi, perché il nuovo concetto di SSC (elaborato negli Anni 90, tenuto conto del nuovo assetto politicomilitare in Europa e dei suoi effetti sulla politica di sicurezza elvetica) ha inciso notevolmente sull’organizzazione dei servizi sanitari, logistica compresa. Tra gli effettivi della PCi, ad esempio, sono scomparsi i militi sanitari e i pompieri, sicché pure l’organizzazione degli impianti ha dovuto adeguarsi alle nuove esigenze. Stesso discorso, da tale profilo, per i già esistenti e allora chiamati Centri Operatori Protetti (COP) a disposizione della popolazione, via-via integrati nell’EOC. Al primo realizzato nell’Ospedale Distrettuale di Faido si aggiunsero: il S.Giovanni di Bellinzona; Acquarossa (per metà, militare); La Carità di Locarno; il Civico (nel 1980, costato 6,7 mio di franchi sussidiati da Confederazione, Cantone e Comuni del Distretto di Lugano); il ‘Beata Vergine’ di Mendrisio; privato, invece, quello nell’ospedale di Castelrotto. L’EOC dispone pure dell’Ospedale Italiano di Lugano che non ha un ‘bunker’, poiché riedificato in tempi recenti, quando ormai i COP avevano già la nuova designazione di ‘Ospedali Protetti’. Nuove competenze attribuite al SSC; nuovo destino degli impianti dell’EOC che resta proprietario di quelli ‘sotterranei’, ma può disporne liberamente ritenuto che solo il ‘Civico’, come detto, è riconosciuto tale. I siti, of course, non sono stati smantellati e, su richiesta, possono essere ‘riattivati’ in 24 – 48h e annualmente, in collaborazione con la PCi, l’EOC ne provvede alla Istallati 36 nuovi letti sanitari militari; nuova la centrale termica e tecnica. manutenzione. Tuttavia, almeno in parte, ora sono occupati in altro modo: ad esempio, quali magazzini o depositi. C’erano una volta… i COP, da sfruttare in caso di catastrofe, guerra, epidemia e, di conseguenza, concepiti per un servizio sanitario completo (con tanto di sale operatorie, laboratori, locali per la radiologia, ecc.). Nuove esigenze Oggi, ci sono gli Ospedali Protetti. In Ticino, appunto, solo uno: il Civico. Come in origine, ripartito su 3 livelli, è anti-atomico; anti-sismico; separato dalla piastra base dell’ospedale da 1,5 m di cemento armato e 3,5 m di terra; dispone di filtri per gas nervini; è del tutto autonomo ma, di fatto, si è trasformato in sito di degenza e i locali, i servizi e pure le attrezzature mediche a suo tempo richiesti per tenerlo in esercizio, sono altri. «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 21 I corridoi sono adeguati allo spostamento dei letti; non è il caso, ovviamente, per la cucina! Nell’OCL adeguato alle nuove esigenze, ecco dunque inutili due sale OP, tre autoclave, due centrifughe, laboratorio, locale RX; scesa da 300 a 100 pazienti la capienza massima (letti san militari al posto di quelli a castello). Il grado di prontezza è fissato in 12h per i 36 letti già pronti; con disponibilità su richiesta di altri 64 ritenuto che l’intera infrastruttura farebbe capo alle prestazioni dei bat mob H dell’esercito e che il servizio ospedaliero ordinario continuerebbe in modo autonomo (260 posti al Civico; 60 all’Italiano; 1’400 i collaboratori, dei quali 600 in permanenza). Ventilato e riscaldato costantemente (temp. base 17–18°), l’ospedale protetto luganese è operativo e risponde «ai nuovi scenari e ai nuovi concetti di mobilità che già caratterizzano l’attività ordinaria», spiega l’ing. Ferrari. Da questo profilo, aggiunge, «prendiamo d’esempio la sterilizzazione: per tutto l’EOC, è centralizzata a Biasca. Un guasto può sempre succedere: come rimediare? Abbiamo a disposizione tre unità steri-mobile a noleggio, con locali pronti a riceverle e attivarle». Alla vista, l’Ospedale Civico di Lugano si staglia come una torre, fra via Tesserete e via Torricelli. La piastra base comprende: al P0, cioè al PT (EG), servito da un autosilo con 550 posti, troviamo entrata principale; accettazione; PS (Notfallstation), radiologia; collegamento al Caridocentro dell’attigua Fondazione; al P1+ sale operatorie, Cure intense, sale parto, ambulatori chirurgici; dal +2 al +14 i reparti di degenza, incluse le stanze di sicurezza per detenuti; al P15+, infine, i locali tecnici. Tra il materiale non più in uso, autoclavi e apparecchi di vario genere per ora tenuti in deposito. Sempre nella piastra base: al livello -1 sono inseriti uffici ammi- nistrativi, cucina, farmacia, fisioterapia, mensa, ecc; al -2 neurologia, dialisi, camere per il personale di picchetto e depositi, come pure l’eliporto esterno. L’OP Civico Per trovare l’ospedale protetto, dobbiamo scendere ancora per trovare: P-3: entrata blindata; 8 sale di cura (5 vuote; 3 usate come deposito). P-4: 2 vecchie sale OP, 4 sale REA ora con 36 letti san militari; accettazione contaminati; 2 sale steri, labor, farmacia (vuoti, poiché si farebbe capo, nel bisogno, ai servizi di supporto esterni); servizi. P-5: cucina, tecnica, dormitori per il personale. I vecchi letti a castello «sono stati smontati e in parte sono riutilizzabili, ma ovviamente (eccetto quelli per il «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 22 personale) non siamo più a capienza 300 essendo cambiate regole d’ingaggio e attrezzature», conferma il responsabile operativo, Maniscalco. Non sono mancati i lavori d’ammodernamento e messa a norma di alcuni impianti (investiti 150mila fr., dal 2010); tra questi: ripristino parziale della tecnica (pompe, luci, ventilazione); applicazione dei rilevatori d’incendio; adeguamento del sistema di trasferimento della nafta (Diesel) dai serbatoi, ora in plastica, al generatore (ridotto a uno, con 390 CV di potenza). «I cambiamenti riguardano anche altri servizi del vecchio COP. I tre serbatoi per l’acqua potabile (270mila l di capacità), ad esempio, sono dismessi e vuoti perché, se del caso, ci riforniranno dall’esterno con bottiglie PET d’uso comune. Stesso discorso per altre dotazioni. I locali (alcuni vuoti) sono rimasti, così come parte delle vecchie attrezzature mediche. Potenzialmente, su richiesta di Berna o del Cantone, sono riattivabili ma ne stiamo discutendo con le Autorità, fermo il principio del ricorso a dotazioni esterne, comprese quelle in uso nell’ospedale che sovrasta il bunker…», conclude il nostro interlocutore. Protezione e servizi Dei cambiamenti intervenuti nei sotterranei del nosocomio cittadino è ben consapevole ‘Mike’ Donada, già responsabile sicurezza dell’Ospedale regionale di Lugano (OCL+OIL) e dell’allora COP al ‘Civico’, che ritroviamo a presiedere la PCi di Lugano Cam- Protezione Civile Lugano Campagna: a sx, il cdt ten col Ferruccio Landis; a dx, il presidente Pier Giorgio ‘Mike’ Donada. pagna. «Altri tempi, altre esigenze; le novità non mancano pure in casa nostra, a cominciare dalla sparizione dei militi sanitari», osserva non nascondendo una punta di nostalgia. Oggi, infatti, l’Ente regionale coordina 1’100 astretti suddivisi in 6 cp: quatro L’entrata del PSS, a Rivera. Sala operatoria e uno dei locali tenuti a disposizione dalla PCi, nel sito di Rivera. «della 1a ora», cioè d’intervento immediato, e due di riserva. Ogni unità comprende sezioni di condotta (SM); logistica (materiale, trasporto, sussistenza e cucina); salvataggio (interventistica); assistenza (aiuto agli sfollati e controllo periodico dei rifugi, CPR); beni culturali (inventario e gestione). A una cp, la 41, è pure attribuito il servizio di rinforzo polizia, per la gestione di traffico e vie di circolazione. Finanze e tagli «Negli Anni 90, il servizio sanitario è stato attribuito al SSC, che fa capo agli ospedali pubblici e ai servizi ambulanza del cantone; ma abbiamo ‘perso’ anche i militi pompieri poiché il servizio antincendio è stato demandato ai Corpi locali», aggiunge Donada rilevando che i militi PCi di primo intervento sono completamente istruiti ed equipaggiati, mentre «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 23 Nel Centro-Pandemie di Bioggio, i pazienti devono seguire un percorso designato che parte dalla sala d’attesa, prima di giungere al locale di visita. quelli della «2a ora», essendo di riserva, lo sono secondo le necessità d’ingaggio. Il bilancio annuale dell’ente (che dispone pure di 12 automezzi e un veicolo comando, recentemente acquisito) ammonta a 1,3 mio di franchi, con fabbisogno di 900mila a carico dei Comuni, per un pro capite di 20 franchi. Meno militi, meno servizi Come siamo messi a ‘bunker’ antiatomici pubblici e privati? Ci risponde il cdt Landis: «attualmente ne disponiamo di 2’500, per una capienza di 38mila abitanti, pari al 73% della popolazione. I rifugi pubblici sono 25: pertanto, non copriamo il fabbisogno fissato dalla legge al 90% della popolazione. L’ammanco è del 17%, ma non è prevista, a breve-medio termine, la costruzione di rifugi importanti. Dura lex, sed lex anche quella delle finanze pubbliche (ovvero dei cittadini contribuenti)», precisa il dirigente. docce e mensa per i militi, ma resta vuoto e usato per altri scopi (vari corsi della PCi medesima). In caso di pandemia, mancando i militi san, verrebbe affidato a un medico civile servito dai militi per la gestione dei pazienti (ad es., per decontaminazione, nuovi abiti, trasferimenti in ospedale, ecc.). A Rivera, invece, si trova il PSS attrezzato pure di sala OP e capace di ospitare 128 pazienti: l’apertura di entrambi gli impianti, in ogni caso, è di competenza del medico cantonale. 2 Posti sanitari (PoSan) uno a Mezzovico, dove si trova pure la sede dell’ente, l’altro a Rivera e capaci di ospitare 32 pazienti ciascuno. «Impianti, PSS e PoSan coprono il fabbisogno della regione Lugano Campagna: pertanto, non ne verranno più edificati di nuovi. D’altronde, a partire dagli Anni 90, come PCi possiamo e dobbiamo garantire la protezione della popolazione, a domicilio, ritenuto e ribadito che per le necessità sanitarie (pazienti degenti o nuovi a causa di catastrofe, guerra, pandemia, ecc.) le competenze sono del SSC cantonale e dei suoi partner», sottolinea il ten col Landis. Quali progetti? La ‘scheda’ fin qui presentata non risponde, direttamente, al quesito iniziale sul fabbisogno di posti protetti: nondimeno, offre alcuni spunti di riflessione che, in parte, si sono già concretizzati in azione. Per quanto riguarda gli impianti di PCi (posto comando e stazionamento), in Lugano Campagna ve ne sono 10, ai quali si aggiungono: 2 Posti sanitari di soccorso (PSS) Uno, a Bioggio, fu allestito per la pandemia nel 2010 su ordine del medico cantonale, è in prontezza d’intervento; può smaltire 130 pazienti al giorno; dispone di locali triage, accettazione, La PCi chiede una revisione dei compiti retribuiti (compensazione) in funzione delle necessità. Tra queste: anche il ripristino dei sentieri come qui, al Molino di Bioggio? «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 24 il fabbisogno sanitario della popolazione? Il quadro abbiamo cercato di delinearlo; la risposta, preferiamo lasciarla in sospeso. Unica certezza, nella vita… La Conferenza dei presidenti e comandanti delle 6 Regioni di PCi ticinesi, infatti, ha chiesto al Governo cantonale di elaborare un’analisi dei rischi, sul territorio sudalpino, analoga a quella federale (KaTaPlan). Da parte sua, forte dell’esperienza al ‘Civico’, dove l’allora COP era sovente usato per esercitazioni militari o civili (con tanto di ricoveri e interventi chirurgici su pazienti effettivi), Mike Donada ritiene non vi sia necessità di nuovi posti protetti «ma quelli esistenti restano e vanno tenuti in funzione (con prove impianti, telefoni, pulizie, ecc.), muniti di letti e del necessario per fronteggiare le emergenze», osserva. Quanto alla PCi, in attesa dell’analisi cantonale dei rischi, il presidente di Lugano Campagna ne vede l’ingaggio (più che ai fini di protezione NBCR) per fronteggiare necessità indotte da allagamenti, scoscendimenti e frane, forti nevicate e pericolo valanghe, siccità «o altri bisogni della popolazione, anche solo per breve durata e ben codificato il riconoscimento ai militi delle indennità AVS/AI/IPG per servizio prestato», conclude Donada. Cento posti nell’Ospedale protetto, al ‘Civico’ di Lugano: bastano per coprire «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Bunker und geschützte Orte: zwischen Notwendigkeiten und neuen Realitäten Franco Bianchi, BR/SJV Journalist, via Cantonale, 6927 Agra, Mitglied der Redaktionskommission KSD, [email protected] bedenkt, dass der Bau solcher Räume gesetzlich vorgeschrieben ist und jedes neuere private Gebäude (sagen wir mal ab Baujahr 1980) einen solchen Raum in seinem Keller birgt. Wie viele dieser Schutzräume für den Einsatz des KSD geeignet sind und wo sie sich befinden, wissen dagegen wahrscheinlich nur wenige. Key Words: Finanzen, Regeln, Projekte Dura lex, sed lex – Das Gesetz ist hart, aber es ist das Gesetz: Dies gilt für das Leben an sich, das mit dem ersten Atemzug bereits dem Tode geweiht ist ebenso wie für das menschliche Schicksal, das von unzähligen Faktoren beeinflusst wird. Das Konzept des KSD berücksichtigt dies, indem es den aktuellen Bedrohungen des Lebens und den finanziellen Schwierigkeiten, die den Leistungsumfang der öffentlichen Einrichtungen – Bund, Kantone und Gemeinden – begrenzen, Rechnung trägt. Brauchen wir im Kampf gegen CBRN-Notfälle (also ABC-Waffen inklusive radiologischer Bedrohungen) noch «geschützte Orte»? Und wie ist die Lage im Tessin? Diesen Fragen wollen wir auf die Spur gehen. Wenn wir das gesamte Ausmass der Bedrohung betrachten, so lautet die Antwort auf die erste Frage ohne Weiteres: JA! Als nicht ganz so einfach erweist sich in der Praxis die Erfassung des logistischen Rahmens hinsichtlich des Bedarfs an «Schutzräumen» und geschützten Krankenbetten, die der Bevölkerung zur Verfügung stehen, unter Berücksichtigung der möglichen Auswirkungen einer bestimmten Krisensituation und der Ressourcen. EOC Lugano, Ospedale Civico. Die Bemühungen des KSD und seiner Partner – Armee, Zivilschutz (ZS) und zivile Gesundheitsdienste – zielen darauf ab, den Patienten die bestmögliche Behandlung zu verschaffen, und nicht die Sicherheit, einen CBRN-«Schaden» zu überleben. Schliesslich ist im Leben nur eine Sache wirklich sicher – nämlich der Tod. Traurig, aber wahr. Gibt es unter den Lesern jemanden, der noch nie etwas von den «Schutzräumen» oder auch «Atombunkern» gehört hat, die in der Schweiz für die Bevölkerung bereitstehen? Wahrscheinlich kaum, wenn man Versuchen wir einmal, die Lage im Tessin zu erfassen, aber ohne Anspruch auf Vollständigkeit und übermässige Korrektheit, der Leser möge es verzeihen! Um die Sache zu vereinfachen, beschränken wir uns darauf, die Situation im Stadtgebiet von Lugano zu betrachten, zumal die Stadt am Luganersee mit ihren 65’000 Einwohnern zu den zehn meistbevölkerten der Schweiz zählt und sich gerade hier das einzige der insgesamt sieben in vier Regionen des Landes von der Eidgenossenschaft anerkannten geschützten Spitäler «aktiv mit Sonderstatus KSD» befindet: das Stadtspital «Ospedale Civico» (OCL) der «Ente Ospedaliero Cantonale» (EOC), einer öffentlichrechtlichen Anstalt des Kantons Tessin zur Führung von Spitälern. Wo von «Schutzräumen» und geschützten Orten für die Bevölkerung die Rede ist, kommen wir nicht umhin, 25 «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 26 Demontierte alte Etagenbetten für Patienten nicht in Gebrauch; im Gegenteil für das Personal noch geeignet. zumindest einen der wertvollen Partner des KSD zu nennen: den Zivilschutz. Als Beispiel ausserhalb des städtischen Raums soll uns hierbei die Regionale Zivilschutzorganisation Lugano-Land dienen, die für 32 Gemeinden mit 49‘000 Einwohnern in den Regionen Vedeggio und Malcantone zuständig ist (180 km2 zwischen Caslano und Isone, wenn Sie es genau wissen wollen). Es war einmal… An dieser Stelle sei es uns gestattet, unseren Partnern für die wertvolle und gute Zusammenarbeit zu danken, nämlich der Generaldirektion EOC in Bellinzona; der Direktion OCL (insbesondere bei Davide Ferrari, Verantwortlicher für den technischen Dienst und Sicherheitsdienst und bei Oscar Maniscalco, Verantwortlicher für das geschützte Spital); ausserdem danken wir dem Zivilschutz in Mezzovico und insbesondere dessen Vorsitzendem, Pier Giorgio «Mike» Donada, und Oberstlt Ferruccio Landis, Zivilschutzkommandant. «Es war einmal…», warum diese Überschrift? Kurz gesagt, weil das neue Konzept des KSD (erstellt in den 90erJahren unter Berücksichtigung der neuen politischen und militärischen Gegebenheiten in Europa und ihrer Auswirkungen auf die Schweizer Sicherheitspolitik) sich erheblich auf die Organisation der Sanitätsdienste – einschliesslich Logistik – ausgewirkt hat. Beispielsweise sind beim ZS-Personal die Militärsanitäter und die Militärfeuerwehr weggefallen, so dass auch die Organisation der Anlagen den neuen Anforderungen angepasst werden musste. Ähnlich erging es in dieser Hinsicht den damals so genannten «Geschützten Operationsstellen (GOPS)» für die Bevölkerung, die noch vorhanden sind und nach und nach in die EOC integriert wurden. Die erste Einrichtung 36 neue militärische Sanitätsbetten und die neue Thermo-Technische Zentrale. dieser Art wurde im «Ospedale Distrettuale» in Faido realisiert; es folgten «S. Giovanni» in Bellinzona; «Acquarossa» (zur Hälfte militärisch); «La Carità» in Locarno; das «Ospedale Civico» (1980, Kosten 6,7 Mio. Franken, mit Unterstützung von Bund, Kantonen und Gemeinden des Bezirks Lugano) und «Beata Vergine» in Mendrisio. Hinzu kommt eine private Einrichtung im Spital von Castelrotto. Zur EOC gehört auch das «Ospedale Italiano di Lugano», das keinen «Schutzraum» besitzt, obwohl es unlängst erneuert wurde, als die GOPS bereits in «Geschützte Spitäler» umbenannt worden waren. Neue Kompetenzen für den KSD: neues Schicksal für die Anlagen der EOC, die Eigentümerin dieser unterirdischen Einrichtungen bleibt, aber frei darüber verfügen kann, zumal wie gesagt nur das «Ospedale Civico» als «Geschütztes Spital» anerkannt wird. Die Standorte wurden natürlich nicht völlig aufgege- «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 27 Die Flure sind für die Bewegung der Betten geeignet; das ist natürlich nicht der Fall für die Küche! ben, sondern können innert 24 bis 48 Stunden «reaktiviert» werden. Die EOC übernimmt jährlich die Instandhaltung in Zusammenarbeit mit dem ZS. Allerdings werden die Räumlichkeiten derzeit zumindest teilweise anderweitig genutzt, z. B. als Magazine oder Depots. und ist vollständig autonom. Faktisch jedoch dient die Einrichtung heute nur noch der Patientenunterbringung, und die Räume, die Dienste und sogar die medizinische Ausstattung, die damals der Aufrechterhaltung des Betriebs dienten, sind nicht mehr dieselben. «Es waren einmal…» die GOPS. Sie sollten bei Katastrophen, Kriegen und Epidemien bereitstehen und wurden somit auf einen umfassenden Sanitätsdienst ausgelegt (samt Operationssälen, Labors, Röntgenräumen usw.). Angesichts der neuen Gegebenheiten im «Ospedale Civico» sind die zwei OPSäle, drei Autoklaven, zwei Zentrifugen, das Labor und der Röntgenraum überflüssig geworden; die Höchstkapazität wurde von 300 auf 100 Patienten herabgesetzt (Betten des militärischen Sanitätsdienstes statt Etagenbetten). Neue Anforderungen Heute gibt es dagegen «geschützte Spitäler». Im Tessin eben genau eines, das «Ospedale Civico». Es besteht nach wie vor aus drei Ebenen, ist atombomben- und erdbebensicher und durch eine Schicht aus 1,5 m dickem Stahlbeton und 3,5 m Erde von der Grundplatte des Spitals getrennt; es verfügt über Filter gegen Nervengase Die Betriebsbereitschaft für die 36 schon fertigen Betten ist auf 12 Stunden festgelegt; 64 weitere Betten können bei Bedarf bereitgestellt werden, wobei die Bis anhin noch im Lager deponierte verschiedene Apparate wie Autoklaven und andere Geräte. gesamte Infrastruktur auf die Hilfsleistungen der mobilen Spitalbataillone der Armee zurückgreifen und der übliche Krankenhausbetrieb autonom weitergeführt würde (260 Plätze im «Ospedale Civico»; 60 im «Ospedale Italiano»; 1’400 Mitarbeitende, davon 600 ständige). Das geschützte Spital in Lugano wird ständig belüftet und geheizt (Grundtemperatur 17–18°), es ist betriebsbereit und entspricht «den neuen Szenarien und Mobilitätskonzepten, die bereits den Regelbetrieb kennzeichnen», so Davide Ferrari. Er fügt hinzu: «Nehmen wir beispielsweise die Sterilisierung: sie erfolgt für die gesamte EOC zentral in Biasca. Zu Ausfällen kann es immer kommen: Was geschieht dann? Uns stehen drei mietbare mobile Sterilisierungseinheiten zur Verfügung und die entsprechenden Räumlichkeiten für die Unterbringung und Inbetriebnahme». «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 28 Das «Ospedale Civico» von Lugano erhebt sich zwischen der Via Tesserete und der Via Torricelli wie ein Turm vor den Augen des Betrachters. Die Grundplatte setzt sich wie folgt zusammen: Im Erdgeschoss (EG) befinden sich ein Parkhaus mit 550 Plätzen sowie der Haupteingang, der Empfang, die Notfallstation und die Radiologie; Zugang zur Kardiologie der angrenzenden Stiftung; im 1. OG Operationssäle, Intensivstation, Kreissäle, chirurgische Ambulanz; vom 2. bis 14. OG Räume für Patientenunterbringung, einschliesslich gesicherter Zimmer für Gefangene; im 15. OG ist die Technik untergebracht. Wieder ausgehend von der Grundplatte befinden sich: im 1. UG Verwaltungsbüros, Küche, Apotheke, Physiotherapie, Mensa usw.; das 2. UG beherbergt die Neurologie, das Dialysezentrum, Zimmer für das Pikettpersonal und Lagerräume sowie ein Hubschrauberlandeplatz im Aussenbereich. Das geschützte Spital Civico Um das geschützte Spital zu erreichen, müssen wir noch tiefer hinab: 3. UG: Panzertür; 8 Behandlungsräume (5 leerstehend; 3 als Lager genutzt). 4. UG: 2 veraltete OP-Säle, 4 REHARäume, derzeit mit 36 Betten des militärischen Sanitätsdienstes; Emp- Zivilschutz Lugano Campagna: links, Kdt Oberstlt Ferruccio Landis; rechts, der Präsident Pier Giorgio «Mike» Donada. fang für bestrahlte Personen; 2 Sterilräume, Labor, Apotheke (leer, da im Bedarfsfall auf externe Hilfsdienste zurückgegriffen würde); Nasszellen. 5. UG: Küche, Technik, Schlafräume für das Personal. Die alten Etagenbetten «wurden abgebaut und sind teilweise wieder benutzbar, aber natürlich sind wir nicht mehr bei einer Kapazität von 300 (Personalbetten ausgenommen), da die Einsatzregeln und die Ausrüstung nicht mehr identisch sind», bestätigt der operative Leiter, Oscar Maniscalco. Modernisierungs- und Normierungsarbeiten wurden zur Genüge vorgenommen (seit 2010 wurden 150’000 Franken investiert), unter anderem für die teilweise Instandsetzung der Technik (Pumpen, Beleuchtung, Belüftung); Anbringung Der Operationssaal und ein Raum sind zur Verfügung und in Bereitschaft vom ZS in Rivera gestellt. von Brandmeldeanlagen; Anpassung des Systems zur Umfüllung von Dieselöl aus den Tanks, die nun aus Plastik sind, in den Generator (nur noch einer, mit einer Leistung von 390 PS). «Die Änderungen betreffen auch andere Dienste der ehemaligen GOPS. So sind beispielsweise die drei Trinkwasserreservoire (270’000 Liter Fassungsvermögen) leer und ausser Betrieb, denn im Falle eines Falles werden wir ja von aussen mit handelsüblichen PETFlaschen versorgt. Gleiches gilt auch für andere Bereiche. Die Räume (einige davon leer) sind noch vorhanden, ebenso ein Teil der ursprünglichen medizinischen Ausstattung. Potenziell können sie auf Anordnung des Bundes oder des Kantons wieder in Betrieb genommen werden, aber das diskutie- «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 29 Pandemie-Zentrum in Bioggio: vom Wartesaal bis zur Untersuchungsabteilung steht den Patienten ein vorgeschriebener Parcours zur Verfügung. ren wir gerade mit den Behörden, ständig nach dem Prinzip der externen Versorgung, auch durch das Spital oberhalb des Bunkers …», so unser Gesprächspartner abschliessend. Schutz und Dienste Gut informiert über die Veränderungen im Kellergeschoss des städtischen Spitals ist «Mike» Donada, der schon beim Ospedale regionale di Lugano (Ospedale Civico Lugano und Ospedale Italiano Lugano) und der damaligen GOPS im «Ospedale Civico» für die Sicherheit verantwortlich war und nun Vorsitzender des ZS für LuganoLand ist. «Andere Zeiten, andere Anforderungen; auch bei uns gibt es Veränderungen, angefangen beim Verschwinden der Militärsanitäter», erläutert er, wobei er etwas Nostalgie durchklingen lässt. Heute koordiniert die regionale Zivilschutzorganisation 1’100 Schutzdienstpflichtige, die in sechs Kompanien eingeteilt sind: vier Kompanien «der ersten Stunde» für den Soforteinsatz und zwei Reservekompanien. Jede Einheit umfasst Züge für Kommando (Kdo), Logistik (Material, Transport, Verpflegung und Küche), Rettung (Einsätze), Betreuung (Hilfe für Evakuierte und regelmässige Kontrolle der Schutzräume, ASC) und Kulturgüterschutz (Inventar und Management). Eine der Kompanien, die Kp 41, ist zudem dafür zuständig, die Polizei im Bereich Verkehr und Fahrbahnen zu unterstützen. Finanzen und Reduktionen «In den 90er-Jahren wurde der Sanitätsdienst dem KSD zugeordnet, der auf die öffentlichen Spitäler und die kantonalen Ambulanzdienste zurückgreift; aber auch die Militärfeuerwehr haben wir «verloren», da der Feuerwehrdienst den lokalen Feuerwehrkorps übertragen wurde», führt Donada weiter aus, mit dem Hinweis, dass die für den Soforteinsatz zuständigen Schutzdienstpflichtigen vollständig ausgebildet und ausgerüstet sind, diejenigen der Reserve jedoch nur gemäss den aktuellen Einsatzerfordernissen. Die Jahresbilanz der Organisation (die über zwölf Einsatzwagen und ein kürzlich erworbenes Kommandofahrzeug verfügt) beläuft sich auf 1,3 Mio. Franken, wovon 900’000 Franken zulasten der Gemeinden gehen, was dann 20 Franken pro Kopf ausmacht. Weniger Soldaten, weniger Dienste Und wie sieht es mit öffentlichen und privaten «Atombunkern» aus? Hierzu erläutert Kommandant Landis: «Im Moment verfügen wir über 2’500 solcher Bunker, die insgesamt 38’000 Personen, also 73 Prozent der Bevölkerung, aufnehmen können. 25 Bunker befinden sich in öffentlichem Besitz: Die gesetzlich vorgegebenen 90 Prozent der Bevölkerung erreichen wir somit Der ZS fragt um eine Revision der bezahlten kompensierten Arbeiten nach Bedarf. Gehört die Wiederinstandsetzung der Wege (wie z.B. hier, in Molino di Bioggio) auch dazu? «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 30 dere Zwecke genutzt (verschiedene Zivilschutzkurse). Im Falle einer Pandemie würde die San Hist aufgrund der nicht vorhandenen Militärsanitäter einem zivilen Arzt anvertraut, der mit Hilfe der Schutzdienstpflichtigen die Patienten versorgt (z. B. Dekontamination, Kleidungsausgabe, Verlegung ins Spital usw.). nicht. Trotz der fehlenden 17 Prozent sind kurz- bis mittelfristig keine weiteren grösseren Schutzbauten geplant. Dura lex, sed lex: Dies gilt auch für die öffentliche Finanzlage (bzw. die Finanzlage der Steuerzahler)». In Lugano-Land gibt es insgesamt zehn Schutzanlagen (Kommandoposten und Stationierung), hinzu kommen: Zwei Sanitätshilfsstellen (San Hist) Die eine befindet sich in Bioggio, wurde anlässlich der Pandemie 2010 auf Anordnung des Kantonsarztamtes eingerichtet und ist einsatzbereit; 130 Patienten können hier pro Tag versorgt werden; es gibt Triage- und Aufnahmeräume, Duschen und eine Mensa für die Schutzdienstpflichtigen; die Räume sind allerdings leer und werden für an- Die andere San Hist, die sich in Rivera befindet, hat sogar einen Operationssaal und kann 128 Patienten aufnehmen: auch hier ist das Kantonsarztamt für die Öffnung verantwortlich. Zwei Sanitätsposten (San Po) Einer befindet sich in Mezzovico (Sitz der Organisation), der andere in Rivera. Fassungsvermögen: jeweils 32 Patienten. «Schutzanlagen, San Hist und San Po decken zusammen den Bedarf der Region Lugano-Land: es werden daher keine neuen gebaut. Im Übrigen können und müssen wir vom ZS seit den 90erJahren den Schutz der Bevölkerung am Domizil gewährleisten, während für den sanitätsdienstlichen Bedarf (vorhandene sowie durch allfällige Katastrophen, Kriege, Pandemien usw. hinzukommende Patienten) wie gesagt der kantonale KSD und dessen Partner zuständig sind», betont Oberstlt Landis. Pläne? Die bisherige Zustandsbeschreibung beantwortet die anfängliche Frage nach dem Bedarf an geschützten Orten nicht direkt; sie liefert aber einige Denkanstösse, die teilweise bereits Taten zur Folge hatten. Eingang der San Hist in Rivera. So hat die Konferenz der Vorsitzenden und Kommandanten der sechs regionalen Zivilschutzorganisationen im Tes- sin die Kantonsregierung aufgefordert, in Anlehnung an den KATAPLAN eine Risikoanalyse für das subalpine Gebiet zu erarbeiten. Aufgrund seiner Erfahrungen im «Ospedale Civico», wo die damalige GOPS häufig für militärische oder zivile Übungen (samt Unterbringung und chirurgischer Behandlung echter Patienten) genutzt wurde, ist Mike Donada der Ansicht, dass wir nicht noch mehr geschützte Orte brauchen, «sondern die bestehenden Räumlichkeiten erhalten, ihre Funktionstüchtigkeit gewährleisten (Anlagentests, Telefone, Reinigung usw.) und Betten bereitstellen sollten, damit wir im Notfall gewappnet sind». Der Vorsitzende des ZS Lugano-Land sieht, in Erwartung der kantonalen Risikoanalyse, die Verpflichtung des Zivilschutzes nicht so sehr im CBRNSchutz, sondern vielmehr im Schutz vor Überschwemmungen, Hang- und Erdrutschen, starken Schneefällen und Lawinen, Dürren «sowie im Schutz anderer Bedürfnisse der Bevölkerung, auch für kurze Zeit, sofern den Schutzdienstpflichtigen die AHV/IV/EO-Entschädigungen für den geleisteten Dienst zuerkannt werden.» Reichen hundert Plätze im geschützten Spital «Ospedale Civico» in Lugano aus, um den medizinischen Bedarf der Bevölkerung zu decken? Die aktuellen Gegebenheiten haben wir so gut es geht erfasst. Die Antwort möchten wir lieber offen lassen. Im Leben ist eben nur eines sicher… Übersetzung: Jérôme Benoit «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire In questo numero... 31 Franco Bianchi, giornalista, via Cantonale, 6927 Agra, membro della commissione di redazione del bollettino d’informazione sul SSC, [email protected] Parole chiave: Pericolo di contagio: CBRN ... si coniugano ricordi e celebrazioni – come i 90 anni della Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe (curata dalla Società svizzera degli ufficiali sanitari presieduta dal col. Hugo Battaglia e affidata al caporedattore magg. Thomas Syburra nell’inserto «Swiss Review of Military and Disaster Medicine», SRMDM) – alla riflessione su temi correlati con l’attività del laboratorio di Spiez voluto da Berna per prevenire e, se del caso, coordinare la lotta contro le emergenze NBCR (Nucleari, Biologiche, Chimiche e Radiologiche). Impostato sui temi del seminario organizzato dall’editrice dell’inserto, indetto proprio a Spiez, il periodico SSC/KSD rende pure omaggio al div Giampiero Lupi: prematuramente scomparso in maggio, fu il primo e fino ad oggi unico ticinese medico in capo dell’esercito. Eleviamo un caro pensiero alla sua memoria invitando i lettori a riscoprirne la figura negli articoli pubblicati, con gli altri, in questo numero. Accennato al compianto div Lupi, rileviamo che pure nell’edizione autunnale della rivista SSC/KSD troviamo nuovamente un servizio nella lingua di Dante, tradotto pure in tedesco e francese, sulla situazione ticinese di «Rifugi e posti protetti: tra necessità e nuove realtà» in funzione, appunto, della minaccia NBCR. In effetti, come sottolinea nell’editoriale il dr Marc Cadisch, direttore del Laboratorio di Spiez, l’impegno responsabilmente assunto dalla Confederazione e dai Governi di altri Paesi, unitamente alla serie di fattori che ha ne ha ridimensionato quella terrorista, la minaccia non trova riscontri degni di nota né dopo la caduta del muro di Berlino (che, tra altro, è sfociata nella riforma del SSC/KSD), né dopo gli attentati del 9 settembre 2001, negli Stati Uniti (che in ogni caso, indipendentemente da quelli all’antracite perpetrati subito dopo, hanno mutato l’assetto della sicurezza mondiale, fattore-sanità incluso!). Sottovalutare la minaccia NBCR, tuttavia, potrebbe rivelarsi molto grave. Un attacco terrorista, un incidente o, ancora, un fenomeno naturale come, ad esempio, una pandemia restano pur sempre dietro l’angolo e «senza sufficienti misure di prevenzione, in specie d’ambito medico e sanitario, siamo esposti al rischio di una vera e propria catastrofe», osserva Cadisch insistendo sul ruolo centrale dell’Istituto federale di Spiez, incaricato di proteggere la popolazione svizzera anche «immaginando l’inimmaginabile». Ecco, pertanto, dipanarsi i contributi scientifici che analizzano questa minaccia; le note esplicative su organizzazione, dotazione, costi, problematiche e progetti dei servizi che hanno il compito di prevenirla e combatterla; su su fino alle opinioni e ai rendiconti di chi è addentro nella materia. Come manipolare i campioni di laboratorio necessari per valutare e studiare malattie altamente infettive? Quali sono, in Svizzera, rilevanza e osservanza delle norme dettate dall’OMS (Organizzazione Mondiale della Sanità)? In caso di pandemia, quale contributo può dare lo Spitex, ovvero il Servizio di cura e aiuto a domicilio? Quali sono i suoi limiti? Per reagire a una crisi NBCR, occorrono specialisti: da qui, l’importanza dei corsi di formazione per il personale incaricato del trattamento di pazienti contaminati ABC; oppure, la necessità di nuovi equipaggiamenti sanitari da valutare nel contesto di una pure indispensabile collaborazione intercantonale. Come funziona, in Germania, il Laboratorio-B (biologico) della Bundeswehr, facilmente dispiegabile là dove necessario? Come lavora e come ci si rapporta con il piano di valutazione e intervento rapido concepito dalla NATO, per i team investigativi specialistici? In caso di evento atomico di ampia portata e superficie estesa, come proteggere la popolazione e come restituirla (in seguito) a condizioni di vita «normali»? Il Laboratorio di Spiez, dov’è stato realizzato anche un settore di ricerca e prevenzione biologica unico nel suo genere, in Svizzera, collabora con centri specializzati all’Estero e, ovviamente, con i vari Enti di soccorso nazionali elvetici (pompieri, sanitari, polizia). Molto stretti anche i legami con l’Esercito che pure, dal servizio di protezione AC di Es 61, ha sviluppato il nuovo concetto e stabilito le regole d’ingaggio per la Difesa militare ABC articolata in: prevenzione, protezione, analisi, comprova e, non ultima (anzi!) decontaminazione. Dura lex, sed lex (per riprendere l’adagio del servizio in italiano) anche quella dello spazio tipografico, che non ci consente di entrare nel dettaglio dei singoli contributi ed evidenziarne l’alto profilo degli autori, ma il lettore saprà certo trovarne interessante, prezioso ed esaustivo riscontro pure in questo numero. «Minaccia NBCR: se la conosci, non ti uccide»; o, quanto meno, puoi ridurne al minimo gli effetti di sue eventuali manifestazioni in episodi concreti. Teniamone conto. SW I S S REVIEW O F MILITARY AND DI SASTE R M E DI CI NE Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe Zum Inhalt/au sommaire Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe Editorial 32 Ad multos et faustissimos annos! Chère LecAd multos et faustissimos annos! Diese Austrice, Cher Lecteur, cette édition célèbre la gabe zelebriert den 90. Jahrgang der Schwei90ème année de parution de la Revue Suisse zerischen Zeitschrift für Militär- und Katastrode Médecine Militaire et de Catastrophe. Sa lonphenmedizin. Ihre Langlebigkeit ist ein Tribut gévité honore les Rédacteurs en Chef qui m’ont an alle ehemaligen Chefredaktoren, zu deren précédé pour leur pugnacité et leur vision à long Willen und Weitsicht; es ist mir eine Ehre, dieterme; c’est un honneur de continuer à faire ses Erbe weiter zu betreuen, umgeben von fructifier leur héritage, entouré d’un état-major einem phantastischen Redaktionsstab. Die de rédaction exceptionnel. Les témoignages Zuschriften hierzu werden Sie auf den nachque vous lirez dans les pages qui suivent refolgenden Seiten lesen können. flètent l’importance d’un tel organe de publicaEs ist leider auch meine schmerzliche Pflicht, Maj Thomas Syburra Ihnen diese traurige Botschaft zu überbringen: tion dans le contexte actuel et futur. Divisionär aD Gianpiero A. Lupi hat uns verlasJe dois hélas vous faire part d’une bien triste nouvelle: Divisionnaire Gianpiero A. Lupi nous a quitté. Nous sen. Wir alle sind von seinem Ableben erschüttert. Seine sommes tous émus par sa disparition et son vibrant souvenir quirlige und erquickende Erinnerung wird in unserem Gerestera vivant en nos mémoires. Son successeur, Division- dächtnis weiterleben. Sein Nachfolger, Divisionär Andreas naire Andreas Stettbacher, lui rend hommage dans ce numé- Stettbacher, ehrt ihn in dieser Nummer. ro. Und jetzt Schutzanzug montieren und fein säuberlich justieEt à présent, enfilez votre scaphandre de protection et vérifiez ren, bevor Ihr weiterblättert! Chemische, biologische, radioqu’il soit bien ajusté avant de vous aventurer parmi les articles logische und nukleare Bedrohungen sind eine Realität, Besuivants! La menace chimique, biologique, radiologique et reitschaft gehört erstellt. Detektion ist ebenso notwendig wie nucléaire CBRN est une réalité à laquelle nous devons faire entsprechende Gegenmassnahmen. Fukushima wird uns face. Avoir les capacités de détection et de contre-mesures. nicht widersprechen. Ebensowenig die Irrungen des Nahen Être toujours prêts. Ce n’est pas Fukushima qui nous contre- Ostens. Ihr erhält hier das Privileg, unser Hochsicherheitsladira. Ni les errements du Proche-Orient. Vous aurez le privilège bor Spiez, eine Abteilung des Bundesamtes für Bevölkede découvrir ici de l’intérieur notre laboratoire de haute sécu- rungsschutz, von innen zu entdecken. Unsere Autoren entrité à Spiez, une division de l’Office fédéral de la protection de hüllen ausgewählte Leckerbissen über die Schutzkonzepte la population. Nos auteurs lèvent un coin du voile sur les unserer Nachbarländer und der NATO. concepts de protection de nos pays voisins et de l’OTAN. Ich freue mich, Sie zahlreich an unserem Internationalen Tag Je me réjouis de vous accueillir nombreux aux conférences intra-muros im Labor Spiez zu begrüssen. Ich wünsche Ihnen de la Journée Internationale qui se tiendra intra-muros dans eine bereichernde Lektüre und lang lebe die Swiss Review of le Laboratoire Spiez. Je vous souhaite une lecture enrichis- Military and Disaster Medicine! sante et longue vie à la Swiss Review of Military and Disaster Ihr Chefredaktor, Major Thomas Syburra Medicine! Votre rédacteur en chef Major Thomas Syburra IMPRESSUM Offizielles Publikationsorgan der Schweizerischen Gesellschaft der Offiziere der Sanitätstruppen (SGOS), 90. Jahrgang ISSN 1660-9514 Chefredaktor Major Thomas Syburra Rue du Grand-Pont 46 CH-1950 Sion E-Mail: [email protected] Redaktion Oberst Sergei Bankoul, Ittigen Hptm RKD Dorothee Bürgi, Zürich Oberst Franco Poretti, Bern Major Lorenz Richner, Burgdorf Major Frank J. Rühli, Zürich S R MDM «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Herzliche Gratulation zum 90-jährigen Jubiläum! Zum 90-jährigen Jubiläum Seit 90 Jahren besteht nun diese Zeitschrift als Sprachrohr der Schweizerischen Gesellschaft der Offiziere der Sanitätstruppen (SGOS). Eine tolle Leistung in einer sich immer schneller ändernden Welt. Herzliche Gratulation!!! Viele Epochen im Schweizerischen Armeesanitätsdienst hat sie mitgemacht, mitgeprägt und auch überlebt. Als wissenschaftliches Publikationsorgan hat sie auf hohem Niveau die Trends im Armeesanitätsdienst und der Kriegsmedizin vermittelt. Die alten Ausgaben bestätigen dies. Dabei war die Zeitschrift auch Sprachrohr der Sanitätsoffiziere, ohne dabei zum reinen Vereinsblatt zu mutieren. Wahrscheinlich war gerade diese inhaltliche Gratwanderung die Basis zum Erfolg. Als dynamische Fachzeitschrift musste sie mehr als einmal nicht nur im Erscheinungsbild dem Zeitgeist Rechnung tragen. Die elektronische Verbreitung und eine neue Namensgebung sind dabei nur zwei äusserliche Zeichen. Mit der Armee XXl begann definitiv eine Reduktion der Offiziersbestände. Diese Zeichen der Zeit wurden frühzeitig erkannt und seit 2004 ist unsere Zeitschrift in der Informationsschrift über den KSD in der Schweiz integriert. Diese Zusammenarbeit ist bis heute ein Glücksfall. Die gemeinsamen Schwerpunktthemen ergänzen sich ausgezeichnet, was viele Rückmeldungen der Leserschaft bestätigen. Dadurch konnte auch das seit den 90er-Jahren schon bestehende und erfolgreiche Konzept der Schwerpunktthemen weiterverfolgt werden. Die SGOS hat auch in Zukunft das Ziel, den Kadern Wissensschwerpunkte im KSD und Armeesanitätsdienst zu vermitteln. Die Zeitschrift wird das Medium dazu bleiben. Das aktuelle Redaktionsteam, dem an dieser Stelle ein grosses «Dankeschön!» gehört, ruht aber nicht auf den Lorbeeren aus. Die übernächste Geländekammer ist schon im Visier, wie es sich für Offiziere gehört. Freuen wir uns auf diese Zukunft. Zehn Jahre durfte ich die Zeitschrift als Chefredaktor führen. Es ist schön anzusehen, wie sie jugendlich und dynamisch geblieben ist und weiterhin wichtige Trends setzt. Auch Ihnen als treue Leser gebührt ein grosses «Dankeschön!». Ich glaube, wir können den Champagner zum 100-Jahr-Jubiläum schon bald in den Eiskübel stellen. Oberst Hugo Battaglia, Präsident SGOS Aus vergangenen Tagen Als 1969 meine Arbeit «Die militärische Panik» in der «Schweizerischen Zeitschrift für Militärmedizin», wie sie damals hiess, erschien, war ich stolz. Hatte ich doch diese Zeitschrift als junger Sanitätsoffizier schätzen gelernt, weil darin häufig, neben hilfreichen medizinischen Themen, auch bedeutsame sanitätstaktische Überlegungen zu lesen waren. Wenige Jahre später fiel mir in Gesprächen mit ausländischen Sanitätsoffizieren auf, wie sehr die Zeitschrift auch im deutschsprachigen Raum beachtet wurde. 1990 übernahm Oberst Giovanni Bass die Chefredaktion und berief mich in die Redaktionskommission, der ich bis 2006 angehörte. Aus dieser Zeit stammt die folgende Geschichte: Ich hatte einen Artikel über ein psychiatrisches Thema zur Beurteilung erhalten und nahm in der Redaktionskommission dazu wie folgt Stellung: «Ich weiss, dass die Lateinmatur für Mediziner abgeschafft ist, dass das aber auch mit der Deutschmatur geschah, wusste ich nicht. Der Text ist so, wie er vorliegt, einfach unverständlich.» Ein anderes Redaktionsmitglied übernahm es, den Text zu überarbeiten. Einige Wochen später berichtete er uns. «Ich habe den Text in ein lesbares Deutsch übertragen, aber jetzt sagt der Artikel überhaupt nichts mehr aus.» Zu Ehren unserer anderen Autoren muss ich aber betonen, dass dieser Text ein zwar eindrückliches, aber Gott sei Dank einmaliges Ereignis war. Oberst Dietegen Guggenbühl 33 SW I S S REVIEW O F MILITARY AND DI SASTE R M E DI CI NE Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe Zum Inhalt/au sommaire Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe 34 Ad multos et faustissimos annos! «Gemeinsame Hilf in gemeinsamer Not Hat Reiche und Staaten gegründet, Der Mensch ist ein einsamer nur im Tod, Doch Leben und Streben verbündet.» Franz Grillparzer war Österreicher. Der von ihm verherrlichte Feldmarschall Radetzky hat die Schweiz weder verstanden noch gemocht. Und doch kommt in den Zeilen des Dichters eine Erkenntnis zum Ausdruck, die sich als Thema durch die Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin zieht: die solidarische Zusammenarbeit. Chefredaktor Thomas Syburra bezieht sich auf den Fall einer Nuklearkatastrophe (absit omen), aber seine Worte haben umfassende Geltung: «Voyez la complémentarité interprofessionnelle d’une chaîne de sauvetage en cas d’accident nucléaire. Les exemples ne manquent pas, ils sont à l’image de la complexité et de la pléthore des missions à exécuter.» Komplexität und Masse der Aufgaben in einem Katastrophen- oder Kriegsfall verlangen gebieterisch das gemeinsame Handeln von kundigen Akteuren, die sich gegenseitig kennen. Das ist, was die Swiss Review of Military and Disaster Medicine konsequent fordert und fördert. Niemand wünscht sich ein Erdbeben wie Basel, 18. Oktober 1356, oder auch «nur» einen Lawinenwinter 1951 oder 1999 oder einen Murgang wie Gondo, 14. Oktober 2000. Und doch wissen wir von unseren Vorfahren und aus eigener Erfahrung, dass uns immer wieder solche Ereignisse unterschiedlichen Schweregrades begegnen werden. Dank dem Koordinierten Sanitätsdienst, dank der permanenten Weiterbildung der Akteure, dank gewissenhaft konzipierter Übungen können wir davon ausgehen, dass das Optimum dessen vorgekehrt wird, was wir vernünftigerweise erhoffen dürfen. Zentral mit beteiligt an dieser segensreichen Arbeit ist die Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin, eine rüstige Neunzigjährige, der wir von Herzen zurufen: Ad multos et faustissimos annos! Jürg Stüssi-Lauterburg Zum 90-jährigen Jubiläum Seit neun Jahrzehnten besteht nun die Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin SRMDM als wichtiges Publikationsorgan der Schweizerischen Gesellschaft der Offiziere der Sanitätstruppen SGOS. Sie ist damit ein Spiegel für die Entwicklung des kriegs- und katastrophenmedizinischen Wissens während einer Zeitspanne, die reich war an Ereignissen, die die Welt prägten, und die für die Entwicklung der Sanitätsdienste eine höchst interessante Zeit bildete, vor allem auch wegen den gewaltigen medizinisch-technischen Fortschritten der letzten Jahre bei den Möglichkeiten zur Rettung und Behandlung von Patienten. Für die Schweiz mit ihrer Verteidigungsarmee, die für den Sanitätsdienst auf den Mitteln des Gesundheitswesens des eigenen Landes basieren kann, hatte und hat die SRMDM nach wie vor einen besonderen Stellenwert als Bindeglied zwischen den zivilen und militärischen Fachspezialisten des In- und Auslands und der Armee, eine Funktion, die ja auch die SGOS wahrnimmt. Die Struktur unserer Milizarmee brachte und bringt es auch weiterhin mit sich, dass die Erkenntnisse aus der Forschung und deren praktische Anwendung, aber auch die pragmatischen Erfahrungen bei deren Verwendung in der Friedens- und Katastrophenmedizin, in der Regel aus dem zivilen Bereich nach dem Milizprinzip durch Fachspezialisten in die Armee eingebracht und dort umgesetzt werden müssen. Es ist auch wesentlich, dass Erfahrungen der Sanitätsdienste aus reellen Einsätzen ausländischer Streitkräfte im Hinblick auf unser System analysiert und ausgewertet werden. So ist es denn äusserst verdienstvoll, dass sich immer wieder Spezialisten als Sanitätsoffiziere nach unserem Milizsystem zur Verfügung gestellt haben, auf anschauliche Weise in einem Fachorgan, der Schweizerischen Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin, moderne Entwicklungen und Erkenntnisse darzustellen, die Zeitschrift zu redigieren und der Armee zur Verfügung zu stellen. Allen Beteiligten gebührt dafür uneingeschränkter Dank. Der gegenwärtige Aufbau unserer Armee und die sich abzeichnende Entwicklung machen es auch heute und in den kommenden Jahren unerlässlich, dass das militär- und katastrophenmedizinische Fachwissen zu einem wesentlichen Teil «von aussen» in unsere Armee eingebracht wird. Das Milizsystem bildet dafür eine wesentliche Grundlage. Die jubilierende Zeitschrift kann dazu auch in Zukunft einen wichtigen Beitrag liefern. Dr. med. Peter Eichenberger, Div a D Oberfeldarzt und Beauftragter für den KSD 1.1.1989 – 31.3.2001 S R MDM «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Das schnell verlegbare B-Labor des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Oberstarzt Prof. Dr. Lothar Zöller, Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr, Neuherbergstrasse 11, 80937 München, [email protected] Key Words: B-Labor, B-Detektion, Bundeswehr Da die absichtliche Freisetzung biologischer Agenzien in bioterroristischen Szenarien wahrscheinlich erst durch das Auftreten von Krankheitsfällen manifest wird, kommt es auf eine rasch verfügbare medizinische B-Aufklärung besonders an. Dafür wird eine spezielle Ausrüstung ebenso benötigt wie geeignete Testverfahren für die Anwendung an menschlichem Untersuchungsmaterial. Der Sanitätsdienst der Bundeswehr hat zu diesem Zweck eine schnell verlegbare medizinische B-AufklärungsEinheit aufgebaut, die auch eine Laborkomponente beinhaltet. Die Antwort auf Bedrohungsszenarien im Hinblick auf den Einsatz biologischer Kampfstoffe umfasst verschiedene Detektionsstrategien (Detect-to-Protect, Detect-to-Warn, Detect-to-Treat). Diese zielen darauf ab, intentional ausgebrachte biologische Agenzien noch vor Erreichen der Population bzw. vor dem Auftreten von Erkrankungsfällen zu entdecken, um entweder die Exposition zu vermeiden oder rechtzeitig eine Behandlungs- oder Prophylaxemassnahme einzuleiten. Kommt es zu einem Krankheitsausbruch, sind schnellstmöglich medizinische Diagnosemassnahmen erforderlich, um das auslösende Agens festzustellen. Die möglichen Szenarien einer absichtlichen Freisetzung von biologischen Kampfstoffen gehen heute primär von einer asymmetrischen Bedrohungslage aus. Dabei stehen bioterroristische Akteure mit improvisierten Ausbringungsmitteln im Vordergrund. Angesichts dieser Szenarien und im Hinblick auf den technischen Entwick- lungsstand der Detektionsmethodik ist es wahrscheinlich, dass die absichtliche Freisetzung biologischer Agenzien erst durch das Auftreten von Krankheitsfällen bemerkt wird. Sowohl für die B-Detektion als auch für die medizinische Diagnostik von Erkrankungen durch biologische Agenzien gibt es Konzepte für mobile bzw. schnell verlegbare Laboratorien, die sich in ihrer Aufgabenstellung ergänzen. Kernanforderungen an die medizinische BAufklärung sind die schnelle Verfügbarkeit diagnostischer Kapazitäten, der Einsatz von Testverfahren, die zur Verwendung an menschlichem Untersuchungsmaterial validiert sind, die Fähigkeit, epidemiologische Umgebungsuntersuchungen zur Ermittlung der Infektionsquelle durchzuführen sowie die Implementierung forensischer Massnahmen im Rahmen der Beweissicherung. Medizinische B-Labor-Einheit Das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr hat eine modular aufgebaute, schnell verlegbare medizinische B-Labor-Einheit aufgebaut, die im Rahmen der Task Force Medizinischer ABCSchutz des Sanitätsdienstes der Bundeswehr eingesetzt werden kann. Eine lageabhängige Zusammenstellung der Ausstattungskomponenten bzw. der Das Material des schnell verlegbaren Biolabors ist in Rollkoffern und kleinen Transportkisten verstaut und kann als Sperrgepäck in zivilen oder militärischen Luftfahrzeugen transportiert werden. funktionalen Module (Mission-Tailoring) ist möglich. Die Ausstattung umfasst auch eine aufblasbare Laborhülle, welche die Einrichtung und Betrieb des Labors ausserhalb fester Gebäude ermöglicht. Die Labortechnik ist im Wesentlichen PCR-basiert, umfasst aber auch mikroskopische und immundiagnostische Verfahren. Die einzelnen Module werden mit speziell für die Aufgabe trainiertem Personal betrieben (zum Beispiel Probennahmemodul: ein Facharzt für Mikrobiologie, ein Fachtierarzt für Mikrobiologie, ein technischer Assistent; Labormodul: ein Facharzt für Mikrobiologie, drei technische Assistenten). Eine Vielzahl von Parametern, hauptsächlich basierend auf selbst entwickelten Tests, ist mittlerweile implementiert. In der Zukunft könnte die schnell verlegbare medizinische B-Labor-Einheit modularer Bestandteil eines Rapidly Deployable Outbreak Investigation Teams (RDOIT) gemäss NATO STANAG 2529 sein, das darüber hinaus auch weitere Module, zum Beispiel ein Epidemiologie-Modul bzw. ein klinisches Modul, enthalten könnte. Bei entsprechender Standardisierung könnten die einzelnen Module sogar durch verschiedene Nationen beigetragen werden, so dass die Vision eines multinationalen RDOIT realistisch erscheint. 35 SW I S S REVIEW O F MILITARY AND DI SASTE R M E DI CI NE Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe Zum Inhalt/au sommaire Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe Hat der Erkrankungsausbruch natürliche Ursachen? Ist das Rapidly Deployable Outbreak Investigation Team Konzept der NATO angemessen? Oberstarzt Dr. Dirk Densow, Sanitätsamt der Bundeswehr, Dachauer Strasse 128, 80637 München, [email protected] 36 Key Words: Biologische Waffen, Aufsuchende Epidemiologie, Ausbruchsuntersuchung Der medizinische B-Schutz in der NATO baut seit einigen Jahren eine schnell verlegbare Kapazität zur Untersuchung von Erkrankungsausbrüchen auf. Hierbei kommt der Differenzierung der natürlichen respektive unnatürlichen Ursache des Ausbruchsgeschehens eine erhebliche politische, ethische, humanitäre und nicht zuletzt medizinischfachliche Bedeutung zu. Basierend auf dem Rapidly Deployable Outbreak Investigation Team Konzept (RDOIT-Konzept) haben einige NATO-Nationen mit der Implementierung begonnen. Für den medizinischen B-Schutz, also den Schutz vor Gefahren durch die Nutzung von Bakterien, Viren, Pilzen oder biologischen Toxinen zu offensiven Zwecken, sind die Fragen, ob ein Erkrankungsausbruch natürliche Ursachen hatte oder ob er vom Menschen herbeigeführt wurde, und die Frage, welches Agens den Ausbruch hervorgerufen hat, von zentraler Bedeutung. Historischer Überblick Von diesem Paradigma ist auch die Arbeitsgruppe der NATO, die für den medizinischen ABC-Schutz zuständig ist, die CBRN Med WG, ausgegangen, als sie im Frühjahr 2001 ihrem Tochtergremium, der Bio Med AC, auch vor dem Hintergrund der Anthrax-Anschlagsserie in den Vereinigten Staaten, den Auftrag gegeben hat zu untersuchen, wie die Vorbereitung des Bündnisses auf solche speziellen Ausbruchsereignisse verbessert werden kann. So wurde die Schaffung einer medizinischen BSchutz Aufklärungskomponente erstmalig im Juni 2001 bei der siebten Sitzung der Bio Med AC diskutiert. Im Mai 2002 erklärte sich Frankreich bereit, als Federführer für ein Standardisierungsdokument für ein schnell verlegbares Ausbruchsuntersuchungsteam zur Verfügung zu stehen. Schnell stellte sich heraus, dass die Formulierung von Auslösemechanismen, von Umfang und Zusammensetzung der Teams in einem internationalen Umfeld, eine sehr anspruchsvolle Aufgabe ist. Zunächst schon allein deswegen, da die beteiligten Fachgebietsexperten aus den verschiedenen Forschungseinrichtungen der NATO-Staaten sich erstmalig mit der Aufstellung von schnell verlegbaren Einsatzkräften befassen durften. Die nächste Herausforderung stellte sich mit der Zusammensetzung der Teams. So unterschiedlich wie die NATO-Mitgliedsstaaten, so unterschiedlich sind auch die Definitionen für die verschiedenen Berufsgruppen des Gesundheitssystems. So hat eine Krankenschwester in den Vereinigten Staaten ein Studium absolviert und bekleidet in den Streitkräften einen Offiziersrang. In Deutschland handelt es sich dagegen um einen Lehrberuf, was in den Streitkräften die Einordnung in die Dienstgradgruppe der Unteroffiziere mit Portepee bedeutet. Daher stellt das finale Abkommen auch auf Fähigkeiten und nicht auf Dienstgrade oder Ausbildungsgänge ab. Auch wichen die Anforderungen der Nationen an die Sicherung der Beweismittel, die so genannte «Wahrung der Chain-of-Custody», in erheblichem Umfang voneinander ab. Auch hier waren letztlich Kompromisse erforderlich, die es den Nationen im Bedarfsfall erlauben, (Militär-)Polizisten den RDOIT-Teams beizustellen. Andererseits ist während der Bearbeitungszeit in den beteiligten Nationen die Auffassung gereift, dass mit der Ratifizierung und Inkraftsetzung des Standardisierungsabkommens im Jahre 2009 der Umsetzungsprozess nicht nur nicht abgeschlossen sei, sondern erhebliches Engagement erfordere, die Implementierung voranzutreiben und so sicherzustellen, dass die NATO tatsächlich über Teams verfügt, die in der Lage sein werden, die Frage der natürlichen oder unnatürlichen Ausbruchsursache zu klären. Zielsetzung und Aufgaben Ziel der langjährigen Bemühungen war also die Schaffung eines NATO-Netzwerks zum Vorhalten von RDOIT, mit dem Ziel der Ausbruchsuntersuchung bzw. von Ereignissen, bei denen eine absichtliche Freisetzung von B-Agenzien nicht ausgeschlossen werden kann. Wichtigster Auslöser ist dabei das Auftreten einer aussergewöhnlichen Infektionskrankheit, die in der Region unbekannt ist und die eine deutlich höhere Inzidenz oder wesentliche grössere Fallzahlen als sonst üblich aufweist. Ein anderer Indikator stellt eine Erkrankung durch potenzielle BAgenzien dar. Das plötzliche Auftreten einer bisher nur im Tierreich bekannten Zoonose in einer menschlichen Population würde ebenfalls den Einsatz von RDOIT nahelegen. Sobald das NATO Deployment Health Surveillance Center in München die neue Echtzeitüberwachungssoftware eingeführt haben wird, wird die Erfüllung der darin hinterlegten Falldefinitionen einen weiteren Auslöser darstellen. Auch wenn die Erfüllung einer oder mehrerer dieser Auslösekriterien aus technisch wissenschaftlicher Sicht den Einsatz eines RDOIT erfordert, bleibt der politische Entscheidungsvorbehalt, da möglicherweise die Verlegung einer Aufklärungskomponente als Eskalationsstufe interpretiert werden könnte. S R MDM «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Welche Aufgaben haben die RDOIT dann im Einsatzfall wahrzunehmen? Zunächst ist es die bestätigte Identifizierung vor Ort. Gemäss NATO-Terminologie erfordert dies zwei voneinander unabhängige Nachweisemethoden, d.h. in der Regel mit Antikörper- bzw. PCR-basierten Testverfahren. Die bestätigte Identifizierung schafft für den Sanitätsdienst die erforderlichen Voraussetzungen, gezielte medizinische Massnahmen einleiten zu können. Das sind neben der Therapie bereits Erkrankter auch die Postexpositionsprophylaxe und Massnahmen zur Isolierung von Verdachtsfällen und Kontakten. Weiterhin sind die RDOIT zu befähigen, epidemiologische Untersuchungen durchzuführen. Kernauftrag im Sinne der Differenzierung zwischen natürlichem Ausbruch und der willentlichen Freisetzung von Agenzien ist die qualifizierte Probennahme durch die RDOIT aus Mensch, Tier, Lebensmitteln und Trinkwasser sowie im Bedarfsfall auch aus der Umwelt. Erst die nach den Regeln der Kunst durchgeführte Probennahme, die Verpackung und der Rücktransport der Proben in ein für deren Analyse geeignetes Labor schaffen die Voraussetzungen für die zweifelsfreie Identifizierung, die forensische Bewertung und möglicher militärischer oder politischer Konsequenzen, die eine willentliche Freisetzung gegebenenfalls nach sich zieht. Die Fähigkeit zur qualifizierten Probennahme durch Fachgebietsexperten, seien sie technische Assistenten oder Wissenschaftler ist auch der entscheidende Unterschied zu den Sampling and Identification of Biological, Chemical, and Radiological Agent (SIBCRA) Teams der ABC-Abwehrtruppe, die in der Regel aus angelernten Kräften zusammengesetzt sind. Vor Ort nicht minder wichtig ist der Beratungsauftrag der RDOIT. Sie stehen unter dem Einsatzvorbehalt des Kommandeurs der eingesetzten NATOKräfte (COM-CJTF) und beraten ihn und seinen Medical Adviser insbesondere bei der Implementierung antiepidemischer Massnahmen im Zuständigkeitsbereich (AOR). Zusammensetzung der RDOIT Relativ schnell während der Konzeptionsphase des RDOIT-Standardisierungsabkommens wurde deutlich, dass (wenn überhaupt), nur wenige NATO-Staaten in der Lage sein würden, den vorgängig geschilderten Funktionsumfang auch personell zu hinterlegen. Also verständigte man sich auf das «Lead Nationen»-Konzept: Eine Nation fingiert als Haupttruppensteller und ist dann für die logistische Unterstützung des RDOIT verantwortlich. Inzwischen wurden mit Hilfe des Allied Command Operations (ACO) zwei Optionen hierzu identifiziert: zum einen Anweisung auf Zusammenarbeit mit dem multinationalen ABC-Abwehrbataillon der NATO Response Force (NRF) oder als Bestandteil der sanitätsdienstlichen Unterstützungskräfte der NRF. Nach derzeitigem Planungsstand wird die zweite Lösung vermutlich für NRF 2015 angestrebt. Die Schwierigkeiten in der multinationalen Zusammensetzung liegen nicht zuletzt in der Tatsache begründet, dass die jeweiligen Truppensteller verantwortlich für Einsatzklarstand sind, d.h. dass Impfungen und militärische Einsatzvorbereitung im Wesentlichen in nationale Zuständigkeit fallen. Da ein wesentliches Moment für die Durchführung des Aufklärungsauftrages an die RDOIT der Faktor Zeit ist, kommt einem möglichst kleinen und leichten Team (small footprint) eine besondere Bedeutung zu. Das bedeutet andererseits aber auch, dass die RDOIT stets auf Force Protection aus dem zu unterstützenden Grossverband angewiesen sein werden. Der Spezialauftrag, und der damit verbundene Körperschutz, verbieten die Übernahme von Eigenschutzaufträgen. Über welche Fähigkeiten muss ein RDOIT verfügen, um den bereits dargelegten Auftrag bewältigen zu können? Als Kernkompetenzen für den Bereich der Gesundheitsvorsorge und des Ausbruchsmanagements sind Epidemiologie und Präventivmedizin sowie Hygiene erforderlich. Zur Unterstützung der eingesetzten sanitätsdienstlichen Kräfte in der Versorgung Erkrankter ist infektiologischer Sachverstand erforderlich, der für den Bereich der Identifikation möglicher Erreger oder Toxine durch mikrobiologische Fachexpertise ergänzt werden muss. Wesentlicher Bestandteil des Kernteams ist das Element der Probenverpackung und des -versands, da die internationalen Regularien z.B. der IATA oder des ADR entsprechende Fach- und Sachkunde verlangen. Nach hiesiger Lesart bedeutet dies jedoch nicht, dass ein Team mindestens aus sechs Personen bestehen müsse, da gegebenenfalls Teammitglieder mehrere der Kernkompetenzen auf sich vereinigen. Aus Sicht der Bio Med AC sollte der Führer des Teams ein Offizier im Rang OF 5 oder OF 4 sein, um so auch die Sichtbarkeit im Stab der Combined Joint Task Force (CJTF) sicherzustellen. Je nach Einsatzauftrag und -dauer werden diese Kernfähigkeiten zur Bewältigung des Auftrags nicht hinreichen. So kann es erforderlich sein, das Fähigkeitsspektrum um Tropenmedizin, Entomologie, Gerichtsmedizin und 37 SW I S S REVIEW O F MILITARY AND DI SASTE R M E DI CI NE Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe Zum Inhalt/au sommaire Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe 38 forensische Probennahme und Toxikologie zu ergänzen. Wie schon dargelegt, fordern einige Nationen zur Sicherstellung der Beweismittelintegretität (Wahrung der Chain-of-Custody) die Anwesenheit eines Vertreters der Militärpolizei bereits bei der Probennahme, der die Probe dann auf all ihren bis hin zur Abgang im zuständigen Labor im Heimatland begleitet. Die Übung «Precise Response» als Beispiel für den Einsatz eines RDOIT In den letzten Jahren hat die deutsche Task Force medizinischer ABC-Schutz wiederholt an der Übung «Precise Response» am Counter Terrorism Training Center in Suffield (Kanada) teilgenommen. Übungsschwerpunkt ist die szenariobasierte Übung der SIBCRA-Fähigkeit in einem internationalen Rahmen. Insofern stehen für den medizinischen B-Schutz Fragen, neben der rein technischen Probennahme, die im Rahmen dieser Ausführungen zu betrachten sind, im Vordergrund. Das rein medizinische Handeln im Sinne von Therapieempfehlungen und dergleichen wird nicht beübt. Seit zwei Jahren stellt die Task Med ABC-Schutz mit dem schnell verlegbaren Labor die B-Labor-Fähigkeit für die Übung. Das gibt dem Team des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr die Möglichkeit, Erfahrungen mit den unterschiedlichsten Probenmatrizes und den Probennahmeverfahren der anderen Nationen zu gewinnen. Im Unterschied zu einer Reihe anderer eher theoretischer Standardisierungsvorhaben im Rahmen der NATO war das RDOIT-Konzept von Anfang an sehr praxisorientiert. Wechselseitig haben sich dabei nationale deutsche Entwicklungen und die Implementierungs- Abb. 1: Das deutsche medizinische B-Schutz Team als Beispiel für ein RDOIT. In der Abbildung oben ist das Probennahme-, unten das Laborteam, dargestellt. Rechter Hand sind die Verstärkungskräfte für «Precise Response 2012» repräsentiert. bemühungen im multinationalen Rahmen ergänzt. Für die Bundesrepublik Deutschland ist dabei der medizinische B-Schutz-Anteil der Task Force medizinischer ABC-Schutz die Instanziierung eines Kern-RDOIT ergänzt um eine schnell verlegbare Laborkomponente. Die personelle Zusammensetzung erläutert die Abbildung 1. Das Probennahmeteam besteht im Regelfall aus drei Mitgliedern: einem Mikrobiologen und zwei Assistenten. Für die Übung «Precise Response», bei der ein Auftrag für die Task Force auch die Beratung der internationalen SIBCRATeams war, wurde die Gruppe um zwei weitere Offiziere verstärkt. Das Laborteam besteht in der Regel aus einem Mikrobiologen und drei Assistenten und war ebenfalls als Übungskünstlichkeit um einen weiteren Assistenten verstärkt. Zahl und Bemassungen der Koffer im Schaubild sind nicht zufällig gewählt. In diesen Koffern ist die ge- Abb. 2: Leerung der Lebendfalle samte Grundausstattung, unter Einschluss der Schutzbekleidung und der erforderlichen Geräte und des Verbrauchsmaterials, für ein geringes Probenaufkommen verpackt. Durch diese Verpackungsart ist sichergestellt, dass innerhalb von rund 48 Stunden eine initiale Probennahme- und Beratungskapazität mit jedem beliebigen Transportmittel in den Einsatz verlegt werden kann. Zur Erhöhung der Durchhaltefähigkeit bzw. des Probendurchsatzes wird mehr Verbrauchsmaterial benötigt. Dadurch steigt das Packvolumen deutlich. Ein Aspekt indes kann im Rahmen der Übung «Precise Response» nicht erprobt werden. Das ist das Fangen und Untersuchen von Vektoren, welches unter anderem für die Fragestellung der Differenzierung zwischen einem natürlichen Ausbruch und einer willentlichen Freisetzung von erheblicher Bedeutung ist. Über diese Fähigkeit müssen die RDOIT verfügen. Die Bilderserie schildert dies anhand der Hantavirus-Untersuchung auf einem Truppenübungsplatz im Südwesten Deutschlands (Abb. 2 bis 5). Wie auch bei einem scharfen Einsatz, kommt es entscheidend darauf an, die Proben in ADR-gerechter Form so in das stationäre Labor zu transportieren, dass im konkreten Fall Sequenzierungsuntersuchungen, im Einsatzfall zusätzlich die zweifelsfreie Identifizierung durchgeführt werden kann. Abb. 3: Tötung des Vektors S R MDM «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Durch das Bespiel des deutschen Teams wird somit deutlicher, was das RDOIT-Konzept in der Anwendung im Einsatz leisten können sollte. Unmittelbare Perspektive Bleibt die Frage, welche nächsten Schritte im Rahmen der Operationalisierung des Konzepts erforderlich sind. Nachdem aufgrund verdankenswerter Unterstützung durch den medizinischen ABC-Schutz Stabsoffizier bei Allied Command Operations erreicht wurde, dass die RDOIT-Fähigkeit eine Planungsnummer erhalten hat, die wiederum Voraussetzung für eine Forderung an die Nationen ist, diese Positionen beispielsweise im Rahmen von NRF zu besetzen, ist es nun an der Bio Med AC, mit Standardarbeitsanweisungen die Voraussetzungen für ein möglichst reibungsloses Zusammenwirken der verschiedenen Fähigkeitsträger zu schaffen mit dem Ziel, die volle Arbeitsfähigkeit mittelfristig zu erreichen. In diesem Zusammenhang stehen noch einige Herausforderungen für die Bio Med AC an. Rein wissenschaftlich betrifft dies den erforderlichen Umfang an Erregern/Toxinen, die im Rahmen der bestätigten Identifizierung zu erkennen sind. Mit anderen Worten: wie viele nicht primär als B-Agenzien in Frage kommende Erreger müssen die Teams erkennen können, um bei un- Abb. 4: Entnahme von Herzblut charakteristischer Initialsymptomatik zunächst einmal die richtige Diagnose zu stellen? Wesentlich schwieriger wird eine Einigung hinsichtlich der Laborbestätigung werden. Das schliesst die Frage ein, in welches Labor die Proben versendet werden. Erfolgt die Einsendung in ein Labor der Lead-Nation oder gehen die Proben an alle dem jeweiligen RDOIT beteiligten Nationen? Wie sieht es mit dem Versand der Proben an Dritte aus, wenn nur darüber die entsprechende Fachexpertise zu erreichen ist? Und wie ist die Verfügbarkeit der Resultate zu regeln? Erhalten alle am eingesetzten RDOIT beteiligten Nationen Zugang oder alle, die in der Bio Med AC mitarbeiten? Was geschieht mit notwendigerweise klassifizierter Information über Datum und Ort der Probennahme, wenn das empfangende Labor eine zivile Einrichtung ist? Somit bleibt für die Bio Med AC noch eine Menge Kernarbeit zu leisten, bevor eine vollständige Operationalisierung des RDOIT-Konzepts erreicht werden kann. Zusammenfassung und Bewertung Der medizinische B-Schutz in der NATO baut seit einigen Jahren eine schnell verlegbare Kapazität zur Untersuchung von Erkrankungsausbrüchen auf. Hierbei kommt der Differenzierung der natürlichen respektive unnatürli- Abb. 5: Organentnahme chen Ursache des Ausbruchsgeschehens eine erhebliche politische, ethische, humanitäre und nicht zuletzt medizinisch-fachliche Bedeutung zu. Basierend auf dem RDOIT-Konzept haben einige NATO-Nationen mit der Implementierung begonnen. Am Beispiel der deutschen Umsetzung wird gezeigt, dass mit beträchtlichem Aufwand eine nationale Fähigkeit aufgebaut werden kann. Insoweit kann die Frage nach der Angemessenheit des Konzepts bejaht werden. Genauso deutlich muss aber gesagt werden, dass für eine multinationale, d.h. mehr als zwei Nationen umfassende Zusammensetzung der Teams noch erhebliche Herausforderungen zu meistern sind. Abstract: Is the illness outbreak due to natural causes? Is NATO’s Rapidly Deployable Outbreak Investigation Team concept adequate? Over the last few years, NATO’s biological protection task force has been building up a rapidly deployable capacity to investigate illness outbreaks. Here, the distinction between natural and unnatural causes of an outbreak has great political, ethical, humanitarian and, not least, medical significance. Based on the Rapidly Deployable Outbreak Investigation Team concept (RDOIT concept), some NATO countries have begun the implementation process. 39 SW I S S REVIEW O F MILITARY AND DI SASTE R M E DI CI NE Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe Zum Inhalt/au sommaire Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe Rüstungskontrolle – ein alter Zopf oder eine aktuell wichtige Aufgabe? Cédric Invernizzi, Ph.D., CBRN Arms Control Expert, Federal Office for Civil Protection FOCP, SPIEZ LABORATORY, Biology, 3700 Spiez, [email protected] 40 Key Words: Rüstungskontrolle, chemische und biologische Waffen, Dual-Use-Dilemma Die Wurzeln der Rüstungskontrolle von chemischen und biologischen Waffen liegen weit in der Vergangenheit zurück. Trotzdem hat die Rüstungskontrolle in diesem Bereich bis heute nichts an Aktualität verloren. Die diversen internationalen Bemühungen, sich nicht nur ausschliesslich auf staatliche Aktivitäten zu fokussieren, sondern zunehmend auch terroristische Aspekte mit einzubeziehen, stellen eine grosse Herausforderung für die multilateral ausgehandelten Konventionen und Regime dar. Dabei stehen oft die bewusst politisch gehaltenen Wortlaute der Konventionen und Regime im Kontrast zu neuen Errungenschaften in Wissenschaft und Technologie. Mit der Verpflichtung, dass Staaten jegliche Massnahmen zur vollen Umsetzung der Konventionen zu ergreifen haben, ist unter diesen neuerlichen Gesichtspunkten auch die Forschung zunehmend betroffen. Deshalb ist in der Forschung das Bewusstsein um das Dual-UseDilemma zu steigern, um damit ein verantwortungsvolles Verhalten eines jeden Forschenden nachhaltig zu fördern. 2012 sorgten zwei wissenschaftliche Untersuchungen (1, 2) zum Vogelgrippevirus H5N1 und dessen mögliche Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch für Furore und lösten eine weltweit heftige Debatte über Dual-UseForschung aus. Dabei stand das Spannungsfeld zwischen Sicherheit, Verantwortung und Forschungsfreiheit im Zentrum der Diskussion. Eine mögliche Zensur wurde zeitweilig in Aussicht gestellt, jedoch wurden die Resul- tate der niederländischen und US-amerikanischen Forschergruppen schliesslich vollumfänglich in Fachblättern publiziert. Auf den ersten Blick ist ein Bezug zur Rüstungskontrolle kaum ersichtlich. Ein Zusammenhang folgt aber als logische Konsequenz aus der historischen Entwicklung der Rüstungskontrolle von biologischen und chemischen Waffen. Genfer Protokoll von 1925 gilt als Grundstein Obwohl die Anfänge der Rüstungskontrolle von biologischen und chemischen Waffen im späten 19. Jahrhundert auf den Haager Abkommen von 1899 gründen, stellt das Genfer Protokoll von 1925 (3) den eigentlichen Grundstein für eine entsprechende Rüstungskontrolle dar. Dieses verbietet den Einsatz von chemischen und biologischen Waffen als Mittel zum Krieg und ist damit ein wichtiges Element des modernen humanitären Völkerrechts. Die jüngsten Entwicklungen in Syrien zeigen, wie aktuell dieses Instrument noch heute ist. Die zurzeit (Juli 2013) von der UNO geplante Untersuchung von mutmasslichem Einsatz von chemischen Waffen im bewaffneten Konflikt ist ein dem UNO-Generalsekretär zur Verfügung stehender Mechanismus (4), dessen Ursprung im Genfer Protokoll zugrunde liegt. Die internationale Gemeinschaft realisierte nach dem Zweiten Weltkrieg, dass ein Verbot, welches den Einsatz von biologischen und chemischen Waffen untersagt, zu wenig weit greift, um die Aufrüstung mit und die Verbreitung von solchen Waffen wirkungsvoll zu verhindern. Entsprechend wurden Verhandlungen mit dem Ziel eines umfassenden Verbots von chemischen und biologischen Waffen aufgenommen. Da ein erfolgreicher Abschluss solcher Verhandlungen für chemische Waffen sich politisch viel schwieriger gestaltete, wurde 1972 mit dem Biowaffenübereinkommen (5) zunächst ein umfassendes Verbot von biologischen Waffen und Toxinwaffen erreicht, indem auch deren Entwicklung, Herstellung und Lagerung untersagt sind. Erst 1993, nach dem Ende des Kalten Krieges, konnten die Verhandlungen für ein Chemiewaffenübereinkommen (6) erfolgreich abgeschlossen werden. Damit existieren nun zwei separate Konventionen, die ein umfassendes Verbot zweier Kategorien von Massenvernichtungswaffen zum Ziel haben. Obwohl das ausgehandelte Zusatzprotokoll des Chemiewaffenübereinkommens einen gewissen Grad der Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtungen zulässt, werden zunehmend mögliche Schlupflöcher ausgemacht. Grund hierfür ist die politisch geprägte Natur des Vertragstextes, der im Spannungsverhältnis zu den Fortschritten in Wissenschaft und Technologie steht. Beispielsweise lässt das Chemiewaffenübereinkommen die Verwendung der toxischen Eigenschaften von Substanzen zur Gesetzesvollstreckung, dem so genannten «law enforcement», zu. Jedoch wurde aus verschiedenen Gründen auf eine Definition von «law enforcement» verzichtet, was sich nun als Ausgangspunkt einer Erosion des umfassenden Verbots von chemischen Waffen erweisen könnte. Im Fokus steht die Verwendung der toxischen Eigenschaften von Substanzen, insbesondere von handlungsunfähig machenden chemischen Stoffen, den so genannten «incapacitiating chemical agents» (7), in einer Welt der zunehmend asymmetrisch geführten Konfliktformen. S R MDM «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire In die Zeit der Verhandlungen für das Chemiewaffenübereinkommen fällt auch die Entstehung der so genannten Australiengruppe (8). Auslöser war 1984 eine Untersuchung der UNO, die zum Schluss kam, dass das Regime von Saddam Hussein im Iran-Irak Krieg chemische Waffen eingesetzt hatte und diese zumindest teilweise mit Hilfe von Vorläuferchemikalien und Gerätschaften, die über legitime Handelswege erworben worden waren, hergestellt hatte. Die von vielen industrialisierten Staaten unmittelbar eingeführten Exportkontrollen von bestimmten Substanzen und Gütern wurden nicht zuletzt aufgrund fehlender Einheitlichkeit der Kontrollen umgangen. Auf Initiative Australiens wurde deshalb 1985 die Australiengruppe ins Leben gerufen, um die nationalen Exportkontrollen zu harmonisieren. Exportkontrolle im Dilemma Die Entwicklung von hochwertigen Gerätschaften, die für deren erfolgreichen Einsatz immer weniger Fachwissen voraussetzen, stellen eine grosse Herausforderung für die Konventionen und Regime dar. Dies reflektiert sich exemplarisch im ständig zunehmenden Marktanteil von Einweggeräten und «Do-It-Yourself»-Geräten. Beispielsweise ist ein Trend hin zu Einwegbioreaktoren beobachtbar und «Do-ItYourself»-PCR-Geräte sind selbst für private Haushaltsbudgets mittlerweile erschwinglich. In der Folge nimmt auch die Vermischung von biologischen und chemischen Herstellungsprozessen im Sinne einer Konvergenz der beiden Disziplinen markant zu. Neue Technologien, wie beispielsweise die synthetische Biologie, die bereits verschiedene «proof-of-concepts» erarbeiten konnte (9, 10) und industriell genutzt wird (11), oder aber die Nanotechnologie, so bei- spielsweise auf dem Gebiet der Aerosolforschung (12) und dem Targeting von Nanocarriern (13), machen die zukünftigen Aufgaben einer wirkungsvollen Exportkontrolle nicht einfacher und sind eine Herausforderung für die beiden Konventionen. Vor dem Hintergrund, dass zunehmend nicht nur staatliche Aktivitäten, sondern vermehrt auch der Terror im Fokus der Non-Proliferation steht, verwischen sich zusehends auch die Grenzen zum Forschungsbereich, der sich bezüglich Gerätschaften bis anhin klar von industriellen Applikationen abgrenzte und kaum tangiert war. Somit befindet sich die Exportkontrolle zusehends im Dilemma zwischen Verhinderung der Proliferation und Behinderung der Forschung. Die zusätzliche Fokussierung der Staaten auf Terroraspekte verstärkte sich massgeblich nach dem Ende des Kalten Krieges, insbesondere nach den Ereignissen in Japan rund um die Aum Shinrikyo Sekte mit ihren Anschlägen mit verschiedenen chemischen und biologischen Waffen. Im Nachgang an 9/11 und «Amerithrax» in den USA folgte schliesslich die Resolution 1540 des UNO-Sicherheitsrats (14), die allen Staaten jegliche Unterstützung von Terror mit Massenvernichtungswaffen untersagt und sie dahingehend zur Erlassung nationaler Gesetze verpflichtet. Diese veränderte Wahrnehmung von rein staatlichen Massenvernichtungswaffenprogrammen hin zu Terror mit solchen Waffen, bedeutete nicht nur für die Australiengruppe eine zusätzliche Herausforderung, sondern hatte auch Konsequenzen für das Biowaffen- und das Chemiewaffenübereinkommen, indem der auf staatliche Aktivitäten konzentrierte Fokus um den Terroras- pekt erweitert wurde. Beide Konventionen verlangen nämlich von den Vertragsstaaten, dass diese jegliche Art von Massnahmen ergreifen, um die vollständige nationale Umsetzung der Konventionen zu ermöglichen. In der heutigen Auslegung heisst dies nun aber nicht mehr nur die Verhinderung von staatlichen Massenvernichtungswaffenprogrammen, sondern zusätzlich die konsequente Verhinderung jeglicher Art von terroristischen Aktivitäten durch Gruppen bis hin zu Individuen mit solchen Waffen. Dazu gehören nach Ansicht der Weltgemeinschaft auch präventive Massnahmen zur Verminderung des Risikos eines Missbrauchs von Dual-Use Forschung. Als solche wird eine legitime zivile Forschung bezeichnet, die zugleich für schädliche Zwecke missbraucht werden kann. Das Portfolio an möglichen Massnahmen umfasst z. B. Managementstandards für Biosafety (15) und Biosecurity (15), die Sensibilisierung von Forschenden für das DualUse-Dilemma in der Forschung bezüglich der gesetzlichen Verpflichtungen sowie der ethischen und moralischen Überlegungen und, damit einhergehend, die Förderung einer Kultur des verantwortungsvollen Verhaltens. Heftige Debatte über Dual-UseForschung Bereits 2001 – das Jahr der AnthraxAnschläge – wurde in den USA eine Debatte über Dual-Use-Forschung geführt. Auslöser waren damals mehrere wissenschaftliche Publikationen, darunter die Beschreibungen eines genetisch rekombinierten Mäusepockenvirus (16), gegen welches Impfstoffe wirkungslos sind, sowie einer künstlichen Synthese des Poliovirus (9) , womit ein infektiöses und replikationsfähi- 41 SW I S S REVIEW O F MILITARY AND DI SASTE R M E DI CI NE Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe Zum Inhalt/au sommaire Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe 42 ges Virus aus chemischen Bausteinen erschaffen wurde. In der Folge riefen die USA den National Science Advisory Board for Biosecurity (NSABB) (17) ins Leben, welcher unter anderem mit der Aufgabe betraut ist, Empfehlungen zu Dual-Use-Forschung abzugeben. Im Fokus des NSABB ist heute die so genannte «dual-use research of concern» (DURC). DURC ist jener Teil der breiter gefassten Dual-Use-Forschung, der ein direktes Missbrauchspotenzial aufweist und damit eine signifikante Bedrohung mit weitreichenden Konsequenzen darstellt, etwa für das Gesundheitswesen oder die nationale Sicherheit. Der NSABB nennt zudem zur Veranschaulichung von DURC sieben Arten von Experimenten (18), so etwa die Übertragbarkeit eines Erregers zu steigern oder das Wirtsspektrum zu modifizieren. In die Kategorie von DURC fallen nach Ansicht des NSABB auch die zwei zu Beginn erwähnten Untersuchungen (1, 2) zum Vogelgrippevirus H5N1 und zu seiner möglichen Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch. Experten weltweit sind sich zwar einig, dass beide Studien als Dual-Use-Forschung zu betrachten sind und einige der «sieben Experimente» vollführt wurden. Allerdings gehen die Meinungen auseinander, ob es sich bei beiden Studien um DURC handelt und tatsächlich ein direktes Missbrauchspotenzial besteht. Jedenfalls lösten die Arbeiten der beiden Forschergruppen aus den Niederlanden und den USA eine heftige Debatte generell über Dual-Use-Forschung aus, wobei Sicherheitsaspekte sowie die Verantwortung und die Forschungsfreiheit von Wissenschaftlern im Zentrum der Auseinandersetzung standen. Zunächst wurde im November 2011 die vollständige Veröffentlichung der Experimente in der bestehenden Form durch den NSABB zur Ablehnung empfohlen. Damit brachte der NSABB zum ersten Mal in den Biowissenschaften die Zensur ins Spiel. Nach monatelangen Debatten und einem von den Forschenden selbst verhängten Moratori- um für Arbeiten zur Übertragbarkeit von H5N1, wurden viele zusätzliche Details zu den Experimenten bekannt. Dabei änderten die Forschenden schrittweise ihre anfänglich effekthascherischen Aussagen: aus den apokalyptisch anmutenden Szenarien wurden schliesslich den experimentellen Daten getreue Ergebnisse. Nach Wiedererwägung durch den NSABB wurde letztlich auf jegliche Zensur verzichtet, so dass die beiden Forschergruppen ihre Resultate in den Fachblättern «Nature» bzw. «Science» in vollständiger Form präsentieren konnten. Gegen generelle Exportbewilligungspflicht wird rekurriert Ein wichtiges Detail der Debatte blieb jedoch weitgehend unbemerkt: Die niederländischen Behörden verlangten für die definitive Veröffentlichung der Ergebnisse von der Forschergruppe rund um Ronald Fouchier am Erasmus Medical Centre in Rotterdam einen Exportbewilligungsantrag für den Transfer der darin enthaltenen Technologie. Die rechtlichen Grundlagen zur Exportkontrolle der EU (19) sehen eine generelle Exportbewilligungspraxis für den Transfer von Technologie vor, die im Zusammenhang mit bestimmten Gütern steht. Darunter fallen auch verschiedene Krankheitserreger, wie beispielsweise das Vogelgrippevirus H5N1, sowie genetische Elemente von solchen Krankheitserregern. Allerdings gibt es einige Ausnahmen zu dieser Exportkontrollregelung: Während die angewandte Forschung grundsätzlich der Exportbewilligungspflicht unterliegt, ist die Grundlagenforschung davon ausgenommen. Der vorliegende Fall wurde seitens der niederländischen Behörden als angewandte Forschung eingestuft. Diese Interpretation ist umstritten. Die Arbeit scheint weit von einer praktischen Anwendung entfernt. Und so sträubte sich die Gruppe zunächst gegen ein solches Vorgehen, beantragte aber trotz gegenteiliger Meinung schliesslich doch eine Exportbewilligung. Nach eingehender Analyse beurteilten die niederländischen Behörden das Gesuch positiv und erteilten die Exportbewilligung, einerseits gestützt auf die Forschungsresultate und andererseits die Argumente der Debatte abwägend. Die positive Beurteilung des Gesuchs hinderte die Forschergruppe nicht daran, gegen die Einstufung ihrer Forschungsergebnisse als der Exportbewilligungspflicht unterstehend vor Gericht zu rekurrieren. Ein richterlicher Entscheid ist bis heute ausstehend. In Anbetracht der Einstufung der Arbeit als angewandte Forschung stellt sich die Frage, was heute als Grundlagenforschung gilt und was als angewandte Forschung zu betrachten ist. Tatsache ist, dass der Kampf um Forschungsmittel über die Jahre härter geworden ist. Eine weltweit ansteigende Zahl an Projekten sieht sich mit weniger schnell ansteigenden finanziellen Mitteln konfrontiert. Dementsprechend ist es heute kaum noch vorstellbar, dass Forschung in den Biowissenschaften finanziert wird, ohne dass mögliche Anwendungen der Forschungsergebnisse überzeugend dargestellt oder zumindest erklärt wird, worin der Mehrwert für die Gesellschaft liegen könnte. Heisst dies womöglich, dass die Mehrheit der Forschungsprojekte zu gelisteten Krankheitserregern, aufgrund der Argumentation für ihre Finanzierung, als angewandt zu betrachten ist? Driftet mit dieser Auslegung diese Art von Forschung nun generell in den Fokus von Exportkontrollen, indem für die Veröffentlichung Exportbewilligungen verlangt werden? Benötigen wir in Zukunft nebst dem bisherigen wissenschaftlichen «peer review»-Prozess zusätzlich eine Überprüfung durch Exportkontrollbehörden? Die noch ausstehende richterliche Verfügung in den Niederlanden darf somit mit Spannung erwartet werden, umso mehr vor dem Hintergrund der jüngsten Publikation (20) zum Thema, die den Status des veränderten Erregers als Vogelgrippe in Frage stellen könnte. Mit ihrer Einstufung haben die Niederlande jedenfalls eine Art Präzedenzfall geschaffen, der die Forschung weltweit S R MDM «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire betreffen könnte und genügend Stoff für weitere globale Debatten liefert. Möglichst breit abgestützte Lösungsansätze sind nun gefragt. Generell wünschenswert ist ein höheres Mass an Bewusstsein aller Beteiligten um das Dual-Use-Dilemma, vor allem auch bei Forschenden. mann G, Kawaoka Y. Experimental adaptation of an influenza H5 HA confers respiratory droplet transmission to a reassortant H5 HA/ gov/oba/biosecurity/PDF/United_States_ 2;486(7403):420-8. Government_Policy_for_Oversight_of_ 3. http://disarmament.un.org/treaties/t/1925/ text 4. http://www.un.org/disarmament/WMD/Sec- 1. Herfst S, Schrauwen EJ, Linster M, Chutini- J:L:2012:129:0012:0280:EN:PDF 6. http://disarmament.un.org/treaties/t/cwc H, McCauley JW, Locher K, Walker PA, Col- 7. Seite 20 (Paragraphen 83-86) unter: http:// lins PJ, Kawaoka Y, Skehel JJ, Gamblin SJ. www.opcw.org/file/file/report_of_the_scienti- Receptor binding by a ferret-transmissible H5 fic_advisory_board_on_developments_in_sci- avian influenza virus. Nature. 2013 May ence_and_technology_for_the_third_spec/ 8. http://www.australiagroup.net/ 16;497(7449):392-6. 21. Zhang Y, Zhang Q, Kong H, Jiang Y, Gao Y, 9. Cello J, Paul AV, Wimmer E. Chemical synthe- Deng G, Shi J, Tian G, Liu L, Liu J, Guan Y, sis of poliovirus cDNA: generation of infectious Bu Z, Chen H. H5N1 Hybrid Viruses Bearing virus in the absence of natural template. Sci- 2009/H1N1 Virus Genes Transmit in Guinea ence. 2002 Aug 9;297(5583):1016-8. Pigs by Respiratory Droplet. Science. 2013 10. Gibson DG, Glass JI, Lartigue C, Noskov VN, Chuang RY, Algire MA, Benders GA, Montague MG, Ma L, Moodie MM, Merryman C, Vashee S, Krishnakumar R, Assad-Garcia N, Andrews-Pfannkoch C, Denisova EA, Young L, Qi ZQ, Segall-Shapiro TH, Calvey CH, Parmar PP, Hutchison CA 3rd, Smith HO, Venter JC. Creation of a bacterial cell controlled by a chemically synthesized genome. Science. 2010 Jul 2; 329(5987):52-6. 11. http://en.sanofi.com/Imaen.pdf 12.Schmoll LH, Elzey S, Grassian VH, O’Shaughnessy PT. Nanoparticle aerosol generation methods from bulk powders for inhalation exposure studies. Nanotoxicology. 2009 Dec;3(4):265-75. 13. Rodriguez PL, Harada T, Christian DA, Pantano DA, Tsai RK, Discher DE. Minimal «Self» peptides that inhibit phagocytic clearance and enhance delivery of nanoparticles. Sci14. http://www.un.org/ga/search/view_doc. asp?symbol=S/RES/1540(2004) mitkul S, de Wit E, Munster VJ, Sorrell EM, 15. Definitionen beider Begriffe auf Seite 47 un- Bestebroer TM, Burke DF, Smith DJ, Rim- ter: http://www.who.int/entity/csr/resources/ melzwaan GF, Osterhaus AD, Fouchier RA. europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=O 20. Xiong X, Coombs PJ, Martin SR, Liu J, Xiao ence. 2013 Feb 22; 339 (6122): 971-5. Literatur DURC_FINAL_version_032812.pdf 19. Seite 90 (1C352, a, 2) unter: http://eur-lex. 5. http://disarmament.un.org/treaties/t/bwc ges/32474_20130411_ARTEMISININE_ Im Bereich der Bewusstseinsförderung stellen das Biowaffen- und das Chemiewaffenübereinkommen seit Jahren Handlungsbedarf fest und ermutigen die Staatengemeinschaft zu vermehrten Sensibilisierungsmassnahmen (education and outreach) in der Forschung. Dort verstärkt das Labor Spiez seine nationalen Bemühungen mit entsprechend geeigneten Aktivitäten. nsabb.html 18. Seite 2 (Section III, 2) unter: http://oba.od.nih. H1N1 virus in ferrets. Nature. 2012 May retary-General_Mechanism/ Vermehrte Sensibilisierungsmassnahmen in der Forschung Die von mehreren Forschenden anfänglich gemachten Aussagen zeugen jedenfalls von einem mangelnden Bewusstsein des Dual-Use-Dilemmas. Dieser Umstand widerspiegelt sich einmal mehr in den jüngsten Debatten rund um die druckfrischen Publikationen (20, 21) zum Thema Vogelgrippe. Es scheint, als ob zuerst der globale Sturm der Entrüstung durch effekthascherische Äusserungen entfacht werden muss, bevor ein sachlicher Kommunikationsstil Einzug hält. Dies zeigt exemplarisch den hohen Stellenwert einer von Beginn weg umgesetzten verantwortungsvollen Kommunikationsstrategie. Ein professioneller, auf Fakten basierender Umgang mit DualUse-Forschung sollte Bestandteil eines verantwortungsvollen Verhaltens eines jeden Forschenden sein. 17. http://oba.od.nih.gov/biosecurity/about_ publications/biosafety/Biosafety7.pdf Airborne transmission of influenza A/H5N1 16. Jackson RJ, Ramsay AJ, Christensen CD, virus between ferrets. Science. 2012 Jun Beaton S, Hall DF, Ramshaw IA. Expression 22;336(6088):1534-41. of mouse interleukin-4 by a recombinant ec- 2. Imai M, Watanabe T, Hatta M, Das SC, tromelia virus suppresses cytolytic lympho- Ozawa M, Shinya K, Zhong G, Hanson A, cyte responses and overcomes genetic re- Katsura H, Watanabe S, Li C, Kawakami E, sistance to mousepox. J Virol. 2001 Yamada S, Kiso M, Suzuki Y, Maher EA, Neu- Feb;75(3):1205-10. Jun 21;340(6139):1459-63. 43 SW I S S REVIEW O F MILITARY AND DI SASTE R M E DI CI NE Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe Zum Inhalt/au sommaire Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe Das neue Biosicherheitslabor – der komplexe Weg bis zur Inbetriebnahme Dr. phil. nat. Marc Strasser, Mikrobiologe, Chef Gruppe Virologie im Labor Spiez, Bundesamt für Bevölkerungsschutz, 3700 Spiez, [email protected] 44 Key Words: Biosicherheitslabor, Biosicherheitsstufen, Validierungen, hoch pathogene Krankheitserreger Für die Analytik von hoch pathogenen Krankheitserregern und potenziellen biologischen Kampfstoffen ist eine Infrastruktur der höchsten biologischen Sicherheitsstufen 3 und 4 (BSL-3, BSL-4) notwendig. Mit dem Bau des Biosicherheitslabors in Spiez ist eine grundlegende Lücke im schweizerischen B-Schutz geschlossen worden. In diesem Artikel wird das nun fast 17-jährige Projekt erörtert und die Komplexität der Einzelsysteme sowie der Weg der integralen Testreihen und Validierungsarbeiten bis zur sicheren Inbetriebnahme beschrieben. Einleitung Das Biosicherheitslabor in Spiez erlaubt den Umgang mit den gefährlichsten humanpathogenen Krankheitserregern, welche den Risikogruppen (RG) 3 und 4 (höchste Gruppe) angehören. Dieses Labor ermöglicht die sichere und rasche Diagnose von potenziellen B-Kampfstoffen bzw. von speziellen hoch pathogenen Krankheitserregern und steht sowohl dem militärischen als auch zivilen Bereich bei der Ereignisbewältigung und für Forschungszwecke zur Verfügung. Mit der Inbetriebnahme des Biosicherheitslabors wird eine Lücke im schweizerischen B-Schutz geschlossen. Die Aufgaben des Labors Diagnostik spezieller Krankheitserreger Die Diagnostik wird zugunsten militärischer und ziviler Bedürfnisträger angeboten, inklusive Analytik unbekannter klinischer Proben und Umweltproben. Die Erfahrung hat gezeigt, dass dafür die Kompetenzen im A-, B- und CSchutz vereinigt werden müssen. Diese Voraussetzung ist im LABOR SPIEZ erfüllt. Weiter in diesen Aufgabenbereich gehört die nationale Referenzfunktion für spezielle Krankheitserreger. Ausbildung und Training Bedürfnisträger aus dem Bereich der Biosicherheit sollen praxisbezogen ausgebildet und trainiert werden können. Das Kurskonzept wird zusammen mit nationalen Fachstellen, internationalen Laborpartnern und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelt. Fachspezialisten der Armee werden von dieser Ausbildung (Nachweis von B-Kampfstoffen) ebenfalls profitieren können. Forschung und Entwicklung Forschungsprojekte werden in Zusammenarbeit mit universitären Instituten organisiert. Dabei geht es hauptsächlich um die Erarbeitung von Grundlagen für die Diagnostik von humanpathogenen Krankheitserregern. Im Vordergrund steht die Entwicklung neuer Nachweistmethoden für bekannte und unbekannte Erreger. Das Projekt mit Standort Spiez 1996 wurde aus dem damaligen BDienst der Armee in Zusammenarbeit mit dem LABOR SPIEZ das Bedürfnis formuliert, für die Schweiz ein Sicherheitslabor der höchsten Biosicherheitsstufe (BSL-4) für die Analytik von potenziellen B-Kampfstoffen von human-pathogenen Krankheitserregern zu errichten. Nach einer mehrjährigen Vorprojektphase und Standortabklärung liess der Bundesrat 2005 den Bedarf für Hoch- sicherheitslabors abklären und kam zum Schluss, dass der Bedarf für ein weiteres Hochsicherheitslabor im Humanbereich vorhanden ist; das Sicherheitslabor in Spiez, zusammen mit dem Nationalen Referenzzentrum für neu auftretende Virusinfektionen (NAVI) in Genf und dem Institut für Virologie/Immunologie (IVI) in Mittelhäusern, den Bedarf in idealer Weise abdeckt. Gestützt auf diverse weitere Abklärungen fällten die eidgenössischen Räte Ende 2006 den Entscheid zum Investitionskredit von 28,5 Millionen Franken für den Bau in Spiez. Ab 2007 wurden die Bauaufträge durch die armasuisse ausgeschrieben. Ende 2007 erfolgte mit dem Spatenstich der Baustart, welcher Mitte 2010 abgeschlossen wurde. Die Konstruktion Der Kernbereich mit den Laboreinheiten ist ein kompakter, annähernd quadratischer Betonkasten. Dadurch entsteht eine Tragstruktur, die bezüglich Stabilität optimale Voraussetzungen für die Erdbebensicherheit bietet. Ein Beben, vergleichbar mit Basel (1356) oder Haiti (2009), übersteht das Sicherheitslabor ohne Risse in der Hülle. Die Tragstruktur bleibt integer. Die Betonkonstruktion wurde durch eine massive Armierung verstärkt. Dadurch erhält das Bauwerk nicht nur die nötige Stabilität im Erdbebenfall, sondern auch die geforderte Rissfreiheit im Hinblick auf die Dichtheit der Gebäudehülle. Das Biosicherheitslabor ist mit einer vollautomatischen Brandmeldeanlage ausgerüstet, die im Fall einer Feuerent- S R MDM «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire wicklung Alarm auslöst. Gleichzeitig werden über die Systemsteuerung die gasdichten Zu- und Abluftklappen geschlossen, so dass kein zusätzlicher Sauerstoff in das Labor gelangt und die Filtereinheiten durch Rauch und Russpartikel nicht verstopft werden können. Mit einem Druckentlastungssystem auf Bodenniveau kann der durch die Hitze entstehende Überdruck aufgefangen werden. Aufgrund der Brandalarmsteuerung und der geringen Brandlasten in den Labors erlischt ein Feuer ohne Bekämpfung nach spätestens 30 Minuten. Entsprechend sind die einzelnen Bauteile der Labors so ausgelegt, dass sie einem Feuer eine halbe Stunde widerstehen können. Das Biosicherheitslabor ist als «Box-inBox»-System konzipiert: Eine äussere Box mit Sicherheitskorridor und Tech- www.Labor-Spiez.ch nikräumen umschliesst die innere Box mit den Laborbereichen (Abb. 1). Die innere Box mit den Laboreinheiten und den Schleusensystemen besteht aus einer rissfreien, erdbebensicheren Stahlbetonkonstruktion. Boden, Wände und Decken sind mit Epoxydharz beschichtet. Die Fenster bestehen aus Panzerglas und sind luftdicht mit der Betonkonstruktion verbunden. Die Schleusentüren im Laborbereich sind aus qualitativ hochwertigem, rostfreiem Stahl mit speziellen Dichtungen. Sämtliche Installationsdurchführungen wie Elektrokabel, Lüftungs- oder Wasserrohre sind ebenfalls luftdicht mit der Betonkonstruktion verbunden. Sicherheitsverglasung. Von aussen kann man direkt in den Sicherheitskorridor sehen. Dieser wiederum bildet die geschützte Zone um den Laborbereich. Der Sicherheitskorridor wird als Transportweg und im Notfall auch als Fluchtweg benutzt (Abb. 2). Im Normalbetrieb des Sicherheitslabors ist er zudem für Besucher in Begleitung begehbar und erlaubt einen Einblick in die Laborräume. Der sichtbare Teil der äusseren Box bildet eine geschlossene Glasfassade mit Abb. 2: Der begehbare Sicherheitskorridor Technische Sicherheitseinrichtungen Das Biosicherheitslabor ist ein Containmentsystem. Dieses System sorgt dafür, dass die in den Labors bearbeiteten Krankheitserreger das Personal nicht gefährden und nicht in die Umwelt gelangen können. Dazu braucht es: spezielle Sicherheitsinstallationen und persönliches Schutzmaterial wie zum Beispiel Sicherheitswerkbänke und belüftete Vollschutzanzüge; luftdicht abgeschlossene Räume, Unterdruckhaltung in den Labors und Schleusensystemen. Abb. 1: Das Biosicherheitslabor mit den zwei Stufe 4 Labors und den beiden Stufe 3 Labors. Unten rechts im Querschnitt befindet sich der Laborbereich, welcher 25 Prozent des Gebäudevolumens ausmacht. Im Untergeschoss sowie im Obergeschoss befinden sich die technischen Installationen. Die Abluft sowie sämtliche feste und flüssige Abfälle müssen speziell behan- 45 SW I S S REVIEW O F MILITARY AND DI SASTE R M E DI CI NE Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe Zum Inhalt/au sommaire Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe delt respektive inaktiviert werden, bevor sie das Sicherheitslabor verlassen. Die Abluft wird über ein hoch effizientes Filtersystem filtriert. 46 Feste Abfälle werden über Autoklaven mit einer Hitzeinaktivierung direkt aus den Labors in den Sicherheitskorridor ausgeschleust. Flüssige Abfälle, inklusive Abwasser der Dekontaminationsduschen, werden in Lagertanks aufgefangen und über Dampfsterilisatoren ebenfalls hitzeinaktiviert (Abb. 3). Mit einem speziellen Schliesssystem wird die Zutrittskontrolle zum Biosicherheitslabor und zu den Laboreinheiten gewährleistet. Für die Erhöhung der Sicherheit in den Labors gibt es eine lückenlose Videoüberwachung. Zusätzliche Kommunikationssysteme stellen die Verbindungen in die Labors und von den Labors nach aussen sicher. Dazu gehört auch ein umfangreiches Alarmierungssystem. Alle technischen Sicherheitssysteme sind redundant ausgelegt, das heisst: wenn ein System defekt ist oder ausfällt, ist immer noch ein redundantes zweites/anderes System verfügbar, das die entsprechende Sicherheitsfunktion übernehmen kann. Die stufenweise Inbetriebnahme des Labors Integrale Tests Nach Abschluss der Bau- und Installationsarbeiten im Jahr 2010 war der nächste Schritt, die einzelnen technischen Systeme integralen Tests zu unterziehen. Bei diesen Tests ging es darum, die Funktionalität der Einzelsysteme im Verbund mit Last- und Stresstests zu validieren, da viele Einzelsysteme in diesem komplex aufgebauten Labor in direkter Abhängigkeit zueinander stehen. Dabei stellte sich heraus, dass gewisse grundlegende Anpassungs- und Optimierungsarbeiten nachgeführt werden mussten, was schlussendlich zu einer Verzögerung der Inbetriebnahme von bisher eineinhalb Jahren geführt hat. Mikrobiologische Validierung der Kritischen Installationen Erst als die integralen Testreihen erfolgreich abgeschlossen werden konnten, war es möglich, das Biosicherheitslabor mikrobiologisch zu validieren. Bei dieser Validierung geht es darum, den Beweis zu erbringen, dass die biologische Sicherheit gegen innen (Mitarbeitende) und aussen (Umwelt) jederzeit und uneingeschränkt eingehalten werden kann. Die kritischen biosicherheitsrelevanten, zu validierenden Systeme sind: Zu- und Abluft-Systeme Abwassersterilisation Chemieduschen Autoklaven Raum- und Filterbegasungen Die zu validierenden Systeme mussten und müssen bei mehrfachen Wiederholungen die jeweils vorgegebenen Kriterien erfüllen, um als validiert gelten zu können. Nur eine vollständige erfolgreiche Validierung des Gesamtsystems im Verbund erlaubt die gesetzeskonforme Inbetriebnahme des Biosicherheitslabors. Trotz all dieser Vorgaben konnte im LABOR SPIEZ die Biosicherheitsstufe 2 auch während der gesamten Bauphase des neuen Biosicherheitslabors ständig in Betrieb gehalten werden, da diese Stufe während der Bauphase nicht tangiert wurde. Die Arbeiten in einer reduzierten Form der Biosicherheitsstufe 3 (GloveboxBetrieb1) konnten anfangs 2012, nach einem neunmonatigen Unterbruch, wieder aufgenommen werden. Der Betrieb der Biosicherheitsstufe 4 wird voraussichtlich ab dem 1. Januar 2014 aufgenommen werden können, gleichzeitig wie die vollständige Biosicherheitsstufe 3. 1 Abb. 3: Die Abwassersterilisation im Biosicherheitslabor Ein «Glovebox Stufe 3 Labor» ist grundsätzlich ein Stufe 2 Labor mit integrierter mikrobiologischer Sicherheitswerkbank der Klasse III sowie weiterer vorgeschriebenen Installationen gemäss Einschliessungsverordnung (ESV). S R MDM «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Schutz der Bevölkerung und Rückkehr zum Normalzustand nach einem grossflächigen A-Ereignis Dr. Emmanuel Egger und Dr. Mario Burger, Fachbereich Physik, LABOR SPIEZ, Austrasse, 3700 Spiez, [email protected] Key Words: Radioaktivität, Kontamination, Strahlenschutz, Massnahmen Die Katastrophe von Fukushima mit der radioaktiven Kontamination von über 10’000 km2 Land zeigt, welche Herausforderungen gemeistert werden müssen, um die Bevölkerung vor Strahlung zu schützen und im betroffenen Gebiet den Normalzustand wieder herzustellen. Anhand eines vergleichsweise harmlosen Szenarios mit einer radiologischen Bombe, die am Bahnhof Bern explodiert, werden die auftretenden Probleme und mögliche Lösungen auf eine Schweizer Stadt übertragen aufgezeigt. Die Erfahrungen aus Tschernobyl und Fukushima werden dabei berücksichtigt. Zusammengefasst schliessen wir daraus, dass das weniger kontaminierte Gebiet wieder in den Originalzustand geführt werden kann. Im am meisten kontaminierten Gebiet scheint eine vollständige Dekontamination extrem schwierig bis unmöglich. Hier müsste eine Sperrung und die Umsiedlung der Bevölkerung in Betracht gezogen werden. Einleitung Jedem sind die Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima bekannt, die zur Folge hatten, dass weite Gebiete radioaktiv kontaminiert wurden. Seit 9/11 wird auch immer wieder davor gewarnt, Terroristen könnten sich radioaktive Quellen beschaffen und damit eine so genannte «schmutzige oder radiologische Bombe» basteln. Das Ausmass des Gebietes, das mit einer solchen Vorrichtung kontaminiert werden kann, ist nicht mit dem zu vergleichen, was bei einem Unfall in einem Kernkraftwerk passieren könnte. Trotzdem wären die Konsequenzen eines solchen Terroranschlags dramatisch. Es müssten Massnahmen wie die Evakuation der Bevölkerung aus dem kontaminierten Gebiet vollzogen werden. Ein Teil der Bevölkerung müsste wahrscheinlich definitiv umgesiedelt und das betroffene Gebiet für Jahrzehnte gesperrt werden. Die Dekontamination des weniger kontaminierten Gebietes würde tausende Mannjahre Einsatz verlangen und mehrere Milliarden Franken kosten, wie im Folgenden aufgezeigt werden soll. Szenario Auf dem Bahnhofplatz in Bern wird am Freitagnachmittag um 17:30 Uhr eine radiologische Bombe zur Explosion gebracht. Dabei wird Cäsium-137 (137Cs) freigesetzt und mit dem Wind verstreut. Wegen Regen wird das Gelände in Abwindrichtung kontaminiert. Die gemäss Modellrechnung in einem Jahr theoretisch akkumulierte Dosis im Freien beträgt im Maximum 5.7 Sv in einem Abstand von zehn Metern vom Explosionszentrum. Die Dosis von 100 mSv wird in Abwindrichtung bis zu einer Distanz von 2.1 km überschritten, 20 mSv werden bis 5.4 km und 1 mSv wird bis zu etwa 15 km überschritten. Gemäss Strahlenschutzverordnung beträgt der Richtwert für Bodenkontamination für 137Cs 30 kBq/m2. Dieser Wert wird auf einer Fläche von 62 km2 überschritten (Abb. 1). Auf einer Fläche von 19 km2 wird er zehnmal und mehr (Abb. 2), auf einer Fläche von 2.8 km2 über hundertfach (Abb. 3) überschritten. Vorgesehene Massnahmen in der Schweiz Zum Schutz der Bevölkerung ist im Dosis Massnahmenkonzept (DMK) der ABCN-Einsatzverordnung vorgesehen, dass bei Überschreitung einer Dosis von 1 mSv in zwei Tagen für Kinder, Jugendliche und schwangere Frauen der Aufenthalt im Haus, bei 10 mSv in zwei Tagen der geschützte Aufenthalt (im Haus, Keller oder Schutzraum) und bei 100 mSv über zwei Tage integriert, die vorsorgliche Evakuierung oder der geschützte Aufenthalt angeordnet werden müssen. Ebenfalls anzuordnen ist ein Jagd-, Fischerei-, Ernte- und Weideverbot in Abwindrichtung. Es wird unter Experten angenommen, dass der geschützte Aufenthalt für etwa zwei Tage angeordnet und die betroffene Bevölkerung anschliessend evakuiert würde. Diese Werte wären in Abwindrichtung bis zu einer Distanz von 1.5 km (1 mSv), respektive 0.15 km (10 mSv) überschritten. Der Wert von 100 mSv wird in zwei Tagen nicht überschritten. Diese Massnahmen sind als Sofortmassnahmen zu betrachten. Es ist klar, dass in einer derartigen Situation die Bevölkerung bald aus dem am meisten kontaminierten Gebiet evakuiert werden müsste. Noch ist in der Schweiz offen, welche Gebiete (beziehungsweise welche Jahresdosis zugelassen würde) in einer solchen Situation evakuiert würden. Empfohlene Massnahmen Die International Commission on Radiological Protection (ICRP) empfiehlt den geschützten Aufenthalt, wenn dadurch eine Dosis von 10 mSv in zwei Tagen vermieden werden kann, die vorübergehende Evakuation, wenn dadurch eine Dosis von 50 mSv in einer Woche vermieden werden kann, die Umsiedlung, wenn dadurch eine Dosis von 100 mSv im ersten Jahr vermieden werden kann. Massnahmen irgendwelcher Art werden fast immer als gerechtfertigt betrachtet, wenn dadurch eine Dosis von 100 mSv und mehr pro Jahr vermieden werden 47 SW I S S REVIEW O F MILITARY AND DI SASTE R M E DI CI NE Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe Zum Inhalt/au sommaire Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe 48 Abb. 1: Gebiet, in welchem der Richtwert für Bodenkontamination überschritten ist. Abb. 2: Gebiet, in welchem der Richtwert für Bodenkontamination zehnmal und mehr überschritten ist. den 1986 bereits eine gewisse Erfahrung mit solchen Ereignissen hatten. Um das havarierte Kernkraftwerk wurde eine Sperrzone eingerichtet. Die darin lebenden Personen wurden umgesiedelt. Personen, die ausserhalb der Sperrzone in einem Gebiet, das mit mehr als 1’480 kBq/m2 137Cs kontaminiert war, wurden rasch umgesiedelt. Später wurde auch die Bevölkerung aus einem Gebiet mit einer Kontamination zwischen 555 und 1’480 kBq/m2 137 Cs umgesiedelt. Die Bevölkerung, die in einem Gebiet mit einer Kontamination zwischen 185 und 555 kBq/m2 137 Cs lebte, konnte auf eigenen Wunsch auf Kosten des Staates umgesiedelt werden oder im Gebiet bleiben. Schliesslich wurde für jene Bevölkerung, die in einem Gebiet mit einer Kontamination von mehr als 37 kBq/m2 137 Cs eine Zone mit regelmässigen medizinischen Untersuchungen eingerichtet. Dieser Wert entspricht in etwa dem Richtwert für Bodenkontamination gemäss Schweizer Strahlenschutzverordnung. kann. Wenn mit einer Massnahme eine Dosis von 10 mSv pro Jahr vermieden werden kann, wird diese von der ICRP als möglicherweise gerechtfertigt betrachtet. Massnahmen, bei welchen weniger als 10 mSv pro Jahr an Dosis eingespart werden können, werden von der ICRP in der Regel als ungerechtfertigt angesehen (1). Der Grund für diese radikalen Massnahmen wird von russischen Wissenschaftlern damit erklärt, dass die Dekontamination eines Geländes sehr schwierig durchzuführen wäre und sehr viel Zeit und Personal dafür beansprucht würde, was zu sehr hohen Kosten führen könnte. Zudem ist gerade im stark kontaminierten Gebiet ungewiss, ob es genügend dekontaminiert werden kann, damit es wieder wie vor dem Ereignis genutzt werden kann. Nach Tschernobyl getroffene Massnahmen In der Sowjetunion sind zwischen 1945 und 1990 mehrere Unfälle in Kernkraftwerken und nuklearen Anlagen passiert, so dass die sowjetischen Behör- Nach Fukushima getroffene Massnahmen Das Gebiet in einem Umkreis von 20 km um das beschädigte Kernkraftwerk wurde evakuiert. In diesem Gebiet wurde eine Jahresdosis von mehr als 20 Abb. 3: Gebiet, in welchem der Richtwert für Bodenkontamination über hundertmal überschritten ist. mSv erwartet. 78’000 Personen wurden aus diesem Gebiet evakuiert. Auch ausserhalb dieses Radius werden im Nordwesten Dosiswerte über 20 mSv im Jahr erwartet. Für diese wurde eine Evakuierung geplant (deliberate evacuation zone). Etwa 10’000 Personen waren von dieser Massnahme betroffen. Im Vergleich dazu muss festgehalten werden, dass 380’000 Personen aus dem von Erdbeben und Tsunami verwüsteten Gebiet evakuiert wurden. In der Zwischenzeit sind in Japan umfassende Dekontaminationsarbeiten angelaufen. Dort, wo die erwartete Jahresdosis unter 20 mSv reduziert werden konnte, darf die Bevölkerung wieder in ihre Häuser zurückkehren. Es ist in diesen Gebieten vorgesehen, weitere Dekontaminationsarbeiten durchzuführen, bis die Jahresdosis infolge der Kontamination unter 1 mSv liegt. In jenen Gebieten, wo die Jahresdosis zwischen 20 und 50 mSv liegt, sind in den nächsten Jahren weitere Dekontaminationsarbeiten geplant. Die aus diesen Gebieten evakuierte Bevölkerung weiss aber heute immer noch nicht, wann und ob sie überhaupt einmal in ihr altes Zuhause zurückkehren kann. Dies ist für die Betroffenen eine sehr unbefriedigende Situation. Es ist aber auch eine Belastung für die Bevölkerung der Gebiete, welche die Evakuierten aufgenommen hat und diese Menschen als Eindringlinge betrachtet, die ihnen Arbeitsplatz und Lebensmittel streitig machen. Aus dieser Sicht ist der Ansatz der damaligen sowjetischen Behörden vorzuziehen, rasch festzulegen, aus welchen Gebieten die Bevölkerung umgesiedelt wird. Damit können sich die Betroffenen sofort auf die neue Situation einstellen und ihr Leben neu gestalten, während in Japan die Betroffenen noch S R MDM «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire jahrelang im Ungewissen bleiben und auf eine Rückkehr hoffen, die vielleicht nie stattfinden wird. Was die Gebiete betrifft, wo die erwartete Jahresdosis über 50 mSv liegt, planen die japanischen Behörden zwar, auch diese zu dekontaminieren, geben aber zu, dass dies schwierig sein wird und das Ergebnis ungewiss ist. Mögliche Dekontaminationsmassnahmen Als Produkt eines grösseren Forschungsprojektes innerhalb der EU ist das «Generic Handbook for Assisting in the Management of Contaminated Inhabited Areas in Europe following a Radiological Emergency» (2) publiziert worden. In diesem Werk werden 59 Massnahmen beschrieben, die unmittelbar vor oder nach einem solchen Ereignis angewendet werden können. Bei den in Tabelle 1 aufgeführten Dekontaminationsmassnahmen wird auch ihre (theoretische) Wirksamkeit (Zahl in Klammern) angegeben. Wie die Erfahrungen in Japan allerdings zeigen, müssen die hier angegebenen Zahlen vielfach als zu optimistisch betrachtet werden. Erfahrungen aus Japan Nach der Katastrophe von Fukushima wurde ein grosser Teil der vorher aufgelisteten Dekontaminationsmassnahmen angewendet. Die Ergebnisse sind allerdings ernüchternd. In den Wohngebieten, wo die Häuser hauptsächlich mit dem Hochdruckreiniger abgespritzt und gebürstet wurden, konnte die Ortsdosisleistung im Mittel auf die Hälfte reduziert werden, und dies auch nur in jenen Gebieten, wo eine Jahresdosis von 20 bis 30 mSv errechnet wurde. In den stärker kontaminierten Gebieten konnte die erwartete Jahresdosis nicht unter 20 mSv gesenkt werden. Dort wo die oberste Erdschicht abgetragen wurde, konnte die Ortsdosisleistung um 70 bis 80 Prozent reduziert werden. Auch dieser Wert liegt weit unter dem in (2) angegebenen Wirkungsgrad. Die Dekontaminationsarbeiten erweisen sich als sehr arbeitsaufwändig. Im Schnitt wurde für die Dekontamination einer Fläche von einer Hektare ein Aufwand von zwei Mannjahren benötigt. Vorschlag zur Bewältigung des Beispielszenarios Um die Dekontaminationsmassnahmen bei gleichzeitiger Minimierung der Kosten der getroffenen Massnahmen optimieren zu können, ist eine genaue Kenntnis der Kontaminationsverteilung absolut notwendig. Zweck dieser Messungen zur Bestimmung der Kontamination und der Ortsdosisleistung ist es, den zuständigen Behörden eine Grundlage zu liefern, um entscheiden zu können, ob Massnahmen notwendig sind, damit eine Bestrahlung der Bevölkerung vermieden werden kann, welche Massnahmen dazu geeignet sind und in welcher Priorität sie angeordnet werden müssen. Dabei ist es wichtig, den Überblick zu behalten, auf welche Weise die Bevölkerung einer Strahlendosis ausgesetzt sein kann: Externe Bestrahlung durch die Bodenkontamination: –durch Aufenthalt im Freien; –im Gebäudeinnern durch Strahlung, ausgehend von Kontamination auf Strassen, Dächern, Mauern, Gärten sowie durch kontaminierten Staub im Innern der Gebäude. Innere Bestrahlung durch Einnahme von kontaminiertem Trinkwasser, Le- bensmitteln oder Produkten aus dem eigenen Garten. Innere Bestrahlung durch Einatmen kontaminierter Luft –durch Aufwirbeln von kontaminiertem Staub im Freien (z. B. durch vorbeifahrende Fahrzeuge); –durch Aufwirbeln von kontaminiertem Staub innerhalb der Gebäude. Externe Bestrahlung, ausgehend von kontaminierten Mitmenschen. Externe Bestrahlung durch Anfassen von kontaminierten Gegenständen. Dabei ist zu bedenken, dass nicht alle aufgeführten Punkte gleich wichtig sind. Die noch auszuarbeitende Strategie und die Prioritätenliste, was zu messen ist, sollten dies berücksichtigen. So schnell wie möglich nach der Verbreitung einer radioaktiven Kontamination sollte ein Plan zur Bestimmung des Ausmasses dieser Kontamination ausgearbeitet und ausgeführt werden. Die wesentlichen Ziele dieses Plans sollten sein: Bestimmung der Gebiete, wo eine Umsiedlung der Bevölkerung notwendig ist. Bestimmung der Gebiete, wo eine (vorübergehende) Evakuation der Bevölkerung nötig ist. Bestimmung der Gebiete, wo andere Massnahmen gerechtfertigt sind. Bestimmung der Gebiete, in welchen die erwartete Strahlenbelastung unterhalb der Schwelle liegt, wonach Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung gerechtfertigt sind. Es wäre nützlich, die Schwellwerte, wann welche Massnahme angeordnet wird, vorgängig festgelegt zu haben und nicht erst nach einem Ereignis da- 49 SW I S S REVIEW O F MILITARY AND DI SASTE R M E DI CI NE Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe Zum Inhalt/au sommaire Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe 50 Massnahmen vor der Freisetzung und Sofortmassnahmen 1. Geschützter Aufenthalt 2. Evakuation 3. Einnahme von Kaliumiodidtabletten (entfällt im betrachteten Szenario) 4. Tragen einfacher Masken zum Schutz der Atemwege 5. Fenster und Türen schliessen, Abstellen der Lüftungs- und Klimaanlagen 6. Benutzung von Staubsaugern als Luftreiniger 7. Abdecken, einlagern, einschliessen persönlicher/wertvoller Objekte Es ist hier allerdings zu bemerken, dass ein Teil dieser Massnahmen nur der Vollständigkeit halber erwähnt wird. Bei einem Terroranschlag, der ohne Vorankündigung stattfindet, können natürlich keine Massnahmen vor der Freisetzung angeordnet werden. Wiederherstellungsphase: Einschränkung des Zugangs 8. Vorübergehende Umsiedlung aus Wohngebieten 9. Ständige Umsiedlung aus Wohngebieten 10. Zugang zu unbewohnten Gebieten verbieten 11. Zugang zu unbewohnten Gebieten einschränken (z.B. Industriegebiete, zeitliche Beschränkungen oder auf bestimmtes Personal beschränkt) Gebäude (Öffentlich, Industrie, Wirtschaft, Wohnen) 12. Gebäude zerstören (100%)1 13. Abspritzen mit Feuerwehrschlauch (bis 25%) 14. Dächer bürsten (50 – 85%) 15. Wände sandstrahlen (75 – 90%)1 16. Wände und Dächer mit Hochdruck reinigen (kaltes Wasser) (35 – 80%) 17. Dächer mit Hochdruck mit heissem Wasser abspritzen (50 – 85%) 18. Dächer ersetzen (100%)1 19. Wände mit Ammoniumnitrat behandeln (25 – 50%) 20. Hölzerne Wände abschleifen (35 – 60%) 21. Festbinden der Kontamination an die Oberfläche (Diese Massnahme verhindert nur die Resuspension) Innere Flächen (alle Gebäude) 22. Staub saugen (80 – 90%) 23. Waschen (35 – 65%) 24. Andere Reinigungsmethoden (scheuern, schamponieren, mit Dampf reinigen, usw.) (bis 90%) 25. Entfernen der Oberfläche (Farbe, Tapeten, Teppiche usw.) (100%)1 26. Entsorgung der Möbel und anderer Objekte (100%)1 Innere Flächen (weitere Optionen für grosse öffentliche Gebäude, z.B. Bahnhöfe) 27. Aggressive Reinigung der kontaminierten inneren Oberflächen (bis 90%) Persönliches und Wertgegenstände 28. Lagern, abschirmen, sorgfältiges Reinigen (bis 100%) Strassen (und andere harte äussere Flächen) 29. Abspritzen mit Feuerwehrschlauch 30. Staub saugen 31. Abspritzen mit Hochdruckreiniger 32. Oberfläche entfernen und ersetzen 33. Pflastersteine umkehren 34. Festbinden der Kontamination an die Oberflächen (50 – 75%) (50 – 65%) (65 – 85%) (100%)1 S R MDM «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Äussere Flächen aus Erde und Gras 35. Gras schneiden, Rasen mähen (50 – 90%) 36. Pflanzen und Sträucher entfernen (50 – 90%) 37. Abtragen der obersten Erdschicht (1cm) (65 – 90%) 38. Abtragen der oberen Erdschicht (5 cm, mechanisch) (90 – 95%) 39. Abtragen der oberen Erdschicht (5 cm, von Hand) (90 – 95%) 40. Mit sauberer Erde überdecken 41. Festbinden der Kontamination an die Oberfläche Zusätzliche Optionen für kleine Flächen (Garten) Die folgenden Massnahmen (Nr. 42 bis 48) sind keine eigentlichen Dekontaminationsmassnahmen. Sie dienen lediglich dazu, den radioaktiven Staub zu vergraben, um damit die Ortsdosisleistung etwas zu reduzieren und eine Resuspension und weitere Ausbreitung über den Luftweg zu verhindern. Solche Massnahmen sind allerdings nur dort in Betracht zu ziehen, wo eine Grundwasserkontamination durch versickern ausgeschlossen werden kann. Es ist auch zu bedenken, dass in einem solchen Garten kein Gemüse mehr angepflanzt werden darf. 42. Erde mechanisch umgraben 43. Erde von Hand umgraben 44. Erde und Gras überdecken (z.B. mit Asphalt) 45. Dreifaches Umgraben Zusätzliche Optionen für grosse Flächen (Parkanlagen, auf dem Land) 46. Pflügen 47. Tiefes Pflügen 48. Abschöpfend und begrabend pflügen (Skim and burial ploughing) Alle äusseren Flächen 49. Abschälbare Anstriche (Peelable coatings) 50. Schnee entfernen (bis 80%) (90 – 95%) Bäume und Sträucher 51. Blätter einsammeln 52. Bäume und Sträucher schneiden/entsorgen (50 – 90%) (50 – 98%) Besondere Oberflächen (insbesondere Metalle) 53. Ultraschallbehandlung mit chemischer Dekontamination 54. Kontaminierte Ventilationssysteme reinigen 55. Filter auswechseln 56. Chemische Reinigung metallischer Oberflächen 57. Chemische Reinigung von Kunststoff und beschichteten Oberflächen 58. Anwendung abtragbarer Polymerpaste auf metallischen Oberflächen 59. Elektrochemische Reinigung metallischer Oberflächen 1 Falls sorgfältig durchgeführt, ohne die Kontamination zu verschleppen Tab. 1: Dekontaminationsmassnahmen und ihre Wirksamkeit (90 – 99%) (80 – 97%) (bis 100%) (50 – 100%) (90 – 99%) (75 – 97%) (bis 100%) 51 SW I S S REVIEW O F MILITARY AND DI SASTE R M E DI CI NE Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe Zum Inhalt/au sommaire Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe 52 mit zu beginnen, sich dazu Gedanken zu machen, weil Diskussionen um diese Schwellwerte erwartet werden. Das Ziel der zu treffenden Massnahmen ist es, die Dosisbelastung der Bevölkerung möglichst kostengünstig zu minimieren. Die Messstrategie und die Reihenfolge der durchzuführenden Messungen sollten so ausgelegt sein, dass jene Gebiete, in denen erwartet werden kann, dass auf Grund der Kontamination Massnahmen notwendig sein werden, raschmöglichst erkannt werden. Zu diesem Zweck stehen folgende Messmethoden zur Verfügung: Aeroradiometrie Messungen mit Instrumenten in Fahrzeugen (Landradiometrie) und In situ Messungen Referenzpunktmessungen Messungen mit Handgeräten Ein vollständiges Bild einer radioaktiven Kontamination in einer städtischen Umgebung zu erhalten, kann sehr zeitaufwändig sein. In vielen Fällen kann die Kombination von Messungen und Modellrechnungen dazu beitragen, innerhalb kürzerer Zeit genügend Informationen über die Lage in einer komplexen Umgebung wie einer Stadt zu erhalten, um über notwendige und geeignete Massnahmen zu entscheiden. Nachdem die Aeroradiometrie das Ausmass des kontaminierten Gebietes erfasst hat, erste Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung, wie deren Evakuation aus den am meisten kontaminierten Gebieten angeordnet worden ist, fängt der immense Messaufwand an. Erstens müssen alle Personen, die aus dem kontaminierten Gebiet evakuiert werden, einer Kontaminationsmessung unterzogen werden. Es werden sich auch viele Personen melden, die sich zur Zeit der Explosion in der Nähe aufhielten. Sollte bei solchen Personen eine Kontamination festgestellt werden, wird auch deren Wohnung, Auto, und vieles mehr ausgemessen und allenfalls dekontaminiert werden müssen. Sämtliche Züge, Busse, Strassenbahnen, die nach dem Ereignis am Bahnhof oder dessen Umgebung Passagiere aufgenommen haben, müssen auf Kontamination untersucht werden. Zweitens muss das kontaminierte Gebiet genau untersucht werden, um die Dekontaminationsmassnahmen optimieren zu können. Es muss festgestellt werden, welcher Beitrag zur Ortsdosisleistung von den Strassen, Dächern, Bäumen, Grünflächen geleistet wird. Dabei ist jenes Gebiet prioritär zu behandeln, in welchem die Bevölkerung nicht evakuiert wurde. In unserem Szenario ist allerdings zu bedenken, dass eine Schliessung des Bahnhofs Bern über längere Zeit dramatische Konsequenzen auf die lokale Wirtschaft zur Folge hätte und nach Möglichkeit zu vermeiden ist. Es sollten daher Massnahmen gefunden werden, die eine möglichst rasche Wiederinbetriebnahme des Bahnhofs Bern ermöglichen. Nachdem das Ausmass der radioaktiven Kontamination bekannt ist, können Massnahmen ergriffen werden. Wir gehen hier davon aus, dass diejenige Bevölkerung umgesiedelt würde, die im am stärksten kontaminierten Gebiet wohnt. Da momentan noch keine Richtlinien ausgearbeitet wurden, unter welchen Umständen ein solches Vorgehen vollzogen würde, betrachten wir mehrere Möglichkeiten. In der ersten Alternative nehmen wir an, dass die Bevölkerung aus jenem Ge- biet umzusiedeln wäre, wo im ersten Jahr nach dem Ereignis eine Dosis von 100 mSv überschritten würde. Dies würde ein Gebiet von 0.83 km2 betreffen und die Umsiedlung von rund 2’000 Personen zur Folge haben (mittlere Bevölkerungsdichte der Stadt Bern: 2’436 Einwohner/km2). Wir nehmen an, dass ein Einpersonenhaushalt in eine Einzimmerwohnung, ein Zweipersonenhaushalt in eine Zweizimmerwohnung usw. umgesiedelt würden. Eine oberflächliche Analyse des Berner Immobilienmarktes führt unter dieser Annahme zum Schluss, dass eine Umsiedlung durch Erstellung neuer Wohnungen in der Umgebung von Bern in der Grössenordnung von 250’000 CHF/Person kosten würde. Diese Massnahme würde somit Kosten von rund 500 Millionen CHF verursachen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Lösung von der Bevölkerung als ungenügend betrachtet und weitergehende Massnahmen verlangt würden. Wenn die Bevölkerung aus jenem Gebiet umgesiedelt würde, in welchem im ersten Jahr eine Dosis von 20 mSv und mehr erwartet wird, müssten 5.4 km2 berücksichtigt und damit rund 13’000 Personen umgesiedelt werden. Diese Massnahme würde rund 3.25 Milliarden CHF kosten. Sollten dieselben Kriterien wie nach Tschernobyl angewendet werden, müsste eine Fläche von 13 km2 und somit rund 32’000 Personen umgesiedelt werden, was acht Milliarden CHF an Kosten verursachen würde. Damit wäre erst die Bevölkerung aus dem am meisten kontaminierten Gebiet geschützt. Um den Normalzustand wieder herzustellen, müsste das weni- S R MDM «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire ger kontaminierte Gebiet noch dekontaminiert werden. Insgesamt erwarten wir, dass ein Gebiet von 62 km2 kontaminiert würde. Die Erfahrung aus Fukushima zeigt, dass die Dekontamination von einer Hektare einen Arbeitsaufwand von zwei Mannjahren darstellt. Wenn wir davon ausgehen, dass in der Schweiz ein Mannjahr 150’000 CHF kostet und pro Hektare 1’000 m3 radioaktiv kontaminiertes Material anfallen (Abtragen der obersten zehn Zentimeter Erde/Beton, oder 100 Liter kontaminiertes Wasser pro m2), die zu Kosten von 1’000 CHF/ m3 oberflächlich gelagert werden müssen, entstehen für die drei Alternativen folgende Kosten: In der ersten Alternative müssten 61 km2, d.h. 6’100 Hektaren dekontaminiert werden. Der Aufwand dafür wird auf über 12’000 Mannjahre geschätzt und die Kosten dafür auf 1.8 Milliarden CHF. Hinzu kommen geschätzte Kosten von rund sechs Milliarden CHF für die Lagerung des anfallenden radioaktiv kontaminierten Materials. Die zweite Alternative umfasst die Dekontamination von 56.6 km2 (oder 5’660 Hektaren). Der benötigte Arbeitsaufwand wird auf 1.7 Milliarden CHF und die Lagerung des radioaktiv kontaminierten Materials auf 5.6 Milliarden CHF geschätzt. Bei der dritten Alternative erwarten wir Dekontaminationskosten von rund 1.5 Milliarden CHF für die Manpower und 4.9 Milliarden CHF für die Lagerung des radioaktiv kontaminierten Materials. rund 8.3, 10.5 und 14.4 Milliarden CHF geschätzt. Es fällt auf, dass jene Alternative, wo der grössere Teil der Bevölkerung umgesiedelt wird, am teuersten ausfällt. Dies liegt wohl darin, dass der Wohnraum in der Schweiz sehr viel teurer ist als 1986 in der Sowjetunion. Zudem ist bei der ersten Alternative, wie die Erfahrung aus Japan zeigt, nicht gewährleistet, dass die Dekontaminationsziele erreicht werden können und dass deswegen nachträglich möglicherweise noch wesentlich mehr Menschen umgesiedelt werden müssten als ursprünglich angenommen oder die Dekontaminationsarbeiten sehr viel mehr kosten als vorher angenommen. Dabei sind die Kosten für die Unterbringung der evakuierten Personen, die auf eine Rückkehr in ihre Häuser wartet, noch gar nicht einberechnet. Schlussfolgerungen Auch bei einem im Vergleich zur Katastrophe von Fukushima verhältnismässig kleinem Ausmass radioaktiver Kontamination, wie sie durch die Explosion einer radiologischen Bombe verursacht würde, wären die Konsequenzen dramatisch. Die Bevölkerung müsste aus dem am meisten kontaminierten Gebiet vorübergehend evakuiert werden. Für einen Teil davon müsste eine Umsiedlung in Betracht gezogen werden. Die Dekontaminationsarbeiten würden mehrere Tausend Mannjahre Einsatz verlangen. Die Kosten zur Bewältigung eines solchen Ereignisses werden in der Grössenordnung von zehn Milliarden Schweizer Franken geschätzt. Literaturverzeichnis (1) ICRP 96, Protecting People against Radiation Exposure in the Event of a Radiological Attack Zusammenfassend werden die Gesamtkosten der drei Alternativen auf (2) EURANOS, Generic Handbook for Assisting in the Management of Contaminated Inhabi- ted Areas in Europe following a Radiological Emergency V1.0, May 2007, bezogen unter http://www.euranos.fzk.de/Products/EURANOS_InhabitedHandbook_Version1.0.zip Abstract: Protection of the population and return to normal conditions after a major nuclear incident The Fukushima disaster, causing the radioactive contamination of more than 10,000 km2, shows the challenges that need to be met in order to protect the population from radiation and restore normal conditions in the affected area. Using a comparatively harmless scenario in which a radiological bomb explodes at Berne railway station, the problems that arise and possible solutions are demonstrated in the context of a Swiss city. Experiences from Chernobyl and Fukushima are taken into account. In summary, we conclude from this that the less contaminated area can be restored to its original condition. In the most heavily contaminated area, full decontamination appears extremely difficult, if not impossible. Here, consideration would have to be given to closing off the area and rehousing the population somewhere else. 53 SW I S S REVIEW O F MILITARY AND DI SASTE R M E DI CI NE Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe Zum Inhalt/au sommaire Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe Aufbau der militärischen ABC Abwehr: Vom AC Schutzdienst der Armee 61 zur ABC Abwehr in der Weiterentwicklung der Armee inkl. Einsatzkonzept Oberst i Gst Walter Schweizer, Kommandant Komp Zen ABC-KAMIR, 3700 Spiez, [email protected] 54 Key Words: ABC Abwehr, Kompetenzzentrum ABC-KAMIR, Sicherheitsverbund Schweiz Das Spektrum an Risiken und Gefahren ist heute komplexer denn je. Der Austausch von Expertenwissen und die Fähigkeit zur Leistungserbringung im Verbund sind deshalb bei der Ereignisbewältigung entscheidend für den Erfolg und bilden die eigentliche Herausforderung für alle. Gefragt sind Abwehrmassnahmen, die rasch und professionell Wirkung zeigen. Als verlässlicher militärischer Partner sind wir motiviert und willens, diese Herausforderungen anzunehmen und die zivilen Behörden in der Bewältigung von Ereignissen mit ABC Agenzien und/oder Kampfmitteln wirkungsvoll zu unterstützen. Grundgedanken zu einer modernen ABC Abwehr Wir können nicht abschätzen, wie sich die allgemeine Lage entwickelt. Eines jedoch ist sicher: Die Globalisierung und die damit einhergehende Vernetzung und Beschleunigung der Wirkungsabläufe macht unsere Gesellschaft verletzlich. Vermeintlich kleine Störungen tangieren rasch das Tagesgeschehen, breiten sich aus und lähmen das Funktionieren von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. ABC Agenzien sind oft mit unseren Sinnen nicht wahrnehmbar, was ihre schädlichen Auswirkungen für Mensch, Tier und Umwelt noch verstärkt und eine hohe allgemeine Gefahr für uns alle darstellt. Die Asymmetrie der meisten heutigen Konflikte hat zur Folge, dass militärisch schwache Gegner einen militärisch stärkeren Gegner aus dem Stand empfindlich treffen können. In der Schweiz muss damit gerechnet werden, dass trotz der Neutralität unseres Landes, stellvertretend internationale Organisationen, internationale Veranstaltungen oder diplomatische Vertretungen von Konfliktparteien ein Angriffsziel darstellen können. Ereignisse reagieren zu können, sogar auf Ereignisse, welche wir uns heute noch gar nicht genau vorstellen können, denn diese sind die wirklich gefährlichen. Fahrzeuge, die ereignisnah oder auf dem Gefechtsfeld eingesetzt werden sollen, müssen über einen ABC Kollektivschutz verfügen und auch ballistisch optimal geschützt sowie leicht bewaffnet sein. In der ABC Abwehr darf somit nicht mit einer allmählichen Eskalation gerechnet werden! Bei konventionellen Sicherheitsplanungen wird meist von einer allmählichen Zunahme der politischen Spannungen ausgegangen (Demonstrationen einzelne Terroristen und/oder Heckenschützen marodierende, bewaffnete Banden bürgerkriegsähnliche Zustände in Teilbereichen der Schweiz). Es ist aus heutiger Sicht wahrscheinlicher, dass ein ABC Ereignis oder eine ABC Attacke eine Armeeoperation auslösen wird, als dass eine laufende Armeeoperation durch ein ABC Ereignis behindert wird. Wir brauchen gut ausgerüstete, gut ausgebildete und gut geschützte Bodentruppen, die rasch aufgeboten werden können. Wir müssen mit ihnen die Flexibilität gewinnen, auf absolut überraschende Aus all diesen Überlegungen haben wir seit dem Ende des AC Schutzdienstes nicht bloss das Pferd gewechselt… Der ganze Bereich wurde in den letzten Jahren nach Massgabe der aktuellen Bedrohung neu aufgestellt und auf die wahrscheinlichen Einsätze ausgerichtet. Es ist ein Schritt in eine neue Form der Ereignisbewältigung mit dem Ziel, die Handlungsfähigkeit für die Bewältigung einer Lage vor, während oder nach einem Ereignis mit ABC Substanzen und/oder Sprengstoffen aufrecht zu erhalten. Bereits an dieser Stelle muss festgehalten werden, dass die ABC Abwehrtruppen und die entsprechenden Einsatzelemente nicht die Ersteinsatzkräfte (z.B. Chemie- und Strahlenwehren) der Kantone und Gemeinden ersetzen können. Diese sind in der Initial- bzw. Chaosphase eines Ereignisses auf sich selbst gestellt und müssen vor allem auch das Eskalationspotenzial eines ABC Ereignisses möglichst früh erken- S R MDM «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire nen können. Zu diesem Zweck gibt der Bund den Kantonen ABC Schutz- und Nachweismaterial ab und führt auch Ausbildungen durch. Abgrenzung gegenüber zivilen und militärischen Partnern im Inland aus dem Bereich Sanität Die ABC Abwehrtruppen bringen das Material für eine effiziente ABC Patientendekontamination zum Einsatz. Nicht Sache der ABC Abwehrtruppen ist der medizinische ABC Schutz, d.h. medizinische Massnahmen an verstrahlten, verseuchten und vergifteten Patienten. Die entsprechenden Belange werden in der Armee vom Bereich Sanität durch den Oberfeldarzt geregelt und von dessen Sanitätstruppen vollzogen. Die Hauptakteure mit ihren Kernaufgaben lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die ABC Abwehr aller Truppen stellt den Schutz, die Warnung, die Alarmierung, den Nachweis und, mit Unterstützung der ABC Abwehrtruppen, die Dekontamination permanent und dauerhaft sicher; verbessert die Überlebenschancen der Truppe bei ABC-Angriffen oder -Ereignissen. Die ABC Abwehrtruppen liefern vertiefte Analysen im Falle eines ABC-Ereignisses, stellen die ABC Aufklärung sicher und verstärken die ABC Abwehr aller Truppen, schwergewichtig in der Dekontamination. Jeder Angehörige der Armee ist in der Lage, sein persönliches ABC Schutzmaterial einsatzbereit zu halten; die Notmassnahmen C Alarm und A Überraschung anzuwenden. Massnahmen zur Sicherung der Lebensmittelqualität und -hygiene (inklusive Trinkwasserqualität) in der Armee sind Sache des Veterinärdienstes der Armee. Das Konzept der ABC Abwehr Gefragt sind heute Abwehrmassnahmen, die schnell und professionell wirken. Im Vordergrund steht der Erhalt der Handlungsfreiheit auf allen Stufen. Zu diesem Zweck stützt sich die ABC Abwehr der Schweizer Armee auf fünf Pfeiler ab: Prävention Schutz Aufklärung Nachweis Dekontamination Alle Kader sind zusätzlich in der Lage, die Führungsmassnahmen vor, während und nach ABC Ereignissen anzuordnen. Alle Verbände verfügen über die notwendige Anzahl ausgebildeter ABC Spezialisten (2 ABC Spürer pro Zug, 1 ABC Uof pro Einheit, 1 ABC Of pro Bataillon und 1 Chef ABC, 1 ABC Of, 2 ABC Uof pro Stab eines Grossen Verbandes). Die Spezialisten im ABC Bereich (ABC Spürer, ABC Uof und ABC Of aller Stufen) stellen die Einsatzbereitschaft des ABC Materials sowie dessen fachgerechten Einsatz sicher; beraten die Kommandanten aller Stufen bei der Vorbereitung und Durchführung vorsorglicher Schutzmassnahmen gegen die Wirkung von A, B und C Waffen mit dem Zweck, das Überleben und die Kampfkraft zur Auftragserfüllung zu gewährleisten. Sie koordinieren die Alarm-, Mess- und Nachweisorganisation mit Nachbartruppen und zivilen Behörden im eigenen Raum. Sie beurteilen natürliches und industrielles ABC Gefahrenpotenzial; nach A, B oder C Einsätzen beurteilen sie Art und Umfang der Auswirkungen, beantragen Massnahmen zur Aufrechterhaltung der Kampfkraft und koordinieren die Retablierung verstrahlter, verseuchter oder vergifteter Truppen. Das Kompetenzzentrum ABCKAMIR ist Doktrinstelle für den Bereich der ABC Abwehr; stellt die Ausbildung sämtlicher Funktionen der ABC Abwehrtruppen sicher, damit die geforderten Einsätze geleistet werden können; Links: http://www.vtg.admin.ch/internet/vtg/de/home/schweizerarmee/organisation/fsta/abc.html http://www.vtg.admin.ch/internet/vtg/de/home/themen/kmb/kompetenzzentrum_kampfmittelbeseitigung.html http://www.vtg.admin.ch/internet/vtg/de/home/dienstleistung/bmz.html 55 SW I S S REVIEW O F MILITARY AND DI SASTE R M E DI CI NE Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe Zum Inhalt/au sommaire Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe 56 unterstützt die Ausbildung der ABC Abwehr aller Truppen durch die zentrale Durchführung von Kursen für Ausbildner und für alle ABC Spezialisten; verfügt über rasch einsetzbares Berufspersonal. Prinzip der abgestuften Leistungsbereitschaft Alle Formationen der ABC Abwehrtruppen sind Miliztruppen mit erhöhter Bereitschaft (Abb. 1). Das Berufspersonal der Einsatzequipen VBS (EEVBS) ist innerhalb einer Stunde in Spiez marschbereit und kann nach zwei bis vier Stunden vor Ort subsidiär Hilfe leisten. In der Regel kann dieser Einsatz maximal 48 Stunden dauern. Zeichnet sich eine Eskalation ab, soll die EEVBS nach 12 Stunden durch erste Milzelemente (ABC Abwehreinsatzkompanie) verstärkt werden (z.B. für die grössflächige Erfassung einer radiologischen Lage). Falls das Ereignis noch grössere Ausmasse annimmt, können nach 24 bis 72 Stunden, d.h. nach einer einsatzbezogenen Ausbildung (EBA) Elemente des ABC Abwehr Labor 1 und des ABC Abwehr Bataillon 10 zum Einsatz kommen. Kontakte herzustellen. Damit erhöhen wir die Reaktionsfähigkeit bei Krisen.» Der Nutzen ist nicht bloss militärischer Art Mit der ABC Abwehr und der Kampfmittelbeseitigung leisten wir täglich einen wesentlichen Beitrag für die Sicherheit unserer Truppen und die Sicherheit der Bevölkerung. Dieser Aussage ist nichts hinzuzufügen…Hoffen wir, dass wir diese Mittel nie zum Einsatz bringen müssen! «Sicherheitsverbund Schweiz» (SVS) heisst das Zauberwort. Bundespräsident und Verteidigungsminister Ueli Maurer hat sich anlässlich der Delegiertenversammlung der Schweizerischen Offiziersgesellschaft vom 16.03.2013 in Thun wie folgt geäussert: «Mit dem Sicherheitsverbund Schweiz verbessern wir die Zusammenarbeit mit kantonalen Behörden. Ohne Strukturen aufbauen zu müssen, bringen wir so alle Kräfte zusammen, die in irgendeiner Art und Weise mit Sicherheit beschäftigt sind. Wir bauen dabei auf unseren bewährten föderalen Strukturen auf und schaffen die Möglichkeit, pragmatisch und fallbezogen direkte Abb. 1: Das Prinzip der abgestuften Leistungsbereitschaft Abstract: Structure of the military NBC defence: from the Armee 61 NC protection service to the NBC defence in the development of the army, including deployment concept The spectrum of risks and dangers is now more complex than ever before. The exchange of expert knowledge and cooperation are therefore crucial to successful incident management and are the main challenge for everyone. Defence measures must be implemented quickly and professionally. As a reliable military partner, we are motivated and prepared to take on these challenges and to help the civil authorities to deal effectively with incidents involving NBC agents and/or warfare materials. S R MDM «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Fähigkeiten der ABC Abwehr: Prävention, Schutz, Aufklärung, Nachweis und Dekontamination Oberst Matthias Schmid, Kommandant ABC Abwehr Schule, Kompetenzzentrum ABC-KAMIR, Spiez, [email protected] Key Words: ABC Abwehr, Schweizer Armee, Fähigkeiten ABC Abwehr In der Gesamtkonzeption der ABC Abwehr der Schweizer Armee stehen die Fähigkeiten der ABC Abwehr im Zentrum. Diese Fähigkeiten liefern, teilweise im Alleingang, teilweise im Verbund mit nationalen und internationalen Partnern, die Antwort auf die aktuell wahrscheinlichsten Risiken und Gefahren. Diese Fähigkeiten sind weltweit bei jeder ABC Abwehr dieselben, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Im folgenden Artikel wird der aktuelle Stand der ABC Abwehr der Schweizer Armee in den Fähigkeiten Prävention, Schutz, Aufklärung, Nachweis und Dekontamination beschrieben. Prävention Unter der Fähigkeit der Prävention geht es darum, mit Hilfe von Wissenschaft und Technik die aktuellen Gefahren, aber auch die Abwehrmöglichkeiten zu erkennen. Daraus muss auf der politischen Ebene vorgegeben werden, welche Abwehr angestrebt und umgesetzt werden soll. Aus dieser Vorgabe kann die notwendige Information und Ausbildung abgeleitet werden. Und letztlich führt dieser Prozess zu einer ständigen Grundbereitschaft und der spezifischen Einsatzbereitschaft aller beteiligten Formationen. Mit den nationalen Projekten im ABC Schutz, und vor allem deren Umsetzung, wird die Lücke bei der Prävention in den nächsten Jahren zu schliessen sein. Schutz Die Armee verfügt mit dem C-Schutzanzug (CSA/ICS 90) über einen sehr guten individuellen Schutz für jeden Soldaten, vom Rekruten bis zum Chef der Armee. Zusätzlich kann bei allen Truppen das ABC Schutzzelt COLPRO eingesetzt werden. Die weiteren Schutzanzüge werden von den Spezialisten der ABC Abwehr auftragsbezogen genutzt. Mit der Einführung des schweren Schutzanzuges 08 wird auch im Schutz die Lücke geschlossen. Im Schutz ist die nächste Herausforderung bereits erkennbar, weil der ICS 90 in den nächsten rund zehn Jahren durch ein neues System ersetzt werden muss. Aufklärung Bei der ABC Aufklärung besteht aktuell die grösste Fähigkeitslücke. Hier startete die ABC Abwehr 2004 mit der ABC Erkundungspatrouille. Diese klärt als Fusspatrouille mit den A- und C-Nachweisgeräten die aktuelle ABC Lage auf. Eine erste Etappe wurde mit der Einführung der Radiometrie LAND erreicht. Mit diesem System können sehr tiefe Strahlendosisleistungen erkannt werden, wie zum Beispiel von einer «dirty bomb» vor der Detonation. Der Einbau der Sensoren in Fahrzeuge begrenzt auch deren Einsatz. Befindet sich die Quelle zum Beispiel im Inneren eines Gebäudes, gelangt weiterhin die Fusspatrouille zum Einsatz. Auch die räumliche Ausdehnung der Verdachtsfläche ist eine Herausforderung. Deshalb wird das System mit der Radiometrie LUFT ergänzt. Dabei werden die gleichen Sensoren wie auf dem Fahrzeug in einen Hubschrauber eingebaut. Damit kann der Suchperimeter bereits massiv verkleinert werden. Das «Filetstück» der ABC Aufklärung stellt aber zweifelsohne das ABC Auf- klärungsfahrzeug dar. Mit diesem Fahrzeug können fahrend grössere kontaminierte Gebiete erkannt und markiert werden. Das Innere des Fahrzeugs besticht durch eine Vielzahl elektronischer Geräte, welche neben der Erkennung der Gefahr auch die Kartierung und Übermittlung der Resultate ermöglicht. Damit erhalten die Kommandanten zeitverzugslos ein aktuelles Bild über die ABC Lage. Nota bene: der Schweizer Prototyp war weltweit das erste ABC Aufklärungsfahrzeug. Alle früheren Aufklärer waren nur im A- und C-Bereich fähig zur Aufklärung. Bei der Biologie war vorher nur die Probennahme möglich. Nachweis Bis 2004 wurde der ABC Nachweis durch die dezentralen AC Laboratorien der Territorialformationen sichergestellt. Die Formationen wurden zum Grundstock der ABC Abwehrtruppen zusammengelegt und die Laboratorien ausser Dienst gestellt. Die Lücke in dieser Fähigkeit wurde bewusst in Kauf genommen und wird mit der Einführung des mobilen ABC Nachweises bei der Truppe im nächsten Jahr geschlossen. In der Konzeption «ABC Abwehr SOLL» wird die ABC Analyse über zwei Stufen geführt. Im mobilen ABC Labor werden ereignisnahe schnelle Analysen möglich sein. Sollte sich eine vertiefte forensische Analyse als notwendig erweisen, kann diese im ABC Abwehr Labor 1 erfolgen. Vor jeder Analyse steht aber noch die Probennahme. Die Probennahmeteams sind in der Lage, nach internationalen Standards im Feld Proben aller Art zu nehmen. Mit der standardisierten 57 SW I S S REVIEW O F MILITARY AND DI SASTE R M E DI CI NE Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe Zum Inhalt/au sommaire Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe 58 «chain of custody» können diese Proben und die daraus erstellten Analysen auch als Beweismittel vor einem internationalen Tribunal verwendet werden. Die Probennahmeteams sind auch in der Lage, nach erfolgtem Einsatz im kontaminierten Gebiet eine Eigendekontamination durchzuführen. Wenn die Proben genommen sind, werden sie zur Analyse in eines der Labors überführt. Ist ein rasches Resultat gewünscht, erfolgt die Analyse im mobilen Labor. Von diesen stehen je vier Stück in den Bereichen Nuklear, Biologie und Chemie zur Verfügung, je eines pro Fachrichtung in Kombination mit der Logistik in jeder der vier ABC Abwehrkompanien. Das Innere des Fahrzeugs ist derart konzipiert, dass eine Probe eigentlich nie die geschützte Werkbank verlassen muss. Die eingesetzten Analysemethoden sind «state of the art» und können bei markanten Entwicklungsschritten nachgerüstet werden. Sollte eine vertiefte forensische Analyse notwendig sein, kommt das ABC Abwehr Labor 1 zum Einsatz. Die unterschiedlichen Nachweismethoden setzen auch ein leicht angepasstes Vorgehen bei der Probennahme voraus. Sind die Proben einmal im Labor, stehen dem ABC Abwehr Labor 1 die gleichen Methoden und Geräte zur Verfügung, wie sie im Normalbetrieb täglich durch das LABOR SPIEZ verwendet werden. Dekontamination Die ABC Dekontamination startete 2004 mit der Sofortdekontamination, welche von jedem Soldaten durchgeführt werden kann. Diese wurde ergänzt mit der behelfsmässigen Dekontamination, welche jede Einheit der Armee selbstständig oder zu Gunsten einer anderen Einheit durchführen kann. Diese ersten drei Stufen der Dekontamination führen aber noch nicht zu einer vollen Einsatzbereitschaft von Personal und Material. Diese kann erst mit der gründlichen ABC Dekontamination durch die ABC Abwehrtruppen erreicht werden. die Dekontamination von Personen und Patienten voraus. Das System wird komplettiert mit Logistikmaterial und einem COLPRO, damit der ABC Hauptdekontaminationsplatz während acht bis zwölf Stunden betrieben werden kann. Wenn alle Module im korrekten Ablauf betrieben werden, wird ein Platz von rund 100 mal 500 Meter benötigt. Mit der Einführung des ABC Aufklärungsfahrzeugs bei der Truppe werden spätestens 2017 in allen Fähigkeiten die aktuellen Vorgaben erfüllt sein. Die Gewissheit, dass in der Folge die Vorgaben erhöht werden, spornt uns an, weiterhin «Mit Kompetenz für unsere Sicherheit» den Aufbau der ABC Abwehr voranzutreiben. Auf dem ABC Hauptdekontaminationsplatz sind die ABC Abwehrtruppen in der Lage, Material und Fahrzeuge zu dekontaminieren. Zudem können pro Stunde bis 60 Soldaten sowie 20 gehfähige und zehn liegende Patienten von ABC Agenzien befreit werden (Abb. 1). Der Betrieb der ABC Dekontaminationsmodule setzt die Möglichkeiten zur Wasserversorgung und Wasserentsorgung sowie zur Wasseraufbereitung für Abb. 1: Das System der Patientendekontamination der Armee im Einsatz: Links: Der Patient wird auf einer Bahre gebracht und auf das spezielle Rollensystem umgelagert. Mitte: Der Patient wird samt Kleidung geduscht. Rechts: Die Kleider des Patienten werden aufgeschnitten. Wunden und Haut werden dekontaminiert. Danach erhält der Patient Notwäsche und wird der Sanität übergeben. S R MDM «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Diffusions-Nebelkammer – einer der ersten Teilchendetektoren in der Physik: Vorstellung und Besichtigung eines Teilchendetektors Dr. Martin Bucher, Fachbereichsleiter Nuklear, Kompetenzzentrum ABC-KAMIR, 3700 Spiez, [email protected] Key Words: Diffusions-Nebelkammer, Teilchendetektoren, Umgebungsstrahlung Die PHYWE Diffusions-Nebelkammer zählt zu den eindrucksvollsten Teilchendetektoren überhaupt. Sie eignet sich hervorragend zur Beobachtung der natürlichen Umgebungsstrahlung, die uns Tag für Tag umgibt. Dabei unterscheidet man die kosmische Strahlung und die natürlich vorkommende Radioak- tivität (Hinter-, Untergrundstrahlung) der Erde. Ob α- oder β-Teilchen, Protonen, Myonen, Elektronen oder Positronen – alle ionisierenden Teilchen können beobachtet werden. Durchquert eines dieser ionisierenden Teilchen eine Schicht aus übersättigtem Alkoholdampf, entsteht eine Nebelspur, deren Form unter anderem Rückschlüsse auf die Art des Teilchens und dessen kinetische Energie zulässt. Eine Diffusions-Nebelkammer lässt sich daher hervorragend im Unterricht des FB Nuklear der ABC Abwehr Schule einsetzen, indem etwa Experimente zur Bestimmung der Menge der Umgebungsstrahlung, zur Spurenbestimmung von α- und β-Teilchen, Mesonen sowie des Thorium-Zerfalls und zur Ablenkung von β-Teilchen in einem Magnetfeld durchgeführt werden können. Damit werden folgende Lernziele erfüllt: Unterscheidung von α- und β-Teilchen sowie deren Abgrenzung zur γ-Strahlung, β-Ablenkung, ionisierende Teilchen, Mesonen, Erfassung der kosmischen Strahlung, radioaktiver Zerfall, Zerfallsreihe(n), Partikelgeschwindigkeit und Lorentz-Kraft. Die grossen α-Teilchen (Abb. 1) zeigen eine kurze breite Spur, niederenergetische β-Teilchen (Abb. 2) ändern beim Stoss mit einen Alkoholmolekül häufig ihre Richtung, Protonen (Abb. 3) und hoch energetische Myonen (Abb. 4) hingegen erzeugen eine schnurgerade Spur. Die Beobachtung einer ElektronPositron Paarbildung ist – wenn auch selten zu sehen – immer ein Höhepunkt. Zu jeder Zeit sind zwischen 100 bis 500 Nebelspuren zu sehen, die jeweils nach ein bis zwei Sekunden durch Kondensation auf der gekühlten Bodenplatte verschwinden. Das immer wieder von Neuem auftretende Schauspiel fasziniert bestimmt jeden Betrachter. Abstract: Diffusion cloud chamber – one of the first particle detectors in physics: presentation and viewing of a particle detector The PHYWE diffusion cloud chamber is one of the most impressive particle detectors in existence. It is ideally suited to the observation of natural everyday background radiation. 59 Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 SW I S S REVIEW O F MILITARY AND DI SASTE R M E DI CI NE Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe Zum Inhalt/au sommaire Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe C Nachweismöglichkeiten der Armee: Feldnachweis, C Nachweiskette und mobiler C Nachweis (Labor auf DURO) Dr. phil. nat. Matthias Giger, Fachbereichsleiter C (Ausbildung), Komp Zen ABC-KAMIR, 3700 Spiez, [email protected] 60 Key Words: Chemische Risiken, Dreistufenkonzept der Nachweisfähigkeiten, Armee Die C Risiken sind trotz dem Chemiewaffenübereinkommen nach wie vor vielfältig und gewisse Szenarien können ohne vorangehende Eskalation und Vorwarnzeit eintreten. Unterschiedlichste Stoffe eignen sich für Angriffe, auch für nichtstaatliche Akteure. Während die Lager der klassischen C Kampfstoffe nun rasch abgebaut werden, könnten Katastrophen oder zumindest eine Panik in der Bevölkerung auch mit toxischen Industriechemikalien (TIC) sowie mit neuartigen Substanzen (z. B. sehr wirksame Pharmazeutika) ausgelöst werden. Mit einem flexiblen Konzept, d.h. einer Nachweiskette und verschiedenen Nachweisstufen, versucht man, diesen vielfältigen Risiken zu begegnen. Ein wichtiges neues Element der Obwohl das Chemiewaffenübereinkommen (in Kraft getreten 1993) eine Erfolgsgeschichte ist und insbesondere die Grossmächte ihre Chemiewaffen-Arsenale zum grössten Teil (zu 80 bis 90 Prozent) abgebaut haben, gibt es dennoch noch etliche Risiken1 in diesem Bereich, insbesondere TIC mit Katastrophenpotenzial (z. B. bei Sabotage), neue vom Chemiewaffenübereinkommen nicht erfasste Substanzen hoher Toxizität, insbesondere hoch wirksame Pharmaprodukte, Entwicklungen in der Nanotechnologie (z. B. Nanopartikel als Träger von Toxinen oder toxische Nanopartikel), nicht letale, psychoaktive Substanzen, welche militärische Operationen behindern sol1 Unter Risiko versteht man die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses und dessen mögliches Schadensausmass Nachweiskette («mittlere Stufe») sind die mobilen Nachweismittel der ABC Abwehrtruppen, nämlich der ABC Aufklärer und der mobile ABC Nachweis mit vier Laborfahrzeugen pro Fachbereich (A, B, C). Diese mobilen Nachweismittel der «mittleren Stufe» erlauben es, Warnungen für viele Kampf- und Schadstoffe sofort auszulösen und erste Nachweise nach kurzer Zeit (innert 15 bis 30 Minuten) zu bewerkstelligen. Nicht alle Fragen können aber allein durch mobile Mittel gelöst werden. Es braucht daher auch ein stationäres Labor (LABOR SPIEZ), das über umfassende forensische Nachweisfähigkeiten verfügt. All diese Tätigkeiten sind aber entsprechend zeitintensiv. In ausserordentlichen Lagen kann das LABOR SPIEZ durch das ABC Abwehrlabor 1, eine Milizformation, verstärkt werden. len sowie eine zunehmende Konvergenz zwischen B und C Agenzien, eine Folge der Fortschritte im Bereich der «Live Sciences». Zwei biologische Toxine (Ricin [Pflanzengift] und Saxitoxin [Algengift]), sind auch gemäss dem Chemiewaffenübereinkommen explizit verboten. Diese beiden Toxine, aber auch andere Toxine, die gemäss der B Waffenkonvention (1971) geächtet sind, wirken nach einer bestimmten Latenzzeit ähnlich wie ein C Agens (C Kampfstoff), d. h. die Wirkung ist rein dosisabhängig und eine Vermehrung im Körper findet naturgemäss nicht statt (dies im Gegensatz zu den anderen biologischen Agenzien, wie den pathogenen Mikroorganismen, die sich im Körper vermehren können). Die Produktion mancher Toxine kann heute auf biotechnologischer Basis erfolgen und auch der Nachweis basiert oft auf Me- thoden, die auch in der biologischen Abwehr gängig sind (z. B. Proteinanalytik mit LC-Q-TOF2, MALDI-TOF2, immunologische Nachweismethoden usw.). Aber auch die Einwirkungen von klassischen C Kampfstoffen können nicht ausser Acht gelassen werden, wie die jüngere Geschichte zeigt: Es gibt immer noch Staaten, welche das Chemiewaffenübereinkommen nicht unterzeichnet haben und C Waffen und C Kampfstoffe lagern. Diese Mittel können bei bürgerkriegsähnlichen Wirren auch substaatlichen Organisationen (Terrororganisationen) in die Hände fallen. Selbst ein C Fernangriff mit Interkontinentalraketen auf die Schweiz, dies aus einer politisch instabilen Weltregion, wird von Experten nicht ausgeschlossen (aufgrund des möglichen Schadensausmasses ist das Risiko, das Produkt von Eintrittswahrscheinlichkeit und Ausmass sogar relativ hoch). ABC Ereignisse können auch als Folgeereignisse von Naturkatastrophen auftreten, was sich 2011 nach dem grossen Erdbeben in Japan gezeigt hat. Bei einem starken Erdbeben in der Nordwestschweiz könnte es zu Dutzenden von C Freisetzungen kommen. Auch wenn vielleicht ein Einzelereignis noch mit regionalen Mitteln zu bewältigen ist, wäre dies bei einer Vielzahl von Ereignissen nicht mehr möglich, d. h. überregionale Hilfe müsste dannzumal mit Bestimmtheit angefordert werden. 2 LC-Q-TOF: Liquid Chromatographie, gekoppelt mit Quadrupol Massenspektrometer und Time of flight Massenspektrometer (im LABOR SPIEZ stationär verfügbar); MALDITOF: Matrix-assisted laser desorption/ionization, gekoppelt mit Time of flight Massenspektrometer (im LABOR SPIEZ stationär verfügbar). S R MDM «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Flexible Antwort auf die C Risiken – die Nachweiskette Die Vielfalt der möglichen C Risiken und eine Einschätzung der aktuellen C Bedrohung hat dazu geführt, dass im Rahmen des Konzeptes ABC Abwehr SOLL (Erstausgabe 2005) sowie beim Verfassen von militärischen Anforderungen für die mobilen Nachweismittel bezüglich der C Fähigkeiten eine flexible Antwort gesucht wurde. Diese Antwort liegt im Konzept einer Nachweiskette bzw. einer Abstufung der Nachweisfähigkeiten (Abb. 1), was auch international verankert ist. Die Nachweismittel der ABC Abwehr aller Truppen (Spürdienst) sind geeignet für einen raschen operationellen Nachweis (Feldnachweis) auf dem Level 1 (OSI, level 1)3. Der Truppe stehen dazu Kampfstoffnachweispapiere (KNP), das Kampfstoffnachweisgerät 97 (CNG 97) sowie das kleine Feldlabor KANAG zur Verfügung. Das CNG 97 kann auch mit dem AC Warnmodul 05 gekoppelt werden, wodurch eine Warnung möglich ist, bevor eine driftende C Kampfstoffwolke den Truppenstandort erreicht. Ziel all dieser OSI level 1 Massnahmen ist die sofortige Alarmierung, das unverzügliche Erstellen des optimalen C Schutzes und letztlich das Überleben einer C Attacke oder eines C Ereignisses. Die C Aufklärung Das ABC Aufklärungsfahrzeug PIRANHA III C (Abb. 2), das 2009 als Prototyp und 2012 als Vorserie-Fahrzeug getestet wurde, kann analog den Mitteln der ersten Stufe ebenfalls für die Warnung und rasche Alarmierung nach dem Aufspüren einer Kontamination verwendet 3 OSI heisst eigentlich Operational Sampling and Identification (level 1 und level 2) 61 Abb. 1: Dreistufiges Konzept der Nachweisfähigkeiten (Nachweiskette) vom einfachen raschen Feldnachweis (OSI 1) über zeit- und ereignisnahe Zwischenstufen (OSI 2) bis zum eingehenden vertieften Labornachweis (Verifikation) mit mehreren Methoden (FSI). werden. Eine Stärke des ABC Aufklärers ist die Überprüfung von grossen Flächen auf Kontamination, dies in relativ kurzer Zeit. Da das Fahrzeug über einen hohen ABC Schutzgrad und gute Warngeräte verfügt, kann es die Kontamination aktiv aufsuchen und deren Grenzen markieren und kartieren (Leistung: pro Tag kann ein Gelände von bis 100 km2 abgesucht werden). Die C Nachweis-Fähigkeiten des ABC Aufklärers gehen aber über die Warnfähigkeit hinaus: mit einem Spürradsystem können bei jedem Wetter, auch bei grosser Kälte, sesshafte C Kampfstoffe (wie die V-Nervenkampfstoffe oder das Hautgift Yperit) in der Umwelt aufgespürt werden. Vom Spürrad werden diese Stoffe auf eine heisse Sonde gebracht, von wo sie über eine geheizte Kapillare ins mobile Massenspektrometer (MM2) gelangen, dies mit einer Totzeit von nur etwa 60 Sekunden. Gelingt es noch nicht, mit einer solchen Direktmessung den Stoff zu identifizieren, dann kann der unbekannte Schadstoff mit zwei verschiedenen Geräten auf ein Adsorptionsröhrchen (Typ TENAX) gesammelt werden. Das MM2 wird danach mit einem Gaschromatographen (GC) gekoppelt und das Adsorptionsröhrchen mit dem GC ausgeheizt. Damit können Stoffgemische getrennt und die einzelnen Schad- und Kampfstoffe mit einer hohen Wahrscheinlichkeit richtig identifiziert werden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem operationellen Nachweis der Stufe 2 (OSI 2). Eine solche Identifizierung kann nach einem C Ereignis mit geringer zeitlicher Verzögerung erfolgen, ist somit taktisch relevant und erlaubt rasche Reaktionen: Warnung, kontaminierte Gebiete meiden oder Schutz erhöhen bzw. bei Entwarnung Schutz reduzieren. Aufgrund der raschen Identifikation des C Agens können auf höherer taktischer Stufe auch Vorgaben für die Behandlung von Patienten gemacht werden. Der mobile C Nachweis Ebenfalls ereignisnah und nur wenig zeitverzögert, das heisst ebenfalls in taktisch relevanter Zeit (ab ca. 30 Mi- SW I S S REVIEW O F MILITARY AND DI SASTE R M E DI CI NE Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe Zum Inhalt/au sommaire Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe 62 Abb. 2: Aussenansicht des ABC Aufklärers (Abb. 2a; links) und chemische Warnung des Massenspektrometers (MM2) auf dem Bildschirm. Die dunklen Stellen zeigen, dass die Alarm-Konzentration für Yperit / S-Lost HD und Soman GD erreicht wurde (Abb. 2b, rechts). Abb. 3: Aussenansicht des mobilen C Nachweisfahrzeuges DURO III P (Abb. 3a; links) und Chromatogramm eines GC-Laufes auf dem Bildschirm im Fahrzeug (Abb.3 b, rechts). Aufgrund des Chromatogrammes lassen sich verschiedene Nerven- und Hautkampfstoffe identifizieren (z. B. GB / Sarin, HD / Yperit und zwei V-Stoffe), dies sowohl automatisch wie auch benutzergesteuert und für einzelne Zielsubstanzen. nuten), kann der mobile C Nachweis auf den Fahrzeugen des Typs DURO III P erfolgen (Abb. 3). Die Probennehmer bringen die Proben so rasch wie möglich zu diesem Fahrzeug, das im Regelfall nicht ins kontaminierte Gebiet hineinfährt. Es kann sich beispielsweise um flüssige Proben handeln, die im Innern eines Gebäudes oder einer komplexen Anlage (Bahnhof usw.) gesammelt wurden. Der DURO III P trägt ein Labor mit einer gasdichten Schleuse, einer ebenfalls gasdichten Handschuh-Box («Glove Box») und mit einer Kapelle («Laminar Flow Box»), wo Gläs- chen oder Adsorptionsröhrchen zur weiteren Analyse entnommen werden können. Auf dem mobilen C Nachweisfahrzeug stehen zehn Geräte bzw. Nachweis-Sets für verschiedenste Untersuchungen zur Verfügung. Das wichtigste Gerät für Flüssigkeiten und Gase ist wiederum das MM2, das mit zwei verschiedenen GC gekoppelt werden kann. Ein GC eignet sich für relativ schwer flüchtige Stoffe (inklusive die meisten C Kampfstoffe) und der zweite GC eignet sich für leicht flüchtige Stoffe (Vorläufersubstanzen von C Kampfstoffen sowie viele leicht flüchtige TIC). Ein weiteres wichtiges Gerät des mobilen C Nachweises ist das Infrarotgerät des Typs HazMat ID. Damit können Flüssigkeiten und verdächtige Pulver untersucht werden, wobei kleine Probenmengen genügen (Milliliter, Gramm). Mit dem HazMat ID können auch Sprengstoffe und Drogen identifiziert werden. Im Weiteren können zur Detektion von Spuren toxischer Gase Ionenmobilitäts-Spektrometer (IMS) verwendet werden. Sowohl C Kampfstoffe wie auch einige TIC lassen sich damit analysieren. IMS Geräte sind insbesondere auch dafür geeignet, Pro- S R MDM «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire benverpackungen äusserlich auf die Dichtigkeit zu überprüfen. Für die Gasanalytik eignen sich auch die Geräte des C Luftsammlers. Damit lassen sich rund 25 häufig verwendete TIC nachweisen, die bei einer grossen Freisetzung zum Teil ein Katastrophenpotenzial haben können. Ein tragbares Röntgenfluoreszenz-Gerät (XRF) erlaubt ferner die Analyse und Identifikation von toxischen Feststoffen (z. B. elementares Arsen, feste Arsenverbindungen, Asbest, Cadmium, Uran usw.). Bei Bedarf kann auf dem mobilen C Nachweisfahrzeug auch die chemische Wasserqualität und der Gehalt von einigen Kampfstoffen im Wasser bestimmt werden (die biologische Wasserqualität wird auf dem B Nachweis Fahrzeug ermittelt). Nicht alle Nachweisaufgaben lassen sich mit mobilen Mitteln lösen. Daher braucht es ein stationäres Labor, das über forensische Nachweisfähigkeiten verfügt (Abb. 1). Auf dieser forensischen Stufe (FSI) wirkt das LABOR SPIEZ, das in ausserordentlichen Lagen vom ABC Abwehrlabor 1, als Milizformation, verstärkt werden kann. Für die forensische Stufe sind folgende zusätzliche Fähigkeiten vorhanden: Untersuchung mit mehreren Methoden (eindeutiger Nachweis, Verifikation), Quantifizierung (zur Beurteilung von Gelände und Material), Spurenanalytik (beispielsweise vor einer Freigabe von Gelände oder von Lebensmitteln) sowie die Fähigkeit zur Charakterisierung von bisher unbekannten B oder C Agenzien. Arbeiten auf dieser Stufe erlauben die Detektion von Spuren, sind aber auch zeitaufwändig, so dass die Resultate primär die Rückkehr zur Normalität ermöglichen (Freigabe) sowie der Verfolgung der Täter bzw. der eindeutigen Identifikation der Aggressoren dienen. Abstract: Army’s chemical risk verification possibilities: field verification, chemical verification chain and mobile chemical verification (DURO lab) Despite the Chemical Weapons Convention, a wide range of chemical risks remain and certain scenarios can occur without any prior escalation or warning. Extremely diverse materials can be used for attacks, even by private entities. Although stocks of traditional chemical weapons are now being rapidly reduced, disasters or at least panic among the population could also be triggered with toxic industrial chemicals (TICs) and new substance types (e.g. highly effective pharmaceuticals). A flexible concept, i.e. a verification chain and various verification levels, is being used to try to counter these various risks. An important new element of the verification chain («middle level») is provided by the mobile verification equipment of the NBC defence corps, i.e. NBC detection and mobile NBC verification with four lab vehicles per sector (N, B, C). This «middle level» mobile verification equipment can be used to trigger immediate warnings for numerous warfare agents and harmful substances and to provide initial verification very quickly (within 15 to 30 minutes). However, not all questions can be solved using mobile equipment alone. There is therefore a need for a stationary lab (LABOR SPIEZ – Spiez Laboratory) fully equipped for forensic verification work. All of these tasks, however, are time-consuming. In exceptional circumstances, the LABOR SPIEZ may receive support from NBC defence lab 1, a militia service. 63 SW I S S REVIEW O F MILITARY AND DI SASTE R M E DI CI NE Schweizerische Zeitschrift für Militär- und Katastrophenmedizin Revue suisse de médecine militaire et de catastrophe Zum Inhalt/au sommaire Rivista svizzera di medicina militare e di catastrofe 64 S R MDM «WIR STECKEN SIE AN: CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Mitteilungen des Präsidenten der Schweizerischen Gesellschaft der Offiziere der Sanitätstruppen Oberst Hugo Battaglia, Mösliweg 6, 6353 Weggis, [email protected] Liebe Mitglieder Während zweier Amtsperioden durfte ich die Geschicke der SGOS als Präsident leiten. Es waren sechs spannende Jahre mit Hochs und Tiefs. Die Hochs überwiegen aber bei weitem. Dank einem gut eingespielten Vorstand, an dieser Stelle besonders zu erwähnen die beiden Vizepräsidenten, konnten wir viele Dinge in gute Bahnen lenken. Die Internationalen Tagungen sind jeweils fachlich hoch stehend und auch geschätzt. Mit der Zeitschrift, die sich unter der Leitung des Chefredaktors weiterhin positiv entwickelt, haben wir ein zweites gutes Standbein, das unsere Bemühungen in der fachlichen Weiterbildung der Mitglieder unterstützt. Für eine Fachoffiziersgesellschaft ist die Vermittlung von aktuellem Wissen aus dem Armeesanitätsdienst und KSD nicht die einzige, aber die wichtigste Legitimation. Dabei hat sich das Zusammenspiel von Berufsoffizieren und Milizoffizieren einmal mehr auch in unserem Vorstand bestens bewährt. Dieses Erfolgsmodell der Milizarmee darf nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Es gibt für dieses Land keine Alternative zur Wehrpflicht. Sicherheit ist nicht käuflich, sondern dafür braucht es das persönliche Engagement eines jeden Bürgers. Als Offiziere sind wir besonders in der Pflicht. Tragen wir also Sorge zum Erfolgsmodell, aber schauen wir auch in die Zukunft – als Offiziere in die übernächste Geländekammer – und entwickeln das Erfolgsmodell weiter. Lorbeeren sind ein schlechtes Ruhekissen! Es bleibt mir nur noch, Ihnen und dem Vorstand für das Engagement zu Gunsten der Sanität zu danken und alles Gute für die Zukunft zu wünschen. Dem neu formierten SGOS-Vorstand wünsche ich viel Freude und Erfolg. Oberst Hugo Battaglia Kontakt: Dr. med. Hugo Battaglia Mösliweg 6 6353 Weggis [email protected] www.medof.ch Chers membres, J’ai eu l’honneur et le grand plaisir de présider aux destinées de la SSOTS durant deux pleines périodes de fonction. Passionnantes, ces six années ont été ponctuées de hauts et de bas. Fort heureusement, les hauts prédominent largement. Grâce à un comité aux rouages bien huilés – tour de force dont le mérite revient en particulier aux deux vice-présidents –, nous avons pu mettre de nombreux projets sur de bons rails. Les congrès internationaux de spécialistes sont toujours très pointus et appréciés. Grâce à la revue, qui a poursuivi sa mue sous la houlette du nouveau rédacteur en chef, nous possédons en outre un deuxième pilier de qualité qui appuie les efforts que nous consentons dans le domaine de la spécialisation des membres de la société. Pour une société d’officiers spécialisés, la transmission d’un savoir actuel issu du service sanitaire de l’armée ainsi que du Service sanitaire coordonné SSC n’est certes pas la seule légitimation, mais la plus importante. A cet égard, l’interaction entre les officiers de carrière et les officiers de milice a une nouvelle fois fait ses preuves, au sein de notre comité également. Aussi n’avons-nous pas le droit de remettre en cause à la légère ce modèle de réussite qu’est l’armée de milice. Il n’y a pas d’alternative dans ce pays qu’est le nôtre aux obligations militaires. Non seulement la sécurité ne s’achète pas, mais elle a besoin de l’engagement personnel de chaque citoyen. Et en notre qualité d’officiers, nous avons un devoir tout particulier à cet égard. Il nous incombe donc de veiller avec soin à ce modèle de réussite mais aussi de nous tourner vers l’avenir – ou vers d’autres territoires en langage d’officier – et de poursuivre le développement de ce modèle. Ne nous reposons surtout pas sur nos lauriers! Il ne me reste à présent plus qu’à vous remercier, ainsi que le comité, pour votre engagement au profit des affaires sanitaires et à vous adresser mes meilleurs vœux pour l’avenir. Quant au nouveau comité directeur de la SSOTS, je lui souhaite beaucoup de plaisir et de succès. Colonel Hugo Battaglia 65 «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Editorial 66 «Prenez garde: contagieux! CBRN.» CBRN (Chemical, Biological, Radiological, Nuclear): derrière cet acronyme se cache la palette d’utilisation de violence non conventionnelle. Des formes Dr Marc Cadisch qui, depuis de nombreuses années, préoccupent les experts du terrorisme à la recherche de nouvelles possibilités de les contrer et/ou de s’en protéger, des activités pour lesquelles il a fallu beaucoup débourser, mais — avec succès! Depuis les attaques de 2001 au gaz anthrax, aux États-Unis, l’on n’a constaté que très peu de nouvelles tentatives isolées de par le monde (qui, d’ailleurs ont toutes échoué) dans lesquelles du matériel chimique, biologique, ou radioactif avait été utilisé, bien que divers groupuscules est déclaré vouloir recourir à des les armes de destruction massive s’ils en avaient la possibilité. La raison de ce bilan positif s’explique autant par la compétence des gouvernements responsables que par l’incompétence des terroristes potentiels. Certes et fort probablement, une portion de chance y joue également un rôle, compte tenu surtout de ce que le marché noir propose comme matériel nucléaire pouvant servir à perpétrer des attaques. De plus, même une «bombe-à-cocotte-minute» peut se transformer en arme puissamment destructive, comme cela a été démontré lors du marathon de Boston de 2013. Manifestement, une fois son attentat planifié, le terroriste contemporain opte en règle générale pour des moyens aussi simples que possible plutôt que de se «compliquer la vie» avec des armes sophistiquées telles que des les agents de combats pathogènes, chimiques ou nucléaires. Bien que des preuves et des études spécifiques fassent défaut, cette interprétation de succès passés dans la lutte contre le terrorisme ne devrait en aucun cas se traduire par de la négligence, voire de l’indifférence vis-à-vis des menaces CBRN possibles. En effet, l’absence d’armes de destruction massive dans l’arsenal de groupements terroristes met d’autant plus en lumière l’importance du travail accompli par les experts dans ce domaine. Ainsi, une des tâches centrales du Laboratoire de Spiez, l’institut fédéral de protection NBC, consiste à «imaginer l’inimaginable» afin de se préparer au mieux à de telles éventualités. Qu’il s’agisse d’une attaque terroriste, d’un accident ou encore – en cas de pandémie – d’un phénomène naturel. Sans mesures préventives suffisantes, notamment dans le domaine médical, une catastrophe véritable pourrait nous toucher d’autant plus sérieusement. Dr. Marc Cadisch, directeur du Laboratoire de Spiez «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Maladies hautement infectieuses: Manipulation des échantillons de laboratoire Paola Pilo, PhD, Centre de Référence National pour l’Anthrax et Bactéries Hautement Pathogènes, Institut de Bactériologie Vétérinaire, Département des Maladies Infectieuses et Pathobiologie, Vetsuisse Fakultät, Université de Berne, Case postale 8466, 3001 Berne, [email protected] Mots-clés: bactéries de classe 3, biosécurité, diagnostic La manipulation de matériel hautement infectieux, contenant des bactéries de la classe de risque 3, dans les laboratoires est strictement réglementée dans la législation suisse. Dans la pratique, quelques points peuvent se révéler essentiels afin d’éviter des accidents. Cet article aborde succinctement les questions de procédure lors de l’assignation d’un échantillon à une classe de risque, ainsi que l’importance de limiter au maximum les méthodes plus risquées, de même que l’utilité de garantir la traçabilité des manipulations effectuées et des personnes hypothétiquement exposées. Introduction La sécurité biologique lors de la manipulation d’échantillons contenant des microorganismes hautement pathogènes implique l’application d’un certain nombre de mesures et de procédures à suivre. Certains aspects sont cruciaux et doivent être pris en compte, tout en se rappelant que dans certaines situations, il peut arriver qu’un échantillon soit identifié comme contenant un agent hautement pathogène, seulement après analyse, et qu’il ait donc déjà été manipulé. De plus, certains microorganismes émergents, dont la biologie n’a pas encore pu être établie, peuvent se révéler hautement pathogènes par la suite. Pour cette raison, il est crucial de respecter les bonnes pratiques de laboratoire dans n’importe quelle circonstance, même si un risque particulier n’a pas été directement constaté. Ces points impliquent de suivre à la lettre les procédures établies, de même qu’une connaissance de la biologie de ces microorganismes, de leur épidémiolo- gie et des maladies qu’ils provoquent afin de permettre une évaluation appropriée lors de chaque situation. Cet article aborde quelques aspects de la manipulation de microorganismes bactériens de classe 3 dans le cadre de la détection de microorganismes, afin d’exposer certains points pouvant présenter un risque lors de la manipulation de matériel biologique contaminé par ces pathogènes, ainsi que quelques pistes pour prévenir les accidents qui peuvent survenir dans le cadre de la réalisation de ces activités, de même que souligner l’importance de la traçabilité des manipulations. Classification des microorganismes Définition du terme microorganisme Un microorganisme est un être vivant non-visible à l’œil nu dont les formes peuvent varier de l’unité vivante la plus simple, telle que les virus, en passant par des cellules structurées capables d’interférer entre elles, telles que les amibes sociales appartenant à l’espèce Dictyostelium discoïdeum. Il est à noter que les microorganismes en général sont essentiellement considérés comme agents causatifs de maladies, alors que la grande majorité des espèces se trouve dans l’environnement et contribue à l’équilibre des biotopes. Classification des microorganismes Le pouvoir pathogène (la capacité de causer une maladie) est spécifique à chaque microorganisme, c’est-à-dire que des conditions particulières sont nécessaires afin qu’un microorganisme puisse provoquer une maladie chez un individu et ces conditions sont caractéristiques de chaque microorganisme. Une certaine voie de transmission doit intervenir, comme par exemple, l’ingestion ou encore, une certaine quantité (dose infectieuse) de microorganismes pathogènes doit se trouver en contact du site d’entrée d’un hôte susceptible. Ces aspects sont pris en compte afin de classifier les microorganismes selon leur capacité à causer une maladie chez les humains, les animaux et les plantes. Il en est de même pour les activités présentant un risque accru d’infection ou de transmission à l’extérieur du laboratoire. Parmi la population à risque de contracter une infection dans le cadre sa profession, le personnel de laboratoire est dans les premiers rangs au vu des méthodes qu’il doit appliquer, comme par exemple, la multiplication des microorganismes. Les risques encourus par le personnel de laboratoire sont, comme expliqué au préalable, dépendant des microorganismes manipulés et des méthodes utilisées. Les microorganismes sont classés en groupes de risque, de même que les activités en milieu confiné les impliquant. Ces concepts sont définis dans la législation suisse par les articles 6 et 7 de l’ordonnance du 9 mai 2012 sur l’utilisation des organismes en milieu confiné (ordonnance sur l’utilisation confinée, OUC)1. L’art. 6 de l’OUC (encadré bleu) défini les groupes pour classer les microorganismes (voir encadré). En pratique, le groupe 1 inclut principalement des microorganismes de l’environnement ne causant pas de maladie. Le groupe 2 est composé de microorganismes pouvant causer des maladies mais dont la manipulation, en suivant les bonnes pratiques de laboratoire, n’implique pratiquement 1 RS 814.912 67 «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Ordonnance sur l’utilisation confinée, art. 6: Attribution des organismes à des groupes 1. Pour étudier le risque lié à la présence d’organismes, il convient d’estimer l’ampleur et la probabilité des effets dommageables sur l’être humain, les animaux et l’environnement, ainsi que sur la diversité biologique et l’utilisation durable de ses éléments. On tiendra compte à cet effet des critères énoncés à l’annexe 2.1, ch. 1. 2. «Pour évaluer le risque étudié, on attribuera les organismes à l’un des groupes suivants sur la base des critères énoncés à l’annexe 2.1, ch. 2: a. groupe 1: organismes dont la présence implique un risque nul ou négligeable; b. groupe 2: organismes dont la présence implique un risque faible; c. groupe 3: organismes dont la présence implique un risque modéré; d. groupe 4: organismes dont la présence implique un risque élevé. 68 Si certains organismes ont déjà été attribués à des groupes dans la liste prévue à l’art. 26, il n’est pas nécessaire de procéder une nouvelle fois à une étude et à une évaluation du risque, à moins que certains indices ne laissent supposer que la présence de ces organismes implique un risque plus important ou moindre qu’estimé précédemment. Lorsque des connaissances nouvelles importantes sont disponibles, le risque doit dans tous les cas faire l’objet d’une nouvelle étude et d’une nouvelle évaluation». pas de risque d’infection pour le personnel de laboratoire. Les microorganismes classés dans le groupe 3 provoquent des maladies graves pour lesquelles un traitement est a priori possible mais dont la manipulation implique un risque pour le personnel de laboratoire et/ou l’environnement. La dernière classe de microorganismes, le groupe 4 (qui n’est pas abordé dans cet article), n’inclut que des virus hautement infectieux et pour lesquels aucun traitement n’est disponible. Les détails des caractéristiques prises en compte afin de classer les microorganismes sont donnés dans l’annexe 2.1 OUC. De plus, l’Office Fédéral de l’Environnement (OFEV) publie des listes ajournées classifiant les bactéries, virus, parasites et champignons (http://www.bafu. admin.ch/publikationen/publikation/01614/index.html?lang=fr). Classification des activités en laboratoire En général, la classification des activités se fait en fonction des microorganismes utilisés. Cependant, les sources de risque provenant de la manipulation des microorganismes ne sont pas seulement dépendantes des microorganismes en tant que tels mais peuvent aussi varier selon les activités réalisées. Les deux points doivent être pris en compte afin d’évaluer les risques provenant d’une activité donnée avec un microorganisme donné. Pour cette raison, l’art. 7 OUC énonce les activités à risque dont les critères sont développés dans l’annexe 2.2 OUC. Le matériel clinique en vue d’analyses diagnostiques2 (annexe 2.2 chap. 2.2 al. 2 OUC), est manipulé conformément aux mesures de sécurité appliquées pour des activités de classe 2 (annexe 2.2 chap. 2.2 al. 2 OUC). Il est à noter que les laboratoires réalisant des activités de classe 3 sont soumis à autorisation préalable de l’OFEV (art. 10 al. 1 OUC). Ceci implique qu’en cas de forte suspicion de présence d’agents appartenant au groupe 3 et de culture, les échantillons doivent être dirigés vers un laboratoire autorisé. Cette mesure permet aussi d’assurer la qualité du résultat par un laboratoire expérimenté. Analyse d’échantillons dont l’activité est classée en classe 3 Réception des échantillons La réception du matériel biologique est le premier aspect fondamental afin de 2 hors suspicion de présence de microorganismes de classe 4. garantir la sécurité biologique du personnel de laboratoire. Afin que la réception du matériel se fasse de façon adéquate et que le triage soit effectué correctement, certains critères inhérents à l’envoi de matériel biologique sont cruciaux. En premier lieu, la communication est essentielle. L’information détaillée du contenu de l’envoi doit être fournie au laboratoire destinataire. Dans le cas d’envoi de microorganismes de classe 3, l’annonce préalable au laboratoire est essentielle. Ces aspects permettent de déterminer, d’établir et/ou de confirmer la procédure exacte à suivre de même que de permettre au laboratoire d’être prêt afin de réceptionner le matériel biologique. Lorsque les échantillons arrivent au laboratoire, la première phase est le triage. Cette étape est essentielle afin que le matériel soit directement acheminé dans le laboratoire biologique de sécurité de classe 3 (BSL3) ou de classe 2 (BSL2) selon le contenu des échantillons biologiques et l’évaluation de risque. Les échantillons reçus dans un laboratoire de diagnostic peuvent comporter du matériel dont on suspecte le contenu ou dont on ignore totalement le contenu microbiologique. Dans le cas de cultures confirmées ou supposées d’agents pathogènes relevant de la classe 3, comme par exemple dans le cas de Mycobacterium tuberculosis, il sera directement acheminé vers le BSL3 (Fig. 1), sinon il sera traité selon la procédure de diagnostic de routine. Pour cette raison, une lettre explicative doit figurer à l’extérieur du double conteneur qui permette de déterminer correctement l’assignation de l’échantillon (Fig. 2). Manipulation d’échantillons selon la procédure de diagnostic de routine Il est important que les procédures implémentées dans le processus d’analyse du diagnostic de routine soient scrupuleusement suivies et qu’elles limitent les activités à risque au strict nécessaire. En effet, la caracté- «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Fig. 1: Dans le cas de cultures confirmées ou supposées d’agents pathogènes relevant de la classe 3, les échantillons sont directement acheminés dans le BSL3. ristique d’un échantillon diagnostique est qu’a priori l’agent pathogène présent n’est pas connu. Il peut donc arriver que les résultats des analyses révèlent la présence d’un agent hautement pathogène. De plus, même après la confirmation de l’identification d’un microorganisme, il peut arriver que sa capacité à causer une maladie ne soit pas totalement élucidée par exemple dans le cas d’un microorganisme émergent. Pour ces raisons, la traçabilité des manipulations réalisées et des personnes hypothétiquement exposées est essentielle afin d’évaluer le risque d’exposition de chaque individu et les mesures à prendre. Manipulation d’échantillons relevant de l’activité de risque de classe 3 Lorsqu’il a été déterminé que la manipulation d’un échantillon relève de l’activité de la classe 3, il sera dirigé en BSL3. L’activité en BSL3 est réglée dans les détails dans l’OUC, ses annexes et est soumise à autorisation. Ceci implique que le laboratoire soit dans les normes décrites dans la législation afin de pouvoir exercer toute activité de classe 3. L’évaluation des risques reste le point déterminant de toute activité impliquant des microorganismes pathogènes et plus spécifiquement encore dans le cas des microorganismes et des activités relevant de la classe de risque 3. Il est judicieux de limiter les risques et d’estimer Fig. 3: Les manipulations à risques, telles que l’ouverture des rotors lors de la centrifugation, doivent se faire sous le flux laminaire. consciencieusement quelles activités sont réellement nécessaires, de façon à ajouter des systèmes de sécurité supplémentaires à chaque étape. La restriction des manipulations plus risquées, spécialement la formation d’aérosols et de grandes quantités de cultures, est un facteur essentiel afin de limiter les risques de contamination du personnel de laboratoire. Dans le cas où de telles activités doivent être menées, il est nécessaire d’être très attentif aux manipulations plus à risque telles que la centrifugation (Fig. 3). Conclusion La législation en vigueur réglemente l’activité avec des pathogènes de Fig. 2: Une lettre explicative doit figurer à l’extérieur du double conteneur qui permette de déterminer correctement l’assignation de l’échantillon. 69 classe 3 et les laboratoires sont soumis à autorisation afin de pouvoir réaliser une quelconque activité relevant de ce type. A priori, les procédures sont validées et rodées. La communication est un point essentiel afin de déterminer la catégorie de risque d’un échantillon et des détails de sa manipulation. De plus, la spécificité des procédures de diagnostic est que l’agent pathogène présent n’est pas connu, pour cette raison, il est essentiel de respecter les bonnes pratiques de laboratoire dans n’importe quelle circonstance, même lorsque la situation semble indiquer l’absence de pathogènes hautement infectieux, de même que la traçabilité des manipulations et des personnes en contact avec le matériel hautement infectieux. «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Règlement sanitaire international de l’Organisation mondiale de la santé: son importance pour la Suisse Stefanie Schmied, MSc, Office fédéral de la santé publique, Unité de direction Santé publique, Division Maladies transmissibles, Section Gestion de crise et collaboration internationale, Schwarztorstrasse 96, 3003 Berne, [email protected] Mots-clés: règlement sanitaire international (RSI, 2005), point focal RSI, maladies transmissibles, organisation mondiale de la santé (OMS), menaces sanitaires globales 70 En mai 2005, l’Assemblée mondiale de la santé (AMS) de l’Organisation mondiale de la santé (OMS) a adopté une version révisée du Règlement sanitaire international (RSI, 2005), entrée en vigueur en juin 2007 pour les Etats membres – donc aussi pour la Suisse. Le RSI (2005), qui constitue du droit international impératif, est l’instrument central pour identifier rapidement, évaluer et combattre de manière coordonnée au niveau international, les menaces sanitaires transfrontalières notamment dues à la propagation des maladies transmissibles. Le chantier de mise en œuvre du RSI (2005) s’est terminé en Suisse au début de cette année. L’achèvement de ce projet pluriannuel constituait une bonne occasion de rappeler la finalité et le champ d’application du RSI (2005), ainsi que de montrer l’importance de ce traité de droit international public pour aider la Suisse à détecter, prévenir et maîtriser les risques sanitaires de portée internationale. Contexte La mobilité internationale des personnes et des marchandises, et donc aussi la vitesse de la propagation potentielle des risques sanitaires, telles les maladies transmissibles, se sont fortement accrues au cours des dernières décennies. Ainsi l’apparition d’une menace pour la santé publique dans un pays peut affecter, de façon directe ou non, les bases existentielles d’individus, voire de nations entières un peu partout sur terre. Trois risques sanitaires ont particulièrement frappé les esprits au début du 21e siècle, montrant la fragilité de la santé publique internationale. Il y a eu tour à tour la dissémination malveillante de spores d’anthrax au moyen d’envois postaux en 2001, l’émergence et la diffusion en 2003 du SRAS (syndrome respiratoire aigu sévère), puis la propagation à partir du début de 2004 du virus H5N1, facteur de risque de pandémie d’influenza. La portée internationale de ces menaces sanitaires a exigé une surveillance au niveau planétaire ainsi qu’un pilotage et une coordination à l’échelon international des mesures de lutte destinées à prévenir les épidémies et à détecter de bonne heure les situations d’urgence sanitaire et les endiguer. La perspective strictement nationale des règlements antérieurs (1969) servant à contrôler et maîtriser un petit nombre de maladies infectieuses ne s’avérait plus appropriée. Aussi l’AMS de l’OMS avait-elle commencé dès les années 1990 la révision du Règlement sanitaire de 1969, qui a toutefois été menée pendant des années sur un plan strictement technique. Le processus a finalement pris son essor sous l’effet de la crise du SRAS. La 58e AMS a adopté la version actuelle en mai 2005, qui constitue du droit international impératif depuis le 15 juin 2007. Changement de paradigme La révision du RSI (2005) a marqué un changement de paradigme. L’objet et la portée du nouveau règlement consistent à détecter de bonne heure les menaces pour la santé publique, à les évaluer et à adopter collectivement, l’OMS se chargeant de la coordination internationale, les mesures nécessaires pour prévenir ou endiguer la propagation de risques pour la santé publique, sans pour autant créer d’entraves inutiles au commerce et au trafic internationaux. Conformément au souci de protection étendue de la santé au niveau mondial, le champ d’application a été massivement étendu, des critères uniformes adoptés en vue de la détection, de la notification et de l’éradication des menaces sanitaires, et de nouveaux instruments de pilotage octroyés à l’OMS. Le RSI (2005) veille en outre à améliorer le niveau de préparation des Etats parties et à dûment renforcer leurs capacités d’action de santé publique: il contient des exigences minimales pour la surveillance, la notification et l’action contre les événements ayant une portée internationale, que les Etats parties sont tenus de mettre en place. Ces exigences se réfèrent à chaque fois à l’ensemble du territoire étatique et ne concernent pas seulement les postes-frontières, comme c’était encore le cas du précédent règlement de 1969. Extension du champ d’application Le RSI (2005) ne se réfère plus seulement aux trois maladies quarantenaires classiques (choléra, peste et fièvre jaune), mais couvre plus généralement tous les événements susceptibles de porter atteinte à la santé publique internationale ou d’entraver le trafic et le commerce internationaux. Conformément à cette approche globale des risques il inclut, outre les maladies transmissibles, les menaces sanitaires imputables à des agents chimiques ou à du matériel radioactif, ou d’origine encore inconnue. Le RSI (2005) s’applique à tous les événements, qu’ils soient d’origine naturelle, accidentelle (p. ex. accident de laboratoire) ou délibérée. Ce champ d’application étendu découle d’une définition large de la «maladie». Cette notion au sens du RSI (2005) «s’entend d’une pathologie humaine ou d’une affection, quelle qu’en soit l’ori- «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire gine ou la source, ayant ou susceptible d’avoir des effets nocifs importants pour l’être humain» (art. 1). Le RSI (2005) est ainsi l’instrument central du droit international public dans le cas des maladies infectieuses. Par ailleurs, il s’applique subsidiairement aux autres dangers menaçant la santé, pour lesquels il existe déjà des instruments de droit international ou une procédure définie sur le plan international (p. ex. en cas d’accidents nucléaires, qui sont du ressort d’une organisation ad hoc, l’AIEA1). Gestion des informations liées au dépistage, à la prévention et à la maîtrise des menaces pour la santé publique Une coordination des mesures et une stratégie de lutte efficaces impliquent absolument de transmettre à temps les informations sur les flambées de maladies ou d’autres menaces pour la santé. Par conséquent, le RSI (2005) donne une définition contraignante des voies de déclaration, soit de l’information réciproque entre l’OMS et les Etats membres en cas de menace sanitaire transfrontalière. Tous les Etats sont tenus de notifier à l’OMS tous les évènements pouvant constituer une urgence de santé publique de portée internationale. Pour uniformiser les pratiques, le RSI (2005) prévoit ici un instrument de décision, qui fait partie intégrante de l’évaluation des risques menée à l’échelon national. Concrètement, il s’agit de vérifier, au moyen de quatre questions, les répercussions internationales que pourrait avoir un événement détecté par le système de surveillance national. Il s’agit de déterminer à chaque fois si: 1 AIEA: Agence internationale de l’énergie atomique les répercussions de l’événement sur la santé publique sont graves; l’événement est inhabituel ou inattendu; il y a un risque important de propagation internationale; il y a un risque important de restrictions aux voyages internationaux et au commerce international. Quatre maladies doivent être systématiquement déclarées dès leur apparition: la variole, la poliomyélite (due à un poliovirus de type sauvage), la grippe humaine (causée par un nouveau soustype) et le SRAS. D’autres maladies expressément mentionnées nécessitent d’utiliser l’algorithme car il a été démontré qu’elles pouvaient avoir d’importantes répercussions sur la santé publique et étaient susceptibles de se propager rapidement au plan international2. Tout événement au sens de l’instrument de décision (autrement dit qui remplit au moins deux des critères susmentionnés) doit être notifié à l’OMS dans les 24 heures suivant son évaluation, ainsi que toute mesure sanitaire prise pour y faire face. Ces informations seront reprises par l’OMS dans ses analyses de la situation mondiale. L’OMS décide en dernier lieu si l’événement a une portée internationale. Elle s’appuie à cet effet sur un comité international d’experts. Le constat d’une telle urgence n’aboutit toutefois pas automatiquement à la mise en place de mesures dans les Etats concernés. Au contraire, l’OMS émet des recommandations non contrai2 Choléra, Peste pulmonaire, Fièvre jaune, Fièvres hémorragiques virales (Ebola, Lassa Marburg), Fièvre à virus West Nile et autres maladies ayant une ampleur nationale ou régionale particulière. gnantes. Il s’agit en général de mesures sanitaires, que les pays auxquels elles s’adressent feraient bien de mettre en place (voir chapitre «Nouveaux instruments de pilotage de l’OMS»). Par la suite, l’Etat partie communiquera régulièrement à l’OMS les informations utiles sur l’événement, y c. la définition des cas, les résultats de laboratoire, la source et le type de risque, le nombre des cas et des décès, ainsi que les mesures sanitaires utilisées. L’interlocuteur de l’OMS est à chaque fois le point focal national RSI (voir chapitre «Exigences minimales quant aux capacités nationales de surveillance des maladies et de réaction»). Lors des consultations prévues, les Etats peuvent également informer l’OMS d’événements non soumis à déclaration et s’entendre avec elle sur les mesures sanitaires à prendre, s’ils le désirent. Nouveaux instruments de pilotage de l’OMS Le RSI (2005) confère à l’OMS davantage de possibilités d’exercer son influence. Elle peut ainsi, au titre de ses activités de surveillance mondiale, se référer à des informations non officielles provenant d’autres sources ou d’autres Etats pour son analyse des événements. Si elle dispose de telles informations, l’OMS consultera également l’Etat partie concerné et lui demandera une confirmation. Une fois constatée la présence d’un événement de portée internationale, l’OMS peut – en coopération avec d’autres organisations internationales – formuler des recommandations axées sur des mesures concrètes. On trouve ainsi des recommandations soit temporaires, soit permanentes, que les Etats parties concernés devraient 71 «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 72 mettre en œuvre «afin de prévenir ou de réduire la propagation internationale des maladies en créant le minimum d’entraves au trafic international» (art. 15, al. 2). Les recommandations contiennent des dispositions sanitaires générales ou spécifiques, à l’instar du contrôle des personnes aux frontières, et signalent les mesures à prendre au niveau du trafic international pour les moyens de transport et les marchandises. Les recommandations émises par l’OMS en vertu du RSI (2005) ne sont pas contraignantes pour les Etats parties, qui disposent d’une marge de manœuvre pour ordonner d’autres mesures. Exigences minimales quant aux capacités nationales de surveillance des maladies et de réaction Le RSI (2005) astreint les Etats parties à acquérir dès que possible, à renforcer et maintenir les capacités tant humaines que techniques requises afin de «détecter, d’évaluer, et de notifier des événements (…)» (Art. 5 al. 1) et «de réagir rapidement et efficacement en cas de risque pour la santé publique et d’urgence de santé publique de portée internationale (…)» (Art. 13 al. 1). Les capacités principales exigées sont spécifiées dans l’annexe 13. Ces exigences s’appliquent à tous les niveaux étatiques et englobent les exigences au niveau communal, cantonal et national, mais également aux frontières (aéroports, ports, voie terrestre). Les Etats membres sont tenus de désigner les postes-frontières, notamment les aéroports et les ports, qui devront respecter les exigences prévues par le RSI (2005). 3 Principales capacités requises pour la surveillance et l’action (annexe 1, A), principales capacités requises des aéroports, ports et postes frontières désignes (annexe 1, B) Il faudra expressément utiliser les structures et ressources nationales déjà existantes. Les capacités de protection pour la santé au niveau national incluent la planification de mesures de lutte adéquates, les analyses de laboratoire, la logistique, les engagements sur le terrain, la conduite et la coordination, ainsi que l’état de préparation nécessaire (p. ex. élaboration de plans d’action pour les urgences de santé publique). D’où aussi la nécessité de mettre sur pied un point focal national RSI joignable 24 heures sur 24, qui garantisse la communication avec l’OMS sur toute question touchant au RSI (2005). En Suisse, le point focal RSI a été créé à l’Office fédéral de la santé publique (OFSP; voir chapitre «Le Règlement sanitaire international (2005) en Suisse»). Au niveau cantonal ou communal, les capacités se rapportent essentiellement à la surveillance, à la déclaration et à l’application de mesures de protection sanitaire. Autres nouveautés importantes, le règlement révisé aborde expressément la question des droits de l’homme (art. 3, 32, 42 et 43), le traitement des données à caractère personnel (art. 45), les liens avec le droit international (art. 14), ainsi que les nouveaux comités à établir et les procédures à respecter dans ce contexte4 (art. 47 à 50). Le Règlement sanitaire international (2005) en Suisse Mise en œuvre Le RSI (2005) prévoit un délai de cinq ans pour sa mise en œuvre complète dans les Etats signataires. Les Etats 4 Liste d’experts du RSI, Comité d’urgence, Comité d’examen, procédure de règlement des différends. parties – et donc aussi la Suisse – ont ainsi été amenés à réexaminer et optimiser leurs capacités de détection précoce, de surveillance, de réaction et de notification dans le domaine ABC (atomique, biologique et chimique). Analyses à l’appui, la Suisse était déjà à la pointe dans ce domaine: la Confédération et les cantons disposaient, avec les organes de notification et d’exécution, de quasiment toutes les capacités requises. Aussi l’application du RSI (2005) n’a-t-elle nécessité que des ajustements ciblés. Deux interventions au niveau national méritent d’être citées à cet égard: mise en réseau des autorités fédérales responsables du domaine ABC. création du point focal national RSI; Mise en réseau des autorités fédérales responsables du domaine ABC Divers offices fédéraux assument dans le domaine ABC des tâches de détection précoce et d’analyse de la situation, et donc sont soumis au RSI (2005) (voir tab. 1). Il leur incombe d’évaluer les événements relevant de leur domaine de compétences, avec l’instrument de décision du RSI. Pour qu’en cas d’événement de portée internationale l’information parvienne en temps voulu aux acteurs concernés (OMS, Etats parties, acteurs nationaux), il a fallu relier les autorités encore mieux entre elles et garantir l’interface avec le point focal national RSI. D’où l’élaboration d’un nouveau «concept national de notification RSI». Ce concept n’empiète pas sur les systèmes nationaux de surveillance, de déclaration et d’exécution déjà en place. Il régit toutefois, si un événement le justifie, le canal de communication avec l’OMS et les autres Etats parties concernés (voir fig. 1). «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Autorités fédérales Compétence Domaine d’activité Office fédéral de la santé publique (OFSP), division Maladies transmissibles Maladies transmissibles Domaine B OFSP, division Sécurité alimentaire Sécurité alimentaire Domaines A, B et C OFSP, division Produits chimiques Produits chimiques, objets, appareils techniques Domaine C OFSP, division Radioprotection Rayonnement radioactif Domaine A Office fédéral de l’agriculture Produits phytosanitaires et engrais Domaine C Office vétérinaire fédéral Zoonoses Domaine B Office fédéral de la protection de la population, Centrale nationale d’alarme (CENAL) Incidents Domaine C Swissmedic, Institut suisse des produits thérapeutiques Médicaments et dispositifs médicaux Domaines B et C Tab. 1: Autorités fédérales désignées dans le domaine ABC et compétences. Point focal national RSI Depuis juin 2006, la division Maladies transmissibles de l’OFSP est chargée de l’exploitation opérationnelle, 24 heures sur 24, du point focal national RSI. Elle fait office d’interface entre les domaines A, B et C et se charge de la communication liée aux événements relevant du RSI (2005). Comme portail d’entrée unique, elle reçoit toutes les communications de l’OMS ou des États Parties résultant du RSI (2005) et transmet les informations et questions techniques aux services fédéraux responsables dans les domaines ABC. Le point focal RSI veille à ce que l’analyse des risques RSI soit effectué par les services fédéraux responsables et les soutient par rapport aux processus RSI en cas d’événements (potentiellement) pertinents du point de vue RSI. Le point focal RSI déclare à l’OMS sous mandat des services fédéraux responsables l’événement pertinent du point de vue RSI après que celui-ci ait été évalué conforme au RSI. Organes cantonaux et communaux de déclaration et d‘exécution Le RSI (2005) n’entraîne aucun changement majeur pour les services cantonaux ou communaux concernés (par ex. services du médecin cantonal, médecins, hôpitaux, laboratoires). En 2006, à l’occasion de la révision annuelle de l’ordonnance du Département fédéral de I’intérieur sur les déclarations de médecin et de laboratoire, le délai de déclaration pour sept maladies5 a été Anthrax, botulisme, peste, variole, SRAS, fièvres hémorragiques virales et influenza A HxNy, nouveau sous-type réduit de 24 à deux heures. Les nouveaux délais correspondent aux exigences du RSI (2005) visant à enregistrer en temps voulu, à l’aide de l’instrument de décision, notamment les maladies infectieuses susmentionnées, mais aussi d’autres menaces de santé publique. Selon la situation, cela peut représenter une menace pour la santé qui a également de l’importance à l’extérieur des frontières nationales et nécessite une notification internationale6. Ainsi on répond aux exigences du RSI (2005), qui visent à identifier dans les temps, avec l’aide du schéma de décision, les menaces pour la santé publique. C’est l’occasion de rappeler à tous les acteurs du domaine de la santé combien il est important d’assumer leur responsabilité quant aux délais de notification, sans perdre de vue cette dimension internationale. Gestion des événements selon les principes du RSI (2005) La Suisse a géré de nombreux événements selon les principes du RSI (2005) depuis son entrée en vigueur en juin 2007 – entre autres la pandémie de grippe A(H1N1). Dans le cadre de la gestion de la pandémie de grippe H1N1, le rôle de la Suisse consistait à signaler (de façon anonymisée) les cas à l’OMS, à coordonner les réponses aux vérifications exigées par l’OMS, à échanger des informations sur les recommandations temporaires de l’OMS, ainsi qu’à coordonner au début de la propagation du virus les enquêtes d’entourage dans les avions. La Suisse est impliquée chaque année dans une cinquantaine d’événements 5 6 Bulletin de l‘OFSP 40/06, ISSN 1420-4266, OFSP 73 «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 74 relevant du RSI. Il s’agit en premier lieu d’échanges d’informations avec les points focaux RSI d’autres Etats parties, à l’occasion d’enquêtes d’entourage de passagers d’avion (p. ex. rougeole, tuberculose), suite à des flambées locales de maladies (p. ex. légionellose) ou d’autres risques sanitaires relevant des domaines B et C et impliquant des partenaires internationaux. L’épidémie d’hantavirus au Parc national de Yosemite en Californie, USA, qui avait attiré l’attention des médias internationaux l’année dernière, constitue un bon exemple d’enquête d’entourage. Les autorités américaines ont mis à disposition de tous les Etats concernés les coordonnées des touristes ayant séjourné entre juin et fin août dans ce parc national, et donc susceptibles d’avoir contracté une infection à hantavirus. Ainsi, l’OFSP a reçu via le point focal national RSI des informations où figuraient les coordonnées de près de 40 touristes domiciliés en Suisse. L’autorité fédérale responsable a informé les médecins cantonaux compétents, qui ont pris contact avec les personnes concernées. Celles-ci ont été invitées à consulter un médecin dès l’apparition de symptômes d’infection. Les contactes que les médecins cantonaux ont pris, ont montré qu’aucun ressortissant suisse n’a été infecté. Le concept des points focaux nationaux RSI, basé sur la disposition du RSI (2005) concernant la collaboration et l’assistance (art. 44), évolue toujours plus vers une plate-forme internationale permettant d’échanger de manière fiable et rapide des renseignements sur le cours des maladies, y compris directement entre des Etats parties. Importance du RSI (2005) pour la Suisse Sous le régime du RSI (2005), les structures sanitaires suisses font partie intégrante d’un système international de lutte contre les maladies et déploient leurs effets au-delà des frontières nationales. Il en résulte une amélioration de la communication internationale et de l’accès aux informations touchant à la santé, dans le domaine B notamment. La mise en œuvre du RSI a conduit à optimiser les capacités nationales de lutte, et à favoriser une dynamique de collaboration et de communication intersectorielle dans la lutte contre les risques sanitaires menée en Suisse. En comparaison au domaine B, la Suisse n’a fort heureusement dû gérer jusqu’ici que très peu d’événements sinon aucun relevant des domaines C (p. ex. denrées alimentaires, produits médicaux) ou A selon les principes du Fig. 1: Concept national de notification RSI. Ce concept définit la procédure à suivre pour les événements relevant du RSI et garantit la communication avec l’OMS. Il n’a aucune incidence sur les systèmes de surveillance, de notification et d’exécution déjà en place en Suisse. «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire RSI (2005). Les expériences réalisées dans le domaine B et les structures établies constitueront une base utile pour maîtriser de tels événements, s’ils devaient se produire. Conclusion Lors de la révision du RSI (2005), la communauté internationale a pris en compte les défis actuels du monde globalisé. Les risques sanitaires, à l’instar des maladies transmissibles, ignorent les frontières. Le SRAS, la grippe aviaire H5N1 et la grippe pandémique H1N1 ont montré à quel point une collaboration internationale dûment réglementée s’impose pour venir à bout des menaces sanitaires et pour empêcher collectivement de bonne heure toute propagation (pandémique) lourde en conséquences sociales. nouveau coronavirus MERS-CoV –, il est rassurant de pouvoir définir aujourd’hui, sur la base du RSI (2005), une procédure rapide, coordonnée et conforme au principe de proportionnalité pour la surveillance, les échanges d’informations et l’adoption de réactions ciblées. Telle est la finalité du RSI (2005), soit d’offrir la sécurité requise face à la propagation internationale des risques sanitaires, sans créer d’entraves inutiles au trafic et au commerce internationaux. http://www.bag.admin.ch/themen/internationales/11103/11512/11514/11524/index. html?lang=fr) (2) Règlement sanitaire international (2005). Organisation mondiale de la Santé (http://www.who.int/csr/ihr/current/fr/index. html) (3)Règlement sanitaire international (2005) 75 (SR0.818.103) (http://www.admin.ch/opc/de/classifiedcompilation/20052894/index.html) (4) Matter, Hans C., 2005: Internationale Gesundheitsvorschriften (2005). Internationale Bedeutung und Auswirkungen auf die Steue- Tout en faisant partie d’un système planétaire de lutte contre les maladies, chaque Etat membre – donc aussi la Suisse – conserve sa souveraineté et reste libre d’adopter sur son territoire les mesures qu’il juge utiles. rung und Organisation der Krankheitsbekämpfung in der Schweiz. Masterarbeit eingereicht bei Prof. Dr. Andreas Ladner, Kompetenzzentrum für Public Management, Schanzeneckstrasse 1, 3001 Bern. Traduction: OFSP Littérature Face aux nouvelles menaces sanitaires mondiales – soit, à l’heure actuelle, le virus Influenza A(H7N9) et le (1) Office fédéral de la santé publique, juin 2007: Rapport explicatif concernant le Règlement sanitaire international (2005) Cet article est paru dans le Bulletin de l’OFSP 26/13. «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Advanced Hazmat Life Support: Cours sur la gestion médicale de personnes exposées à des substances NBC PD Dr. med. Mathias Zürcher, Département d’anesthésiologie, Hôpital universitaire de Bâle, 4031 Basel, [email protected]; Dr. med. Hugo Kupferschmidt, Directeur du Centre suisse d’information toxicologique (CSIT), 8032 Zurich, [email protected] Mots-clés: NBC-incident, CBRN-incident, exposition NBC, substances dangereuses (hazmat), protection médicale NBC, médecine de catastrophe, CEFOCA-SFG, empoisonnements, intoxications. 76 Les catastrophes majeures impliquant l’exposition de personnes à des substances dangereuses sont certes rares, mais elles comportent un potentiel à risque élevé, autant pour l’homme que pour l’environnement. Aussi est-il essentiel que toutes les personnes travaillant pour ou dans la chaîne de secours à titre professionnel (ambulanciers, chef des secours, médecins urgentistes, soignants en médecine d’urgence, spécialistes des services du feu et des services de police) disposent de connaissances supplémentaires leur permettant non seulement de déceler ce type de catastrophes, mais également de se protéger eux-mêmes, tout comme d’autres individus possiblement concernés, pour éviter une propagation de la contamination sur l’ensemble de la chaîne de secours. Par ailleurs, ces mêmes personnes doivent également faire valoir suffisamment de connaissances en matière de prise en charge médicale pour soigner les personnes exposées de manière appropriée. Le cours «Advanced Hazmat Life Support (AHLS)» a pour objectif de transmettre ses connaissances spécifiques; il est d’ailleurs proposé régulièrement par le SFG dans le cadre des cours de formation continue. Situation initiale En Suisse également, l’industrie et le commerce ont recours à des substances dangereuses dans des quantités impressionnantes. Et même au quotidien, on trouve un peu partout des substances classées comme agents à risque. À commencer par les produits à base de pétrole tels l’essence, le diesel ou le gaz liquide, consommés en grande quantité et, dès lors, transportés par route, rail et voie fluviale. En 2011, 1’454 millions de tkm déclarés comme matières dangereuses ont été transportés rien que par le rail. De ce total, 853 millions de tkm étaient de l’essence, 88 millions de tkm du propane et 7.1 millions de tkm du chlore gazeux (1). Fort heureusement, des sinistres d’envergure déclenchés par des substances d’origine nucléaire, biologique ou chimique («accidents NBC») sont très rares en Suisse et n’ont, pour l’heure, jamais entraîné un nombre élevé de victimes. À l’étranger toutefois, ce genre de catastrophes a clairement démontré quels étaient les risques potentiels inhérents. Citons comme exemples les dangers: nucléaires et radiologiques: Tchernobyl (1986) et Fukushima (2011); chimiques: Seveso (dioxine, industrie chimique, 1976), Bhopal (l’isocyanate de méthyle, industrie chimique 1984), Toulouse (explosion à l’ammoniaque dans une déchetterie, 2001), Graniteville (catastrophe ferroviaire, chlore gazeux, 2005). Sont nettement plus fréquents les événements au cours desquels des personnes isolées sont exposées à une substance dangereuse pour ensuite souffrir d’affections aiguës. Il existe en outre le risque voir ces substances toxiques utilisées à des fins terroristes. Pour ces raisons, il importe avant toute chose que notamment les médecins d’urgence (MU) et les ambulanciers diplômés ED (AD), les médecins-chefs des secours (MCS), et les ambulanciers chef de secours (ACS) ainsi que les effectifs des services des urgences hospitaliers (les médecins-urgentistes et le personnel soignant urgentiste) soient sensibilisés à cette thématique afin de disposer du savoir-faire suffisant. Car ce n’est que de cette façon qu’il sera possible de déceler à temps une cause ou une source d’un risque ou d’une menace et de prendre les mesures d’autoprotection adaptée pour éviter toute propagation d’une contamination sur l’ensemble de la chaîne de sauvetage, jusque dans les espaces et les zones d’hospitalisation. En collaboration avec le Laboratoire de Spiez et le centre de compétences NBC de l’armée suisse, le Bureau du Service sanitaire Coordonnée (SSC) a édicté une série de recommandations nationales (les concepts «Décontamination NBC de personnes dans le secteur d’hospitalisation», «Décontamination NBC de personnes dans le secteur du sinistre» et «Recommandations relatives à la décontamination NBC pour les hôpitaux pour cas aigus et les hôpitaux de décontamination») et offre des cours techniques «Maîtrise d’événements NBC pour spécialistes médicaux et techniques de décontamination ainsi que des webinaires tel celui intitulé «Maîtrise sanitaire des événements NBC». L’éventail des cours de formation continue du SSC met notamment l’accent sur le sujet de la décontamination. Protection personnelle Protection de toute la chaîne de secours Primary Survey Secondary Survey – Identifier le toxidrome Poisoning Treatment Paradigm Traitement Tabl. 1: Principe de la gestion médicale de personnes exposées à une substance dangereuse «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Des connaissances plus vastes des conséquences médicales d’une exposition à des substances dangereuses, une meilleure compréhension de la pathophysiologie ainsi qu’une gestion et un encadrement optimisés des personnes touchées par de telles expositions ne constituent que les informations médicales de base sur les substances les plus fréquentes, dispensées durant le cours de formation d’ambulancier et le cours de formation pour les médecins d’urgences SSMUS. Comme on le sait, les événements impliquant des substances dangereuses risquent de contaminer un grand nombre de personnes. Or, comme ces événements sont plutôt rares, il est toujours conseillé, en temps réel, de faire également appel à un MCS, en plus du médecin d’urgence. Dans le cadre des cours de formation continue en matière de conduite sanitaire lors de catastrophes CEFOCASFG (2), il existe maintenant en Suisse aussi un cours reconnu sur le plan international, à savoir l’«Advanced Hazmat Life Support» (AHLS). Cette formation est proposée régulièrement en coopération avec le laboratoire de Spiez et le Centre suisse d’information toxicologique (CSIT) (3). Le cours AHLS Proposé depuis 1993, le cours AHLS est le fruit du travail d’experts en médecine urgentiste et en toxicologie de l’Emergency Medicine Research Center (AEMRC) à Tucson (Arizona) (4). Pourquoi? Il était apparu qu’un besoin réel existait en matière de formation des membres des professions paramédicales et des services du feu pour les préparer au mieux aux fréquents et graves accidents de la route occasionnés par des camions-citernes transportant des substances corrosives et toxiques vers les mines de cuivre d’Arizona. En 1998, une collaboration avec l’American Academy of Clinical Toxicology (AACT) est engagée, ce traduisant, en 1999, par le premier cours AHLS dispensé à Las Vegas auquel, à ce jour, rien de principal n’a dû être modifié. Aujourd’hui, des centaines de ces cours ont été dispensées, en langue anglaise, aux États-Unis, au Canada, en Europe et en Extrême Orient. Le matériel de formation en langue espagnole est utilisé en Amérique latine. Le professeur Frank G. Walter préside le conseil scientifique. La AHLS Faculty se réunit chaque année dans le cadre du North American Congress of Clinical Toxicology (NACCT) et assure que le cours soit toujours adapté aux dernières connaissances médicales, examinant également les propositions soumises par des participants, des instructeurs et des toxicologues des cours AHLS dispensés aux quatre coins de la planète. Le cours AHLS est préparé sur la base d’un «AHLS Provider Manual» complété par un catalogue de 50 questions «multiple choice», appelé le «Pre-Test». En Suisse, ce «Pre-Test» peut être effectué en ligne par le biais du RescuePoint® (5). Le cours pratique consécutif s’étend sur deux journées et comprend huit modules de formation; il se clôt sur un deuxième catalogue de 50 questions «multiple choice», appelé le «Post-Test». Par ailleurs, les cours AHLS suisses sont complétés par un module intitulé «Swiss Module», dispensé le soir du premier jour de cours. Cette instruction spécifique crée le lien entre l’enseignement AHLS officiel à teneur internationalement valable et les procédures et opérations de conduite typiquement helvétiques, à appliquer en cas d’un événement majeur. En Suisse également, tous les cours — du moins à ce jour — sont dispensés en langue anglaise. En Suisse, les cours AHLS sont organisés en collaboration avec le CSIT qui, par le biais de son directeur, le docteur Hugo Kupferschmidt, met à la disposition des participants à ce cours le toxicologue requis. Responsable du «Swiss Module» Marc Kenzelmann, Dr ès lettres, directeur du Bureau de protection nationale NBC et son équipe du laboratoire de Spiez préparent les lieux dans lesquels se déroule le cours. À la joie de tous, le professeur Frank. G. Walter, véritable «père spirituel du AHLS», a accepté de servir d’orateur principal pour les cours dispensés en Suisse, organisés dans le cadre du programme de formation continue CEFOCA-SFG dont la responsabilité générale est assumée par le docteur Mathias Zürcher. Syndrome aux gaz irritants Syndrome aux gaz asphyxiants Toxidrome cholinergique [ou: syndrome cholinergique] Syndrome aux agents corrosifs Tabl. 2: Toxidromes Principes fondamentaux d’une gestion médicale selon les directives du AHLS (6) Le cours AHLS fournit une vue d’ensemble des sinistres et autres catastrophes possibles, de leur taux de survenue et de leur dangerosité probables, et décline les mécanismes et origines susceptibles de les déclencher. Certes, le cours se concentre en première ligne sur des événements chimiques, mais il aborde également le domaine des substances à risques biologiques, nucléaires 77 «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire et radiologiques ainsi que les connaissances de base idoines requises; de plus, certains aspects de dangerosité spécifiques inhérents à l’utilisation de ces substances lorsqu’elles ne sont utilisées à des fins terroristes sont également traités dans le cadre de ce cours. 78 Compte tenu du nombre élevé d’agents chimiques dangereux existant en dépit du fait que le risque de voir ces événements se produire un ADurée de l’absorption (Faire cesser l’exposition à la substance toxique) Antidotes disponibles? BBasics (ABCDE) & Resuscitation (Mesures de base selon la méthode ABCDE) CChange Catabolism (Influencer la résorption) DDistribute differently (Influencer la répartition dans l’organisme) E Enhance Elimination (Accélérer l’élimination de l’organisme) Tabl. 3: Traitement/s de base de personnes exposées à une substance dangereuse («Poisoning Treatment Paradigm») jour soit assez faible, il importe avant toute chose de savoir déceler de tels événements dans l’optique de la médecine d’urgence pour intervenir de façon appropriée. À cette fin, le cours AHLS est structuré de façon systématique (tabl. 1) en se fondant sur le terme «toxidrome» utilisé en toxicologie clinique, qui allie les éléments «toxique» (empoisonnement) et «syndrome» (groupe de symptômes typiques à une pathologie). Selon les principes de l’AHLS, les intoxications causées par des substances chimiques sont classées en différentes Substance toxique: sulfure d’hydrogène (H2S) Toxidrome apparenté: Syndrome aux gaz asphyxiants – Sous-groupe: des agents asphyxiants systémiques (Interaction avec la cytochrome oxydase mitochondriale, capable de paralyser les voies respiratoires → mort cellulaire) Le sulfure d’hydrogène est facilement soluble dans l’eau, raison pour laquelle il peut se transformer rapidement en gaz irritant pour les vies respiratoires supérieures Fonctions vitales primaires concernées: Systèmes Fonctions vitales primaires A: Système respiratoire (Airway) X B: Respiration (Breathing) X C: Système cardiovasculaire X D: Système nerveux (Disability) X E: Elimination (Liver & Kidney) Tabl. 4: Explication de la notion de toxidrome à l’exemple du sulfure d’hydrogène (H2S) catégories de toxidromes (tabl. 2). Cette démarche permet d’attribuer les nombreuses substances chimiques à diverses «familles» clairement structurées déclinant les réactions typiques déclenchées dans l’organisme par le toxique, et vice et versa. Le programme de l’AHLS fait également état des premiers soins et traitements de secours à apporter selon une procédure mnémotechnique systématique, connue sous le nom de «Poisoning Treatment Paradigm» (tabl. 3). Ce «modèle de traitement de base» en cas d’exposition à des substances toxiques sert de norme pour ce qui est des procédures à suivre, dès qu’une substance ou une catégorie de substances a été identifiée. La notion de toxidrome est expliquée ci-dessous, à l’appui du sulfure d’hydrogène (tabl. 4). Les groupes cibles de la formation AHLS Le cours AHLS s’adresse avant tout aux MU, AD et MCS et ACS. Cela dit, il est tout aussi important que les collaborateurs des services des urgences hospitaliers soient sensibilisés au sujet des substances dangereuses afin que, notamment dans les cas où des patients se présentent de même aux urgences, le personnel soit en mesure de reconnaître les symptômes typiques d’une contamination chimique et de prendre les mesures nécessaires pour éviter toute propagation chez les effectifs et les structures de l’hôpital. De même, les spécialistes des services du feu, de l’armée et d’autres partenaires concernés par de pareils événements devraient être familiarisés avec les connaissances de base quant aux conséquences médicales d’expositions à des substances dangereuses à fin de pouvoir reconnaître immédiatement des situations de ce type. Pour l’heure, en Suisse et ailleurs en Europe, «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire les cours AHLS ne sont dispensés qu’en langue anglaise; de ce fait, le cercle des personnes capables d’y prendre part est en règle générale limité au corps médical ainsi qu’à quelques spécialistes. Pour cette raison, le Bureau du SSC et le laboratoire de Spiez appuient l’initiative du SFG qui, de concert avec le CSIT et la participation d’organes et d’instances comparables du Ministère allemand de la Protection de la Population, souhaite obtenir les droits de licences pour faire traduire en allemand, puis produire tout le matériel d’enseignement et de formation afin qu’à l’avenir, les cours AHLS puissent également être proposés en allemand. Le certificat et sa recertification Une fois suivi le cours AHLS «Provider» et réussi l’examen final en répondant correctement à au moins 80% des questions, le participant se voit décerner un certificat AHLS et son nom inscrit au registre central des personnes certifiées «AHLS» (4). Comme des connaissances médicales progressent et évo- luent continuellement, il n’est pas chose aisée que de les maintenir à niveau, d’autant plus que ce type de catastrophes et de sinistres ne se produisent qu’assez rarement. Dès lors, il semble logique et justifié d’exiger que, tous les quatre ans, le certificat AHLS fasse l’objet d’une «recertification». Cette procédure repose sur un examen en mode «multiple choice» à effectuer en ligne (4). Quatre années plus tard, le titulaire d’un tel certificat doit à nouveau suivre le cours s’il veut se le voir réattribué. Parraineurs En Suisse, l’organisation des cours AHLS soutenue financièrement et personnellement par le Bureau du SSC et le laboratoire de Spiez. Conflits d’intérêts Mathias Zürcher est responsable et instructeur de cours AHLS. En sa qualité de directeur médical du SFG, c’est lui qui a conçu le secours pour le programme de formation continue destiné au MCU et RIS suisses. Hugo Kup- ferschmidt est également responsable et instructeur de cours AHLS, par ailleurs chargé d’assurer la présence d’un toxicologue clinique, durant chaque cours, pour répondre à des questions spécifiques. En outre, il représente la Suisse au sein de la AHLS Course Faculty, qui se réunit dans le cadre du North American Congress of Clinical Toxicology (NACCT). Mathias Zürcher accomplit ses diverses tâches en rapport avec les cours AHLS dans le cadre de son mandat, sans rétribution aucune de la part d’AHLS. Les activités de Hugo Kupferschmidt, responsable des cours et toxicologue AHLS du SFG, font l’objet d’une note d’honoraires adressée au CSIT. En sa qualité de directeur du Centre suisse d’information toxicologique, il se charge d’autres activités pour l’AHLS à titre bénévole. Sources bibliographiques (1) Office fédéral des transports, Chemins de fer fédéraux, BLS AG, Office fédéral de l’environnement, partenariat RCAT. Estimation actualisée (version web) des risques pour les personnes (Screening 2011). Ernst Basler + Partner (2) www.cefoca-sfg.ch (3) www.toxi.ch (4) www.ahls.org (5) www.rescuepoint.ch (6) F.G. Walter. Advanced Hazmat Life Support Provider Manual. Third Edition 2003. University of Arizona Emergency Medicine Research Center and American Acadmey of Clinical Toxicology. Arizona Borad of Regents for the University of Arizona, Tucson, AZ. Traduction: Yve Delaquis Fig. 1: AHLS Faculty 2010 (de gauche: Dr Marc Kenzelmann, PD Dr Mathias Zürcher, Professeur Frank G. Walter, Dr Hugo Kupferschmidt), Lieu de cours: Laboratoire de Spiez 79 «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Pandémie et Soins à Domicile: enjeux et limites Ursula Jobin-Howald, Professeure Haute Ecole de la Santé La Source, Avenue Vinet 30, 1004 Lausanne, [email protected] Mots-clefs: Canton de Vaud, Services de Soins à Domicile, pandémie, gestion des ressources humaines 80 Le Service de Santé Publique vaudois a développé en 2006 un plan de pandémie qui englobe tous les services de la santé publique. Suite aux expériences ultérieures, ce plan a été adapté et rendu plus modulable selon les besoins des différentes pandémies tout en prévoyant d’assurer la meilleure prise en charge possible des patients avec un personnel lui-même réduit suite à une maladie contagieuse. Les informations suivantes ont été essentiellement recueillies lors d’une interview avec Mme Virginie Bertschi, adjointe à l’Association Vaudoise d’Aide et Soins à Domicile (AVASAD). Cette Association a apporté des prestations d’aide et de soins à 29’500 clients en 2012, par le biais de 4’100 collaborateurs, ce qui représente 2’300 places à plein temps dans 52 Centresmédico-sociaux (CMS). Les collaborateurs vont des auxiliaires de soins et/ou d’aide au ménage, assistante en soins et santé communautaire (ASSC) avec un CFC, à l’infirmier diplômé, aujourd’hui au niveau Bachelor en Science of Nursing, qui peut avoir acquis en plus une spécialisation, p. ex. en Santé communautaire. De plus, des ergothérapeutes, diététiciens, et assistants sociaux et sociales complètent les équipes. L’AVASAD délivre ainsi chaque jour chez plus de 5’500 personnes: 6’000 actes de soins, plus de 800 heures d’aide au ménage et 2’100 repas. Parallèlement à ce service public, il existe aussi des institutions de droit privé qui offrent leurs services de soins à domicile. Pour comparer, en Suisse, 32’000 collaborateurs prennent en charge 217’000 bénéficiaires de Soins à Domicile. Dans ces calculs-là, les aides au ménage ne sont toutefois pas partout comprises. Lors d’une pandémie, ce personnel se trouve en première ligne dans une population fragilisée puisque ayant déjà besoin de soutien en temps normal. Dans cette situation particulière, beaucoup de prestataires de soins, autant dans les hôpitaux qu’en Soins à Domicile, y compris les médecins, risquent d’être eux-mêmes malades, alors que les besoins de la population sont accrus. Les conséquences directes dépendent du caractère de la pandémie: de sa contagiosité, gravité et létalité pour les individus, de la durée de maladie et des critères de vulnérabilité, comme par exemple des tranches d’âge les plus exposées. En 2006, le Service de Santé Publique vaudois a élaboré et publié un premier plan «Pandémie». Pour ce faire, le Groupe expert «Pandémie» (GEX), composé de médecins hospitaliers et du Service de la santé publique, a travaillé en étroite collaboration avec les partenaires concernés au sein de l’Etat, y compris l’Etat-major de conduite du Plan catastrophe «ORCA», et avec les prestataires de soins ou leurs associations, pour élaborer le Plan opérationnel sanitaire en cas de pandémie grippale. L’aide et les soins à domicile (ASD) a contribué à l’élaboration de ce plan, dont une partie est spécifiquement consacrée à la prise en charge à domicile. Pour faire face à une augmentation importante du nombre de clients et de prestations à réaliser, l’organisation de l’ASD en cas de pandémie a été élaborée autour de trois axes: L’adaptation des prestations pouvant encore être offertes: l’ensemble des prestations a été revu afin de déterminer lesquelles pouvaient être supprimées ou diminuées pendant quelques semaines. La gestion des ressources humaines: recensement des personnes supplémentaires pouvant être mobilisées (jeunes retraités, personnel administratif, etc.), recensement des personnes pouvant augmenter leur taux dactivité, etc. Le pilotage de l’activité et l’organisation d’un CMS: constitution d’étatsmajors dans les CMS, modification des horaires d’ouverture des CMS, constitution d’équipes distinctes dédiées aux patients grippés et aux clients non-grippés, etc. Pour le personnel, le «droit de retrait» existe, sous réserve de sanctions que pourraient prendre l’employeur en cas d’absence injustifiée. En 2009, lors de l’épidémie A(H1N1), le plan élaboré en 2006 n’a pas été mis en œuvre tel que prévu. Ce dernier avait été prévu pour une pandémie très virulente et s’est avéré trop spécifique. La pandémie A(H1N1) était caractérisée par un niveau d’inconnues et de doutes bien plus important qu’anticipé. Il s’agissait pour le GEX et le médecin cantonal de moduler les actions nécessaires en fonction de l’évolution de la pandémie et des caractéristiques du virus. Parfois une pandémie fortement contagieuse et de ce fait très crainte, peut aussi, en pratique, s’avérer moins grave et létale qu’une grippe saisonnière, comme c’était le cas pour le virus influenza H1N1 en 2009. Dans ce cas «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire également, les guidelines doivent être réadaptées. Consignes du médecin cantonal Pour adapter les actions, l’ASD reçoit les consignes du médecin cantonal, qui se base sur les informations scientifiques et les recommandations relatives à la pandémie menaçante par l’Organisation Mondial de la Santé (OMS) (voir aussi l’article «Règlement sanitaire international de l’Organisation mondiale de la santé: son importance pour la Suisse» à la page 70 de cette édition) et l’Office Fédéral de la Santé publique (OFSP). Elle élabore avec son Etat-Major des guidelines spécifiques pour le canton de Vaud, basées sur le plan pandémie. Ainsi, l’ASD pourra par exemple décider d’augmenter le nombre de collaborateurs pour remplacer les malades et répondre aux besoins accrus en rappelant des personnes en vacances ou en congé, des retraités et en engageant des intérimaires. L’ASD pourra également décider quelles prestations doivent être abandonnées ou renforcées selon les symptômes typiques respectivement diagnostics présumés ou confirmés. Sur ces bases, un tableau de consignes adaptées peut être élaboré et publié pour tous les CMS, selon les ordres du médecin cantonal et correspondant à la nature de la pandémie concernée. Au moment de la création du plan pandémie, les différents services de soins à domicile privés n’étaient pas encore existants. Aujourd’hui avec 29 institutions reconnues, c’est devenu une réalité incontournable et toutes les structures, publiques et privées, concernées à un titre ou à un autre par une pandémie, seraient informées au même titre. Les procédures à appliquer sont donc uniformes et claires pour tous les professionnels à tous les niveaux, de l’auxiliaire d’aide au ménage aux infirmières spécialisées. Du matériel spécifique, comme des masques, existe en stock, prêt pour le cas d’une pandémie provoquant une éventuelle rupture de stock chez les fournisseurs. Informations sont adaptées Pour les clients, les informations sont données par voie orale ou écrite et évoluent avec l’histoire de la pandémie courante. En situation de crise, il est cependant difficile de vérifier, si tous les clients se tiennent aux règles imposées, par exemple de sortir uniquement en portant un masque fonctionnel et adapté ou de rester strictement à domicile. Au niveau Suisse il n’existe pas de plan d’ordonnance pandémie commun à tous les Services de Soins à Domicile suisses, réunis dans l’Association Suisse des Services d’Aide et Soins à Domicile (ASSASD). Actuellement, l’élaboration d’un plan pandémie fédéral est en cours. Le Canton de Vaud a l’objectif, de répondre par ces mesures, basées à la fois sur des connaissances scientifiques et flexibles, selon les besoins réels et les ressources disponibles, au mieux aux besoins de sa population en cas de pandémie. Bibliographie (1) Canton de Vaud. (2013) Service d’aide et de soutien à domicile. Repéré à http://www. vd.ch/autorites/departements/dsas/assurances-sociales-et-hebergement/ (2) Canton de Vaud. (2013) Organisations pri- En période de pandémie, le médecin traitant continue à prescrire et expliquer le traitement à son patient. Les professionnels des Soins à Domicile l’exécutent. Des adaptations des procédures sont possibles et nécessaires. Si la crise est majeure, la mise en fonction du Service Sanitaire Coordonné peut être ordonnée par le Conseil d’Etat concerné ou la Confédération, comme par exemple lors d’un plan canicule, qui touche énormément de personnes. En ce qui concerne la grippe saisonnière, la vaccination annuelle est rappelée et offerte gratuitement chaque automne, mais moins de 30% des professionnels s’y soumettent. Lorsque le seuil épidémique est passé, les collaborateurs non vaccinés sont alors obligés de porter en permanence un masque auprès des clients. vées de soins à domicile. Repéré à http:// www.vd.ch/themes/sante-social/vivre-adomicile/aide-a-domicile/ (3) Canton de Vaud. (2013) Liste des organisations de soins à domicile privées autorisées à exploiter. Repéré à http://www.vd.ch/ themes/sante-social/vivre-a-domicile/organisations-privees/ 81 «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Abris et lieux protégés, entre nécessités et nouvelles réalités Franco Bianchi, journaliste RP/FSG, via Cantonale, 6927 Agra, membre de la commission de rédaction du bulletin d’information sur le SSC, [email protected] la disposition de la population suisse, plus communément appelés «abris antiatomiques»? Certainement pas, lorsque l’on sait que la construction de tels locaux est prescrit par la loi en Suisse et que chaque nouveau bâtiment privé construit à partir disons de l’année 1980 en abrite un dans son sous-sol. En revanche, peu savent combien de ces abris se prêtent à un engagement du SSC et où ils se trouvent. Mots-clés: finances, règles, projets 82 Dura lex, sed lex – La loi est dure, mais c’est la loi: ce dicton trouve un écho à la fois dans la vie en soi, vouée à la mort dès le premier souffle, que dans la destinée humaine, influencée par d’innombrables facteurs. Le concept du SSC en prend acte, lui qui tient compte des menaces actuelles pesant sur la vie ainsi que des difficultés financières limitant le rendement des autorités publiques que sont la Confédération, les cantons et les communes. Avons-nous encore besoin de «lieux protégés» dans la lutte contre les urgences de type CBRN (c’est-à-dire les armes NBC, menaces radiologiques comprises)? Et quelle est la situation au Tessin à cet égard? C’est à ces deux questions que nous voulons répondre dans les lignes qui suivent. Si nous considérons la portée globale de la menace, nous ne pouvons que répondre oui à la première question. En pratique, il n’est toutefois pas aussi aisé de déterminer le cadre logistique en lien avec les besoins en abris et en lits protégés pour patients en tenant compte de l’impact possible d’une situation de crise donnée ainsi que des ressources dont dispose la population. EOC Lugano, Ospedale Civico. Les efforts du SSC et de ses partenaires que sont l’armée, la protection civile et les services civils de la santé visent à garantir la meilleure prise en charge possible des patients et non à leur donner l’assurance qu’ils vont survivre à un incident de type CBRN, car en fin de compte, comme nous l’avons rappelé plus haut, nous ne sommes sûrs que d’une seule chose dans la vie, à savoir la mort. Triste, certes, mais vrai. Existe-t-il parmi les lectrices et lecteurs des personnes qui n’ont encore jamais entendu parler des lieux protégés qui sont à Essayons à présent de décrire la situation au Tessin, sans pour autant prétendre à le faire en intégralité et de manière totalement correcte, ce dont le lecteur voudra bien nous pardonner! Par souci de simplification, nous nous contenterons de considérer la situation sur le territoire communal de Lugano, puisque cette ville de 65’000 habitants située au bord du lac du même nom compte parmi les dix villes les plus peuplées du pays et que c’est précisément là que se trouve le seul et unique établissement tessinois des sept hôpitaux protégés avec statut spécial SSC reconnus par la Confédération et répartis dans les quatre régions du pays, à savoir l’hôpital municipal «Ospedale Civico» (OCL) de la «Ente Ospedaliero Cantonale» (EOC), un organe de droit public qui gère les hôpitaux du Tessin. «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Les vieux lits superposés ne sont pas à disposition des patients, mais ils le restent bien pour le personnel. Lorsqu’il est question d’abris et de lieux protégés pour la population, impossible de ne pas mentionner au moins l’un des précieux partenaires du SSC, à savoir la protection civile. Un exemple nous vient à l’esprit hors de l’espace urbain, celui de l’organisation de la protection civile de la région de Lugano, responsable de 32 communes comptant au total 49’000 habitants dans les zones de Vedeggio et Malcantone (180 km2 entre Caslano et Isone pour être très précis). Il était une fois… Permettez-moi ici de remercier tout d’abord nos partenaires pour la précieuse et excellente collaboration, notamment la direction générale EOC à Bellinzone et la direction OCL (et en particulier Davide Ferrari, responsable du service technique et de sûreté, et Oscar Maniscalco, responsable de l’hôpital protégé), sans oublier bien sûr la protection civile de Mezzovico et plus spécialement son responsable Pier Giorgio «Mike» Donada et son commandant, le lt col Ferruccio Landis. Il était une fois, pourquoi avoir choisi ce sous-titre? En deux mots, parce que le nouveau concept du SSC (rédigé dans les années 90 en tenant compte des nouveaux contextes politique et militaire en Europe et leur impact sur la politique de sécurité de la Suisse) a influé de manière très marquée sur l’organisation des services sanitaires, logistique comprise. C’est ainsi que les soldats sanitaires et les pompiers militaires ont par exemple disparu des rangs de la protection civile, de sorte à ce que l’organisation des installations a aussi dû être adaptée aux nouvelles exigences. A cet égard, il en est allé de même pour les anciens centres opératoires protégés (COP) prévus pour la population, qui existent encore et ont progressivement Installés 36 nouveaux lits sanitaires de l’Armée et la nouvelle centrale thermoélectrique. été intégrés à l’EOC. La première installation de ce type a été réalisée au «Ospedale Distrettuale» de Faido. Ont suivi «S. Giovanni» à Bellinzone, «Acquarossa» (à moitié militaire), «La Carità» à Locarno, «l’Ospedale Civico» (construit en 1980 pour des coûts de 6,7 millions de francs, avec le soutien de la Confédération, des cantons et des communes de l’arrondissement de Lugano) et «Beata Vergine» à Mendrisio. S’y ajoute un établissement privé à l’hôpital de Castelrotto. «L’Ospedale Italiano di Lugano», qui ne possède pas d’abri bien qu’il ait été rénové récemment alors que les COP étaient déjà renommés en «hôpitaux protégés», fait aussi partie de l’EOC. Nouvelles compétences pour le SSC, nouvelle destinée pour les installations de l’EOC, qui reste propriétaire de ces équipements souterrains et qui peut librement en disposer, surtout que 83 «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Les couloirs sont appropriés pour déplacér les lits, tandis que pour la cuisine n’est bien entendu pas le cas! 84 «l’Ospedale Civico» est le seul à être reconnu comme un «hôpital protégé». Les emplacements n’ont évidemment pas tous été abandonnés, mais peuvent au contraire être «réactivés» en l’espace de 24 à 48 heures. L’EOC se charge chaque année de leur maintenance en collaboration avec la protection civile. A l’heure actuelle, ces locaux sont toutefois utilisés à d’autres fins, au moins en partie, par ex. comme magasins ou dépôts de matériel. Il était une fois … les COP. Ils devaient être disponibles en cas de catastrophes, de guerres et d’épidémies et étaient donc dotés d’un service sanitaire complet (y compris salles d’opération, laboratoires, locaux de radiologie, etc.). Nouvelles exigences Aujourd’hui, ils ont en revanche été remplacés par les hôpitaux protégés. Au Tessin, comme déjà dit plus haut, il y en a un, «l’Ospedale Civico». Il comprend toujours trois niveaux, résiste aux bombes atomiques et aux séismes et est séparé de la plaque de base de l’hôpital par une couche de béton armé épaisse de 1,5 m et une couche de terre d’une épaisseur de 3,5 m. Il dispose de filtres pour les gaz nervins et est complètement autonome. Dans les faits, pourtant, l’installation ne sert aujourd’hui plus qu’à héberger des patients et les locaux ainsi que les services et même les dispositifs médicaux qui servaient autrefois à assurer l’exploitation ne sont plus les mêmes. Au regard du nouveau contexte, les deux salles d’opération, les trois autoclaves, les deux centrifugeuses, le laboratoire et la salle de radiologie de «l’Ospedale Civico» sont devenus su- perflus. La capacité maximale d’accueil a été rabaissée de 300 à 100 patients (lits du service sanitaire militaire au lieu de lits à étages). La disponibilité opérationnelle pour les 36 lits déjà prêts est fixée à 12 heures; 64 autres lits peuvent au besoin être préparés, même si dans un tel cas de figure toute l’infrastructure s’appuierait sur les prestations auxiliaires des bataillons mobiles d’hôpital de l’armée et l’exploitation hospitalière usuelle se poursuivrait de manière autonome (260 places à «l’Ospedale Civico», 60 à «l’Ospedale Italiano», 1’400 collaborateurs, dont 600 permanents). L’hôpital protégé à Lugano est aéré et chauffé en permanence (température de 17–18°), il est fonctionnel et, d’après Monsieur Ferrari, il répond «aux nouveaux scénarios et concepts de mobilité qui caractérisent déjà l’exploitation habituelle». Il y a beaucoup d’appareils (comme les autoclaves) et de materiel, jusqu’à présent gardés dans les magasins. «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Il rajoute: «Prenons par exemple la stérilisation. Elle se fait de manière centralisée à Biasca pour l’ensemble de l’EOC. Comme des pannes sont toujours possibles, que se passe-t-il dans un tel cas ? Nous disposons de trois unités mobiles de stérilisation pouvant être louées ainsi que des locaux correspondants pour l’hébergement et la mise en exploitation». «L’Ospedale Civico» de Lugano se dresse entre la Via Tesserete et la Via Torricelli tel une tour devant les yeux d’un observateur. La composition de la plaque de base est la suivante: au parterre, nous retrouvons un parking couvert avec 550 places ainsi que l’entrée principale, la réception, les urgences, la radiologie et l’accès à la cardiologie située dans la fondation adjacente; au 1er étage, les salles d’opération, les soins intensifs, les salles de travail, le service chirurgical ambulatoire; du 2ème au 14ème étage, les chambres pour les patients ainsi que des chambres sécurisées pour les prisonniers; au 15ème étage, la technique. En repartant depuis la plaque de base vers le bas, on retrouve: au 1er sous-sol des bureaux administratifs, les cuisines, la pharmacie, la physiothérapie, la cafétéria, etc. Quant au 2ème sous-sol, il abrite la neurologie, le centre de dialyse, des chambres pour le personnel de pi- Protection Civile Lugano Campagna: à gauche, le cdt ltcol Ferruccio Landis; à droite le président Pier Giorgio ‘Mike’ Donada. quet et des locaux de stockage ainsi qu’une place d’atterrissage pour hélicoptère à l’extérieur. L’hôpital protégé Civico Pour atteindre l’hôpital protégé, nous devons encore gagner en profondeur : 3ème sous-sol: porte blindée ; 8 locaux de traitement (5 vides, 3 utilisés comme entrepôt). 4ème sous-sol: 2 anciennes salles d’opération, 4 locaux de réhabilitation avec actuellement 36 lits du service sanitaire militaire; accueil pour personnes irradiées; 2 locaux stériles, laboratoire, pharmacie (vide, car possibilité de faire appel à des services auxiliaires externes en cas de besoin); cabinets de toilette. 5ème sous-sol: cuisine, technique, chambres à coucher pour le personnel. La salle d’opération et un des locaux tenus à disposition par la PCi, dans le site de Rivera. Les anciens lits à étages «ont été démontés et peuvent en partie être réutilisés, mais nous ne sommes évidemment plus à une capacité de 300 lits (à l’exception de ceux pour le personnel), puisque les règles d’engagement et l’équipement ne sont plus identiques» confirme le responsable des opérations, Oscar Maniscalco. Des travaux de modernisation et de mise aux normes ont été entrepris en suffisance (150’000 francs ont été investis depuis 2010), notamment pour la remise en état partielle de la technique (pompes, éclairage, aération), l’installation de détecteurs incendie et l’adaptation du système de transvasement de diesel depuis les réservoirs, qui sont à présent en plastique, vers la génératrice (il en reste une, d’une puissance de 390 PS). 85 «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire 86 Dans les locaux du ‘Panda-Centro’, à Bioggio, les patients sont guidés depuis la salle d’attente jusq’au poste de visite. «Les modifications concernent également d’autres services des anciens COP. C’est ainsi que les trois réservoirs d’eau potable (d’une capacité totale de 270’000 litres) sont vides et hors service, puisqu’en cas d’incident nous serons depuis l’extérieur approvisionnés en bouteilles de PET du commerce. La même remarque vaut aussi pour d’autres secteurs. Les locaux (dont certains sont vides) sont encore disponibles, tout comme une partie de l’équipement médical d’origine. Potentiellement, ils peuvent être remis en service sur ordre de la Confédération ou du canton, mais c’est précisément ce dont nous sommes en train de parler avec les autorités, fidèles au principe du soutien externe, également par le biais de l’hôpital situé au-dessus de l’abri …», de conclure notre interlocuteur. Protection et services «Mike» Donada, qui était déjà responsable de la sécurité à l’Ospedale regionale di Lugano (Ospedale Civico Lugano et Ospedale Italiano Lugano) ainsi que de l’ancien COP de «l’Ospedale Civico» et qui est désormais le responsable de la protection civile pour la région de Lugano, est lui bien informé des changements dans la partie souterraine de l’hôpital communal. «Autre époque, autres exigences; chez nous, il y a des changements aussi, à commencer par la disparition des militaires sanitaires», explique-t-il un brin nostalgique. Aujourd’hui, l’organisation régionale de la protection civile coordonne 1’100 personnes astreintes au service de protection, incorporés dans six compagnies: quatre compagnies «de la première heure» pour l’intervention immédiate et deux compagnies de réserve. Chaque unité englobe des sections de commandement (cdmt), de logistique (matériel, transport, subsistance et cuisine), de sauvetage (interventions), d’assistance (aide pour les évacués et contrôles réguliers des abris, RCP) et de protection de biens culturels (inventaire et gestion). L’une de ces compagnies, la 41, est de plus chargée de soutenir la police dans le domaine de la circulation et des chaussées. Finances et réductions «Dans les années 90, le service sanitaire a été affecté au SSC, qui fait à son tour appel aux hôpitaux publics et aux services ambulanciers cantonaux; nous avons aussi ‘perdu’ les pompiers militaires puisque le service du feu a été confié aux corps de pompiers locaux», poursuit Donada, en soulignant que les personnes astreintes au service de protection chargées de l’intervention immédiate sont intégralement formées et équipées, mais que celles appartenant à la réserve ne le sont qu’en fonction des exigences liées aux interventions actuelles». Le bilan annuel de l’organisation (qui dispose de douze véhicules d’interven- La PCi demande la révision des charges payés (compensés), en fonction des besoins. Est-ce qu’il y a, entre ceux ci, le rétablissement des sentiers comme, ici, à Molino di Bioggio? «PRENEZ GARDE: CONTAGIEUX! CBRN.» 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire tion et d’un véhicule de commandement récemment acquis) se monte à 1,3 million de francs, dont 900’000 francs sont à la charge des communes, ce qui représente une charge de 20 francs par habitant. Moins de soldats, moins de service Et qu’en est-il des abris antiatomiques publics et privés? A ce sujet, le cdt Landis explique ceci: «A l’heure actuelle, nous disposons de 2’500 abris de ce type, qui peuvent accueillir au total 38’000 personnes, soit 73 % de la population. 25 abris sont aux mains des pouvoirs publics: nous n’atteignons donc pas le 90% de la population prescrit par la loi. En dépit des 17 % manquants, aucun autre ouvrage de protection d’envergure n’est prévu à court ou moyen terme. Dura lex, sed lex: ce dicton s’applique aussi à la situation des finances publiques (et, partant, à la situation financière des contribuables)». Au total, il y a 10 installations de protection (postes de commandement et stationnements) dans la région de Lugano; s’y ajoutent: Deux postes de secours sanitaire (po seco san) L’un se trouve à Bioggio, a été aménagé lors de la pandémie de 2010 sur ordre de l’office du médecin cantonal et est opérationnel; 130 patients peuvent y être pris en charge quotidiennement; il y a des locaux de triage et d’admission, des douches et une cafétéria pour les personnes astreintes au service de protection; les locaux sont toutefois vides et sont utilisés à d’autres fins (divers cours de protection civile). En cas de pandémie, vu l’absence de soldats sanitaires, le poste de secours sanitaire serait confié à un médecin civil, qui s’occuperait des patients à l’aide des personnes astreintes au service de protection (par ex. décontamination, distribution de vêtements, transfert à l’hôpital, etc.). L’autre poste de secours sanitaire, qui se trouve à Rivera, possède même une salle d’opération et peut accueillir 128 patients: ici aussi c’est l’office du médecin cantonal qui est responsable de l’ouverture. Deux postes sanitaires (po san) L’un à Mezzovico, où se trouve aussi le siège de l’organisation, l’autre à Rivera. Capacité d’accueil: 32 patients chacun. «Les installations de protection, les postes de secours sanitaire et les postes sanitaires couvrent ensemble les besoins de la région de Lugano: aucune nouvelle construction n’est donc nécessaire. De plus, nous pouvons et devons assurer la protection de la population au domicile depuis les années 90, alors que le SSC cantonal et ses partenaires sont chargés de couvrir les besoins sanitaires (patients existants ou additionnels consécutivement à d’éventuelles catastrophes, guerres, pandémies, etc.)», souligne le lt col Landis. Perspectives? La description de la situation faite jusqu’à présent ne répond pas directement à la question initiale portant sur le besoin en lieux protégés; elle fournit toutefois quelques pistes de réflexion, qui ont en partie déjà aboutis à des actes concrets. L’entrée du PSS, à Rivera. C’est ainsi que la conférence des présidents et commandants des six orga- nisations régionales de la protection civile du Tessin ont invité le gouvernement cantonal à effectuer une analyse des risques pour le territoire subalpin, en application du plan en cas de catastrophe (KaTaPlan). Grâce à ses expériences au sein de «l’Ospedale Civico», où les anciens COP étaient régulièrement utilisés pour des exercices militaires ou civils (y compris hébergement et traitement chirurgical de vrais patients), Mike Donada est d’avis que nous n’avons pas besoin de lieux protégés supplémentaires, «mais que nous devrions entretenir les locaux existants, garantir leur bon fonctionnement (test de fonctionnement, téléphones, nettoyage, etc.) et mettre des lits à disposition, afin d’être correctement armés en cas d’urgence». En attendant le résultat de l’analyse cantonale des risques, le responsable de la protection civile de la région de Lugano ne voit pas tant une obligation de la protection civile vis-à-vis de la protection CBRN, mais bien plus de la protection contre les inondations, les éboulements et autres coulées de boue, les fortes chutes de neige et les avalanches, les sécheresses «ainsi que de la défense d’autres besoins de la population, également pour une faible durée, pour autant que les personnes astreintes au service de protection aient le droit aux indemnités AVS/AI/ APG pour les services accomplis.» Cent places sont-elles suffisantes au sein de l’hôpital protégé «Ospedale Civico» à Lugano pour couvrir les besoins médicaux de la population? Le contexte actuel, nous l’avons décrit aussi précisément que possible. C’est pourquoi nous préférons laisser la question sans réponse, car, au risque de nous répéter, seule une chose est sûre dans la vie… Traduction: Jérôme Benoit 87 AGENDA 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire RAPPORTE KSD Informationsrapport KSD 12.06.2014 Biel 23.11.2013 Colombier, château Sanitätsdienstliche Führung Grossereignis (SFG-H): 21./22.10.2013 Bern, Kaserne Sanitätsdienstliche Führung Grossereignis (SFG-B, Spezialkurs) für Leitende Notärzte und Einsatzleiter Sanität, «Human Factors and Training» 25./26.10.2013 Zürich (Opfikon) Sanitätsdienstliche Führung Grossereignis (SFG-P): für Leitende Notärzte und Einsatzleiter Sanität 12.–16.5.2014 Zürich (Opfikon) 26./27.9.2013 Lausanne, CHUV 11.11.2013 Spiez 24./25.9.2013 Bern, Kaserne 27./28.09.2013 Innsbruck, Uni 11./12.10.2013 Genève 7./8.11.2013 Crans-Montana 7./8.11.2013 Interlaken 20.9.2014 Zürich; Uni Irchel Auskunft: [email protected] JOURNéE DU RNAPU Quand les enfants sont au cœur d’une prise en charge immédiate: enjeux et outils Renseignement: [email protected] KURSE SFG Auskunft: [email protected], www.cefoca-sfg.ch COURS CEFOCA Module 3: «Accidents majeurs: conduite et leadership sanitaire» Renseignement: [email protected] 88 FACHKURSE BEWÄLTIGUNG VON ABC-EREIGNISSEN Technische und medizinische Dekontaminationsspezialisten Auskunft/Renseignement: [email protected] VERANSTALTUNGEN DER PARTNER 6. Nationale ABC-Schutz Konferenz Auskunft: [email protected] 12. Internationale Kriseninterventionstage 2013 Auskunft: www.roteskreuz.at/tirol/Kriseninterventionstagung Séminaire d’approfondissement de psychologie d’urgence Renseignement: www.crsp.ch Bevölkerungsschutzkonferenz Auskunft: www.bevoelkerungsschutz.admin.ch Fortbildungstag Klinische Notfallmedizin Auskunft: [email protected] Internationale Tagung SGOS/SSOTS Auskunft: [email protected] INFO 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Neues von der Schweiz. Gesellschaft für Notfall- und Rettungsmedizin (SGNOR) Dr. med. Stefan Müller, Chefarzt Schutz & Rettung Zürich, Neumühlequai 40, Postfach 3251, 8021 Zürich, [email protected] Auch im ersten halben Jahr 2013 wurde es innerhalb der SGNOR nicht langweilig. Personelles Präsidium Anfangs Mai 2013 gab der amtierende Präsident, Dr. Hans Matter (Schlieren), überraschend seinen Rücktritt auf die Mitgliederversammlung vom 24. Mai 2013 aus familiären Gründen bekannt. In der kurzen Zeit bis zur Mitgliederversammlung war es unmöglich, einen neuen Präsidenten zu finden. Der Past-President, Dr. Ulrich Bürgi (Aarau) stellte sich in der Folge für eine interimistische Lösung bis Ende der Legislatur im Mai 2015 zur Verfügung. Wir danken ihm an dieser Stelle ganz herzlich für seine Bereitschaft. Vorstand Ihren Rücktritt gaben nach vielen Jahren im Vorstand bekannt: Dr. Heinz Bähler (Präklinik), Bern Dr. Zeno Supersaxo (Präklinik), Hünibach Besten Dank für die Mitarbeit. Neu in den Vorstand gewählt wurden: Prof. Dr. Dagmar Keller (Klinische Notfallmedizin), Zürich Dr. Walter-A. Hanhart (Präklinik und Klinische Notfallmedizin), Neuchâtel Dr. Simon Sulser (Präklinik), Winterthur Der Vorstand freut sich auf die Zusammenarbeit mit den neu gewählten Vorstandsmitgliedern. An der Mitgliederversammlung wurde zudem – neben den statutarischen Traktanden – das von Grund auf revidierte Fähigkeitsprogramm «Klinische Notfallmedizin» verabschiedet. Dieses befindet sich aktuell bei den Gremien des SIWF FMH, welches für die Fähigkeitsprogramme zuständig ist. Kongresstätigkeit In den ungeraden Jahren findet jeweils das Notfallsymposium in Zusammenarbeit mit der Vereinigung Rettungssanitäter Schweiz (VRS) statt. Am 24./25. Mai 2013 verfolgten rund 450 Teilnehmende die interessanten Referate zu den Themen Daten und Recht Katastrophenmedizin Aktuelles aus der Notfallmedizin Simulation Ebenso wurden in diesem Jahr erstmals parallel stattfindende Workshops angeboten. Allen, die zum guten Gelingen dieses Anlasses beigetragen haben, danken wir bestens. SGIM-Kongress Wiederum wurde die SGNOR eingeladen, einen Teil des Kongressprogramms des SGIM-Kongresses 2013 (29. – 31.5.2013) in Basel in Form von Workshops und einem Learning-Center zu bestreiten. Die Notfall-Ultraschall-Workshops wie auch der bereits zum zweiten Mal durchgeführte BLS-Learning Center der Dienstarztkurs-Faculty vom Donnerstag, 30.5.2013, fanden enormen Anklang. SGI-SGNOR-Kongress (5.–7.9.2013, Genève, Palexpo) Die SGNOR ist in den Jahren 2013 bis 2015 Kongresspartner der Schweiz. Gesellschaft für Intensivmedizin SGI. Für die Kongresskoordination verantwortlich sind Dr. Stephan Steuer, Dr. Olivier Hügli und Gabriela Kaufmann. 2013 ist die SGNOR verantwortlich für die folgenden Programmteile: Acute coronary Syndrom (main topic, Donnerstag, 5.9.2013, 08.00 – 09.20 Uhr) SGNOR-Session Prehospital rescue Medicine (Donnerstag, 5.9.2013, 15.30 – 17.10 Uhr) Workshop Point of Care Sonography (Freitag, 6.9.2013, 14.00 – 15.30 Uhr) Wir hoffen auf möglichst viele Teilnehmende, die die SGNOR unterstützen! Weiterbildung Die Klausur des Vorstandes SGNOR vom März 2013 widmete sich in grossen Teilen der Frage: Schaffung eines Facharzttitels Notfallmedizin? An der Diskussion beteiligten sich alle involvierten medizinischen Fachgesellschaften der SGNOR, die Partner in der Präklinik (VRS) und auf der Notfallstation (SIN), aber auch der Präsident des Schweiz. Instituts für Weiter- und Fortbildung (SIFW) FMH, Dr. Werner Bauer. Wir blicken mit Spannung auf die künftigen Entwicklungen! Ausblick Auch im zweiten Semester 2013 wird die Arbeit nicht ausgehen. Minimal Data Set, Schaffung Facharzttitel, Prüfung KNM, Überarbeitung essentials Dienstarztkurs, sind nur einige der Themen, die der Bearbeitung warten. Zentralsekretariat SGNOR c/o Gabriela Kaufmann Wattenwylweg 21 3006 Bern Tel. 031 332 41 11 Fax 031 332 41 12 www.sgnor.ch [email protected] 89 INFO 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Neue Sanitätsausrüstung: Interkantonale Zusammenarbeit Hauptmann Jean-Gabriel Clouet, Chef Detachement Sanitätshilfsstelle, Schutz- und Rettungsdienst Lausanne, Abteilung Sanitätsgruppe, Rue César-Roux 31, 1005 Lausanne, [email protected] Georges Vittoz, Verantwortlicher für Sanitätsnotfallmassnahmen, Amt für Gesundheitswesen des Kantons Waadt, Monts-de-Lavaux 28, 1092 Belmont, [email protected] Key Words: Katastrophen, Sanitätsausrüstung, Anhänger, Fahrzeuge für den SanitätsSupport In diesem Artikel wird die Entwicklung im Bereich der Sanitätsausrüstung dargestellt. Die interkantonale Zusammenarbeit ist vorbildlich und dürfte es ermöglichen, für Grossereignisse in der französischen Schweiz gewappnet zu sein. Voraussetzung hierfür sind allerdings weitere gemeinsame Massnahmen, insbesondere im Hinblick auf Schulungen sowie auf die Modernisierung der Ausrüstung. 90 Seit der Einrichtung des als ORCA bezeichneten waadtländer Katastrophenplans im Jahr 1970 wird der dortige Sanitätsdienst durch das kantonale Amt für Gesundheitswesen (Service de la santé publique, SSP) unter Verantwortung des Kantonsarztes organisiert. Sehr schnell erwies es sich als nötig, ergänzend zu den alltäglich eingesetzten Mitteln spezielle Sanitätsmittel für Grossereignisse anzuschaffen. treffend den Austausch dieser Ausrüstung an. Parallel hierzu kristallisierte sich bei den Diskussionen innerhalb der regionalen medizinischen Interventionsgruppe für Katastrophenfälle (Groupe Romand d’Intervention Médicale en cas de Catastrophe, GRIMCA) ein realer Bedarf an interkantonaler Koordination heraus, sowohl hinsichtlich des Ereignismanagements als auch hinsichtlich der Anschaffung einer neuen Ausrüstung unter Berücksichtigung der heute bekannten Risiken. Dank der professionellen Arbeit eines besonders engagierten Kaders beim Detachement Sanitätshilfsstelle (Détachement Poste Médical Avancé, DPMA) wurde ein Fahrzeug für den Sanitäts-Support (Véhicule de Soutien Sanitaire, VSS) konzipiert. Dieses Konzept weckte schon bald das Interesse mehrerer Kantone der französischen Schweiz. Daraus ergibt sich, dass aktuell – im Sommer 2013 – vier VSS gleichen Modells und mit einheitlich ausgebildetem Personal bereitstehen. Diese vier VSS sind in Aigle, La Chaux-de-Fonds, Lausanne und Payerne stationiert. Eine spezielle Kommission sorgt als technisches Organ der GRIMCA für die Einheitlichkeit der Ausbildungen und ermöglicht einen wertvollen Austausch von Kompetenzen. Es kam zum Abschluss interkantonaler Verträge zwischen den Kantonen Freiburg und Waadt (2007), Wallis und Die Fahrzeuge sind derart ausgelegt, dass sie alle drei betroffenen Einsatzbereiche abdecken können: das Ge- Daher beschaffte das SSP gegen Ende der 70er-Jahre einen ersten Anhänger nach dem Vorbild desjenigen, den der Kantonsarzt damals in seiner Freizeit nutzte. Einige Jahre später kaufte die Stadt Lausanne einen eigenen Anhänger für ihren internen Katastrophenplan DIAM. Dies geschah in Zusammenarbeit mit dem SSP, das drei weitere kleinere Anhänger für den dezentralisierten Einsatz in Aigle, Nyon und Yverdon beschaffte. Diese Mittel, die glücklicherweise niemals für Grossschadensfälle gebraucht wurden, mussten nun aufgrund ihres Alters und angesichts des technologischen Fortschritts ersetzt werden. Daher stellten die Stadt Lausanne und der Kanton Waadt Überlegungen be- Waadt (2011) sowie zwischen der Stadt Lausanne und dem Kanton Waadt (2007). In diesen Verträgen sind die Modalitäten für den Einsatz, den Betrieb und die Finanzierung der VSS festgeschrieben. Zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Artikels wird gerade ein Entwurf für ein Abkommen zwischen den Kantonen Neuenburg und Waadt ausgearbeitet, und mit dem Kanton Genf sind Gespräche im Gange. Abb. 1: Fahrzeug für den Sanitäts-Support INFO 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire lände durch Material zur Bergung und Versorgung, die Sanitätshilfsstelle durch spezielle medizinische Mittel, die entsprechend der Behandlungskategorie farbcodiert sind, sowie durch Infrastrukturmaterial, das eine vollständige Autonomie des Dispositivs ermöglicht (Zelt, Strom usw.). Zu verdanken ist dies den entsprechend zweckmässig gestalteten Aufbauten. Das Fahrzeug ist so konzipiert, dass 15 Patienten der Kategorie I, 30 Patienten der Kategorie II und bis zu 60 Patienten der Kategorie III versorgt werden können. Der Sauerstoffvorrat reicht aus, um 44 Patienten gleichzeitig über einen Zeitraum von mehr als eineinhalb Stunden mit acht Litern Sauerstoff pro Minute zu versorgen. Durch die vollständige Standardisierung der Fahrzeuge ist eine umfassende Einsatzflexibilität gegeben. Die Strukturen können sich je nach Bedarf gegenseitig unterstützen, ergänzen oder um ein Vielfaches verstärken. Die von Projektbeginn an verfolgte Entwicklungsstrategie hat es ermöglicht, die Fahrzeuge in ihrer Gesamtheit weiter zu entwickeln und so die Einsatzbereitschaft bei gleichzeitiger Wahrung einer vollkommenen Kompatibilität zu verbessern. bedanken, welche die Realisierung dieser «Romandisierung» der Sanitätsmittel möglich gemacht haben, insbesondere bei den kantonalen Ämtern für das Gesundheitswesen, den Kantonsärzten und der kantonalen Walliser Rettungsorganisation (KWRO). Die beiden jüngsten Fahrzeuge, die in Aigle und in Chaux-de-Fonds in Dienst gestellt wurden, verfügen über Allradantrieb und grössere Bodenfreiheit, während die beiden ersten mit einem schmalen Fahrgestell ausgestattet und so besonders für das urbane Gelände geeignet sind. Übersetzung: Jérôme Benoit Fazit Die interkantonale Zusammenarbeit in diesem Bereich ist vorbildlich und dürfte es ermöglichen, für Grossereignisse in der französischen Schweiz gewappnet zu sein. Voraussetzung hierfür sind allerdings weitere gemeinsame Massnahmen, insbesondere im Hinblick auf Schulungen sowie auf die Modernisierung der Ausrüstung. Mit diesen Zeilen möchten wir uns bei all denjenigen Abb. 2: Material des Fahrzeugs für den Sanitäts-Support Auf baldiges Wiedersehen Während meiner Zeit beim Amt für Gesundheitswesen des Kantons Waadt, bei dem ich seit dem 1. Dezember 1978 für den Koordinierten Sanitätsdienst und anschliessend für die gesamte Organisation der prähospitalen Notfallversorgung tätig war, war es mir vergönnt, meinen Beitrag zur Weiterentwicklung in diesem Bereich zu leisten. Ich durfte mit vier Oberfeldärzten und Beauftragten für die Vorbereitung des KSD sowie mit sechs Verantwortlichen der KSD-Geschäftsstelle zusammenarbeiten. Zudem habe ich mehr als 30 Jahre lang mit Frau Esther Bärtschi zusammengearbeitet, der ich ganz besonders für unsere hervorragenden Beziehungen sowie ihr Engagement und ihre Unterstützung danken möchte. Nun, da ich in Rente gehe, möchte ich allen, mit denen ich beim KSD eng oder weniger eng zusammengearbeitet habe, meine besten Wünsche für ihre berufliche Zukunft aussprechen. Ich freue mich auf ein Wiedersehen. Georges Vittoz 91 INFO 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Nouveaux équipements sanitaires: Collaboration intercantonale Capitaine Jean-Gabriel Clouet, C DPMA, Service Protection & Sauvetage Lausanne, Division Groupe Sanitaire/DPMA, Rue César-Roux 31, 1005 Lausanne, [email protected] Georges Vittoz, Responsable des Mesures sanitaires d’urgence, Service de la santé publique du canton de Vaud, Monts-de-Lavaux 28, 1092 Belmont, [email protected] Mots-clés: catastrophes, équipements sanitaires, remorques, Véhicules de Soutien Sanitaire Le présent article a pour objectif de présenter l’évolution en matière d’équipements sanitaires. La collaboration intercantonale est exemplaire et devrait permettre de faire face à un événement de grande ampleur en Suisse romande. Elle nécessite toutefois la poursuite de travaux en commun, notamment en matière de formation et de mise à jour des équipements. 92 Depuis la création, en 1970, du plan catastrophe vaudois appelé plan ORCA, son service sanitaire est organisé par le Service de la santé publique, sous la responsabilité du médecin cantonal. Une réflexion a alors été entreprise entre la ville de Lausanne et le canton de Vaud, pour remplacer ces équipements. Parallèlement, des discussions ont eu lieu au sein du Groupement médical en cas de catastrophe (GRIMCA), qui a mis en évidence un réel besoin de coordination intercantonale tant au niveau de la gestion d’un événement qu’à celui d’acquisition de nouveaux équipements, en adéquation avec les risques reconnus aujourd’hui. Grâce au professionnalisme d’un des cadres du Détachement Poste Médical Avancé (DPMA) qui s’est particulièrement investi, un concept de Véhicule de Soutien Sanitaire (VSS) a vu le jour. Celui-ci a rapidement intéressé plusieurs cantons romands. Très rapidement, il est apparu nécessaire de faire l’acquisition de moyens sanitaires spécifiques pour faire face à un événement de grande ampleur, afin de renforcer les moyens qui interviennent au quotidien. Cette démarche a abouti à la conclusion d’accords intercantonaux entre les cantons de Fribourg (2007) et de Vaud (2007), du Valais et de Vaud (2011) et entre la ville de Lausanne et le canton de Vaud (2007). Ces accords fixent les modalités d’engagement, d’exploita- Ainsi, à la fin des années 70, le Service de la santé publique a fait l’acquisition d’une première remorque, sur le modèle de celle qu’utilisait alors le médecin cantonal pour ses loisirs. Quelques années plus tard, la ville de Lausanne a fait l’achat de sa propre remorque sanitaire pour son plan catastrophe interne (plan DIAM) en collaboration avec le Service de la santé publique qui a également fait l’acquisition de trois autres remorques de taille inférieure décentralisées à Aigle, Nyon et Yverdon. Ces moyens, qui heureusement n’ont jamais été engagés pour un événement majeur, devaient être remplacés, pour des raisons de vétusté et d’évolution technologique. Fig. 1: Véhicule de Soutien Sanitaire tion et de financement des VSS. Au moment de la rédaction du présent article, un projet d’accord entre les cantons de Neuchâtel et de Vaud est en gestation et des réflexions sont en cours avec le canton de Genève. Il en résulte qu’aujourd’hui (été 2013), quatre VSS sont opérationnels sur le même modèle et avec du personnel disposant de la même formation. Ces quatre VSS sont stationnés à Aigle, La Chaux-de-Fonds, Lausanne et Payerne. La commission technique opérationnelle romande, organe technique du GRIMCA, veille à l’uniformité des formations dispensées et permet un riche échange de compétences. Ces véhicules sont conçus de sorte à pouvoir couvrir les trois secteurs opérationnels concernés : le terrain, via du matériel de relevage et de prise en charge, le Poste Médical Avancé, par des moyens médicaux dédiés, répartis par des codes de couleur reprenant les catégories de soins et par le matériel INFO 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire d’infrastructure, permettant une totale autonomie du dispositif (tente, électricité, etc.). Ces trois secteurs peuvent être desservis en parallèle, grâce à un aménagement spécifique de la superstructure. Schématiquement, le véhicule dispose d’une capacité de soins de 15 patients de catégorie I, 30 de catégorie II et jusqu’à 60 de catégorie III. L’autonomie en oxygène étant de 44 patients oxygénés simultanément, à huit litres par minute, pendant plus d’une heure et trente. La standardisation complète des véhicules permet une réactivé opérationnelle totale; les structures pouvant se renforcer, se compléter ou se démultiplier, selon les besoins de l’intervention. La stratégie d’évolution mise en place dès le début du projet a permis de faire évoluer l’ensemble des engins, en garantissant une évolution de la réponse opérationnelle tout en conservant une parfaite compatibilité entre eux. Les deux derniers véhicules mis en service à Aigle et à la Chaux-de-Fonds disposent d’une transmission 4x4 et d’une garde au sol plus importante, alors que les deux premiers bénéficient d’un châssis étroit, particulièrement adapté au milieu urbain. Conclusion Cette collaboration intercantonale est exemplaire et devrait permettre de faire face à un événement de grande ampleur en Suisse romande. Elle nécessite toutefois la poursuite de travaux en commun, notamment en matière de formation et de mise à jour des équipements. Par ces quelques lignes, nous tenons à remercier toutes celles et ceux qui ont permis la réalisation de cette «romandisation» des moyens sanitaires et plus particulièrement les services de santé publique et les médecins cantonaux ainsi que l’Organisation cantonale valaisanne des secours (OCVS). Fig. 2: Le matériel du Véhicule de Soutien Sanitaire A bientôt, Engagé au Service de la santé publique du canton de Vaud depuis le 1er décembre 1978 pour le Service sanitaire coordonné, puis par la suite pour l’ensemble de l’organisation des urgences préhospitalières, j’ai eu le privilège d’assister et de participer à l’évolution de ce secteur. J’ai eu le plaisir de collaborer avec quatre médecins chefs de l’armée et mandataires pour la préparation du SSC ainsi qu’avec six responsables du bureau du SSC. J’ai également collaboré pendant plus de 30 années avec Madame Esther Baertschi que je tiens particulièrement à remercier pour l’excellence de nos relations et pour son engagement ainsi que son soutien. Au moment de prendre ma retraite, je tiens à souhaiter à toutes celles et ceux qui collaborent de près ou de loin au SSC, mes meilleurs vœux pour leur avenir professionnel. Au plaisir de vous revoir. Georges Vittoz 93 Adressen 2 /13 Zum Inhalt/au sommaire Beauftragte für den KSD in den Kantonen/Mandataires pour le SSC dans les cantons (Stand am 17.7.2013) 94 AG: Roth M., Kantonsarzt, Bachstrasse 15, 5001 Aarau, 062 835 29 51, [email protected] AI: Würmli M., Gesundheits- und Sozialdepartement, Marktgasse, 9050 Appenzell, 071 788 94 57, [email protected] AR: Fausch R., Gesundheitsdirektion, Kasernenstr. 17, 9102 Herisau, 071 353 65 90, [email protected] BE: Aebersold U., Abteilungsvorsteher Katastrophenmanagement/KSD, Kantonsarztamt, Rathausgasse 1, 3011 Bern, 031 633 78 63, [email protected] BL: Schorr D., Kantonsarzt, Bahnhofstr. 5, 4410 Liestal, 061 925 59 24, [email protected] BS: Steffen T., Kantonsarzt ad interim, Gesundheitsdienste Basel-Stadt, Postfach, 4001 Basel, 061 267 95 31, [email protected] FR: Lee C., médecin cantonal, Ch. des Pensionnats 1, 1700 Fribourg, 026 305 79 80, [email protected] GE: Prontera J., suppléant du médecin cantonal, Case postale 166, 1211 Genève, 022 546 50 42, [email protected] GL: Mani M., Kantonsarzt, Rathaus, 8750 Glarus, 055 646 61 48, [email protected] GR: Mani M., Kantonsarzt, Abt. für Gesundheitswesen, Planaterrastr. 16, 7001 Chur, 081 257 26 46, [email protected] JU: Pétremand Nicolas, Service de la santé publique, Fbg des Capucins 20, 2800 Delémont, 032 420 51 23, [email protected] LU: Luterbacher S., Kantonsapotheker, Meyerstr. 20, Postfach, 6002 Luzern, 041 228 67 32, [email protected] NE: Montandon J.-B., pharmacien cantonal, Rue Pourtalès 2, 2001 Neuchâtel, 032 889 61 00, [email protected] NW: Dallago R., Gesundheits- und Fürsorgedirektion, Knirigasse 6, 6371 Stans, 041 618 76 22, [email protected] OW: Müller T., stv. Kantonsarzt, Brünigstrasse 118, 6060 Sarnen, 041 660 17 17, [email protected] SG: Betschart M., Kantonsarzt, Moosbruggstr. 11, 9001 St. Gallen, 071 229 35 64, [email protected] SH: Häggi J., Kantonsarzt, Beckenstube 9, 8200 Schaffhausen, 052 632 77 51, [email protected] SO: Lanz C., Kantonsarzt, Gesundheitsamt, Ambassadorenhof, 4509 Solothurn, 032 627 93 77, [email protected] SZ: Capol S., Kantonsarzt, Kollegiumstrasse 28, 6430 Schwyz, 041 819 16 07, [email protected] TG: Dössegger M., Gesundheitsamt, Zürcherstr. 194a, 8510 Frauenfeld, 052 724 25 55, [email protected] TI: Reinholz D., Ufficio del medico cantonale, via Dogana 16, 6500 Bellinzona, 091 814 40 02, [email protected] UR: Hartmann R., Direktionssekretär, Klausenstrasse 4, 6460 Altdorf, 041 875 21 50, [email protected] VD: Leiggener R., Service santé publique, Cité-Devant 11, 1014 Lausanne, 021 316 42 75, [email protected] VS: Ambord C., Service santé publique, 7, Av. du Midi, 1951 Sion, 027 606 49 05, [email protected] ZG: Hauri R., Kantonsarzt, Medizinalamt, Gartenstr. 3, 6300 Zug, 041 728 35 05, [email protected] ZH: Meier C., Gesundheitsdirektion, Stampfenbachstr. 30, 8090 Zürich, 043 259 21 92, [email protected] Bundesstellen/Services fédéraux Beauftragter des Bundesrates für den KSD, Dr. med. A. Stettbacher, Worblentalstrasse 36, 3063 Ittigen, 031 324 28 42, [email protected], www.ksd-ssc.ch Bundesamt für Gesundheit, 3003 Bern, 031 323 88 32, [email protected], www.bag.admin.ch Bundesamt für Bevölkerungsschutz, Monbijoustr. 51 A, 3003 Bern, 031 322 55 83, [email protected], www.bevoelkerungsschutz.ch Geschäftsstelle KSD, Worblentalstrasse 36, 3063 Ittigen, 031 324 28 42, [email protected], [email protected], [email protected], [email protected], [email protected], [email protected], [email protected], www.ksd-ssc.ch Sekretariat SFG (Sanitätsdienstliche Führung Grossereignis), B. Messerli, Worblentalstrasse 36, 3063 Ittigen, 031 324 28 40, [email protected], www.cefoca-sfg.ch Geschäftsstelle SAMK, Worblentalstrasse 36, 3063 Ittigen, Dekan SAMK: Prof. Dr. med. Dr. h.c. M. Oberholzer, Worblentalstrasse 36, 3063 Ittigen, [email protected]
© Copyright 2025 Paperzz